Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. November 2006
Aktenzeichen: 33 W (pat) 225/04
(BPatG: Beschluss v. 21.11.2006, Az.: 33 W (pat) 225/04)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelder werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Dezember 2003 und vom 2. Juli 2004 aufgehoben.
Gründe
I.
Am 14. August 2001 ist die Marke APOLLO 11 für die Dienstleistungen Klasse 35: Werbung; Dienstleistungen einer Werbeagentur;
Klasse 42: Erstellung von Computeranimationen; Design von Computersoftware, Internet- und Multimediaauftrittenangemeldet worden.
Mit Beschlüssen vom 10. Dezember 2003 und 2. Juli 2004, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung für die Dienstleistungen "Erstellung von Computeranimationen; Design von Computersoftware, Internet- und Multimediaauftritten" wegen Fehlens der Unterscheidungskraft teilweise gemäß § 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Nach ihrer Auffassung stellt "APOLLO 11" einen allgemein bekannten Begriff für die Mission Nr. 11 des amerikanischen Raumfahrtprogramms für die Landung bemannter Raumfahrzeuge auf dem Mond dar. Die Anmeldemarke werde vom Verkehr ohne weiteres als Hinweis darauf aufgefasst, dass Computeranimationen, Software (einschließlich Spiele), Internet- und Multimediaauftritte rund um das Thema der Apollo-11-Mission erstellt und angeboten werden würden. So ließen sich im Internet sowohl 3D-Bildschirmschoner (Computersoftware, - animation) als auch Bilder-Datenbanken (Internet- und Multimediaauftritte) der Weltraumreise finden. Demgegenüber bestehe im Falle der angemeldeten Werbedienstleistungen und der geltend gemachten Voreintragungen kein sachlicher Zusammenhang zu dem beanspruchten Zeichen. Im Übrigen würden die von den Anmeldern erwähnten Voreintragungen mangels Vertrauensschutz und Selbstbindung der Verwaltung zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führen.
Gegen diese Entscheidungen wendet sich die Beschwerde der beiden Anmelder, mit der sinngemäß beantragt wird, den Beschluss vom 2. Juli 2004 aufzuheben.
In der Begründung führen die Beschwerdeführer aus, dass es sich entgegen der Auffassung der Markenstelle bei der Anmeldemarke nicht um einen einfachen, zur deutschen Sprache gehörenden Begriff handele. Er stamme vielmehr ursprünglich aus dem Griechischen und diese Sprache zähle nicht zu den gängigen Sprachen der beteiligten Verkehrskreise. Auch dürfte weitestgehend unbekannt sein, dass er einen griechischen Gott bezeichne, zumal durch die Anfügung der Ziffer "11" eine Sinnentstellung erfolge. Des Weiteren wäre zu prüfen gewesen, ob nicht eine geteilte Verkehrsauffassung vorliege und nicht beachtliche Teile des Verkehrs angesichts der vor Jahrzehnten erfolgten Einstellung des Apollo-Programms der NASA in der Anmeldemarke nicht doch einen Herkunftshinweis sehen würden. Des Weiteren sei nicht berücksichtigt worden, dass das Fehlen der Unterscheidungskraft umso eher vernachlässigt werden könne, je weniger ein Bedürfnis der Allgemeinheit an der Freihaltung des Zeichens bestehe. Insoweit seien die Ausführungen der Markenstelle zum Freihaltungsbedürfnis ergänzungsbedürftig. Im Übrigen seien vergleichbare Marken bereits eingetragen worden.
Nach Hinweis des Senats haben die Beschwerdeführer das Verzeichnis im Hinblick auf die Dienstleistungen der Klasse 42 wie folgt gefasst:
"Erstellung von Computeranimationen, Design von Computersoftware, Internet- und Multimediaauftritten, alle vorgenannten Dienstleistungen der Klasse 42 für den Maschinen- und Anlagenbau".
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist auch begründet.
1. Obwohl die Anmelder ausdrücklich lediglich die Aufhebung des Beschlusses vom 2. Juli 2004 begehren, ist ihre Beschwerde so auszulegen, dass sie sich auch gegen den Erstprüferbeschluss vom 10. Dezember 2003 richtet. Ansonsten könnten sie ihr Ziel, nämlich Schutz der Marke auch für die Dienstleistungen der Klasse 42 zu erhalten, nicht erreichen. Im Übrigen setzt die Zulässigkeit einer Beschwerde einen konkreten Antrag nicht voraus (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 66, Rdnr. 33).
2. Die Bezeichnung "APOLLO 11" weist bezüglich der den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildenden Dienstleistungen der Klasse 42 nunmehr die notwendige Unterscheidungskraft auf. Demzufolge steht ihr nicht das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung ist die einer Marke, gleich welcher Kategorie, innewohnende (konkrete) Eignung, die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 - Henkel; GRUR 2004, 1027 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Insbesondere fehlt einer Marke, die Merkmale von Waren oder Dienstleistungen beschreibt, zwangsläufig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Waren oder Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Dies ist nach der Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses jedoch nicht mehr der Fall.
Den Beschwerdeführern ist darin zu folgen, dass mit dem Bestandteil "Apollo" ein griechischer Gott bezeichnet werden kann (vgl. Wikipedia unter "http://de.wikipedia.org/wiki/Apollon"). Allerdings weist das Wort noch eine ganze Reihe weiterer Bedeutungen auf (vgl. Wikipedia unter "http://de.wikipedia.org-/wiki/Apollo"). Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, die Anmeldemarke besitze keinen eindeutigen Sinngehalt. Durch die Kombination des Begriffs "Apollo" - unabhängig von Groß- oder Kleinschreibung - mit der Ziffer "11" kommt klar zum Ausdruck, dass es sich um die erste bemannte Mission mit dem Ziel einer weichen Landung auf dem Erdmond handelt (vgl. Wikipedia unter "http://de.wikipedia.org/wiki/Apollo_11"). So führte eine Recherche im Internet mit dem Suchbegriff "Apollo 11" ausschließlich zu Treffern, die sich auf dieses Projekt beziehen (vgl. Google-Trefferliste unter "http://www.google.de/search€hl=de&newwindow=1&q=%22Apollo+11%22&btnG=..."). Trotz der lange zurückliegenden Einstellung des Apollo-Programms hat der Begriff "Apollo 11" aufgrund der Einmaligkeit und Besonderheit des Ereignisses nicht seine ursprüngliche Bedeutung verloren. Von einer relevanten Teilung der Verkehrsauffassung kann entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer folglich nicht ausgegangen werden. Sie setzt voraus, dass mindestens 50 % der beteiligten Verkehrskreise mit der Anmeldemarke einen anderen Sinngehalt verbinden (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8, Rdnr. 78 und 79). Für einen solch hohen Prozentsatz liegen jedoch - unterstellt einige Abnehmer bringen die Marke nicht mit der Mondmission in Verbindung - keinerlei Anhaltspunkte vor.
Durch die Beschränkung seitens der Beschwerdeführer ist der sachliche Bezug der Dienstleistungen der Klasse 42 zu dem Apollo-11-Unternehmen soweit entfallen, dass nach Auffassung des Senats der Anmeldemarke noch die erforderliche Hinweisfunktion zukommt. Zwar kann die Mondmission Inhalt von Computeranimationen sein. So gibt es Reportagen, in denen mit Hilfe von Computeranimationen der Wettlauf zum Mond erzählt wird (vgl. Infoseite des NDR unter "http://www3.ndr.de/ndrtv_pages_std/0,3147,OID2191696,00.html"), oder DVDs", die entweder reale Spielszenen und/oder anschauliche Computeranimationen u. a. zur Mondlandung durch Apollo 11 enthalten (vgl. Mediendatensätze unter "http://www.gida.de/dabidaten.html"). Darüber hinaus lässt sich Computersoftware finden, die sich mit der gegenständlichen Mondmission beschäftigt. In diesem Zusammenhang kann neben dem bereits im Erinnerungsprüferbeschluss vom 2. Juli 2004 erwähnten 3D-Bildschirmschoner (vgl. "http://www2.oncomputer.tonline.de/dyn/c/17/75/05/1775054.html") beispielsweise ein Apollo-Simulator genannt werden, der auch die Apollo-11-Mission enthält (vgl. BizRate.de unter "http://de.bizrate.com/pcspiele/oid478844816.html"). Schließlich befassen sich auch Internet- und Multimediaauftritte mit dem Thema "Apollo 11". Insbesondere lassen sich ausführliche Berichte samt Bilder im Internet finden, mit denen Start, Flug und Landung ausführlich beschrieben werden (vgl. beispielhaft Mondatlas unter "http://www.mondaltlas.de/apollo/apollo11.html"). Auch ist die Reise aufgrund ihrer Popularität Teil von Multimediashows (vgl. Sternwarte Solingen unter "www.sternwartesolingen.de/veranstaltungen/multimedia.html").
Durch die Einschränkung dieser Dienstleistungen auf den Maschinen- und Anlagenbau steht der geschilderte beschreibende Sinngehalt allerdings nicht mehr eindeutig im Vordergrund. Der Maschinenbau ist durch seine Kombination von Grundlagenforschung und Entwicklung von Fertigungsverfahren gekennzeichnet und setzt physikalische Gesetzmäßigkeiten für die Konstruktion und Simulation technischer Anlagen ein (vgl. Wikipedia unter "http://de.wikipedia.org/wiki/Maschinenbau"). Der Anlagenbau wiederum ist eine Disziplin des Maschinenbaus und beschäftigt sich mit der Auslegung und der Koordination des Baus von großtechnischen Anlagen (vgl. Wikipedia unter "http://de.wikipedia.org/wiki/Anlagenbau"). Hierfür kommt die Bezeichnung "APOLLO 11" jedoch als Merkmalsangabe nicht vorrangig in Betracht. Im Rahmen der Vorbereitung der Apollo-11-Mission wird der Maschinen- und Anlagenbau zwar eine gewisse Rolle gespielt haben, so etwa bei der Planung und Konstruktion der Saturn-V-Rakete oder bei der Errichtung der Startrampe. Allerdings wird - wie sich aus den bereits oben genannten Fundstellen ergibt - der Begriff heutzutage allgemein mit dem berühmten Raumfahrt-Projekt und nicht mit einzelnen zu seiner Ausführung erforderlichen Maschinen und Anlagen in Verbindung gebracht. Dies mag vor, während oder kurz nach der Apollo-11-Mission anders gewesen sein, als es auch um die Frage ging, ob sich die damals auf dem neuesten Stand befindliche Technik bewähren würde.
Damit kann die Anmeldemarke auch nicht als unmittelbar beschreibende und freihaltebedürftige Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG angesehen werden.
3. Durch die Konkretisierung des Dienstleistungsverzeichnisses entsteht darüber hinaus keine ersichtliche Täuschungsgefahr und damit nicht das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 3 MarkenG. Der mit der Bezeichnung "APOLLO 11" verbundene Sinngehalt und die Bezugnahme auf den Maschinen- und Anlagenbau im Dienstleistungsverzeichnis schließen sich nicht gegenseitig aus. Es ist zwar unwahrscheinlich, aber doch denkbar, dass Computeranimationen und -programme sowie Internet- und Multimediaauftritte im Bereich des Maschinen- und Anlagenbaus die Apollo-11-Mission zum Gegenstand haben. Auf diese Weise könnte beispielsweise die geschichtliche Entwicklung von Maschinen oder Anlagen dargestellt werden. Insofern besteht zumindest die theoretische Möglichkeit einer nicht irreführenden Markenbenutzung, was der Ersichtlichkeit der Eignung zur Täuschung entgegensteht (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8, Rdnr. 378). Folglich bestehen auch keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8, Rdnr. 208, und § 39, Rdnr. 4).
Demnach war der Beschwerde stattzugeben.
BPatG:
Beschluss v. 21.11.2006
Az: 33 W (pat) 225/04
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