Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Oktober 2010
Aktenzeichen: 10 W (pat) 27/07
(BPatG: Beschluss v. 14.10.2010, Az.: 10 W (pat) 27/07)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
Gründe
I.
Der Antragsteller hat am 13. Februar 2006 beim Deutschen Patentund Markenamt (DPMA) eine Erfindung mit der Bezeichnung "Richtlatten-Set" zum Patent angemeldet. Die Anmeldung hat das Aktenzeichen 10 2006 007 705.9 erhalten.
Nachdem die Anmeldegebühr in Höhe von 60,--€ nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Tag der Einreichung bezahlt worden war, hat das DPMA den Antragsteller mit Bescheid vom 10. Juli 2006 davon in Kenntnis gesetzt, dass die Anmeldung deshalb als zurückgenommen gelte. Mit Eingabe vom 29. August 2006 hat der Antragsteller den Bescheid vom 10. Juli 2006 beantwortet und um Übersendung einer Gebührenrechnung gebeten; im Übrigen hat er mitgeteilt, dass die Unterlagen seiner Anmeldung bei ihm "unter anderen Papieren platziert" gewesen seien und er daher aus Versehen die fällige Gebühr nicht bezahlt habe. Am 28. September 2006 hat er schließlich die Gebühr in Höhe von Höhe von 60,--€ nachentrichtet und mit Eingabe vom 26. Oktober 2006, die am 31. Oktober 2006 beim DPMA eingegangen ist, einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt. Mit Bescheid vom 11. Dezember 2006 hat die zuständige Prüfungsstelle den Antragsteller sodann darauf hingewiesen, dass eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht komme. Aus der Eingabe des Antragstellers vom 29. August 2006 ergebe sich, dass er mit den amtlichen Unterlagen seiner Anmeldung nicht sorgfältig umgegangen sei und daher nicht ohne eigenes Verschulden die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr versäumt habe.
Mit Beschluss vom 6. Februar 2007 hat das Deutsche Patentund Markenamt -Prüfungsstelle 25 -den Wiedereinsetzungsantrag des Anmelders zurückgewiesen. Zur Begründung ist in der Entscheidung ausgeführt, die Zurückweisung erfolge aus den Gründen des Bescheids vom 11. Dezember 2006, den der Antragsteller nicht beantwortet habe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Prüfungsstelle 25 des Deutschen Patentund Markenamts vom 6. Februar 2007 aufzuheben und ihn in die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr wiedereinzusetzen.
Zur Begründung hat der Antragsteller im Wesentlichen vorgetragen, es sei nicht wahr, dass er auf den Bescheid vom 11. Dezember 2006 nicht reagiert habe. Darüber hinaus beruhe die Fristversäumung darauf, dass ihm von Mitarbeitern des Patentamts in Stuttgart mitgeteilt worden sei, die Frist für die Zahlung der Anmeldegebühr betrage ein Jahr. Nur deshalb habe er die Gebühr zu spät gezahlt.
Die zuständige Prüfungsstelle hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angegriffene Entscheidung des DPMA, mit der dem Antragsteller die beantragte Wiedereinsetzung versagt wurde, erweist sich im Ergebnis als zutreffend. Die hiergegen vom Antragsteller erhobenen Einwände verhelfen seiner Beschwerde nicht zum Erfolg.
1.
Der Antragsteller hat im Sinne der Wiedereinsetzungsvorschrift des § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr versäumt, was nach § 6 Abs. 2 PatKostG zum Verlust der Anmeldung geführt hat. Nach § 6 Abs. 1 PatKostG i. V. m. § 193 BGB hätte der Antragsteller die Anmeldegebühr, die mit Einreichung der Anmeldung am 13. Februar 2006 in Höhe von 60,--€ fällig geworden war (§ 3 Abs. 2 Satz 1 PatKostG i. V. m. Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG, Gebührentatbestand Nr. 311 100), innerhalb von drei Monaten -somit vorliegend bis zum 15. Mai 2006 entrichten müssen. (Der 13. Mai 2006 war ein die Frist auf den nächsten Werktag verlängernder Samstag). Die Zahlungsfrist ist bei allen nationalen Schutzrechtsanmeldungen, die beim DPMA einzureichen sind, gleich lang. In sämtlichen Anmeldevordrucken und Merkblättern, die vom DPMA herausgegeben werden, wird auf diese Frist hingewiesen. Der Antragsteller hat auch nicht in Abrede gestellt, dass er die Zahlungsfrist versäumt hat.
2.
Der Beschwerde muss bereits deshalb der Erfolg versagt bleiben, weil der Antragsteller nicht rechtzeitig innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist seinen Wiedereinsetzungsantrag gestellt hat. Nach § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG muss eine Wiedereinsetzung innerhalb von zwei Monaten "nach Wegfall des Hindernisses" beantragt werden. Ein "Wegfall des Hindernisses" tritt im Zusammenhang mit einer nicht fristgerechten Zahlung dann ein, sobald ein Zahlungsschuldner bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt die Versäumung hätte erkennen können, in jedem Falle aber mit positiver Kenntnis von der Fristversäumung (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 123 Rn. 28). Diese gesetzliche Frist musste der Antragsteller kennen, da sie ihm mit dem Bescheid des DPMA vom 10. Juli 2006, mit dem er auf den Verlust seiner Anmeldung hingewiesen wurde, mitgeteilt worden war.
Unterstellt man zu Gunsten des Antragstellers, dass ihm der Bescheid vom 10. Juli 2006 erst am Tag seiner Eingabe vom 29. August 2006, mit der er auf den Bescheid des DPMA vom 10. Juli 2006 geantwortet und um Übersendung einer Gebührenrechnung gebeten hatte, zur Kenntnis gekommen war, so hätte eine Wiedereinsetzung bis spätestens 30. Oktober 2006 beim DPMA beantragt werden müssen. (Der 29. Oktober 2006 war ein die Frist auf den nächsten Werktag verlängernder Sonntag.) Dies war jedoch nicht der Fall, da die Eingabe des Antragstellers vom 26. Oktober 2006, die seinen Wiedereinsetzungsantrag enthielt, ausgewiesen durch das amtlicherseits einperforierte Eingangsdatum, erst am 31. Oktober 2006 -somit einen Tag zu spät -beim DPMA eingegangen war.
Zu Gunsten des Antragstellers kann hierbei nicht berücksichtigt werden, dass er die Antragsfrist nur um einen Tag überschritten hat. Auch eine geringe Überschreitung von gesetzlichen Fristen führt zu einem Fristversäumnis. Ein Antragsteller hat in eigener Verantwortung für den rechtzeitigen Eingang seiner Eingaben beim DPMA Sorge zu tragen. Fristen dürfen zwar bis zum Ablauf des letzten Tages ausgenutzt werden. Aber einen Antragsteller trifft in solchen Fällen, in denen er sich Zeit lässt und die Frist bis zum letzten Tag ausnutzt, eine erhöhte Sorgfaltspflicht (vgl. Schulte, a. a. O., Rn. 119 m. w. N.), d. h. er muss durch geeignete Vorkehrungen dafür Sorge tragen, dass die vorzunehmende Handlung oder Zahlung trotz des engen noch zur Verfügung stehenden Zeitrahmens rechtzeitig bewirkt wird. Die strikte Einhaltung dieser Frist bedeutet insbesondere hier keine unverhältnismäßige Härte, da dem Antragsteller durch den Bescheid des DPMA vom 10. Juli 2006 immerhin bereits seit Ende Juli 2006 die Versäumung der Zahlungsfrist bekannt war, er jedoch erst vier Wochen später, nämlich erst mit seiner Eingabe vom 29. August 2006, mit der er das DPMA u. a. um Übersendung einer Gebührenrechnung bat, einen ersten Schritt zur Sicherung seiner Anmeldung unternommen hatte.
3. Die Beschwerde ist -abgesehen von der nicht fristgerechten Stellung des Wiedereinsetzungsantrags -auch deshalb nicht begründet, weil der Wiedereinsetzungsantrag auch in der Sache nicht gewährbar erscheint. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG kann eine Wiedereinsetzung nur gewährt werden, wenn ein Antragsteller glaubhaft darlegt, dass er ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Im vorliegenden Streitfall fehlt es hieran.
Bei der Beurteilung des Verschuldens ist als Maßstab eine Beachtung der üblichen, im Einzelfall zumutbaren Sorgfalt zu Grunde zu legen (vgl. BGH NJW 1985, 1709, 1710; BPatGE 24, 127, 129; BPatGE 24, 140, 142; Schulte a.a.O., §123 Rn. 78 m. w. N.). Diesem Sorgfaltsmaßstab ist der Antragsteller nach dem in seiner schriftlichen Eingabe vom 29. August 2006 geschilderten Sachverhalt nicht gerecht geworden, wonach die Versäumung der Zahlungsfrist darauf beruht, dass die zur Anmeldung gehörenden Unterlagen bei ihm "unter anderen Papieren platziert" gewesen seien. Zwar hat der Antragsteller später in der Beschwerdeschrift behauptet, er habe nur deshalb die Gebühr zu spät gezahlt, weil ihm "von Mitarbeitern des Patentamts in Stuttgart" eine falsche Frist genannt worden sei; hierbei handelt es sich aber um einen verspäteten, nicht mehr berücksichtigungsfähigen Vortrag. Nach § 123 Abs. 2 Satz 2 PatG müssen auch die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen innerhalb der zweimonatigen Antragsfrist genannt werden (vgl. BGH NJW 1991, 1892; BGH NJW 1994, 2097, 2098; BGH NJW 1997, 2120, 2121; BPatGE 13, 30, 33; Schulte a. a. O., § 123 Rn. 38, 39 m. w. N.). Auf die Frage, ob der in der Beschwerde nachgeschobene Sachverhalt geeignet wäre, eine Wiedereinsetzung zu rechtfertigen, kommt es daher nicht an. Dagegen stellt sich nach dem hier zu Grunde zu legenden Sachverhalt das Verhalten des Antragstellers so dar, dass dieser, nachdem die entsprechenden Unterlagen unter irgendwelchen anderen Papieren gelangt und nicht mehr offen sichtbar waren, die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr schlichtweg vergessen hatte. Die Prüfungsstelle hat daher ihren angefochtenen Beschluss zu Recht darauf gestützt, dass der Antragsteller die Unterlagen seiner Patentanmeldung nicht mit zumutbarer Sorgfalt behandelt und daher die Zahlungsfrist nicht ohne eigenes Verschulden versäumt hatte.
Die Verweigerung der Wiedereinsetzung ist auch vom Ergebnis her nicht unangemessen. Dem Antragsteller waren mit Bescheid der Prüfungsstelle vom 11. Dezember 2006, der dem angegriffenen Beschluss vorausging und dessen Empfang der Antragsteller in seiner Beschwerdeschrift nochmals bestätigt hat, hilfreiche Hinweise gegeben worden. Insbesondere war er auf die Möglichkeit einer Neuanmeldung seiner Erfindung unter Inanspruchnahme der Priorität seiner erledigten Anmeldung hingewiesen, und ihm die Information gegeben worden, dass, sofern er die Zurücknahme seines Wiedereinsetzungsantrags erklären würde, die verspätet gezahlte Gebühr auf die Gebühr für seine Neuanmeldung angerechnet werden könnte. Diese Möglichkeit einer kostenneutralen, den Zeitrang wahrenden Nachanmeldung bestand für den Antragsteller bis zum 13. Februar 2007 (12 Monate nach dem Anmeldetag der hier in Rede stehenden Anmeldung, vgl. § 40 Abs. 1 PatG). Der Antragsteller hätte dies durch eine Rückfrage bei einer der Auskunftstellen des DPMA klären können. Der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag stellt sich damit letztlich als eine Handlung dar, die unabhängig von ihren Erfolgsaussichten sowohl in wirtschaftlicher als auch in rechtlicher Hinsicht nicht als Mittel erster Wahl erschien.
Schülke Püschel Eisenrauchprö
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Beschluss v. 14.10.2010
Az: 10 W (pat) 27/07
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