Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 17. März 2000
Aktenzeichen: 6 U 161/99
(OLG Köln: Urteil v. 17.03.2000, Az.: 6 U 161/99)
Tenor
1.) Die Berufung des Klägers gegen das am 19.8.1999 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn - 14 O 36/99 - wird zurückgewiesen. Die Klage wird auch mit dem im Berufungsverfahren erstmals gestellten Hilfsantrag abgewiesen.2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.4.) Die Beschwer des Klägers wird auf 32.655,94 DM festgesetzt.
Gründe
Die Berufung ist unbegründet, weil weder die Voraussetzungen des § 7 Abs.1 UWG noch diejenigen des § 3 UWG vorliegen und der Kläger aus diesem Grunde auch keinen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten hat.
Der beworbene Verkauf der Teppich- und Tapetenreste stellt sich aus der maßgeblichen Sicht der angesprochenen Verbraucher zunächst nicht als Sonderveranstaltung im Sinne des § 7 Abs.1 UWG dar. Das gilt auch dann, wenn die Anzeige innerhalb von drei Tagen nach dem Ende eines Winterschlussverkaufes geschaltet wird.
Ein derartige Sonderveranstaltung liegt nur vor, wenn es sich um eine Verkaufsveranstaltung außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs handelt. Bereits hiervon kann indes nicht ausgegangen werden. Das gilt auch aus der Sicht derjenigen Verbraucher, die vorher keine früheren Anzeigen der Beklagten zur Kenntnis genommen haben, durch die nach ihrer Darstellung die Beklagten bereits seit Jahren in der gleichen Art und Weise regelmäßig mit einer Preisreduzierung von 80 % für Teppich- bzw. Tapetenreste werben.
Maßgeblich für diese Feststellung ist der Umstand, dass es sich bei den beworbenen Waren ersichtlich nicht um das Standardangebot, sondern um bloße Reste handelt. Das ist - was der Kläger auch nicht in Abrede stellt - dem angegriffenen Teil der Werbung, der ausdrücklich gerade auf die Reststücke abstellt, ohne weiteres zu entnehmen. Reststücke sind zwar von derselben Qualität wie das Standardangebot der Ware, weisen aber den Nachteil auf, dass sie nur für kleinere Flächen ausreichen und daher nicht in allen Fällen Verwendung finden können. Es liegt damit für den Verbraucher auf der Hand, dass sie aus diesen Gründen deutlich reduziert angeboten werden.
Vor diesem Hintergrund läßt die Ankündigung eines Preisnachlasses von 80 % im Verhältnis zur Meterware nicht den Eindruck aufkommen, es handele sich um einen zeitlich befristeten Sonderverkauf. Vielmehr wird der Verkehr annehmen, dass die Beklagten regelmäßig auf diese Weise die für sie nur schwer verkäuflichen Reste abstoßen, dass also - wie es ja auch tatsächlich der Fall ist - der Absatz der stark verbilligten Restposten Bestandteil des regulären Geschäftsbetriebes der Beklagten ist. Denn es macht den Teppich- bzw. Tapetenhandel "von der Rolle" aus, dass notwendigerweise derartige Reststücke entstehen, an deren beschleunigtem Absatz ein erhebliches Interesse der Beklagten besteht. Aus diesem Grunde ist es auch ohne Bedeutung, ob, wie der Kläger meint, sogar der Eindruck entsteht, es würde "auf einen Schlag das gesamte Sortiment an Teppich- und Tapetenresten bis zu 80 % reduziert angeboten". Denn dieser Eindruck mag möglicherweise entstehen, er allein löst aber angesichts der regelmäßig auftretenden Notwendigkeit, die Reste abzusetzen, die Vorstellung eines Sonderverkaufes nicht aus.
Das geschieht auch nicht durch die Formulierung "Sensationell preiswert" und "großer Resteverkauf", weil beide Aussagen nicht zum Ausdruck bringen, dass es sich um einen Resteverkauf handelt, der sich von dem üblichen Verkauf der regelmäßig anfallenden Reste durch die Beklagten unterscheidet. Dass es sich um einen "großen" Resteverkauf handele, besagt nichts über eine Befristung oder Einmaligkeit gerade dieses Verkaufes, sondern wird ohne weiteres dahin verstanden, dass eben Reste in großer Menge vorhanden seien. Dass die Reste "sensationell" preiswert seien, erklärt sich ohne weiteres aus dem erheblichen Preisabstand zu unbegrenzter Meterware. Sofern die Anpreisungen im übrigen möglicherweise darauf beruhen, dass die Beklagten im Zeitpunkt des Erscheinens der Anzeige verstärkt auch Resteposten von Herstellern im Angebot hatten, vermag auch dies den Unterlassungsanspruch nicht zu begründen. Denn auch der Verkauf - auch einer Vielzahl - von Resteposten, die die Beklagten als solche von Herstellern bezogen haben, gehört nach ihrem unwidersprochenen Vortrag zum regelmäßigen Geschäftsbetrieb der Beklagten. Nehmen diese indes regelmäßig - wenn auch möglicherweise in nicht ganz kurzen Abständen - Restposten von Herstellern in ihr "Restesortiment", so stellt deren unbefristete Bewerbung mit den Begriffen "großer Resteverkauf" und "sensationell" nicht die Bewerbung einer Sonderveranstaltung im Sinne des § 7 Abs.1 UWG dar.
Auch sonst enthält die Anzeige - worauf bereits die Kammer zutreffend hingewiesen hat - keine Elemente, die Anhaltspunkte für die Annahme einer zeitlichen Befristung und damit einer Sonderveranstaltung sein könnten.
Schließlich trifft es zwar zu, dass eine Sonderveranstaltung auch schon dann vorliegen kann, wenn ganze Warengruppen stark verbilligt abgesetzt werden, und zu einer solchen mögen angesichts eines Umsatzanteiles von 30 % auch die Reste zu zählen sein. Es kann indes der Anzeige aus den dargelegten Gründen nicht entnommen werden, dass die Reste in einer zeitlich begrenzten Verkaufsaktion, eben einer Sonderveranstaltung, zu Preisen abgegeben würden, die sich deutlich von den üblicherweise für Reste verlangten Preisen unterscheiden.
Diese Feststellungen - wie die sogleich noch anzuschließenden - vermag der Senat aus eigener Sachkunde zu treffen, weil seine Mitglieder als potentielle Käufer von Teppichen und Tapeten zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören.
Aus den vorstehenden Gründen verstößt die Werbung auch nicht gegen § 3 UWG. Entgegen der Auffassung des Klägers erweckt die Werbung nicht den Eindruck eines zeitlich begrenzten Sonderverkaufes, sondern vermittelt das zeitlich unbegrenzte Angebot, Reststücke für 20 % des regulären Preises erwerben zu können. Mit diesem Inhalt stimmt sie mit den tatsächlichen Verhältnissen überein, weil die Beklagten - wie sie unbestritten behaupten - ständig auf diese Weise beschleunigt Reststücke absetzen.
Ist aus den vorstehenden Gründen der auf Unterlassung gerichtete Hauptanspruch unbegründet, so gilt das auch für den im Berufungsverfahren zusätzlich gestellten Hilfsantrag, mit dem der Kläger die Unterlassung für den Fall verlangt, dass die Werbung - wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist - drei Tage nach Schluss eines Winterschlussverkaufes geschaltet ist.
Angesichts des bereits erwähnten Umstandes, dass die Werbung weder eine ausdrückliche Befristung enthält noch sonst den Eindruck eines einmaligen und nur vorübergehend gültigen Angebotes macht, vermittelt auch die zeitliche Nähe zum Winterschlussverkauf dem Verbraucher nicht den Eindruck einer Sonderveranstaltung im Sinne des § 7 Abs.1 UWG. Aus denselben Gründen werden die wenigen Verbraucher, denen die Dauer des Winterschlussverkaufes nicht bekannt ist, aufgrund der Anzeige nicht annehmen, der Winterschlussverkauf dauere tatsächlich noch an.
Steht dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten mithin nicht zu, so kann er schließlich mangels Wettbewerbsverstoßes auch die Kosten für die - unberechtigten - Abmahnungen nicht ersetzt verlangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 713 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzte Beschwer des Klägers entspricht dem Wert seines Unterliegens im Rechtsstreit.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 32.655,94 DM festgesetzt, wovon 30.000 DM auf den Unterlassungsanspruch und 2.655,94 DM auf den Zahlungsanspruch entfallen. Ein Anlaß, auch den - gegenüber dem Hauptanspruch niedrigeren - Wert des Hilfsanspruches festzusetzen, besteht nicht, weil dieser denselben Gegenstand wie der Hauptanspruch betrifft und deswegen gem. § 19 Abs.1 S.3 GKG nicht in Ansatz zu bringen ist.
OLG Köln:
Urteil v. 17.03.2000
Az: 6 U 161/99
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