Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 14. November 2002
Aktenzeichen: 1 K 2532/00

(VG Köln: Urteil v. 14.11.2002, Az.: 1 K 2532/00)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Bei-geladenen trägt die Klägerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des bei-zutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Die Revision unter Óbergehung der Berufungsinstanz wird zugelassen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine ihren Klageanträgen entsprechende Änderung der Bescheide der RegTP vom 21.2.2000 und 14.3.2000.

1. Das gilt zunächst in Bezug auf die mit dem Klageantrag zu 1) erfassten Leistungen in Bezug auf Entgelte für Mehrwertdienste und Internetbycall, sofern dafür über das Verbindungsentgelt hinaus gesonderte Zahlungen anfallen und sofern - mit Ausnahme von Shared-Cost-Diensten - ein einheitliches Verbindungsentgelt erhoben wird, das sich nicht in Abhängigkeit von der Dauer der Verbindung bestimmen lässt ( im Folgenden abkürzend als zeittaktunabhängige Mehrwertdienste/Internetbycall bezeichnet ). 1.1 Soweit sich die Klägerin auf § 15 Abs. 1 TKV i.V.m. § 71 Satz 1 TKG beruft, scheitert ihr Begehren bereits daran, dass diese Vorschriften die RegTP nicht zu einem Einschreiten ermächtigen, geschweige denn in einer Art und Weise, wie sie in den nach dem Klageantrag zu ändernden Missbrauchsbescheiden zum Ausdruck kommt.

Abgesehen davon ist die Beigeladene nicht aufgrund von § 15 Abs. 1 Satz 1 TKV zur Fakturierung und zum Inkasso der Entgelte für zeittaktunabhängige Mehrwertdienste/Internetbycall verpflichtet. Zwar heißt es in dieser Vorschrift, dem Kunden sei von seinem Anbieter des Zugangs zum öffentlichen Telekommunikationsnetz eine Rechnung zu erstellen, die auch die Entgelte für Verbindungen ausweist, die durch Auswahl anderer Anbieter von Netzdienstleistungen über den Netzzugang des Kunden entstehen. Doch ist unter dem Begriff der Verbindung nur das zu verstehen, was sich als Te- lekommunikationsdienstleistung beurteilen lässt.

Das folgt bereits daraus, dass § 15 Abs. 1 Satz 1 TKV die anderen Anbieter als "Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen" bezeichnet. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass die Bestimmungen der TKV im Hinblick auf Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG nicht weiter gehen dürfen als die ihnen zugrunde liegende gesetzliche Ermächtigungsvorschrift des § 41 Abs. 1 TKG reicht. Letztere hat aber ausdrücklich den Schutz der Nutzer im Blick, und dieser Personenkreis wird in § 3 Nr. 11 TKG verbindlich als Nachfrager nach Telekommunikationsdienstleistungen definiert

vgl. auch VG Köln, Urteil vom 20.6.2002 - 1 K 3225/01 -, JURIS.

Wie im Weiteren unter 1.2 näher begründet wird, handelt es sich bei den zeittaktunabhängigen Mehrwertdiensten/Internetbycall aber nicht um Telekommunikationsdienstleistungen.

1.2 Ein missbrauchsaufsichtliches Einschreiten nach § 33 Abs. 2 Sätze 1 und 2 TKG in Bezug auf die mit dem Klageantrag zu 1) gewünschten Leistungen kommt nicht in Betracht, da die Beigeladene durch die Verweigerung dieser Leistungen nicht gegen § 33 Abs. 1 TKG verstoßen hat.

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG hat ein Anbieter, der auf einem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit über eine marktbeherrschende Stellung nach § 19 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ( GWB ) verfügt, Wettbewerbern auf diesem Markt diskriminierungsfrei den Zugang zu seinen intern genutzten und seinen am Markt angebotenen Leistungen, soweit sie wesentlich sind, zu den Bedingungen zu ermöglichen, die er sich selbst bei der Nutzung dieser Leistungen für die Erbringung anderer Telekommunikationsdienstleistungen einräumt, es sei denn, dass die Einräumung ungünstigerer Bedingungen sachlich gerechtfertigt ist.

1.2.1 Diese Voraussetzungen waren in dem auch für Verpflichtungsklagen der vorliegenden Art maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Bescheide nicht erfüllt. Denn soweit sich die von der Klägerin geforderten Fakturierungs- und Inkassoleistungen auf zeittaktunabhängige Mehrwertdienste/Internetbycall beziehen sollen, stellen diese von ihrer Zweckbestimmmung her keine Leistungen im Sinne des § 33 Abs. 1 TKG dar.

Zwar muss es sich im Rahmen des § 33 Abs. 1 TKG bei den Leistungen des Marktbeherrschers, zu denen der Wettbewerber den Zugang begehrt, selbst nicht um Telekommunikationsdienstleistungen handeln

vgl.: BVerwG, Urteil vom 25.04.2001, NVwZ 2001, 1399 (1404).

Doch ist es erforderlich, dass der Zweck dieser Leistung auf die Erbringung - gerade - einer Telekommunikationsdienstleistung gerichtet ist. Das ergibt sich bereits aus der Gesetzesformulierung "Nutzung dieser Leistung für die Erbringung anderer Telekommunikationsdienstleistungen". Ferner spricht dafür der Zweck des TKG, der gemäß § 1 TKG u.a. auf die Förderung des Wettbewerbs im Bereich der "Telekommunikation" gerichtet ist. Auch die Gesetzesbegründung geht in diese Richtung, wenn darin

vgl.: BT-Drs. 13/3609 S. 34

von der Erfüllung des verfassungsrechtlichen Auftrags, die Versorgung mit "Telekommunikationsdienstleistungen" im Wettbewerb sicherzustellen, die Rede ist.

Die durch die Klägerin von der Beigeladenen geforderten Fakturierungs- und Inkassoleistungen ( Ziffer 2 ) sowie die Übermittlung von Daten ihrer Teilnehmernetzkunden (Ziffer 3) dienen insoweit, als sie sich auf Entgelte für zeittaktunabhängige Mehrwertdienste/Internetbycall beziehen, aber nicht - jedenfalls nicht in vollem Umfange - der Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen

so auch: Manssen, Telekommunikations- und Mulitimediarecht, Rn. 37, 38 zu § 3 TKG; wohl ähnlich: Schuster, in Beck`scher TKG-Kommentar, 2. Aufl., Rn. 4 bis 4 b zu § 4 TKG; a.A.: Spoerr, in Trute/Spoerr/Bosch, Telekommunikationsgesetz mit FTEG, 1. Aufl., Einführung V, Rn. 6.

Der Begriff der Telekommunikationsdienstleistung ist für den Bereich des TKG in § 3 Nr. 18 TKG als "das gewerbliche Angebot von Telekommunikation einschließlich des Angebots von Übertragungswegen für Dritte" definiert. Unter dem in der hier in Betracht kommenden ersten Alternative genannten Begriff der Telekommunikation ist nach der allein maßgeblichen gesetzlichen Definition des § 3 Nr. 16 TKG "der technische Vorgang des Aussendens, Übermittelns und Empfangens von Nachrichten jeglicher Art in der Form von Zeichen, Sprache, Bildern oder Tönen mittels Telekommunikationsanlagen" zu verstehen.

Bei den zeittaktunabhängigen Mehrwertdiensten/Internetbycall, und zwar in der Art, wie diese Leistungen in den angegriffenen Bescheiden beschrieben und verstanden werden, geht es aber nicht allein um den technischen Vorgang der Nachrichtenübermittlung. Vielmehr steht dabei der Inhalt des Übermittelten sogar im Vordergrund.

ebenso bei zeittaktabhängigen Mehrwertdiensten/Internetbycall: VG Köln, Urteil vom 14.11.2002 - 1 K 2788/00-.

Dies gilt ohne weiteres für die in den angegriffenen Bescheiden zunächst ausgeschlossenen Dienstleistungen, "für die über das Verbindungsentgelt hinaus gesonderte Zahlungen anfallen".

Nichts anderes kann aber für die darüber hinaus ausgeschlossenen Mehrwertdienste/Internetbycall angenommen werden, " für die - mit Ausnahme von Shared-Cost-Diensten - ein einheitliches Verbindungsentgelt erhoben wird, das sich nicht in Abhängigkeit von der Dauer der Verbindung bestimmen lässt ". Denn ausweislich der Begründung des Bescheides vom 21.2.2000 handelt es sich bei Mehrwertdiensten um durch eine bundeseinheitliche Dienstekennzahl - 0190er- bzw. zukünftig 0900er-Rufnummer - gekennzeichnete sog. Premium-Rate-Dienste, bei denen "ein Teil des vom Anrufenden zu entrichtenden Entgelts an den Angerufenen für geleistete Content-Dienstleistungen" ( Seite 43 ) entfällt. Anders ausgedrückt: Der in der Höhe des für den Mehrwertdienst insgesamt anfallenden und dem Endkunden in Rechnung zu stellenden Entgelts zum Ausdruck kommende ökonomische Wert derartiger Dienste wird nicht allein durch den technischen Transportanteil, sondern auch - dies sogar in erheblichem Maße - durch den davon seiner Art nach zu unterscheidenden und somit nicht dem Begriff der Telekommunikation unterfallenden Inhaltsanteil der Verbindungsleistung bestimmt. Das liegt bei den Mehrwertdiensten auf der Hand, wenn man ihren Preis mit dem Entgelt vergleicht, das für bloßen Sprachtelefondienst auf dem Callbycall-Markt ( Fern- und Auslandsverbindungen ) verlangt wird.

Bei Internetbycall sind drei Leistungsabschnitte zu unterscheiden. Die Verbindung des Endkunden mit dem sog. Gateway oder Point of Presence des Internet- bzw. Online-Diensteanbieters ( erster Abschnitt ) sowie der Transport der in das Internet-Protokoll umgewandelten Informationen über das Internet zu der gewünschten Adresse ( zweiter Abschnitt ) stellen zwar Telekommunikationsdienstleistungen dar, da es dabei ausschließlich um den technischen Vorgang des Übermittelns von Nachrichten geht. Etwas anderes gilt jedoch für den aus Kunden- und VNB-Sicht bedeutsameren dritten Leis- tungsabschnitt. Dieser wird in der für das Verständnis des Regelungsgehalts maßgeblichen Begründung des Bescheides vom 21.2.2000 ( Seite 46 ) beschrieben als "Zugriff des Endkunden auf die letztlich gewünschte Dienstleistung, die in der Regel einen Inhalt (hat)und somit keine Telekommunikationsdienstleistung darstellt, aber im Einzelfall eine solche sein kann ( z.B. Internet-Telefonie )". Auf Nachfrage haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, dass Internet-Telefonie zum Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Bescheide praktisch keine Rolle spielte. Somit ist davon auszugehen, dass auch bei Internetbycall nicht allein der technische Vorgang, sondern der dem Kunden mithilfe dieses Vorgangs übermittelte Inhaltsdienst für die Eigenart der Gesamtleistung zumindest mit - wenn nicht sogar ausschließlich - von Bedeutung ist, und zwar unabhängig davon, ob zeittaktunabhängig oder -abhängig tarifiert wird.

Dem lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, es bestehe jedenfalls ein unmittelbarer Zusammenhang mit der zugrunde liegenden Verbindungsleistung. Denn anders als etwa in § 17 Abs. 1 Satz 3 TKG lässt die maßgebliche Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 16 TKG schon von ihrem Wortlaut her einen derartigen Zusammenhang nicht ausreichen, sondern beschränkt die Telekommunikation auf den technischen Vorgang.

Andernfalls würde auch die vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 und Abs. 4 Teledienstegesetz vom 22.7.1997, BGBl. I 1870, ( TDG ) bewusst vorgenommene Unterscheidung zwischen den die Inhaltsleistung mit in den Blick nehmenden "Telediensten" und den "Telekommunikationsdienstleistungen" nach § 3 TKG unterlaufen. Eine strikte Orientierung an der gesetzlichen Definition in § 3 Nr. 16 TKG ist bei der hier allein maßgeblichen juristischen Einordnung von Inhaltsdiensten im IT-Bereich zudem deshalb geboten, weil es mit den "Telekommunikationsdiensten" ( so § 89 Abs. 1 TKG i.V.m. den Bestimmungen der Telekommunikations- Datenschutzverordnung -TDSV- ) und den "Mediendiensten" ( so § 2 des Staatsvertrages über Mediendienste vom 20.1./12.2.1997 ) weitere sprachlich leicht verwechselbare Bezeichnungen für aus Kunden- und Anbietersicht ähnliche Leistun- gen gibt.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Höhe des "einheitlichen Verbindungsentgelts" von dem auf die jeweilige Inhaltsleistung entfallenden Anteil bestimmt wird. Anders als etwa nach den §§ 24 Abs. 1 Satz 1, 25 Abs. 2 TKG bei Entgelten für Telekommunikationsdienstleistungen von Marktbeherrschern erforderlich, orientiert sich das Gesamtentgelt - auch - für zeittaktunabhängige Mehrwertdienste/Internetbycall gerade nicht an den "Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung", sondern zu einem erheblichen Teil an dem vom sog. Content-Anbieter vorgegebenen und vom VNB an den Endkunden weitergegebenen ökonomischen Wert der übermittelten Leistung. Das Gesamtentgelt lässt sich dann jedenfalls in der Höhe, in der es nach dem Inhalt der angegriffenen Bescheide dem Endkunden durch die Klägerin in Rechnung gestellt werden soll, nicht als Gegenleistung für Telekommunikation beurteilen. Der in der Gegenseitigkeit zum Ausdruck kommende notwendige Zusammenhang zwischen der Leistung "Telekommunikation" und der Gegenleistung "Entgelt" kann aus gesetzessystemati- schen Gründen auch nicht getrennt und unterschiedlich beurteilt werden, je nachdem, ob der zeittaktunabhängige Mehrwertdienst/Internetbycall von einem Marktbeherrscher oder - wie hier - von nicht marktbeherrschenden und somit nicht gemäß §§ 25 Abs. 2, 30 Abs. 4 TKG der Entgeltregulierung unterliegenden VNB angeboten bzw. vermittelt wird.

Bestätigt wird die hier vertretene Ansicht schließlich durch § 13 a Satz 1 TKV i.d.F. der 2. Änderungsverordnung vom 20.8.2002, BGBl. I 3365, worin es u.a. heißt: "Diejenigen, die Kunden Nummern, mittels derer neben Telekommunikationsdienstleistungen weitere Dienstleistungen angeboten werden ( Mehrwertdiensterufnummern ), zur Nutzung überlassen, haben ...". Damit kommt deutlich zum Ausdruck, dass auch der Verordnungsgeber die mit Mehrwertdiensterufnummern verbundenen "weiteren Dienstleistungen" nicht mit Telekommunikationsdienstleistungen gleichsetzt, sondern davon unterscheidet, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie zeittaktabhängig oder -unabhängig berechnet werden. Dementsprechend heißt es auch in der Begründung zu Art. 1 Nummer 3 des Entwurfs der 2. Änderungsverordnung: " Bei den Mehrwertdiensterufnummern handelt es sich nach der Legaldefinition um alle Rufnummern, mit denen zusätzliche Dienstleistungen - z.B. Informationsdienste wie Wetter- oder Fahrplanauskünfte - zusammen mit der Telefonrechnung abgerechnet werden. Hierzu zählen vornehmlich die 0190-er Rufnummern. Die zusätzlichen Dienstleistungen sind keine Telekommunikationsdienstleistungen."

Soweit demgegenüber auf die Regelung in Art. 2 Nr. 3 der ONP-Richtlinie des Rates vom 28.6.1990 (90/387/EWG), Abl. Nr. L 192, S. 1, verwiesen wird, greift dieser Einwand nicht durch. Zwar werden dort "Telekommunikationsdienste" definiert als "Dienste, die ganz oder teilweise aus der Übertragung und Weiterleitung von Signalen auf dem Telekommunikationsnetz bestehen, mit Ausnahme von Rundfunk und Fernsehen" ( Unterstreichung im Originaltext nicht enthalten ). Der Begriff des "Telekommunikationsdienstes" lautet zwar ähnlich, ist jedoch nicht deckungsgleich mit dem der "Telekommunikationsdienstleistung" i.S.d. § 3 Nr. 18 TKG. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass Ersterer auch in § 89 Abs. 1 TKG Verwendung findet, dass aber die entsprechenden Ausführungsvorschriften der TDSV einen anderen, weiter gehenden Inhalt haben als diejenigen der TKV, welche auf § 41 Abs. 1 TKG und dem darin genannten Begriff der Telekommunikationsdienstleistung beruhen.

Ebenso wenig kann sich die Klägerin für ihre Auffassung auf das Urteil des Bundesgerichtshofs zur Verantwortlichkeit für Telefon- und Sprachmehrwertdienste bei Telefonsex-Gesprächen berufen. Denn abgesehen davon, dass in dem dortigen Falle die "Gespräche" nicht über einen Festnetz-, sondern über einen telekommunikationsrechtlich anders zu beurteilenden Mobilfunkanschluss abgewickelt wurden, heißt es in dieser Entscheidung : " Bei der Inanspruchnahme dieser "Premium-Rate"- Dienste sind sowohl nach der Definition der Regulierungsbehörde als auch nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Telekom .... mindestens zwei unterschiedliche Vertrags- und Rechtsverhältnise zu unterscheiden: die die technische Seite des Vorgangs betreffende und im Rahmen des Telefondienstvertrages zu erbringende Dienstleistung des Telekommunikationsunternehmens (vgl. § 3 Nrn. 16, 19 TKG ) und die die inhaltliche Seite des Vorgangs betreffende "weitere Dienstleistung", hier die Erbringung von Telefonsex-Diensten. Bei dieser weiteren Dienstleistung handelt es sich um Teledienste im Sinne des Teledienstegesetzes... ."

BGH, Urteil vom 22.11.2001, NJW 2002, 361 (362)

Diese Differenzierung entspricht also gerade dem vom erkennenden Gericht vertretenen Ansatz zur Grenzziehung zwischen nur technisch zu verstehender Telekommunikation und davon funktional und ökonomisch zu unterscheidender Inhaltsleistung.

1.2.2 Dem Klageantrag zu 1) kann entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht teilweise insoweit stattgegeben werden, als die Entgelte auf die technische Verbin- dungsleistung entfallen. Denn eine derart eingeschränkte Leistung hat die Klägerin bei der Beigeladenen vor Erlass des Beanstandungsbescheides vom 21.2.2000 nicht hinreichend konkret nachgefragt

vgl. zu diesem Erfordernis: OVG NRW, Beschluss vom 1.10.2001 -13 B 1156/01-; VG Köln, Urteil vom 20.6.2002, a.a.O.

Vielmehr ging es ausweislich der Akten immer nur um die Fakturierung und Einziehung des auf die Verbindungs- und die Inhaltsleistungen entfallenden Gesamtentgelts.

2. Soweit sich der Klageantrag zu 2) auf die erste Mahnung bei Entgelten für zeittaktunabhängige Mehrwertdienste/Internetbycall bezieht, ist er - schon - deshalb erfolglos, weil insoweit aus den vorerwähnten Gründen der Begriff der Telekommunikationsdienstleistung nicht erfüllt ist.

Wie die Kammer im Verfahren 1 K 2788/00 durch Urteil vom 14.11.2002 entschieden hat, gilt dies auch in Bezug auf zeittaktabhängige Mehrwertdienste/Internetbycall. Dazu bedarf es hier keiner näheren Ausführungen, da die dafür geltenden Gründe mit den Obenstehenden unter 1.2.1 nahezu identisch sind und die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens auch an jenem Verfahren beteiligt sind.

In Bezug auf Entgelte für Sprachtelefondienstleistungen und Auskunftsdienste kommt ein missbrauchsaufsichtliches Einschreiten gegen die Beigeladene nicht in Betracht, weil die erste außergerichtliche Mahnung keine wesentliche Leistung im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG darstellt.

Das Wesentlichkeitskriterium ist dann erfüllt, wenn der Wettbewerber ohne die begehrte Leistung faktisch an der Erbringung der von ihm beabsichtigten Telekommunikationsdienstleistung gehindert ist. Dies beurteilt sich allerdings nicht nach dem subjektiven Bedarf des jeweiligen Wettbewerbers. Vielmehr ist zu fragen, ob die nachgefragte Leistung für die Erbringung von anderen Telekommunikationsdienstleistungen objektiv erforderlich

so: VG Köln, Urteil vom 8.6.2000 - 1 K 4450/98 -, JURIS,

d.h. unverzichtbar

so: OVG NRW, Urteil vom 7.2.2000, NVwZ 2000, 697 (699); Beschluss vom 15.2.2002, MMR 2002, 408

ist. Dies ist zu verneinen.

Anders als die Rechnungserstellung und das Inkasso ist die erste außergerichtliche Mahnung nicht in jedem einzelnen Callbycall-Falle ( § 43 Abs. 6 Satz 1, 2.Alt. TKG ) zur Leistungserbringung erforderlich. Selbst wenn man die Nichtzahlerquote entsprechend den Angaben der Klägerin bereits im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Bescheide zwischen 15 und 20 % ansetzte, hinge die weitere Marktfähigkeit des offenen Callbycall für die Klägerin als Verbindungsnetzbetreiberin nicht davon ab, dass die Beigeladene für sie auch die Mahnung vornimmt. Als Voraussetzung für den Zahlungsverzug ist die Mahnung - falls überhaupt erforderlich - rechtlich dem Problembereich der Leistungsstörungen zuzurechnen und gehört somit nicht zu der hier allein maßgeblichen Leistungserbringung im Sinne einer vertragsgemäßen Abwicklung. Dies wird bestätigt durch die Regelung des § 15 Abs. 1 TKV, die die Aufgaben der Rechnungserstellung und der Entgegennahme der Kundenzahlung dem Zu- gangsanbieter zuweist, hingegen in Satz 5 ohne weiteres davon ausgeht, dass die "Durchsetzung" ihrer Forderungen den jeweiligen anderen Anbietern obliegt. Die Mahnung lässt sich jedoch nicht dem Bereich der Rechnungserstellung oder Zahlungsannahme zurechnen, sondern stellt das erste Stadium der Forderungsdurchsetzung dar.

Der Klägerin ist es auch tatsächlich möglich, die Mahnung in jedem Einzelfalle auszusprechen, da die Beigeladene gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 TKV als Rechnungserstellerin verpflichtet - und auch bereit - ist, der Klägerin zum Zwecke der Durchsetzung der Forderung gegenüber ihren Kunden die erforderlichen Bestands- und Verbindungsdaten zu übermitteln. Wieso dies - wie die Klägerin meint - aus datenschutzrechtlichen Gründen im Hinblick auf § 89 Abs. 1 Satz 2 TKG unzulässig sein sollte, ist nicht nachvollziehbar. Auch ist nicht erkennbar, worin unter dem Aspekt der tatsächlichen Durchführbarkeit der wesentliche Unterschied zwischen der Mahnung - einerseits - und weiteren Schritten der außergerichtlichen und gerichtlichen Forderungsdurchsetzung -andererseits - bestehen sollte, die selbst nach Auffassung der Klägerin nicht zum Aufgabenbereich der Beigeladenen gehören. Dass eine von der Beigeladenen ausgesprochene Mahnung beim säumigen Kunden wahrscheinlich eine höhere Zahlungsbereitschaft auslöst, zumal dann, wenn sie den Kunden auch noch mit der Möglichkeit einer Anschlusssperre nach § 19 TKV konfrontiert, ändert nichts daran, dass der Normgeber den Zugangsanbieter/Rechnungsersteller nicht auch noch für die Durchsetzung fremder Forderungen in Dienst nehmen wollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Au- ßergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, da diese Beteiligte einen Antrag gestellt und sich somit ihrerseits nach § 154 Abs. 3 VwGO einem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO und §§ 708 Nr. 11 , 711 ZPO.

Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, die der Sprungrevision auf § 134 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.






VG Köln:
Urteil v. 14.11.2002
Az: 1 K 2532/00


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