Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Februar 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 286/02
(BPatG: Beschluss v. 10.02.2004, Az.: 33 W (pat) 286/02)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Juli 2002 aufgehoben.
Gründe
I Am 8. November 2001 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die farbige Wort-/Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endefür folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
transportable Bauten; Tief- und Hochgaragen aus Fertigteilen, Fertig-Fundamente und Fertigstellwände; Glaskuppelbauten; Stahlskelettbauten;
Baumaterialien und Baustoffe, Beton, Betonbauteile, Betongegenstände für Bauzwecke und Dekorationsgegenstände, Bauplatten, Füllplatten; Steine, Bausteine, Holz; Balken; Paneelbretter aus Holz, Kunststoff und Faserstoff; Glas, Glasscheiben; Ton, Ziegelton, Ziegelstein; Platten, Kacheln, Fliesen aus Holz, Keramik (Steingut, glasiert) für Bauzwecke; Tuff;
Rohre für Bauzwecke;
Asphalt, Pech, Teer und Bitumen; Bitumenerzeugnisse für Bauzwecke, bitumenhaltige Erzeugnisse für Abdeckungen, bituminöse Überzugsmassen für Dächer, Bitumenbäder, Teerpappe, Teerbänder- und bahnen für Bauzwecke;
Bade- und Duschkabinen, Türen und Fenster, Türfüllungen, Tür- und Fensterrahmen;
Decken; Stufen;
Dächer, Dachbeläge, Dachkonstruktionsteile, Dachziegel, Dachschindeln und Dachrinnen;
Wandverkleidungen, Vertäfelungen, Wandbeläge, Trennwände und Wandziegel;
Pressmassen, Kunststoffpressstoffe;
(alle vorgenannten Waren nicht aus Metall);
Bau- und Reparaturwesen, Installations- und Instandhaltungsarbeiten, Errichtung, Instandhaltung und Reparatur von Bauwerken; Hoch-, Tief- und Ingenieurbau, Maurerarbeiten, Abdichtungsarbeiten an Gebäuden;
Forschung auf dem Gebiet der Bautechnik und Baustofftechnik; Dienstleistungen eines Architekten, Innenarchitekten und Gartenarchitekten; Bauberatung;
Ingenieur-, Gartenbau-, Landschaftsbauarbeiten; Konstruktionsplanung; Projektplanung; Erstellung von technischen Gutachten; Materialprüfungen.
Mit Beschluss vom 2. Juli 2002 hat die Markenstelle für Klasse 19 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes die Anmeldung nach §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Markengesetz zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle verfügt die angemeldete Marke über den beschreibenden Sinngehalt, dass es sich bei den Waren und Dienstleistungen um solche handele, mit denen einfacher und bequemer als mit vergleichbaren Waren und Dienstleistungen gebaut werden könne und die von einem Unternehmen mit Sitz in Bremen stammten. Bei dem Markenbestandteil "Bremer" handele es sich nicht um einen Eigennamen, denn in Alleinstellung oder in Kombination mit der Rechtsform als GmbH stehe die Bedeutung einer geografischen Herkunftsangabe im Vordergrund. Auch die sich im Rahmen werbeüblicher Gestaltungsmittel haltende grafische Ausgestaltung der Marke führe zu keiner anderen markenrechtlichen Bewertung. Da die grafische Gestaltung nicht schutzbegründend sei, werde die angemeldete Marke vom Verkehr gedanklich zusammenhängend erfasst. Die von der Anmelderin angeführten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu den Marken "The Home Depot", "New Man" und "Sleepover" seien hier nicht einschlägig. Ein Nachweis des konkreten Freihaltungsbedürfnisses an der exakt angemeldeten Marke könne von den Markenstellen des Deutschen Patent- und Markenamts "nicht ernsthaft in den jeweiligen Klassen eingefordert werden", denn sie könnten "in dem zu bewältigenden Massengeschäft der Anmeldungen ... im Lichte einer verfahrensökonomischen, beschleunigten Bearbeitung der eingereichten Anmeldungen ... nicht eingefordert und geleistet werden". Die "mögliche zukünftige Entwicklung" müsse hier "als ausreichend akzeptiert" werden. Im Übrigen fehle der Marke als rein beschreibender Angabe auch jegliche Unterscheidungskraft. Angesichts ihrer allgemeinverständlichen beschreibenden Bedeutung als "europäisches Spitzenprodukt" fehle ihr die Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Nach ihrer Auffassung ist die angemeldete Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht rein beschreibend. In ihrer konkreten grafischen Gestaltung werde sie vom Verkehr nicht als beschreibende Aussage sondern als Kennzeichen erkannt. Angesichts der Kombination der Wörter "bequemer bauen" mit dem Eigennamen "BREMER" in der gewählten Über- und Unterordnung sowie der Größenverhältnisse werde sich der Verkehr über eine möglicherweise beschreibende Bedeutung überhaupt keine Gedanken machen. Selbst bei einer analysierenden Betrachtungsweise wäre der Bedeutungsgehalt zu ungenau, um eine beschreibende Bedeutung erkennen zu können. Der Bestandteil "Bremer" werde vom Verkehr nicht als geografische Angabe im Hinblick auf das Bundesland Bremen gesehen. Hierfür hätte er mit weiteren Zusätzen, wie z. B. "der" oder "Bau" versehen werden müssen. Die Auffassung der Markenstelle, der Verkehr werde in dem Bestandteil "Bremer" auch das Wort "Bauunternehmen" mit hineinlesen, sei eine reine Spekulation und entbehre jeglicher Grundlage. Vielmehr spreche das Fehlen konkretisierender Zusätze, wie z.B. "der" oder "Bau" gegen das Vorliegen einer geografischen Angabe. Auch die Farbe dieses Bestandteils spräche gegen einen Bezug zur Stadt Bremen, deren Stadtfarben bekanntlich rotweiß seien. Zudem sei die Kombination der Wörter "bequemer bauen Bremer" fantasievoll. Die Wörter "bequem" und "bauen" seien krass entgegengesetzt zueinander und daher überraschend. Die Wortkombination lasse offen, in welcher Hinsicht die Bequemlichkeit oder das Bauen erreicht werden, etwa in Form finanzieller Erleichterungen oder durch Mithilfe beim Bau schlüsselfertiger Häuser.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II 1. Die Beschwerde ist begründet.
Entgegen der Beurteilung der Markenstelle hält der Senat die angemeldete Marke für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der Anmeldemarke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG somit nicht entgegen.
So sind zunächst keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG rechtfertigen können. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.
Die angemeldete Marke gliedert sich erkennbar in zwei Teile, von denen der erste "... bequemer bauen" lautet. Dieser stellt ähnlich wie etwa "schöner wohnen" eine Komparativ-Werbeaussage dar, dass die Waren und Dienstleistungen ein bequemeres Bauen ermöglichen. Der optisch abgesetzte weitere Markenbestandteil "BREMER" wird, da ihm kein weiteres Wort folgt, und er durchgängig groß geschrieben ist, vom Verkehr als Substantiv verstanden. In der Substantivform wird "Bremer" in erster Linie als Bezeichnung eines männlichen Einwohners der Stadt Bremen verwendet. Des weiteren taucht dieses Wort auch als Nachname auf. Es soll dahingestellt bleiben, ob entgegen dem o.g. Wortverständnis auch ein Verständnis des Bestandteils "BREMER" im Sinne eines Adjektivs in Betracht kommt, das auf einen Bezug zur Stadt Bremen hinweist. Denn mit keiner dieser Wortbedeutungen ergibt die Gesamtmarke eine vollständige und aus sich heraus unmittelbar verständliche beschreibende Gesamtaussage. Um zu einer solchen Aussage zu gelangen, müsste es z. B. heißen:
"... bequemer bauen mit Bremer Produkten"; "... bequemer bauen mit Bremer Unternehmen"; "... bequemer bauen mit einem Bremer".
"... bequemer bauen in Bremen"; "Bremer bauen bequemer"
"Bremer haben es beim Bauen bequemer" "In Bremen ist Bauen bequemer".
Ebenso gut, wenn nicht sogar näherliegend (s.u.), kämen auch die von der Markenstelle als Beispiele für schutzfähige Aussagen genannten Wortfolgen "...bequemer bauen mit Bremer" oder "...bequemer mit der Firma Bremer" in Betracht. Für eine beschreibende Aussage ist die Anmeldemarke damit erkennbar zu unvollständig. Solche unvollständigen Wortfolgen dürfen auch nicht einfach zu einer beschreibenden Gesamtaussage gedanklich ergänzt bzw. vervollständigt werden (vgl. BGH GRUR 1997, 627 - à la Carte; vgl. a. BPatG GRUR 1997, 532 - Du darfst). Dies muss hier erst recht gelten, da die angemeldete Marke selbst beim unzulässigen Versuch einer gedanklichen Ergänzung zu einer beschreibenden Gesamtaussage noch mehrere Möglichkeiten der Interpretation über Art und Merkmal der Beschreibung zulässt und insofern Spielraum für Überlegungen besteht, welche dieser Aussagen hier zutreffen mag. Solche mehrdeutigen Bezeichnungen eignen sich grundsätzlich nicht zur beschreibenden Verwendung (vgl. z.B. BPatGE 38, 182, 183 - MAC m.w.N.). Schon aus diesen Gründen ist nicht ersichtlich, dass die angemeldete Marke im Verkehr zur Bezeichnung eines Merkmals i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen kann.
Im Übrigen sprechen erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der Bestandteil "BRE-MER" mit dem vorangehenden Bestandteil "... bequemer bauen" erkennbar keine zusammenhängende Wortfolge bildet, sondern vom Verkehr als - innerhalb der Gesamtmarke - alleinstehend gesehen wird. "BREMER" ist nach Großschreibung, Schriftgröße, Schriftart und Farbe herausgehoben und befindet sich zudem versetzt in einer anderen Zeile. Daher und auch wegen des o.g. fehlenden Satzzusammenhangs wird der Verkehr nicht von einer zusammenhängenden Wortfolge, sondern von einem in die Werbeaussage "...bequemer bauen" und den herausgehobenen Markenkern "BREMER" aufgeteilten Kennzeichen ausgehen. Dann aber liegt ein Verständnis von "BREMER" im Sinne eines Nachnamens wesentlich näher. Ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz liegt nach alledem nicht vor.
Die Marke weist auch die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 Markengesetz auf. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH GRUR 2001, 413, 414 - SWATCH, m.w.N.; GRUR 2001, 240, 241 - SWISS ARMY; MarkenR 2001, 407 - antiKALK). Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH MarkenR 2001, 408, 409 - INDIVIDUELLE m.w.N.).
Allein der Bestandteil " BREMER " stellt als Nachname, als der innerhalb der angemeldeten Marke wirkt (s.o.), einen "klassischen" Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Marke dar. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Anmelderin mit "Bremer Systembau GmbH" firmiert und darin das Wort "Bremer" vor dem Substantiv "Systembau" als ein auf die Stadt Bremen hinweisendes Adjektiv verstanden werden kann. Die angemeldete Marke ist gerade in dieser Hinsicht anders aufgebaut als die Firma der Anmelderin. Im Rahmen der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse kommt es auf die Verhältnisse des Anmelders auch nicht an. Selbst wenn ein Teil des Verkehrs den Bestandteil "BREMER" als Adjektiv verstehen würde, so würde die Unvollständigkeit und damit verbundene Mehrdeutigkeit (s.o.) zum Nachdenken über den konkreten Inhalt einer beschreibenden Gesamtaussage einladen. Auch für diesen Verkehrsteil verfügt die angemeldete Marke damit über ein für die markenrechtliche Unterscheidungskraft ausreichendes Maß an Fantasiegehalt.
2. Der Senat sieht davon ab, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG anzuordnen. Hierzu könnte trotz fehlenden Rückzahlungsantrags der Anmelderin durchaus Anlass bestehen, da die Markenstelle die angemeldete Angabe erst zu einer beschreibenden Angabe "gemacht" hat, indem sie ohne eigentliche Begründung hierfür und entgegen der gefestigten markenrechtlichen Spruchpraxis die fehlende sprachliche Verbindung zwischen den Markenbestandteilen "...bequemer bauen" und "BREMER" gedanklich zu einer beschreibenden Angabe ergänzt und dabei das Wort "Bremer" (ohne ausreichende Anhaltspunkte) als Angabe im Sinne eines Unternehmens mit Sitz in Bremen interpretiert hat. Der Bedeutungsgehalt "europäisches Spitzenprodukt", von dem die Markenstelle dann in ihren Ausführungen über die Unterscheidungskraft ausgegangen ist, steht dazu in Widerspruch und hat zum vorliegenden Fall auch keinerlei Bezug. Außerdem enthält der Beschluss bestimmte Passagen über Art und Umfang der für die Annahme von Eintragungshindernissen erforderlichen tatsächlichen Feststellungen, die in der gewählten Formulierung befremdlich wirken und mit teilweise identischem Wortlaut offensichtlich bei einem anderen Senat des Bundespatentgerichts zum Eindruck beigetragen haben, dass die Markenstelle den ihr obliegenden Prüfungsumfang verkennt (vgl. BPatG, 30. Sen., GRUR 2003, 1069 - Nettpack).
Im Gegensatz zu dem Fall, der dem 30. Senat zugrund lag, hat sich die Markenstelle hier allerdings näher mit der angemeldeten Marke, insbesondere mit ihrem Aufbau, der Bedeutung der Einzelbestandteile und deren Zusammenwirken auseinander gesetzt. Insofern sieht der Senat im Ergebnis keinen zureichenden Grund, vom Regelfall der Einbehaltung der Beschwerdegebühr abzuweichen.
Winkler Dr. Hock Kätker Cl Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/20186.3.gif
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