Landgericht Berlin:
Urteil vom 7. August 2009
Aktenzeichen: 4 O 404/08

(LG Berlin: Urteil v. 07.08.2009, Az.: 4 O 404/08)

1. Solange sich in der Allgemeinheit nicht die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass bei Mitarbeitern der Großbanken im Zweifel davon auszugehen ist, dass diese die Interessen kapitalsuchender Dritter verträten und das etwa bereits bestehende Kundenverhältnis nur zur Kontaktaufnahme nutzten, besteht kein Anlassk zu einer Änderung der Grundsätze, nach denen ein Beratungsvertrag auch mit einer Bank stillschweigend zustande kommen kann.

2. Der Zeichner eines Medienfonds kann von einer Bank, mit der er -auch stillschweigend- einen Beratungsvertrag geschlossen hat, eine Aufklärung darüber erwarten, dass die Bank aus seiner Einlage einen Teil als Vertriebsprovision erhält (sog. Rückvergütung, Anschluss BGH XIZR 510/07). Dies kgilt auch dann, wenn konzernfremde Produkte vertrieben werden, sich aus dem Prospekt die Höhe der weichen Kosten korrekt ergibt und es dem Vertrieb gestattet war, Untervermittler einzusetzen.

3. Eine Bank, die ihren Kunden unter den genannten Voraussetzungen nicht aufklärt, handelt auch dann schuldhaft im Sinne unbewusster Fahrlässigkeit gemäß § 276 BGB, wenn die Beratung noch vor Bekanntwerden der Entscheidungen des BGH vom 19.12.2006 (XI ZR 56/05) und 20.01.2009 (XI ZR 510/07) stattgefunden hat.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 52.500,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.07.2008 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere € 2.457,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.07.2008 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von dem Vater der Klägerin am 12.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der ... 3 GmbH & Co. KG im Nennwert von € 50.000,00 resultieren.

4. Die zu 1. bis 3. genannten Leistungen schuldet die Beklagte Zug um Zug gegen Übertragung der von dem Vater der Klägerin am 12.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der ... 3 GmbH & Co. KG im Nennwert von € 50.000,00 an sie.

5. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der von dem Vater der Klägerin am 12.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der ... 3 GmbH & Co. KG im Nennwert von € 50.000,00 in Verzug befindet.

6. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

7. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

8. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt als Erbin ihres Vaters die Beklagte auf Rückabwicklung einer von diesem gezeichneten Fondsbeteiligung in Anspruch.

Nach den sog. Medienerlassen des Bundesfinanzministeriums aus 2001 und 2003 konnten bei Publikums-Filmfonds die Herstellungskosten des Films sofort als Aufwand verbucht werden, wenn die Anleger-Gesellschafter Einfluss darauf hatten, welche Filme wie produziert werden (sog. Blind Pool). Damit konnte ein Anleger gegebenenfalls 100 % seiner Einlage sofort als negatives Steuerergebnis geltend machen. Auf dieser Grundlage konzipierte die VIP Vermögensberatung München GmbH im Jahr 2001 u.a. den €... 3€, der eine Beteiligung des Publikums als Treuhandkommanditist an der ... GmbH & Co. KG (fortan: Fonds-KG) vorsah. In dem mit €Garantiefonds ... 3€ überschriebenen Prospekt heißt es unter anderem:

€[Seite 9] SCHLUSSZAHLUNGEN

Absicherung von 100% des Anteils des Lizenzgebers an den Produktionskosten aller realisierten Filme bzw. Ersatzproduktionen zzgl. Fondsnebenkosten ohne Agio (...). Die Summe der Schlusszahlungen aller Filme entspricht dem gezeichneten Fondsvolumen ohne Agio, diese sind zahlbar zum 15.12.2011.

SCHULDÜBERNAHME DURCH D. BANK AG

Die D. Bank AG wird bezüglich aller realisierten Filme bzw. Ersatzproduktionen der Fondsgesellschaft (...) jeweils die Verpflichtungen des Lizenznehmers (...) zur Erbringung der Schlusszahlungen in Höhe von 100 % des Anteils des Lizenzgebers an den Produktionskosten aller realisierten Filme bzw. Ersatzproduktionen zzgl. Fondsnebenkosten, ohne Agio, übernehmen. Die Schuldübernahmen erfolgen mit schuldbefreiender Wirkung für den Lizenznehmer.

Dies bedeutet, dass die Schlusszahlungen im vorgenannten Umfang anstelle des Lizenznehmers von der D. Bank AG an die Fondsgesellschaft zu leisten sind. Die D. Bank AG erhält für die Schuldübernahmen vom Lizenznehmer den erforderlichen Gegenwert in Höhe des Barwertes der übernommenen Zahlungsverpflichtungen sowie die sonstigen nach den Schuldübernahmevereinbarungen zu zahlenden Entgelte. Sämtliche Zahlungen im Rahmen der Schuldübernahmen erfolgen in Euro. (...)

[Seite 13] RISIKEN:

- Änderungen rechtlicher, steuerlicher und anderer gesetzlicher Vorschriften, der Rechtsprechung sowie der Verwaltungspraxis können das Beteiligungsergebnis negativ beeinflussen

- Das Fondskonzept beruht auf der Auslegung und Interpretation des Medienerlasses und des Anwendungsschreibens zu § 2b EStG. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Finanzverwaltung eine andere Auslegung vornimmt. (...)

- Insbesondere tragen die Gesellschafter auch das Bonitätsrisiko von Vertragspartnern und Garantiegebern (z. B. der Versicherungs- und Vertriebsunternehmen, Bank) und des Managements (...)

- Die Beteiligung ist eine unternehmerische Anlage, die im Extremfall zum Totalverlust des investierten Kapitals führen kann (...)

[Seite 26] DIE PRODUKTION

Die Fondsgesellschaft (...) wird (...) den oder die Produktionsdienstleister mit der Durchführung der Filmherstellung beauftragen. (...) Der Fonds wird (...) die Produktionskosten im Voraus und in voller Höhe an die Produktionsdienstleister bezahlen. Die Produktionskosten werden erst bezahlt, wenn alle Sicherheiten vorliegen und der Mittelverwendungskontrolleur die Gelder freigibt. (...) Der Fonds wird die Filme i.d.R. vollständig finanzieren. Co-Produktionen sind aber grundsätzlich möglich, und werden grundsätzlich mit deutschen Co-Produktionspartnern durchgeführt. (...)

[Seite 40] MITTELHERKUNFT

01. Kommanditkapital100 % € 100.000.000 MITTELVERWENDUNG Emissionsbedingte Nebenkosten 02. Eigenkapitalvermittlung8,90 %€ 8.900.00003. Geschäftsbesorgungsgebühr*2,90 %€ 2.900.00004. Gründungs- und Eintragungskosten*0,09 %€ 90.000Summe € 11.890.000 Laufende Verwaltungskosten* 05. Mittelverwendungskontrolle0,2 %€ 200.00006. Gesellschafterbetreuung 0,215 %€ 215.00007. Verwaltungskosten 0,245 %€ 245.00008. Treuhänder0,08 %€ 80.00009. Geschäftsführung und Haftungsvergütung0,17 %€ 170.000Summe € 910.000 Produktionskosten 10. Produktionskosten (inkl. Liquiditätsreserve)87,2 %€ 87.200.00 Gesamt100 % € 100.000.000 * zzgl. USt Agio: Ein Agio in Höhe von 5 % auf die Zeichnungssumme (Kommanditkapital) wird innerhalb einer Woche nach Zugang der Annahme der Beitrittserklärung zur Zahlung fällig. Es dient der Eigenkapitalvermittlerin, der VIP Beratung für Banken AG, zur zusätzlichen Abdeckung von Vertriebsaufwendungen. (...)€

Wegen der weiteren Einzelheiten des Emissionsprospekts wird auf dessen als Anlage K3 zur Klageschrift zu den Akten gelange Ablichtung Bezug genommen. Im Oktober 2002 kam die P...C... GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in einem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Beteiligung an der Fonds-KG steuerlich anerkennungsfähig sei. Im November 2002 erstattete die P...C... V... Rechtsanwaltsgesellschaft mbH zudem in einem Rechtsgutachten die Ordnungsgemäßheit des Emissionsprospektes. Die Beklagte nahm die Fonds-KG in ihr Anlageprogramm auf und erhielt für den Vertrieb von Fondsanteilen eine Provision von 8,25 % des Beteiligungswertes.

Der Vater der Klägerin (fortan: der Erblasser) war seit 1980 Kunde der Beklagten und unterhielt bei dieser auch Geldanlagen. Ihn suchte am 12.09.2003 die Beraterin D. der Beklagten in seinem Büro auf und empfahl ihm die Beteiligung an der Fonds-KG. Sie stellte ihm 104,5% Verlustzuweisung in Aussicht. Dass die Beklagte 8,25 % Provision erhalte, teilte die Mitarbeiterin D. dem Erblasser nicht mit. Der weitere Inhalt und auch die Anzahl der Beratungsgespräche sind streitig. Auf einem Zettel (Anlage K14) hatte sich der Erblasser handschriftlich notiert:

€Erstausschüttung ab 2005 ca. 8%, Rückz. 2011 mit Garantie D. Bank, Steuerl. Verlustzuweisung 104,5% gilt dann ab 2003€

Mit Zeichnungsschein vom 12.09.2003 beteiligte sich der Erblasser mit einem Beteiligungsbetrag von € 50.000 zzgl. 5% Agio an der Fonds-KG. An dessen Ende befindet sich folgende separate

€Empfangsbestätigung

Den Prospekt nebst Nachtrag 1 vom 01.07.2003 mit Treuhandvertrag, Gesellschaftsvertrag der VIP 3 und Mittelverwendungskontrollvertrag sowie eine Durchschrift dieses Angebotes mit Belehrung über mein Widerrufsrecht habe ich erhalten.€

Der Erblasser unterzeichnete auch diese abgesetzte Erklärung.

Im Juni 2006 beschied das Finanzamt München II, dass die Verluste des Fonds für Zwecke der Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen und der Eintragung eines Freibetrages bei Anlegern auf der Lohnsteuerkarte anerkannt werden. In der Folgezeit investierte die Fonds-KG in die Filmproduktion. Die Mittel wurden an den Produktionsdienstleister ausgezahlt und flossen zu ca. 70% über den Lizenznehmer an die D. Bank AG zur Unterlegung der Schuldübernahme. Ca. 17,2 % wurden in die eigentliche Produktion investiert. Die finanzierten Filme benötigten und erhielten etwa 80 % ihres Aufwandes aus dritten Quellen.

Im Jahr 2007 forderten die Finanzbehörden die den Anlegern zunächst gewährten Steuervorteile zurück. Sie machten geltend, dass die investierten Mittel zu überwiegenden Anteilen nicht unternehmerisch zur Filmproduktion verwendet, sondern bei der D. Bank AG eingezahlt worden seien. Der Erblasser zahlte die Steuer nach und beglich auch Verzugszinsen von € 2.064 für 2003 und € 393 für 2004.

Mit der am 28.07.2008 zugestellten Klage hat der Erblasser die Beklagte auf Rückabwicklung seiner Beteiligung in Anspruch genommen. Am 07.03.2009 ist er verstorben. Er ist von der Klägerin beerbt worden, welche den Rechtsstreit aufgenommen hat.

Die Klägerin macht geltend, die Beklagte habe den Erblasser in einer eine Schadensersatzhaftung begründenden Weise unzutreffend beraten. Sie habe ihre Pflichten aus einem stillschweigend abgeschlossenen Anlageberatungsvertrag verletzt. Der Kläger sei ein konservativer Anleger gewesen und habe stets kein Risiko eingehen, vielmehr in Festgeld investieren wollen, als er auf die Beteiligung an der Fonds-KG angesprochen worden sei. Die Mitarbeiterin D. der Beklagten habe ihm eine 100%ige Rückzahlung des Kapitals im Jahr 2011 durch eine Garantie der D. Bank sowie einen Ertrag von voraussichtlich 8% in Aussicht gestellt und behauptet, die Beteiligung an der Fonds-KG sei damit völlig risikolos. Die Beklagte habe bundesweit Vertriebsmitarbeiter zu unzutreffenden Angaben über die Absicherung der Einlage angehalten, was sich aus an die Öffentlichkeit gelangtem Vertriebsmaterial ergebe. Die Beklagte sei zudem verpflichtet gewesen, den Erblasser darauf hinzuweisen, dass sie eine erhebliche Vertriebsvergütung erhalte. Zudem sei dem Erblasser der Fondsprospekt erst am Tage der Zeichnung überreicht worden. Wäre der Erblasser, der der Beklagten umfassend vertraut habe, von dieser zutreffend beraten worden, hätte er die Anlage nicht gezeichnet.

Zudem schulde die Beklagte die Rückabwicklung der Fondsbeteiligung unter dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne. Die Schlusszahlung der Lizenznehmer werde fälschlich als Garantie für eine Rückgewähr des eingesetzten Kapitals dargestellt. Tatsächlich bedeute aber auch eine Schlusszahlung von 100 % allenfalls eine Einlagenrückgewähr von 35 % für die Gesellschafter. Der Prospekt weise nicht darauf hin, dass bis zu 70 % des eingesetzten Kapitals an die D. Bank gezahlt werden sollten. Ebenso fehle ein Hinweis, dass die Fonds-KG an den Erlösen der Filme nicht zu 100 %, sondern allenfalls zu 20 % beteiligt sei. Der Prospekt verschweige, dass der ebenfalls zur VIP-Gruppe gehörende Fertigstellungsgarant eine so unzureichende Bonität aufgewiesen habe, dass die D. Bank AG auch dessen Verpflichtungen habe übernehmen müssen. Die im Prospekt für den mild case ausgewiesenen Renditen von 15 % der Produktionskosten für 2004 und von 40 % der Produktionskosten für 2005 seien unrealistisch und zudem schon wegen der Investition von nur ca. 17 % in die Produktion nicht zu erreichen gewesen. Auch im Prospekt fehle der Hinweis auf die der Beklagten zugeflossene Vertriebsprovision. Weiter fehle ein Hinweis, dass die steuerliche Konzeption neu gewesen sei und der Anleger daher ein hohes steuerliches Risiko eingehe. Die Beklagte habe das besondere Vertrauen des Erblassers in Anspruch genommen.

Nach alledem sei die Beklagte ihr - der Klägerin - zur Rückzahlung des Anlagebetrages zzgl. Agio verpflichtet. Zudem sei ein entgangener Anlagegewinn von 4 % p.a. zu ersetzen, weil der Erblasser bei richtiger Beratung nicht in die Fonds-KG, sondern in Festgeld investiert hätte. Zudem habe die Beklagte die auf die Steuerschuld angefallenen Sollzinsen zu ersetzen. Im Jahr 2007 habe das Finanzamt den dem Erblasser erteilten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 geändert und die gewährten Steuervorteile annulliert. Sie - die Klägerin - habe als Gegenleistung bei der Rückabwicklung lediglich ein Angebot auf Übertragung der Beteiligung abzugeben.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie € 52.500,00 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozent seit dem 12.09.2003 bis zur Rechtshängigkeit und ab Rechtshängigkeit Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu bezahlen,

2a. die Beklagte zu verurteilen, an sie € 2.457,00 zuzüglich Zinsen hieraus ab Rechtshängigkeit in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu bezahlen,

2b. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, sie von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der von ihrem Vater am 12.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der Film & Entertainment ... 3 GmbH & Co. KG im Nennwert von € 50.000,00 resultierten,

3. die Verurteilung gemäß den Anträgen zu 1. bis 2b. erfolge Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebotes auf Übertragung der von dem Vater der Klägerin am 12.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der Film & Entertainment ... 3 GmbH & Co. KG im Nennwert von € 50.000,00 sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an sie,

hilfsweise,

die Verurteilung gemäß den Anträgen zu 1. bis 2b. erfolge Zug um Zug gegen Übertragung der von dem Vater der Klägerin am 12.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der Film & Entertainment ... 3 GmbH & Co. KG im Nennwert von € 50.000,00 an sie,

4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebotes auf Übertragung der von dem Vater der Klägerin am 12.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der Film & Entertainment ... 3 GmbH & Co. KG im Nennwert von € 50.000,00 sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in Verzug befinde,

hilfsweise,

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der von dem Vater der Klägerin am 12.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der Film & Entertainment ... 3 GmbH & Co. KG im Nennwert von € 50.000,00 in Verzug befinde.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, nicht als Beraterin des Erblassers sondern vielmehr als Vermittlerin der Fondsbeteiligung gehandelt zu haben. Sie behauptet, der Erblasser habe regelmäßig Anteile an geschlossenen Fonds (Schiffsfonds, Immobilienfonds) zum Zwecke der steuerlichen Optimierung erworben. Im vorliegenden Fall hätten drei bis fünf Beratungsgespräche anhand des Prospektes stattgefunden. Die Verhältnisse zu den Schlusszahlungen seien zutreffend dargestellt worden. Der Erblasser habe zudem selbst nicht geglaubt, dass seine Einlage garantiert sei, jedenfalls habe er so etwas nie verlauten lassen. Eine flächendeckende prospektwidrige Darstellung der Schlusszahlung als Garantie habe es nicht gegeben. Zur Aufklärung über die erhaltene Vertriebsprovision sei sie nicht verpflichtet, weil die hierzu vom Bundesgerichtshof vorgenommene Auslegung falsch und gegen das Gesetz sei und sie - die Beklagte - in ihren Grundrechten aus Artt. 12, 14 GG verletze. Zudem weise der Prospekt deutlich auf die Vertriebskosten hin und enthalte auch einen Hinweis, dass die mit dem Vertrieb beauftragte VIP Beratung für Banken AG Untervermittler einsetzen könne. Der Erblasser habe daran erkennen können, dass sie - die Beklagte - Provision erhalte. Der Prospekt sei dem Erblasser auch fast zwei Monate vor Zeichnung übergeben worden. Zudem wäre auch eine Übergabe bei Zeichnung unschädlich gewesen, weil den Anlegern - dies ist unstreitig - ein Widerrufsrecht von zwei Wochen eingeräumt gewesen sei. Jedenfalls sei ein etwaiger Beratungsfehler nicht kausal für die Anlageentscheidung geworden. Auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens könne sich die Klägerin nicht berufen. Vielmehr sei dem Erblasser gleichgültig gewesen, wer von den ausgewiesenen Vertriebskosten wie viel erhalte. Dies ergebe sich daraus, dass er nicht danach gefragt habe. Jedenfalls treffe sie - die Beklagte - kein Verschulden. Die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung habe sie nicht vorhersehen können. Zudem könne sie sich darauf berufen, dass Kollegialgerichte ihre Auffassung teilten.

Auch eine Prospekthaftung komme nicht zum Tragen. Der Prospekt sei eingehend auf seine Plausibilität geprüft worden. Er stelle die Verhältnisse zur Schlusszahlung zutreffend dar. Dass 70 % der Produktionskosten an die D. Bank geflossen seien, sei prospektwidrig, ohne dass sie - die Beklagte - hiervon bei Zeichnung Kenntnis gehabt hätte. Die für den gewöhnlichen Verlauf (sog. mild case) ausgewiesenen Renditen seien plausibel.

So oder so hafte sie € die Beklagte € allenfalls gegen tatsächliche Übertragung der Fondsbeteiligung an sie. Auch müsse sich die Klägerin ein erhebliches Mitverschulden des Erblassers entgegen halten lassen. Dieser habe pflichtwidrig den Prospekt nicht gelesen und zudem eigene Sachkenntnis aus dem Umgang mit Kapitalanlagen gehabt. Sollte der Erblasser den Prospekt tatsächlich nicht erhalten haben, habe er sich mit der schriftlichen Bestätigung des Gegenteils schadensersatzpflichtig gemacht und habe sie - die Beklagte - von dem daraus resultierenden Schaden freizuhalten. Mit dem Anspruch hierauf rechnet die Beklagte hilfsweise gegen die Klageforderung auf.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zu den Akten gelangten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie ergänzend auf die Sitzungsniederschrift vom 07.08.2009 Bezug genommen.

Die Kammer hat den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Gründe

Die Klage ist weit gehend begründet.

I.

Die Klägerin kann als Gesamtrechtsnachfolgerin des Erblassers gemäß § 1922 BGB von der Beklagten Zahlung von € 52.500,00 nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung des Anteils an der Fonds-KG verlangen, weil die Beklagte ihr wegen pflichtwidriger Anlageberatung zur Rückabwicklung der von dem Erblasser am 12.09.2003 gezeichneten Beteiligung von € 50.000,00 nebst Agio im Wege des Schadensersatzes verpflichtet ist, §§ 280 Abs. 1, 249 ff BGB.

1. Zwischen dem Erblasser und der Beklagten ist ein Beratungsvertrag über die von der Beklagten vorgeschlagene Investition in die Fonds-KG geschlossen worden. Tritt der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs angenommen (vgl. BGH vom 04.03.1987 -IVa ZR 122/85-BGHZ 100, 117, 118 f; BGH vom 06.07.1993 -XI ZR 12/93- BGHZ 123, 126 ff € Bond-Urteil), ohne dass es hierzu einer gesonderten ausdrücklichen Vereinbarung oder der Vereinbarung eines Entgelts bedürfte (vgl. BGH vom 04.03.1987 unter 2.a.). So liegt der Fall hier.

Lediglich Anlagevermittler ist demgegenüber derjenige, wer im Interesse des Kapitalsuchenden mit dem Vertrieb einer Kapitalanlage befasst ist, insbesondere, wer der für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die ihm von diesem versprochene Provision den Vertrieb übernommen hat (vgl. nur BGH vom 13.05.1993 -III ZR 25/92- NJW-RR 1993, 1114 mwN.). Dabei kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass dies hier der Fall gewesen sei. Denn zwischen den Parteien ist außer Streit, dass die Beklagte dem Erblasser gegenüber nicht offen gelegt hat, dass sie tatsächlich vertreiben und nicht beraten wolle. Dieser Umstand ist damit nicht Bestandteil einer Vereinbarung geworden.

Dass die Beklagte lediglich Anlagevermittlerin wäre, folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Erblasser sie nicht direkt vergütet hätte. Spätestens seit dem Bond-Urteil des Bundesgerichtshofs vom 06.07.1993 entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass ein Anlageberatungsvertrag die Vereinbarung eines Entgelts zwischen Beratendem und Anleger gerade nicht voraussetzt, sondern vielmehr auch stillschweigend geschlossen werden kann. Es mag auch zutreffen oder zumindest wünschenswert sein, dass der Anleger einem Anlagevermittler selbständiger und in dem Bewusstsein gegenübertrete, dass dessen Aussagen werbenden und anpreisenden Charakters seien. Dies setzt aber voraus, dass dem Anleger erkennbar ist, dass die ihm gegenüber tretende Person im Interesse des Kapitalsuchenden mit dem Vertrieb einer Kapitalanlage befasst ist.

Das dies tatsächlich so war, hat die Beklagte jedoch weder offen gelegt noch hatte der Erblasser Anlass, dies ohne weiteres anzunehmen. Als langjähriger Kunde der Beklagten musste er bei einer Ansprache durch diese vielmehr von einem Beratungs- und gerade nicht von einem Vertriebsvorhaben ausgehen. Es oblag ihm als Bankkunden auch nicht etwa, unaufgefordert die Entwicklung der deutschen Großbanken hin zum Provisionsmodell und die Straffung des Vertriebs zu verfolgen und sich hierüber zu informieren. Die Beklagte hätte den Erblasser vielmehr von sich heraus darauf hinzuweisen gehabt, dass sich die Vorzeichen einer solchen Ansprache deutlich geändert hatten.

54Die Kammer sieht auch keine Veranlassung, angesichts der erheblichen Haftungserweiterungen, welche sich für die Geschäftsbanken aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2006 (-XI ZR 56/05- BGHZ 170, 226ff) und vom 20.01.2009 (-XI ZR 510/07- MDR 2009, 507) ergeben haben, nunmehr das Konzept des stillschweigend abgeschlossenen Beratungsvertrages als solches in Zweifel zu ziehen oder die Anforderungen an das Zustandekommen eines solchen Beratungsvertrages zu verschärfen. Der vielfach angegriffenen Entscheidung vom 20.01.2009 lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem ein ausdrücklicher Beratungsvertrag gerade nicht geschlossen worden war, so dass aus höchstrichterlicher Sicht kein Bedarf für eine Revision der Anforderungen an den stillschweigenden Abschluss besteht. Eine Anpassung wäre auch nur in dem Maße zu rechtfertigen, als sich in der Allgemeinheit die Erkenntnis bereits durchgesetzt hätte, dass auch bei Mitarbeitern angesehener Großbanken heutzutage davon auszugehen sei, dass diese im Zweifel die Interessen kapitalsuchender Dritter verträten und das bestehende Kundenverhältnis nur zur Kontaktaufnahme nutzten. Eine solche allgemeine Erkenntnis bestand jedenfalls im Jahr 2003, als der Erblasser die streitgegenständliche Anlage zeichnete, noch nicht.

2. Die Beklagte hat die sich aus dem Beratungsvertrag ergebenden Pflichten auch in haftungsbegründender Weise außer Acht gelassen. Aus dem Beratungsvertrag ist die Bank zu mehr als nur zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Dabei ist zwischen den allgemeinen Risiken (Konjunkturlage, Entwicklung des Börsen- oder Fondsmarktes) und den speziellen Risiken zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Gegebenheiten des Anlageobjektes (Kurs-, Zins- und Währungsrisiko etc.) ergeben. Für den Umfang der Beratung ist hier insbesondere von Bedeutung, ob die beratende Bank das Anlageobjekt in ein von ihr zusammengestelltes Anlageprogramm aufgenommen und sie dieses zur Grundlage ihrer Beratung gemacht hat. Jedenfalls die in ihr Anlageprogramm aufgenommenen Anlageprodukte muss sie einer eigenen Prüfung unterziehen. Der Anlageinteressent darf davon ausgehen, dass seine ihn beratende Bank, der er sich anvertraut, die von ihr in ihr Anlageprogramm aufgenommenen Kapitalanlagen selbst als €gut€ befunden hat (BGH vom 06.07.1993 -XI ZR 12/93- BGHZ 123, 126, 129). Die Bank ist daher verpflichtet, eine Anlage, die sie empfehlen will, mit banküblichem kritischen Sachverstand zu prüfen (BGH vom 07.10.2008 -XI ZR 89/07- BGHZ 178, 149).

56a) Die Beklagte der ihr nach alledem obliegenden Pflicht nicht nachgekommen, den Erblasser darüber aufzuklären, dass sie von der VIP Beratung für Banken AG für die Vermittlung der Fondsanteile 8,25 % der Zeichnungssumme erhielt.

aa) Wenn eine Bank einen Kunden über Kapitalanlagen berät und Fondsanteile empfiehlt, bei denen sie verdeckte Rückvergütungen erhält, muss sie den Kunden über diese Rückvergütungen aufklären, damit der Kunde beurteilen kann, ob die Anlageempfehlung allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung erfolgt ist, oder im Interesse der Bank, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten (BGH vom 19.12.2006 -XI ZR 56/05- BGHZ 170, 226ff). Wörtlich führt der Bundesgerichtshof aus:

€Wenn eine Bank einen Kunden (...) berät, Anlageempfehlungen abgibt und dabei an den empfohlenen Fonds durch Rückvergütungen verdient, sind die Kundeninteressen durch die von der Bank erhaltenen Rückvergütungen gefährdet. Es besteht die konkrete Gefahr, dass die Bank Anlageempfehlungen nicht allein im Kundeninteresse nach den Kriterien anleger- und objektgerechter Beratung abgibt, sondern zumindest auch in ihrem eigenen Interesse, möglichst hohe Rückvergütungen zu erhalten.€

Diese anhand von § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG aF. entwickelte Aufklärungspflicht gilt nicht nur beim Erwerb von Anteilen an Aktien-, sondern auch an Medienfonds (BGH vom 20.01.2009 -XI ZR 510/07- MDR 2009, 507). Auch nach Auffassung der Kammer sind die Interessenlagen gleich gelagert und besteht kein Anlass, die Entscheidung vom 19.12.2006 als eine Sonderfallregelung zu behandeln und diejenige vom 20.01.2009 in die Nähe eines bedauerlichen Irrtums zu rücken.

bb) Dem hiernach bestehenden Aufklärungsgebot hat die Beklagte nicht genügt.

(a) Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellte, dass der Prospekt dem Erblasser überhaupt rechtzeitig übergeben worden wäre, folgt aus diesem lediglich, dass in erheblichem Umfang Vertriebsprovisionen gezahlt wurden. Aus dem Umstand, dass die Eigenkapitalbeschaffung in erheblicher Höhe vergütet wird, folgt jedoch entgegen der Auffassung des OLG Frankfurt/Main (vom 24.06.2009 -17 U 307/08- UA S. 15) nicht etwa, dass diese Vergütung an die dem Anleger gegenüber als Beraterin auftretende Beklagte fließen würden, welche aus dem von ihm an die Initiatoren geleisteten Zahlbetrag von € 52.500,00 immerhin € 4.331,25 erhielt. Das OLG Frankfurt dürfte übersehen haben, dass den angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zu einer Falschprospektierung der weichen Kosten nichts entnommen werden kann, die Instanzgerichte also davon ausgehen dürfen, dass auch in den vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen die der Bank (teilweise) zugeflossenen Provisionen korrekt ausgewiesen waren.

(b) Auch aus dem Hinweis, es sei dem Vertreiber gestattet, Untervermittler einzusetzen, hatte der Erblasser nicht zu entnehmen, dass es sich bei diesem Untervermittler ausgerechnet um seine langjährige Hausbank handele, welche ihre Vermittlerrolle nicht offen gelegt hatte. Vorsorglich bemerkt die Kammer, dass auch aus der Firmierung des Vertreibers als VIP Beratung für Banken AG nicht zu entnehmen war, dass diese €Beratung€ letztlich nichts anderes als die Gewinnung der Banken als Vertriebskanal unter Erschließung der dort vorhandenen Kundendaten war.

(c) Die gebotene Aufklärung war vorliegend auch nicht etwa deswegen entbehrlich, weil die Beklagte mit den Anteilen an der Fonds-KG vorliegend konzernfremde Produkte vertrieben hat. Die Kammer hat allerdings bislang die Ansicht vertreten, eine Aufklärungspflicht über zugeflossene Innenprovisionen bestehe in diesem Fall nicht, weil jedermann erkennbar sei, dass derartige Vertriebstätigkeit üblicherweise mit Innenprovisionen vergütet werde; die Berechtigung dieser Differenzierung ergebe sich daraus, dass der Bundesgerichtshof seine Entscheidung vom 19.12.2006 auf einen Sachverhalt gestützt habe, in dem eine konzerneigene Fondsgesellschaft Provisionen an die Bank gezahlt hatte (vgl. zuletzt LG Berlin vom 09.07.2008 -4 O 407/07- zu B.2.g) der Entscheidungsgründe). An dieser Ansicht hält die Kammer in ihrer nunmehrigen Besetzung nicht fest.

cc) Der Beklagten gelingt auch nicht die ihr nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB obliegende Darlegung, dass sie die Verletzung dieser Aufklärungspflicht nicht zu vertreten habe.

(a) Allerdings hat die Beklagte nicht vorsätzlich im Sinne von § 276 Abs. 1 BGB gehandelt. Wenn dem Mitarbeiter einer Bank, der einem Kunden Fondsanteile empfohlen hat, nicht bewusst war, den Anleger darüber aufklären zu müssen, dass und in welcher Höhe die Bank Rückvergütungen aus Ausgabeaufschlägen und Verwaltungskosten von der Fondsgesellschaft erhält, haftet die Bank nicht aus vorsätzlicher Aufklärungspflichtverletzung (vgl. OLG München vom 19.12.2007 -7 U 3009/04- WM 2008, 351). Dies entspricht dem Rechtsgrundsatz, dass im Zivilrecht € anders als im Strafrecht € das Unrechtsbewusstsein Bestandteil des Vorsatzes ist (sog. Vorsatztheorie) und daher auch die irrige Annahme der Rechtmäßigkeit des eigenen Handelns den Vorsatz entfallen lässt (vgl. nur BGH vom 16.06.1977 -III ZR 179/75- BGHZ 69, 142ff € Fluglotsenstreik).

66(b) Von dem vermuteten Vorwurf der Fahrlässigkeit vermag sich die Beklagte jedoch nicht erfolgreich zu entlasten, §§ 280 Abs. 1 Satz 2, 276 Abs. 1 BGB. Insoweit schützt der Rechtsirrtum nicht, denn fahrlässig handelt bereits der, der die Pflichtverletzung nicht erkannt hat, diese bei gehöriger Sorgfalt aber hätte vorhersehen und verhindern können (sog. unbewusste Fahrlässigkeit, vgl. nur Heinrichs, in: Palandt, 68. Aufl., Rn. 13 zu § 276 BGB). Dass das Bestehen einer Aufklärungspflicht für sie unvorhersehbar war, vermag die Beklagte nicht schlüssig darzulegen.

Unzutreffend ist bereits der Ansatz, mit den Entscheidungen vom 19.12.2006 und vom 20.01.2009 sei eine grundlegende Änderung der Rechtsprechung betreffend die Rechtsstellung der Bank als Anlageberaterin beim Vertrieb von Kapitalanlageprodukten mit Rückvergütung eingetreten. Dass ein Auftragnehmer nach § 667 BGB alle aus dem Auftrag erlangten Provisionen, Geschenke und andere Sondervorteile herausgeben muss, welche ihm von dritter Seite zugewendet worden sind und die Besorgnis bergen, dass hiermit eine Willensbeeinflussung beabsichtigt sei, entspricht seit langem ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. nur BGH vom 18.12.1990 -XI ZR 176/89- MDR 1991, 799; BGH vom 02.04.2001 -II ZR 217/99- MDR 2001, 884, jeweils mwN.). Unerheblich ist dabei, ob die Bank im Einzelfall vielleicht gar nicht Beauftragte des Anlegers sein wollte. Die Beklagte versucht auch an dieser Stelle wiederum, ihre einseitigen und nicht offen gelegten Vorstellungen von dem Geschehen um die Zeichnung der streitgegenständlichen Anlage als Gegenstand gemeinsamer Vereinbarungen auszugeben. Dem kann kein Erfolg beschieden sein. Weiter hat der Bundesgerichtshof noch vor Auflage des streitgegenständlichen Fonds entschieden, dass eine Bank zur Offenlegung verpflichtet ist, wenn sie mit dem Vermögensverwalter eines Kunden eine Vereinbarung über die Beteiligung des Verwalters an ihren Provisionen und Depotgebühren geschlossen hat (BGH vom 19.12.2000 -XI ZR 349/99- BGHZ 146, 235).

Andererseits ist es Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes, dass ein Berater dem Interesse seines Auftraggebers zu dienen hat und nicht auch zugleich Interessen Dritter, vor allem nicht der Gegenseite. Deshalb darf beispielsweise der Rechtsanwalt € ein typischer Berater € keine widerstreitenden Interessen vertreten, § 43a Abs. 4 BRAO. Dass Interessenverflechtungen unaufgefordert transparent zu machen sind, ist auch außerhalb von Beratungsverhältnissen anerkannt, etwa bei dem für beide Seiten tätigen Makler oder der Prospektierungspflicht von personellen Verflechtungen bei den Initiatoren. Die Transparenzverpflichtung trifft danach beratende Dienstleister verschiedener Couleur, ohne dass es erforderlich wäre, dass eine solche Verpflichtung in jeder schuldrechtlichen Sonderverbindung anzunehmen (so auch BGH vom 14.03.2003 -V ZR 308/02- NJW 2003, 1811).

Beide Themenkreise zusammengefasst machten es nicht unwahrscheinlich, dass der Bundesgerichtshof wie geschehen präzisieren würde. Eine Änderung der Rechtsprechung liegt dagegen nicht vor. Entgegen der Auffassung der Beklagten bestand nämlich gerade keine obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung dahin gehend, dass eine Bank auch bei Vorliegen eines Beratungsvertrages nur über solche Innenprovisionen aufzuklären hätte, die über 15 % hinausgingen. Diese Rechtsprechung des III. Zivilsenates betraf vielmehr € bereits an der Geschäftsverteilung des Bundesgerichtshofes ersichtlich € Fallgestaltungen, an denen Banken gerade nicht beteiligt waren. Angesichts dessen konnte der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes die Entscheidungen vom 19.12.2006 und vom 20.01.2009 selbst treffen, anstelle den Großen Senat für Zivilsachen im Wege der Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 2 GVG mit der Frage zu befassen. Auch die von der Beklagten angeführten Entscheidungen des XI. Zivilsenates vom 12.11.2002 (-XI ZR 3/01- NJW 2003, 424, 425), 02.12.2003 (-XI ZR 53/02- NJW-RR 2004, 632, 633) und vom 20.01.2004 (-XI ZR 460/02- NJW-RR 2004, 1126, 1127) betrafen im Übrigen keine an die Bank geflossenen Provisionen.

Selbst wenn nun die Rechtslage hinsichtlich der Aufklärungspflicht über Innenprovisionen nach alledem nur unklar war, durfte die Beklagte mithin nicht darauf vertrauen, dass die 15-%-Rechtsprechung auch dann Anwendung finden werde, wenn Geschäftsbanken aufgrund der bereits erwähnten Umstellung ihres Geschäftsmodells dazu übergehen, ihre Bestandskunden aus einer Vermittlerrolle anzusprechen, ohne dies offen zu legen.

(c) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf die angeführte Kollegialgerichtsrichtlinie berufen. Diese lautet, dass einen Amtsträger in der Regel kein Verschulden trifft, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (vgl. BGH vom 19.12.1991 -III ZR 9/91- ZIP 1992, 947). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass von einem Beamten eine bessere Rechtseinsicht als von einem Kollegialgericht nicht erwartet und verlangt werden kann (BGH vom 06.02.1986 -III ZR 109/84- BGHZ 97, 97,107; BGH vom 16.10.1997 -III ZR 23/96- NJW 1998, 751, 752). Dieser Gedanke kommt jedoch der Beklagten als Unternehmerin nicht zugute. Während der hoheitlich handelnde Beamte die Dienstpflicht hat, die in Frage stehenden gesetzlichen Bestimmungen auch wenn sie ihm unklar erscheinen oder sich eine Anwendungspraxis noch nicht herausgebildet hat auf den ihm vorliegenden Fall anzuwenden, geht es hier um eine freie unternehmerische Betätigung der Beklagten; für eine freie unternehmerische Betätigung indes hat die betreffende Person selbst die erforderliche Verantwortung zu übernehmen und kann sich nicht auf die Kollegialgerichtsrichtlinie berufen (BGH vom 19.02.2009 -III ZR 167/08- zitiert nach juris).

dd) Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20.01.2009 ist auch nicht etwa deshalb in ihrem Anwendungsbereich einzuschränken, weil sie ansonsten das verfassungsrechtliche Rückwirkungsgebot verletzte. Wie dargelegt, hat sich die Rechtslage für die betroffenen Banken gar nicht geändert, sondern nur präzisiert. Eine Änderung der Rechtslage wäre aber auch dann nicht eingetreten, wenn sich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes tatsächlich geändert hätte. Es entspricht dem in Kontinentaleuropa vorherrschenden Verständnis der erkennenden Rechtspflege, dass selbst bei diametralen Änderungen der Rechtsprechung die Rechtslage stets so gewesen ist wie zuletzt erkannt und man sich hierüber bisher im Irrtum befunden habe.

ee) Aus den angeführten Grundrechten der Artt. 12, 14 GG folgt nichts anderes. Zwar ist die Beklagte Trägerin dieser Grundrechte. Diese sind jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Vielmehr werden Inhalt und Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) und kann die Berufsausübung durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG). Der nicht ausdrücklich geregelte Inhalt der Gesetze wird nach dem hergebrachten Kanon der juristischen Methode im Wege der Auslegung ermittelt. Entwicklung, Pflege und verbindliche Verlautbarung der Gesetzesauslegung ist Aufgabe der Rechtsprechung, Art. 92 GG. Der Bundesgerichtshof hat sich auch nicht etwa quasi-gesetzgeberische Gewalt angemaßt. Was der beratende Bankmitarbeiter einem Anleger zu sagen hat, ist € bei aller erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung für die Beklagte, welche die Kammer keineswegs verkennt € keine aus Gründen der Staatsraison dem Gesetzgeber zur Regelung vorzubehaltende Frage.

b) Nach dem Vorstehenden ist nicht entscheidungserheblich, inwieweit die Schlusszahlungen der Lizenznehmer an die Fonds-KG unzutreffend als Garantie der Rückgewähr der geleisteten Einlagen an die Anleger-Gesellschafter dargestellt worden sein mögen. Der vorliegende Fall weist in diesem Zusammenhang allerdings die erwähnenswerte Besonderheit auf, dass der Erblasser sich im Rahmen des Beratungsgesprächs Notizen über eine €Rückz. 2011 mit Garantie D. Bank€ gemacht hat. Zurückzuzahlen war nun schon nach dem Wortlaut allenfalls etwas, was zuvor €hin€-gezahlt worden war. Dies traf aber auf die Schlusszahlungen der Lizenznehmer augenscheinlich nicht zu, denn diese sollten die Schlusszahlungen ja aus Verwertungserlösen erwirtschaften. Das einzige, was aus Sich des Erblassers €hin€-gezahlt werden sollte, war seine Einlage.

Angesichts dessen liegt die Annahme nahe, dass die Beklagte mit ihren allgemeinen Ausführungen zum Inhalt des Beratungsgespräches, die auf den konkreten Sachvortrag nicht eingehen, das Vorbringen der Klägerin gar nicht zu Fall gebracht hat. Dies gilt umso mehr angesichts des in erheblichem Umfang an die Öffentlichkeit gelangten, internen Schulungs- und Vertriebsmaterials, welches mit Phrasen wie €Garantiefonds€, €Kapitalrückzahlungsgarantie€ oder €Rückfluss 2011: GARANTIE: 100% des Fondsvolumens (Schuldübernahme D. Bank AG)€ Begrifflichkeiten verwendet, die € so gegenüber dem Anleger geäußert € ohne weiteres den Tatbestand der Täuschung erfüllen würden.

3. Die unterlassene Aufklärung über den Zufluss der Innenprovision an die Beklagte war auch ursächlich für die Zeichnung der hier streitgegenständlichen Beteiligung an der Fonds-KG. Der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss des Erblassers war von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst. Steht eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streitet für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, das heißt, dass der Aufklärungspflichtige beweisen muss, dass der Anleger die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte, er also den unterlassenen Hinweis unbeachtet gelassen hätte (vgl. nur BGH vom 05.07.1973 -VII ZR 12/73- BGHZ 61, 118, 122 - Bastel-Wettbewerb II; BGH vom 02.03.2009 -II ZR 266/07- MDR 2009, 638). Diese Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt grundsätzlich für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters, also auch für die fehlende Aufklärung über Rückvergütungen (BGH vom 12.05.2009 -XI ZR 586/07- ZIP 2009, 1264 mwN.).

Dieser Beweis gelingt der Beklagten nicht. Die Kammer kann die Behauptung der Beklagten nicht nachvollziehen, dem Erblasser sei die Frage des Zuflusses der Vertriebsvergütung an die Beklagte gleichgültig gewesen, weil er die Mitarbeiterin der Beklagten danach nicht gefragt habe. Im Gegenteil dürfte dies € wenn überhaupt € belegen, dass er mit einer solchen Möglichkeit nicht rechnete, weil er nicht auf die Idee kam, eine Mitarbeiterin seiner Hausbank als im Lager der Initiatoren stehend anzusehen. Die Beklagte verkennt die Kernaussage der Entscheidungen vom 19.12.2006 und vom 20.01.2009, wenn sie den Erhalt von Vertriebsprovisionen zum bloßen €Verteilungsinternum€ herabwerten will. Der Bundesgerichtshof sah sich zu den genannten Entscheidungen gerade nicht (mehr) wegen der Höhe der Provision veranlasst, sondern wegen des Umstandes, dass Geschäftsbanken diese unaufgedeckt vereinnahmten.

4. Nach alledem hat die Beklagte die Klägerin so zu stellen, wie sie stünde, wenn der Erblasser die Beteiligung an der Fonds-KG nicht abgeschlossen hätte, §§ 249 ff BGB. Dies umfasst ohne weiteres die Rückzahlung des Einlagebetrages und auch des Agios. Ausschüttungen sind nicht erfolgt und Steuervorteile deswegen nicht abzusetzen, weil sie von dem Erblasser vollständig zurückgeführt worden sind. Dies steht fest, weil die Beklagte nur kursorisch bestreitet, dass dem Erblasser Steuervorteile aberkannt wurden. Dem steht gegenüber, dass die Steuerbehörden ihre Behandlung der VIP-Anlagen geändert haben und der Sachvortrag des Klägers, dass ihm der Steuervorteil aberkannt wurde, daher plausibel ist. Weitere Steuervorteile als die zurückgeführten fallen nicht an, weil der Fonds für eine einmalige Steuervergünstigung konzipiert war.

5. Die Klägerin muss sich auch nicht anspruchskürzend Mitverschulden des Erblassers entgegen halten lassen, § 254 BGB, weil dieser es verabsäumt hätte, den Prospekt zu lesen. Die angeführte Rechtsprechung des OLG Stuttgart (vom 23.04.2007 -5 U 157/06- OLGR Stuttgart 2007, 909) betrifft den Fall, dass sich aus der Lektüre des Prospektes Tatsachen hätten entnehmen lassen, die erkennen ließen, dass die Angaben des Vermittlers unzuverlässig sind. Ein solcher Fall liegt ersichtlich nicht vor, denn der Prospekt verhält sich € wie dargetan € gerade nicht zu dem Bezug von Innenprovision durch die Beklagte; dies ist der Kern des Vorwurfs. Die Klägerin muss sich auch keinen Abzug deswegen gefallen lassen, weil der Erblasser eigene Sachkenntnis um Umgang mit spekulativen Kapitalanlagen gehabt hätte. Selbst wenn der Beklagten der Beweis dieser streitigen Tatsache gelänge, käme doch ein Mitverschulden nicht in Betracht. Die angeführte Entscheidung war auch insoweit anders gelagert. Der 5. Zivilsenat des OLG Stuttgart führt aus:

€Damit war für beide Anlageinteressenten erkennbar, dass der Berater Vo vornehmlich im Interesse der Kapital suchenden Gesellschaft sowie im eigenen wirtschaftlichen Interesse tätig war mit der möglichen Folge, dass Anlagerisiken u.U. nicht hinlänglich herausgehoben, nicht vollständig oder gar verharmlosend dargestellt werden. Es war daher auf Anlegerseite von vornherein erhöhte Vorsicht zur Vermeidung eines Schadens geboten.€

Vorliegend ist die Klage dagegen gerade darauf gestützt, dass für den Erblasser nicht erkennbar war, dass die Beklagte vornehmlich im Interesse der Kapital suchenden Gesellschaft tätig war.

6. Die Klageforderung ist auch nicht im Wege der Hilfsaufrechnung erloschen, §§ 387, 389 BGB. Über diese ist bereits nicht zu befinden, denn die Kammer versteht die Hilfsaufrechnung so, dass sie für den Fall geltend gemacht wird, dass die Beklagte wegen unzureichender Zurverfügungstellung des Prospektes hafte, was hier nicht der Fall ist. Sie wäre aber auch unbegründet. Ein aufrechenbarer Gegenanspruch der Beklagten gegen den Erblasser wegen womöglich unzutreffender schriftlicher Angaben über den Prospekterhalt würde jedenfalls die Klägerin nicht verpflichten, die Beklagte von der Klageforderung freizustellen. Selbst wenn der Erblasser € wofür nichts spricht € tatsächlich entgegen der Wahrheit schriftlich erklärt haben sollte, dass ihm der Prospekt bei Zeichnung vorgelegen habe, hätte dieser Umstand auf das Bestehen der Klageforderung keinen Einfluss. Dies wäre angesichts der obigen Ausführungen nur dann der Fall gewesen, wenn in dem Prospekt ausdrücklich darauf hingewiesen worden wäre, dass die Beklagte Innenprovision erhält. Dies war jedoch € wie erörtert € nicht der Fall.

Damit erübrigt sich auch eine Festlegung dahin gehend, ob ein Hinweis in dem Prospekt überhaupt ausreichend gewesen wäre oder ob es nicht angesichts der starken Gefährdung für den Anlageentschluss des Anlegers eines ausdrücklichen Hinweises im Beratungsgespräch bedurft hätte. Bekanntlich kann ja der Informationspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich (st. Rspr., vgl. nur BGH vom 13.01.2004 -XI ZR 355/02- MDR 2004, 520 mwN.).

7. Der Zinsanspruch folgt in der zugesprochenen Höhe aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB nF.

8. Weiter gehende Zinsen in Höhe von 4 % p.a. seit Anlagebeginn kann die Klägerin von der Beklagten nicht verlangen. Nach § 252 Satz 2 BGB gilt als entgangen der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Danach bietet die Vorschrift dem Geschädigten zwei Möglichkeiten der Schadensberechnung, nämlich zum einen die abstrakte Methode, die von dem regelmäßigen Verlauf ausgeht, und zum anderen die konkrete Methode, bei der der Geschädigte nachweist, dass er durch die schädigende Handlung an der Durchführung bestimmter Geschäfte gehindert worden ist und dass ihm wegen der Nichtdurchführbarkeit dieser Geschäfte Gewinn entgangen ist (vgl. BGH vom 30.05.2001 -VIII ZR 70/00- MDR 2001, 1249).

Den Nachweis, dass der Erblasser auch nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Bundesschatzbriefe gekauft hätte, wäre er denn richtig beraten worden, hat die Klägerin indes nicht zu führen vermocht. Es spricht kein Erfahrungssatz dafür. Der Erblasser wollte zudem Steuervorteile generieren, die ohne das Eingehen eines unternehmerischen Risikos nicht gewährt werden € genau dies lag auch dem Einschreiten des Finanzamtes gegen die Anleger der Fonds-KG zugrunde. Angesichts dessen ist schlicht unplausibel, dass der Erblasser bei gehöriger Aufklärung die keine Steuereffekte aufweisenden Bundeswertpapiere gezeichnet hätte.

Auch zu einer Schätzung nach § 287 ZPO sieht die Kammer angesichts dessen keinen Anlass. Eine Schätzung ohne ausreichende Schätzgrundlage ist vielmehr unstatthaft (vgl. BGH vom 13.01.2004 -XI ZR 355/02- MDR 2004, 520; KG vom 06.09.2007 -4 U 166/04- nicht veröffentlicht; KG vom 28.03.2006 -27 U 112/05- n.v.; KG vom 21.06.2006 -1 U 91/05- n.v.).

9. Im Rahmen des gebotenen Schadensausgleichs kann die Beklagte nach dem Rechtsgedanken des § 255 BGB sowie zur Gewinnabwehr verlangen, dass ihr die streitgegenständliche Beteiligung übertragen wird. Insoweit war die Beklagte gemäß § 322 Abs. 1 BGB lediglich Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung an der Fonds-KG zu verurteilen. Dabei reicht es € wie die Klägerin es mit dem Hauptantrag anbietet € nicht aus, als Gegenleistung lediglich ein Angebot auf Rückübertragung abzugeben. Einmal ganz abgesehen davon, dass sich die Klägerin des Umstandes berühmt, dies längst getan zu haben, wäre ein Gewinn der Klägerin hiermit nicht abgewehrt. Auch käme nicht zum Ausdruck, dass die Klägerin verpflichtet ist, an der Übertragung in jeder € auch jetzt vielleicht noch nicht vorhersehbarer € Form mitzuwirken. Vorsorglich sei aber klarstellend darauf hingewiesen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, der Beklagten eine Direktbeteiligung an der Fonds-KG zu verschaffen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten schadet der klägerischen Antragsfassung nicht, dass es sich um eine treuhänderisch gehaltene Beteiligung handelt. Die zur Übertragung erforderlichen Schritte mögen angesichts dessen zwar nicht im Einzelnen tenoriert sein. Dies steht jedoch der Vollstreckbarkeit nicht entgegen. Hinzu kommt, dass zugleich der klägerische Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges Erfolg hat (siehe unten zu IV.) und daher der Zug-um-Zug-Vorbehalt jedenfalls in der Vollstreckung keine Rolle spielen wird, § 756 Abs. 1 ZPO. Angesichts dessen dem klägerischen Rechtsschutzbegehren im Hinblick auf Details einer Rückabwicklung den Erfolg zu versagen, welche ohnehin erst im Nachhinein stattfinden wird, erschiene mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbar.

II.

Die Klägerin kann von dem Beklagten weiter den Ausgleich von € 2.457,00 Säumniszinsen im Wege des Schadensersatzes verlangen, §§ 280 Abs. 1, 249 ff, 1922 BGB. Die Kammer hat davon auszugehen, dass der Erblasser € hätte er die fragliche Anlage nicht gezeichnet € nicht steuersäumig geworden wäre. Insoweit sind die aufgelaufenen Zinsen durch die ungenügende Beratung der Beklagten adäquat kausal verursacht worden.

Dem Anspruch steht nicht der Einwand des Mitverschuldens entgegen. Zwar kann der Geschädigte in entsprechender Anwendung § 254 BGB regelmäßig eine Entschädigung für solche Nachteile nicht verlangen, die er durch den Gebrauch der Rechtsmittel hätte vermeiden können, wenn er es schuldhaft unterlässt, den Eingriff mit den zulässigen Rechtsmitteln abzuwehren (vgl. BGH vom 26.01.1984 -III ZR 216/82- BGHZ 90, 17ff). Es ist jedoch weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass der Erblasser sich ein solches Versäumnis hätte zu schulden kommen lassen. Es ist nicht im Ansatz zu erkennen, dass ein Vorgehen des Erblassers gegen das Rückforderungsbegehren des Finanzamtes aussichtsreich gewesen wäre. Der Hinweis darauf, dass das letzte Wort insoweit nicht gesprochen sei, ersetzt nicht die nötige Darlegung, warum es dem Erblasser seinerzeit zuzumuten gewesen sein sollte, sich gegen das Finanzamt zu wenden, das zudem bekanntlich über die Möglichkeit verfügt, sich selbst Vollstreckungstitel zu verschaffen.

Es gibt auch keinen Erfahrungssatz dahin gehend, dass der Erblasser den Steuervorteil ertragreich angelegt hätte, was gegen die Zinsbelastung zu verrechnen wäre. Vielmehr hätte die Beklagte einen etwa zur Aufrechnung zu stellenden Anspruch darzulegen und ggf. zu beweisen.

III.

Das gemäß § 256 ZPO zulässige Feststellungsbegehren im Antrag zu 2b) ist ebenfalls begründet, nachdem noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ob der Klägerin noch weitere steuerliche oder wirtschaftliche Nachteile aus dem Beratungsfehler der Beklagten entstehen.

Der Einwand der Beklagten, die Klägerin erhalte so das positive Interesse der steueroptimierten Kapitalanlage, verfängt nicht, nachdem die punktuell angefallenen Steuervergünstigungen zurückgefordert worden sind und nicht vorgetragen ist, was dafür spräche, dass dies nicht von Dauer sei. Im Übrigen hat der Ausspruch nicht zur Folge, dass die Klägerin ihr etwa wieder zufließende Steuervorteile nunmehr behalten dürfte. Diese wären vielmehr unter dem Gesichtspunkt des Vorteilsausgleichs der Beklagten zuzuleiten (BGH vom 22.03.1979 -VII ZR 259/77- BGHZ 74, 103 mwN.).

Der Zug-um-Zug-Vorbehalt erstreckt sich auch auf das Feststellungsbegehren, weil die Klägerin kein weiter gehendes Klagebegehren geltend gemacht hat und die Kammer daher gemäß § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO daran gehindert ist, die Feststellung vorbehaltlos zu treffen.

IV.

Das gemäß § 256 ZPO zulässige Feststellungsbegehren im Antrag zu 4) hat ebenfalls Erfolg, allerdings nur im Hilfsantrag. Wegen der Unbegründetheit des Hauptantrages wird auf die Ausführungen oben zu I.9. der Entscheidungsgründe verwiesen.

Die Beklagte befindet sich gemäß § 293 BGB im Verzug mit der Annahme der ihr jedenfalls mit Klagezustellung angebotenen Beteiligung an der Fonds-KG. Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, Verzug habe nicht eintreten können, weil die Klägerin das nach Ansicht der Beklagten zur Rückabwicklung erforderliche rechtliche Procedere nicht eingehalten habe und daher aus Rechtsgründen keine Verpflichtung zur Zahlung bestanden habe. Welche Schritte zu unternehmen sind, ist unklar und wird von den Parteien nicht einheitlich beurteilt. Bei dieser Sachlage war es ausreichend, dass die Klägerin ihren Willen zu erkennen gab, an der Übertragung der Beteiligung auf die Beklagte mitzuwirken. Die Beklagte hingegen hat den Anspruch auf Schadensersatz zu Unrecht dem Grunde nach in Abrede gestellt und damit zum Ausdruck gebracht, die Fondsbeteiligung nicht entgegen nehmen zu wollen.

V.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 709 Sätze 1 und 2 ZPO.






LG Berlin:
Urteil v. 07.08.2009
Az: 4 O 404/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/eed2504dc5d2/LG-Berlin_Urteil_vom_7-August-2009_Az_4-O-404-08




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