Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Juni 2007
Aktenzeichen: 10 W (pat) 35/03
(BPatG: Beschluss v. 06.06.2007, Az.: 10 W (pat) 35/03)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Das Patent mit der Bezeichnung "Zündgerät für netzunabhängig versorgte Hochdruck-Entladungslampen" wurde am 28. Juli 1986 beim Patentamt angemeldet, die Patenterteilung im Januar 1992 veröffentlicht.
Am 4. September 2000 zahlte der Patentinhaber für die 15. Jahresgebühr 1800,- DM.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 2000 übersandte das Patentamt dem Patentinhaber die Benachrichtigung gemäß § 17 Abs. 3 PatG a. F. (Fassung bis 31. Dezember 2001), wonach die 15. Jahresgebühr innerhalb der zuschlagsfreien Zahlungsfrist nicht bzw. nicht in voller Höhe entrichtet worden sei. Das Patent erlösche, wenn die 15. Jahresgebühr (2070,- DM) mit Zuschlag (207,- DM) abzüglich des entrichteten Betrags von 1800,- DM, insgesamt 477,- DM, nicht innerhalb von vier Monaten nach Ablauf des Monats, in dem diese Benachrichtigung zugestellt worden sei, entrichtet werde.
Mit Schreiben vom 6. Februar 2001, eingegangen am 7. Februar 2001, hat der Patentinhaber Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur zuschlagsfreien Zahlung und auf Rückerstattung des Zuschlags von 10 % in Höhe von 207,- DM gestellt. Er trägt vor, er habe die Gebührenbenachrichtigung über die Nachzahlung von 477,- DM erhalten und die Nachzahlung auch angewiesen. Er habe jedoch die alte Jahresgebühr in Höhe von 1800,- DM fristgerecht entrichtet. Ihm sei nicht bekannt gewesen, dass das Patentamt inzwischen die Gebühren angehoben hatte. Eine entsprechende Benachrichtigung seitens des Patentamts sei auch nicht erfolgt. Am 9. Februar 2001 zahlte der Patentinhaber die ausstehenden 477,- DM.
Das Patentamt hat mit Bescheid vom 19. Februar 2001 darauf hingewiesen, dass eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht komme. Das Gesetz zur Sanierung des Bundeshaushalts vom 22. Dezember 1999 sei am 28. Dezember 1999 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 2534) verkündet und somit der Öffentlichkeit bekannt gemacht worden. Das neue Gebührenverzeichnis sei außerdem im Januarheft 2000 des BlPMZ abgedruckt und bereits Anfang Januar 2000 in das Internet eingestellt worden. Zusätzlich sei die Öffentlichkeit ebenfalls Anfang Januar durch das überarbeitete Kostenmerkblatt informiert worden. Im Übrigen hätten sich Hinweise auf die Patentgebührenerhöhung auch in den Medien gefunden.
Der Patentinhaber hat darauf erwidert, er teile die Auffassung des Patentamts nicht, dass die zwischenzeitlich erfolgte Erhöhung der Patentjahresgebühren ausreichend bekannt gemacht worden sei. Eine Information an die Patentinhaber seitens des Patentamts, z. B. in Form eines neuen Kostenmerkblatts, habe offensichtlich nicht stattgefunden. Der bloße Hinweis auf Veröffentlichungen im Internet oder im BlPMZ genüge nicht, um die Erhöhung bei den Inhabern laufender, speziell älterer Patente als bekannt voraus zu setzen. Er habe definitiv nichts von der Erhöhung der Patentjahresgebühren erfahren - erst durch den Bescheid des Patentamts vom 7. Dezember 2000 - und sei daher der Auffassung, mit der fristgerechten Zahlung der bisher gültigen Jahresgebühr seiner Pflicht genüge getan zu haben. Die unvollständige Gebührenzahlung sei aufgrund unzureichender Inkenntnissetzung über die Gebührenerhöhung seitens des Patentamts daher nicht schuldhaft gewesen.
Das Deutsche Patent- und Markenamt - Patentabteilung 11 - hat durch Beschluss vom 11. April 2001 den Antrag vom 6. Februar 2001 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und festgestellt, dass das Patent erloschen sei. Zur Begründung ist ausgeführt, der Patentinhaber habe nicht schlüssig dargetan, dass er die gesetzliche Frist zur Entrichtung der 15. Jahresgebühr nebst Zuschlag ohne eigenes Verschulden versäumt habe. Wegen der Einzelheiten werde auf den Bescheid vom 19. Februar 2001 hingewiesen. Durch weiteren Beschluss vom 3. Mai 2001 ist der Beschluss vom 11. April 2001 berichtigt worden und zwar dahingehend, dass das Patent nicht erloschen sei, es werde lediglich der Antrag vom 6. Februar 2001 auf Wiedereinsetzung in die zuschlagsfreie Frist zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Patentinhaber mit der Beschwerde und führt zur Begründung aus, er sei nach wie vor der Ansicht, dass es seitens des Patentamts versäumt worden sei, die Patentinhaber rechtzeitig über die zwischenzeitliche Erhöhung der Jahresgebühren zu informieren. In seinem Falle habe er nach fristgemäßer Entrichtung der 15. Jahresgebühr nach alter Gebührentabelle erst durch die Gebührenbenachrichtigung des Patentamts hiervon erfahren. Die nicht vollständige Zahlung mangels Kenntnis über die neuen Gebührentatbestände sei daher nicht schuldhaft erfolgt, die Erhebung des Säumniszuschlages erscheine daher unbillig.
Die Beschwerde wurde im Juli 2003 dem Bundespatentgericht vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Patentamt hat den Antrag des Patentinhabers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur zuschlagsfreien Zahlung der 15. Jahresgebühr zu Recht zurückgewiesen.
1. Der Patentinhaber hat die Frist zur zuschlagsfreien Zahlung der 15. Jahresgebühr versäumt, da er innerhalb dieser Frist die Gebühr nicht vollständig entrichtete. Die 15. Jahresgebühr ist gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 PatG a. F. (= die hier maßgebliche Fassung bis 31. Dezember 2001) am 31. Juli 2000 fällig gewesen und konnte bis 30. September 2000 zuschlagsfrei entrichtet werden. Die Höhe der 15. Jahresgebühr betrug zu jener Zeit gemäß dem Patentgebührengesetz in der seit 1. Januar 2000 geltenden Fassung (nach der Änderung durch das Gesetz zur Sanierung des Bundeshaushalts vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2534, BlPMZ 2000, 1) 2070,- DM (§ 1 PatGebG i. V. m. Nr. 112115 des Gebührenverzeichnisses). Vor der Erhöhung zum 1. Januar 2000 betrug die 15. Jahresgebühr 1800,- DM.
Innerhalb der Frist zur zuschlagsfreien Zahlung der 15. Jahresgebühr bis 30. September 2000 hat der Patentinhaber nicht 2070,- DM, sondern nur 1800,- DM gezahlt, also nicht die vollständige Gebühr. Damit ist gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 PatG a. F. der tarifmäßige Zuschlag fällig geworden, der sich auch dann nach dem vollen Betrag der Jahresgebühr richtete, wenn diese nicht in voller Höhe entrichtet war (vgl. Schulte, PatG, 6. Aufl., § 17 Rdn. 37; Busse, PatG, 5. Aufl., § 17 Rdn. 62). Da die Fälligkeit der vorliegenden Jahresgebühr auch nicht in den Zeitraum innerhalb von 3 Monaten nach Inkrafttreten der Gebührenerhöhung fällt, greift auch nicht die damals geltende Vorschrift des § 6 Abs. 2 PatGebG, wonach bei rechtzeitiger Nachentrichtung ein Entfallen des Zuschlags für die Verspätung der Zahlung vorgesehen ist.
Da die Frist zur zuschlagsfreien Zahlung der 15. Jahresgebühr versäumt worden ist, hat das Patentamt daher zu Recht in der Gebührenbenachrichtigung vom 7. Dezember 2000 neben dem noch ausstehenden Restbetrag für die 15. Jahresgebühr den tarifmäßigen Zuschlag gefordert.
2. Der wegen Versäumung der Frist zur zuschlagsfreien Zahlung der 15. Jahresgebühr gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
a. Der Wiedereinsetzungsantrag ist statthaft, denn er bezieht sich auf die Frist zur zuschlagsfreien Zahlung einer Jahresgebühr und damit auf eine Frist i. S. v. § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat. Die Fälligkeit des Zuschlags stellt nicht bloß eine Kosten-, sondern auch einen Rechtsnachteil dar (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 22. Februar 2007, 10 W (pat) 47/05; BPatGE 1, 15, 20; Benkard, PatG, 10. Aufl., § 123 Rdn. 7; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 123 Rdn. 58 unter Nr. 3; Busse, PatG, 6. Aufl., § 123 Rdn. 19).
Ausgehend davon, dass der Patentinhaber erst mit Erhalt der Gebührenbenachrichtigung vom 7. Dezember 2000 über die Höhe der 15. Jahresgebühr unterrichtet worden und damit das Hindernis für die vollständige Gebührenzahlung weggefallen ist, ist der am 7. Februar 2001 gestellte Wiedereinsetzungsantrag fristgerecht innerhalb der Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG gestellt. Auch die Nachholung der versäumten Handlung, die Nachzahlung des Restbetrags zur vollen Höhe der 15. Jahresgebühr am 9. Februar 2001 ist fristgerecht erfolgt. Zudem enthält der Antrag die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen.
b. Die Gewährung von Wiedereinsetzung setzt aber nach § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG voraus, dass die Frist ohne Verschulden versäumt worden ist. Das ist hier nicht feststellbar.
Verschulden umfasst Vorsatz und jede Art von Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr übliche Sorgfalt außer Acht lässt. Maßstab für die zu fordernde Sorgfalt ist hierbei die übliche Sorgfalt eines ordentlichen Verfahrensbeteiligten, die dieser im konkreten Einzelfall angewendet haben würde (st. Rspr., vgl. Schulte, PatG, 7. Aufl., § 123 Rdn. 70, 75 ff.). Grundsätzlich stellen mangelnde Gesetzeskenntnisse keinen Grund für eine Wiedereinsetzung dar (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 24. August 2006, 10 W (pat) 60/05; Schulte, a. a. O., § 123 Rdn. 129, 130). Dies gilt auch für die Höhe von Jahresgebühren, die durch Gesetz festgelegt werden (früher im PatGebG, nunmehr im PatKostG). Dass gesetzliche Gebühren auch einmal steigen können, ist zudem eine Möglichkeit, mit der üblicherweise gerechnet werden muss, mithin auch damit, dass ein einmal erhaltenes Kostenmerkblatt nicht mehr aktuell ist. Ein sorgfältiger Anmelder oder Patentinhaber, der auf jeden Fall die Zahlung von Verspätungszuschlägen vermeiden will, hätte sich daher vor der Zahlung kundig gemacht, ob sich bei den Gebühren etwas geändert hat. Darüber hinaus ist die damalige Gebührenerhöhung vom Patentamt auch verbreitet worden, worauf schon das Patentamt zutreffend hingewiesen hat. So ist bereits im Januarheft 2000 des vom Patentamt herausgegebenen Blatts für Patent-, Muster- und Zeichenwesen (BlPMZ) auf die Gebührenerhöhung hingewiesen worden (vgl. BlPMZ 2000, 1), abgesehen davon, dass der Patentinhaber diese jederzeit auf Nachfrage vom Patentamt (sei es telefonisch, schriftlich oder über die Internetseite des Patentamts) hätte erfahren können. Zudem ist auch der Patentinhaber persönlich über die Gebührenerhöhung informiert worden, nämlich durch die Gebührenbenachrichtigung vom 7. Dezember 2000. Eine Obliegenheit des Patentamts, jeden Patentinhaber persönlich so früh zu informieren, dass keine Verspätungszuschläge anfallen, kann nicht angenommen werden.
Da der Wiedereinsetzungsantrag erfolglos bleibt, war die Beschwerde zurückzuweisen.
BPatG:
Beschluss v. 06.06.2007
Az: 10 W (pat) 35/03
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