Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Juli 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 344/02
(BPatG: Beschluss v. 09.07.2003, Az.: 32 W (pat) 344/02)
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Markeninhabers wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 16. September 2002 insoweit aufgehoben, als die Löschung der Marke 397 58 442 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke IR R 416 676 angeordnet wird.
Der Widerspruch aus der Marke IR R 416 676 wird zurückgewiesen.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe
I.
Gegen die Eintragung der am 5. Dezember 1997 für Schokoladewaren, insbesondere Tafelschokoladeangemeldeten Marke 397 58 442 ALISA hat die Inhaberin von zwei prioritätsälteren, nach dem Madrider Markenabkommen (MMA) international registrierten gleichlautenden Marken ALISA Widerspruch erhoben.
Die Marke IR R 346 753 ist für Olivesund die Marke IR R 416 676 für Vinaigres et sauces, à l'exception expresse du cafe, du the, des succedanes du cafe et de toutes sortes de produits congelesgeschützt.
Der Markeninhaber hat die Benutzung beider Widerspruchsmarken in Deutschland bestritten.
Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Widersprüche mit Beschluss vom 14. August 2000 zurückgewiesen, da hinsichtlich beider Widerspruchsmarken mangels Warenähnlichkeit keine Verwechslungsgefahr mit der jüngeren Marke bestehe.
Gegen diesen Beschluss hat die Widersprechende Erinnerung eingelegt. Der Markeninhaber hat deren kostenpflichtige Zurückweisung beantragt, weil die fehlende Warenähnlichkeit für die anwaltlich vertretene Widersprechende deutlich erkennbar sei. Die Widersprechende hat zur Glaubhaftmachung der Benutzung "der Widerspruchsmarke" ein in englischer Sprache abgefasstes Affidavit mit deutscher Übersetzung, betreffend die Ware "Olives", vorgelegt nebst drei Kopien von Etiketten und zwei Rechnungen, die als Warenbezeichnungen ebenfalls "Oliven" bzw. "Olives" enthalten.
Mit Beschluss vom 16. September 2002 hat die Markenstelle durch einen Beamten des höheren Dienstesden Beschluss vom 14. August 2000 in Ziffer 1 aufgehoben unddie Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Marke IR R 416 676 angeordnet.
Das Verfahren über die Erinnerung der Widersprechenden aus der Marke IR R 346 753 wurde im Umfang der getroffenen Entscheidung über die Löschung bis zu deren Rechtskraft ausgesetzt.
Von einer Kostenauferlegung wurde abgesehen.
Eine Gefahr von Verwechslungen sei im Verhältnis der jüngeren Marke zur Widerspruchsmarke IR R 416 676 gegeben. Der zumindest entfernte Grad von Warenähnlichkeit reiche angesichts der Markenidentität zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr aus. Die Nichtbenutzungseinrede sei hinsichtlich dieser Widerspruchsmarke unzulässig, da die fünfjährige Benutzungsschonfrist noch nicht abgelaufen sei.
Der Markeninhaber hat Beschwerde eingelegt. Er beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle vom 16. September 2002 insoweit aufzuheben als die Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs aus der Marke IR R 416 676 angeordnet wurde und den Widerspruch aus der Marke IR R 416 676 zurückzuweisen sowiedie Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, hilfsweise den angefochtenen Beschluss ohne Sachentscheidung aufzuheben.
Er weist darauf hin, dass die Benutzungsschonfrist der Marke IR R 416 676 bereits 1980 abgelaufen ist. Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung dieser Marke habe die Widersprechende nicht vorgelegt. Vorsorglich werde erneut die Benutzung beider Widerspruchsmarken bestritten.
Der Markeninhaber regt an, die Kosten - zumindest die des Beschwerdeverfahrens - der Widersprechenden aufzuerlegen.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Es treffe zu, dass beide Widerspruchsmarken, also auch die Marke IR R 416 676, dem Benutzungszwang in Deutschland unterlägen. Eine Zurückverweisung an die Markenstelle sei nicht notwendig, da das Bundespatentgericht selbst die Sach- und Rechtslage überprüfen könne und der angefochtene Beschluss sich bei einer Gegenüberstellung der maßgeblichen Waren (Schokoladewaren einerseits und Oliven andererseits) als zutreffend erweise.
II.
Die Beschwerde des Markeninhabers ist zulässig. Sie führt antragsgemäß zur teilweisen Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle vom 16. September 2002 und zur Zurückweisung des Widerspruchs aus der Marke IR R 416 676 sowie zur Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
1. Der angefochtene Beschluss beruht in Ziffer 2 auf der ersichtlich unzutreffenden Tatsache, dass der gegen die Widerspruchsmarke IR R 416 676 gerichtete Nichtbenutzungseinwand unzulässig sei. Der erst nach Zustellung des Beschlusses erkannte Irrtum folgte aus der Verwechslung des Verlängerungsdatums mit dem für den Beginn der Schonfrist maßgeblichen Datum. Das ergibt sich aus einem entsprechenden Aktenvermerk der Markenstelle vom 10. Oktober 2002. Die seit 1975 international registrierte Widerspruchsmarke IR R 416 676 unterlag längst dem Benutzungszwang; mithin traf die Widersprechende auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede des Markeninhabers hin die Obliegenheit zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung auch dieser Marke für die registrierten Waren in den maßgeblichen Benutzungszeiträumen (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 und 2 i.V.m. § 116 Abs. 1 MarkenG). Dem ist sie nicht nachgekommen. Der Glaubhaftmachungsversuch - Affidavit vom 14. März 2001 nebst Anlagen - konkretisiert diese Widerspruchsmarke nicht anhand der Registrierungsnummer, bezieht sich aber ersichtlich nur auf die für "Olives" registrierte Marke IR R 346 753, da sowohl in der eidesstattlichen Versicherung als auch in den ergänzenden Glaubhaftmachungsunterlagen nur diese Erzeugnisse als benutzt angeführt werden. Für die Waren der Marke IR R 416 676 sind weder im patentamtlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren, trotz ausdrücklicher Aufrechterhaltung der Nichtbenutzungseinrede seitens des Markeninhabers, Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer Benutzung eingereicht worden.
Somit fehlte der Markenstelle im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Erinnerung die Rechtsgrundlage für die Anordnung der Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs der Marke IR R 416 676.
Die Markenstelle wird nunmehr unter Berücksichtigung ihres Versehens, das zu einer beträchtlichen Verfahrensverzögerung geführt hat, und des daher berechtigten Interesses des Markeninhabers an einer alsbaldigen Entscheidung, das Verfahren über den Widerspruch aus der Marke IR R 346 753 abzuschließen haben.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG anzuordnen, da dies angesichts des Verfahrensfehlers des Amtes, der ursächlich für die Notwendigkeit der Beschwerdeeinlegung war, der Billigkeit entspricht (vgl. Ströbele/Hacker Markengesetz, 7. Aufl., § 71, Rdn. 37, 38).
3. Von einer Kostenauferlegung zu Lasten der Widersprechenden gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG hat der Senat abgesehen. Die Behauptung des Markeninhabers, die fehlende Warenähnlichkeit sei für die anwaltlich vertretene Widersprechende deutlich erkennbar gewesen, reicht für eine solche Entscheidung noch nicht aus, da die Markenstelle von einer - wenn auch entfernten - Markenähnlichkeit ausgegangen ist. Wird allerdings auf eine zulässige Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruch ohne ernsthaften Versuch der erforderlichen Glaubhaftmachung der Benutzung weiterverfolgt - wie hier bezüglich der Marke IR R 416 676 -, so kann dies Anlass für eine Kostenauferlegung sein (Ströbele/Hacker, a.a.O., Rdn. 34 mwNachw.). Jedoch war diese Sorgfaltspflichtverletzung der Widersprechenden letztlich nicht ursächlich für die fehlerhafte und Anlass für die Beschwerdeeinlegung gebende Entscheidung der Markenstelle.
Winkler Rauch Viereckbr/Fa
BPatG:
Beschluss v. 09.07.2003
Az: 32 W (pat) 344/02
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