Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. März 2005
Aktenzeichen: 28 W (pat) 118/03

(BPatG: Beschluss v. 09.03.2005, Az.: 28 W (pat) 118/03)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die u.a. für die Waren "Ergänzungsfuttermittel" am 20. August 2001 eingetragene Marke Amino Vitist - ausdrücklich beschränkt auf diese Waren - Widerspruch aus der Wortmarke Amigoeingelegt worden, die seit dem 22. Februar 1990 für "Futtermittel, einschließlich nichtmedizinisches Zusatzfutter für Tiere" eingetragen ist.

Die Markenstelle hat eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen, da die Marken selbst bei hochgradig ähnlichen Waren im Gesamteindruck einen ausreichenden Abstand zueinander aufwiesen und für eine Verkürzung der angegriffenen Marke auf den Bestandteil "Amino" angesichts des unklaren Bedeutungsgehaltes von "vit" keine Veranlassung bestehe. Der Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin brauche bei dieser Rechtslage nicht weiter nachgegangen werden.

Die Widersprechende hat Beschwerde erhoben und nach Einreichung von Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung (hier: Hundefutter) insbesondere auf die Identität bzw. große Nähe der Waren hingewiesen, die einen erheblichen Markenabstand erfordere, der von der jüngeren Marke nicht eingehalten werde, zumal die angegriffene Marke vom Bestandteil "amino" geprägt werde, da das Kürzel "vit" nur ein glatt warenbeschreibender Zusatz für "Vitamine" sei.

Die Markeninhaberin hält ihre Nichtbenutzungseinrede wegen von ihr behauptetet Unklarheiten der eingereichten eidesstattlichen Versicherung aufrecht und verweist im übrigen darauf, dass sich eine Aufspaltung der jüngeren Marke in ihre Bestandteile registerrechtlich verbiete und damit mangels hinreichender Markenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr ausscheide.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Trotz der erheblicher Nähe der sich gegenüberstehenden Waren hält die angegriffene Marke den erforderlichen Abstand ein, um eine relevante Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG auszuschließen.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ab von der Identität oder Ähnlichkeit der Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der durch diese Marken erfassten Waren. Daneben sind alle Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, vor allem die Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Nach diesen Grundsätzen muss vorliegend eine Verwechslungsgefahr verneint werden.

Was die Warensituation angeht, kann nach den von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen zur Glaubhaftmachung zwanglos davon ausgegangen werden, dass die Widerspruchsmarke in den hier relevanten Zeiträumen rechtserhaltend für "Hundefutter" benutzt worden ist. Dem stehen auf Seiten der angegriffenen Marke "Ergänzungsfuttermittel" gegenüber (die weiteren Waren der Klasse 5 sind nicht angegriffen!), so dass sich die Waren im engsten Ähnlichkeitsbereich bewegen. Angesichts der von den Waren angesprochenen Verkehrskreise sowie des durchschnittlichen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke sind damit an den zur Verneinung einer Verwechslungsgefahr erforderlichen Abstand der Marken zueinander eher strengere Anforderungen zu stellen, denen die angegriffene Marke aber genügt.

Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit steht zwischen den Beteiligten im Grunde außer Streit, dass die Marken in ihrer Gesamtheit deutliche Unterschiede aufweisen, weil sie in ihren Bestandteilen unterschiedliche Länge, Buchstaben und Silbenzahl zeigen, was auch bei einem flüchtigen Verhalten weder überhört noch übersehen werden kann. Eine die Verwechslungsgefahr begründende Markenähnlichkeit wäre allenfalls denkbar, wenn man der Widerspruchsmarke isoliert kollisionsbegründend den Bestandteil "Amino" der angegriffenen Marke gegenüberstellen könnte, was sich zunächst einmal aber schon deshalb verbietet, weil der Verkehr Zeichen regelmäßig so auffasst, wie sie ihm entgegentreten, d.h. als einheitliches und eigenständiges Gebilde. Gleichermaßen wäre es rechtsfehlerhaft, ohne weiteres eine Zeichenkollision lediglich deshalb feststellen zu wollen, weil sich ein Teil des älteren Zeichens wie hier fast identisch in dem jüngeren Zeichen wiederfindet. Eine Ausnahme ist nur denkbar, wenn in Kombinationsmarken ein Bestandteil den Gesamteindruck der Marke allein prägt, wenn etwa die weiteren Bestandteile wegen ihrer zB beschreibenden Bedeutung eindeutig nicht zur Kennzeichnungskraft der Gesamtmarke beitragen und damit schon aus Rechtsgründen bei der Kollisionsprüfung ausscheiden.

Dass es sich bei "vit" in diesem Sinne auf dem betroffenen Warensektor um ein geläufiges beschreibendes Kürzel für Vitaminzusätze handelt, wird von der Widersprechenden zwar behauptet, ist von ihr jedoch in keiner Weise durch entsprechende tatsächliche Feststellungen belegt worden. Zwar ist richtig, dass Vitamine bei Futtermitteln für Tiere eine gewisse Bedeutung haben können, doch fehlt es an Nachweisen, dass dieser Umstand in relevantem Umfang durch das Kürzel "vit" zum Ausdruck gebracht wird. Wenn die Widersprechende dies anders beurteilt wissen will, wäre es ihre Aufgabe gewesen, durch entsprechenden Sachvortrag diese Umstände darzutun. Das ist indes nicht geschehen, so dass der Senat mangels anderweitiger Feststellungen keine Veranlassung sieht, vom Grundsatz des Gesamteindrucks bei der Beurteilung der angegriffenen Marke abzugehen.

Da schließlich das Vorliegen einer eventuellen mittelbaren Verwechslungsgefahr selbst von der Widersprechen gar nicht erst behauptet worden ist, war die angefochtene Entscheidung der Markenstelle damit im vollen Umfang zu bestätigen und die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Eine Kostenentscheidung unter Billigkeitsgesichtspunkten nach § 71 Abs 1 MarkenG war nicht veranlasst.

Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Pü






BPatG:
Beschluss v. 09.03.2005
Az: 28 W (pat) 118/03


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