Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. März 2009
Aktenzeichen: 12 W (pat) 1/05

(BPatG: Beschluss v. 26.03.2009, Az.: 12 W (pat) 1/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die am 2. März 2000 eingegangene Patentanmeldung 100 09 713.8 mit der Bezeichnung "Vorschubund Übergabemodul" wurde von der Prüfungsstelle für Klasse B65G des Deutschen Patentund Markenamts mit Beschluss vom 16. September 2004 zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders.

Der ordnungsgemäß geladene Anmelder hat -wie telefonisch angekündigt -den Termin der mündlichen Verhandlung nicht wahrgenommen. Mit Schriftsatz vom 2. November 2004 hat er beantragt, den genannten Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und die Erteilung des Patents mit den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu beschließen.

Der geltende, ursprünglich eingereichte einzige Anspruch lautet (zwei Schreibfehler korrigiert):

Vorschubund Übergabemodul innerhalb modularer Lineartaktmaschinen insbesondere zur mechanischen Fertigung von Werkstücken, dadurch gekennzeichnet, dass durch Konischschleifen der Führungsbahnen im Bearbeitungsbereich des Moduls eine hohe Vorspannung und Präzision erreicht wird, während im Bereich der Tischübergabe hohes Führungsspiel vorhanden ist und damit geringer Anspruch auf die Stellung der Module besteht.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zwingend erforderliche Voraussetzung für eine Anmeldung ist gemäß § 34 Abs. 4 PatG, dass die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Daran fehlt es hier.

1) Die Anmeldung betrifft nach dem einzigen Anspruch gegliedert ein:

1.

Vorschubund Übergabemodul innerhalb modularer Lineartaktmaschinen insbesondere zur mechanischen Fertigung von Werkstücken.

2.

Durch Konischschleifen der Führungsbahnen wird im Bearbeitungsbereich des Moduls eine hohe Vorspannung und Präzision erreicht.

3.

Im Bereich der Tischübergabe ist hohes Führungsspiel vorhanden und damit besteht geringer Anspruch auf die Stellung der Module.

Nach den Anmeldungsunterlagen liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Vorschubund Übergabemodul anzugeben, das es ermöglicht, Maschinen beliebig miteinander zu kombinieren, ohne dass aufwändige Richtarbeiten notwendig sind. Im Bearbeitungsbereich soll aber mit dem gleichen Führungsund Antriebssystem die Werkzeugmaschinengenauigkeit erzielt werden (Spalte 1, Zeile 32 bis 44).

Fachmann ist ein Dipl.-Ing. (FH) Maschinenbau der Fachrichtung Werkzeugmaschinenbau, der auch über Grundkenntnisse auf dem Gebiet der Fördertechnik verfügt.

2) Merkmal 1 beinhaltet ein Vorschubund Übergabemodul innerhalb modularer Lineartaktmaschinen. Aus der Offenlegungsschrift Spalte 1, Abs. 1 ergibt sich, dass das Vorschubund Übergabemodul Verwendung im Werkzeugmaschinenbau sowie in der Handlingund Montagetechnik findet. Dort werden unterschiedliche Fertigungsabläufe wie z. B. Sägen, Bohren, Fräsen, Drehen, Stanzen, Bürsten, Montieren, Verpressen usw. durch modular aufgebaute Einzelmaschinen durchgeführt, ohne dass das Werkzeug seine Spannlage verlässt.

Der Beschreibung ist zu entnehmen, dass das Modul eine Palette, in der Fig. 2 als Maschinentisch bezeichnet, aufweist, die auf speziellen Führungsbahnen (Fig. 1, Pos. 23) angeordnet ist (Spalte 1, Zeile 27 bis 31 der Offenlegungsschrift). Das Modul soll im Bearbeitungsbereich über die von Werkzeugmaschinen geforderten Genauigkeiten verfügen (Spalte 1, Zeile 51 bis 53), was sich im Merkmal 2 widerspiegelt, nach dem die Führungsbahnen konisch geschliffen sind. Durch den Transport des Maschinentisches in den Bearbeitungsbereich soll sich die Vorspannung erhöhen, und der Maschinentisch kann sehr genau positioniert werden (Spalte 1, letzter Abs.).

Das Vorschubund Übergabemodul soll in der Lage sein, Maschinentische von einer Maschine an die andere zu übergeben, ohne dass diese zueinander ausgerichtet werden (Spalte 1, Zeile 49 bis 51). Dieses wird mit Merkmal 3 zum Ausdruck gebracht, die auf ein größeres Spiel zwischen den Führungsbahnen und dem Maschinentisch hindeutet. Dieses soll dadurch erreicht werden, dass marktübliche Kugellinearführungen (= Führungsbahnen) im Bereich der Kugelbahnen im Einund Auslaufbereich der Palette (= Maschinentisch) verjüngt werden (Spalte 1, Zeile 54 bis 57).

3) Der Gegenstand des einzigen Anspruchs ist nicht patentfähig, weil ein Fachmann mit dem durchschnittlichen Können am Anmeldetag (2. März 2000) nicht in der Lage war, mit den in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen angegebenen Mitteln die der Anmeldung zugrunde liegende Aufgabe zu lösen.

Marktübliche Kugellinearführungen, die gemäß Beschreibung als Führungsbahnen dienen sollen, sind in der Regel hochpräzise Bauteile, die außerdem in einer Vielzahl von Varianten erhältlich sind. Merkmal 2 lässt offen, an welchen Stellen und wie die Führungsbahnen konisch geschliffen werden müssen. Auch die Beschreibung und die Zeichnungen enthalten hierzu keine weitergehenden Angaben. Ein konkretes Ausführungsbeispiel ist der Anmeldung nicht zu entnehmen. Die Anmeldung überlässt es damit dem Fachmann, geeignete Lösungen zu entwickeln und ungeeignete auszuschließen. Für den fachmännischen Leser ergibt sich zudem ein Widerspruch, da eine Bearbeitung im Bereich der fertigen Kugelbahnen zu einer geringeren Präzision führen wird, da durch das Schleifen Material abtragen wird. Gleichzeitig soll aber eine hohe Vorspannung erreicht werden, was auf ein geringeres Spiel als üblich schließen lässt. Auch hinsichtlich des Merkmals 3, das gemäß Beschreibung eine Verjüngung der Kugelbahnen beinhaltet, enthält die Anmeldung keine Hinweise, wie der Fachmann vorgehen muss, um unter Beibehaltung der wesentlichen Funktionen der Kugellinearführung ein hier geringeres Spiel im Bereich der Kugelbahnen einstellen zu können.

Aufgabengemäß soll außerdem durch das Antriebssystem auch eine hohe Bearbeitungsgenauigkeit der Werkzeugmaschine erzielt werden. Hier fehlt ebenfalls die Offenbarung einer ausführbaren technischen Lehre. Der Beschreibung ist lediglich zu entnehmen, dass anstelle der üblichen Kraftübertragungssysteme wie Kugelgewindetriebe oder Zahnstangen eine Transportschnecke verwendet wird. Die Flanken der Transportschnecke sollen wie die Kugelbahnen im Bereich der Palettenübergabe verjüngt werden, so dass die Palette mit großem Spiel (geringer Anspruch auf Stossstellen und Einbaulagen sowohl der Führungsbahnen als auch der Transportschnecken zueinander) übergeben wird (Spalte 1, Zeile 58 bis 65). Der Maschinentisch (= Palette) weist mehrere Rollen auf. Zwei dieser Rollen dienen lediglich dem Transport des Maschinentisches im Übergabebereich, während die beiden mittleren Rollen im Bearbeitungsbereich so gegeneinander vorgespannt werden, dass eine spielfreie Kraftübertragung im Bearbeitungsbereich ermöglicht wird (Spalte 2, Zeile 1 bis 6).

Dem Fachmann durchschnittlichen Könnens war es somit nicht oder nur durch Zufall ohne vorherige Misserfolge möglich, die Lehre nach dem Anspruch aufgrund der Angaben in der Offenlegungsschrift praktisch so zu verwirklichen, dass der in der Anmeldung angestrebte Erfolg erreicht wurde. Eine ausreichende Offenbarung einer technischen Lehre ist daher zu verneinen (vgl. BGH GRUR 1980, 168 - Doppelachsaggregat).

Der einzige Anspruch ist somit mangels Offenbarung einer ausführbaren technischen Lehre nicht gewährbar.

Dr. Ipfelkofer Hövelmann Dr. Frowein Sandkämper Me






BPatG:
Beschluss v. 26.03.2009
Az: 12 W (pat) 1/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/ee08ebb9adc9/BPatG_Beschluss_vom_26-Maerz-2009_Az_12-W-pat-1-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share