Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Februar 2003
Aktenzeichen: 19 W (pat) 715/02
(BPatG: Beschluss v. 19.02.2003, Az.: 19 W (pat) 715/02)
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass das Patent geteilt ist.
2. Das Patent 44 45 043 wird widerrufen.
Gründe
I Für die am 16. Dezember 1994 im Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung, für welche die innere Priorität vom 1. September 1994 (Aktenzeichen P 44 31 142.7) in Anspruch genommen ist, ist die Erteilung des nachgesuchten Patents am 4. Juni 1998 veröffentlicht worden. Es betrifft einen Kraftfahrzeug-Türverschluss Gegen das Patent hat die R... GmbH am 4. September 1998 Einspruch erhoben.
Am 13. Juni 2002 hat die Einsprechende einen Antrag auf patentgerichtliche Entscheidung gestellt.
Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 bis 6 nach Hauptantrag, 1 bis 6 nach Hilfsantrag 1, 1 bis 5 nach Hilfsantrag 2, 1 bis 5 nach Hilfsantrag 3, sämtliche überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2003, Beschreibung für alle Anträge: Spalte 1 bis Spalte 2, Zeile 48, in der handschriftlich ergänzten, in der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2003 überreichten Form, sowie Spalte 3, Zeile 4 bis Beschreibungsende nach Patentschrift, für jeden einzelnen Antrag ergänzt durch den jeweils zugehörigen, in der mündlichen Verhandlung vom 19. Februar 2003 überreichten Text, Zeichnungen wie Patentschrift.
Höchst hilfsweise erklärt die Patentinhaberin die Teilung des Patents.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet unter Hinzunahme der Buchstaben a bis h entsprechend einer von der Einsprechenden vorgenommenen Gliederung:
"Kraftfahrzeug-Türverschluß, mita) - Drehfalle (1), Sperrklinke (2) und Auslösehebel (3) ferner mitb) - einem auf den Auslösehebel (3) wirkenden Betätigungshebelsystem welches zumindest einen Innenbetätigungshebel (4) aufweist und welches ein Verriegelungshebelsystem mit zumindest einem Innenverriegelungshebel (5) besitzt, und mitc) - einem Zentralverriegelungsantrieb sowie einem mit dem Verriegelungshebelsystem verbundenen Zentralverriegelungselement (6)
d) wobei der Zentralverriegelungsantrieb als reversierbarer elektromotorischer Antrieb, welcher ein Abtriebselement (7) mit zumindest einem exzentrischen Steuerzapfen (8) aufweist, ausgeführt ist, e) wobei ferner der Steuerzapfen (8) mit auf einem Umlaufbogen (9) linksdrehenden und rechtsdrehenden Stellbewegungen auf seitliche Steuerflächen (11) an einer Gabelaufnahme (10) des Zentralverriegelungselementes (6) wirkt und das Zentralverriegelungselement (6) in Funktionsstellungen "entriegelt" und "verriegelt" steuert, f) wobei weiter sich ein Teil des Umlaufbogens (9) des Steuerzapfens (8) außerhalb der Gabelaufnahme (10) des Zentralverriegelungselementes (6) befindet und auf beiden Seiten neben der Gabelaufnahme (10) jeweils eine Anschlagfläche (12) für den Steuerzapfen (8) vorgesehen ist, g) wobei darüber hinaus Stellbewegungen des Steuerzapfens (8) durch das Anlaufen des Steuerzapfens (8) gegen jeweils eine der Anschlagflächen (12) begrenzt sind, undh) wobei der elektromotorische Antrieb bei dem Anlaufen des Steuerzapfens (8) gegen die Anschlagflächen (12) ausgeschaltet wird, dadurch gekennzeichnet, daß
das Zentralverriegelungselement (6)
gelenkig mit dem Innenverriegelungshebel (5) verbunden und als in Führungen linear bewegbarer Zentralverriegelungsschieber (13) ausgeführt ist".
In den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag im ersten kennzeichnenden Merkmal vor dem Wort "Zentralverriegelungsschieber (13)" das Wort "U-förmiger" eingefügt, weiterhin sind nach dem Wort "Zentralverriegelungsschieber (13)" anstelle des Wortes "ausgeführt" die Worte "mit zwei U-Schenkeln ausgebildet" eingefügt. Außerdem wird der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ergänzt um das Merkmal:
"wobei die U-Schenkel jeweils kopfseitig die Anschlagflächen (12) für den Steuerzapfen (8) aufweisen und zwischen sich die Gabelaufnahme (10) mit den an ihren Innenseiten vorgesehenen Steuerflächen (11) definieren".
Nach Hilfsantrag 2 wird der Patentanspruch 1 gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ergänzt um das Merkmal:
"und dass das Ausschalten des elektromotorischen Antriebs beim Anlaufen des Steuerzapfens (8) gegen die Anschlagflächen (12) unter Ausnutzung einer damit verbundenen erhöhten Stromaufnahme oder einer Zeitsteuerung als jeweiliges Steuersignal erfolgt".
Die auf dem ersten Blatt des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 gegenüber dem ersten Blatt des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag fehlenden Zeilen 30 und 31 sind offensichtlich beim Seitenumbruch des Textverarbeitungssystems auf die ansonsten nicht benötigte Seite 2 übergegangen. Sie sind aber ebenfalls Bestandteil des Wortlauts des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 wie der Textanschluss auf Seite 3 Zeile 1 ohne weiteres erkennen läßt. Dies gilt ebenso für den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3, der zusätzlich zu den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 das zusätzliche Merkmal des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 aufweist.
Mit den Kraftfahrzeug-Türverschlüssen der Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 soll die Aufgabe gelöst werden, einen Kraftfahrzeug-Türverschluss so weiter zu bilden, dass eine unkomplizierte und kraftsparende Bewegung bei variierbarem Aufbau und funktionsgerechter mechanischer Betätigung gelingt (geltende Beschreibungseinfügungen, jeweils S 1, Abs 1). Den Kraftfahrzeug-Türverschlüssen der Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 2 und 3 liegt die Aufgabe zugrunde einen Kraftfahrzeug-Türverschluss zu schaffen, welcher eine unkomplizierte und kraftsparende Bewegung bei einfach variierbarem Aufbau ermöglicht und bei welchem eine funktionsgerechte mechanische und elektrische Betätigung gelingt (geltende Beschreibungseinfügungen, jeweils S 1, Abs 1).
Die Einsprechende ist der Auffassung, dass der Fachmann Anlass habe einen Kraftfahrzeug-Türverschluss, wie ihn die JP 2-209 582 A zeige, derart umzubauen, dass das Zentralverriegelungselement separiert werde, wenn ein einheitliches Grundschloss für verschiedene Fahrzeugtypen zu verwenden sei. Dabei denke er auch an einen Zentralverriegelungsschieber, wie er aus der JP 6-3110 Y2 bekannt sei. Die JP 2-209 582 A gebe dem Fachmann auch einen Hinweis auf das Ausschalten des elektromotorischen Antriebs beim Anlaufen des Steuerzapfens gegen die Anschlagflächen unter Ausnutzung einer erhöhten Stromaufnahme als Steuersignal, da in der Druckschrift angegeben sei, dass das Ausschalten aufgrund einer - sich beim Anlaufen des Steuerzapfens gegen die Anschlagflächen ergebenden - Zunahme des Drehmomentes erfolge und diese mit einer Zunahme des Stromes verbunden sei.
Die Kraftfahrzeug-Türverschlüsse, wie sie in den Patentansprüchen 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 beschrieben sind, hält die Einsprechende deshalb nicht für erfinderisch.
Die Patentinhaberin ist der Meinung, dass die JP 6-3110 Y2 keinen Hinweis auf eine lineare Bewegung des Ausgangsmechanismus gebe; denn die Angabe in der Druckschrift, dass auch bei einer geradlinigen Bewegung eine Konkretisierung nach ähnlichem Prinzip möglich sein könne, verstehe der Fachmann so, dass sich der Steuerzapfen in der Gabelaufnahme linear hin und her bewege. Weiterhin ist die Patentinhaberin der Auffassung, der Fachmann - ein Konstrukteur oder Maschinenbauingenieur - könne aus der JP 2-209 582 A nicht entnehmen, dass das Ausschalten des elektromotorischen Antriebs beim Anlaufen des Steuerzapfens gegen die Anschlagflächen unter Ausnutzung einer damit verbundenen erhöhten Stromaufnahme als jeweiliges Steuersignal erfolge, da die Druckschrift in Zusammenhang mit dem Ausschalten des Motors einen Drehmomentensensor und keinen Stromsensor anspreche. Die DE 35 40 686 A1 und die DE 34 08 623 C2 zeigten keine Schieber mit offener Gabelaufnahme.
Die Kraftfahrzeug-Türverschlüsse der Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 seien daher neu und beruhten auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Das Verfahren ist auf den Antrag der Einsprechenden vom 13. Juni 2002 hin bei dem erkennenden Senat anhängig geworden, da die Patentabteilung, die dafür zuständig war, innerhalb von 2 Monaten nach Zugang des Antrags weder eine Ladung zur Anhörung noch eine Entscheidung über den Einspruch zugestellt hat (PatG § 147 Abs 3 Satz 1 Nr 2).
Der Senat hatte - wie in der zur Veröffentlichung vorgesehenen Einspruchssache 19 W (pat) 701/02 (mwN) ausführlich dargelegt ist - auf Grund öffentlicher mündlicher Verhandlung über das Patent zu entscheiden.
Der Einspruch ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Er führt zum Widerruf des gemäß Hilfsantrag 4 geteilten Patents.
Als zuständiger Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur des Maschinenbaus anzusehen, dem entweder aus seiner Berufserfahrung die Wirkungsweise und die Ansteuerung von Zentralverriegelungsmotoren in Form von elektromotorischen Antrieben bekannt ist oder der einen auf diesem Gebiet tätigen Ingenieur der Elektrotechnik um Rat angeht (BGH GRUR 78, 37 - Börsenbügel). Die Summe des Fachwissens beider Fachleute stellt dann das Wissen und Können des Durchschnittsfachmanns dar (BGH GRUR 86, 798 - Abfördereinrichtung für Schüttgut).
1. Zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag Der Kraftfahrzeug-Türverschluss des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Aus der JP 2-209 582 A (Fig 1 bis 4 iVm Text nach deutscher Übersetzung) ist ein Kraftfahrzeug-Türverschluss bekannt, der aufweista) - eine Drehfalle (S 3 Z 19: Gabel), eine Sperrklinke (S 3 Z 19: Nagel) und einen Auslösehebel 5 und der ferner versehen ist mitb) - einem auf den Auslösehebel 5 wirkenden Betätigungshebelsystem, welches zumindest einen Innenbetätigungshebel 2 aufweist und welches ein Verriegelungshebelsystem mit zumindest einem Innenverriegelungshebel 3 besitzt, und mitc) - einem Zentralverriegelungsantrieb 38, 36 sowie einem mit dem Verriegelungshebelsystem verbundenen Zentralverriegelungselement 6 (Fig 3), d) wobei der Zentralverriegelungsantrieb 38, 36 als reversierbarer elektromotorischer Antrieb (S 2 Z 44 bis 57), welcher ein Abtriebselement 36 mit exzentrischen Steuerzapfen 37a, 37b aufweist, ausgeführt ist, e) wobei ferner der Steuerzapfen 37a,37b mit auf einem Umlaufbogen (die bogenförmige Bewegung der Steuerzapfen 37a, 37b zwischen den beiden Stellungen gemäß Fig 1 und 2) linksdrehenden und rechtsdrehenden Stellbewegungen (S 2 Z 52) auf seitliche Steuerflächen an einer Gabelaufnahme 23 des Zentralverriegelungselementes 6 wirkt und das Zentralverriegelungselement 6 in Funktionsstellungen "entriegelt" (Fig 1) und "verriegelt" (Fig 2) steuert, f) wobei weiter sich ein Teil des Umlaufbogens des Steuerzapfens 37a, 37b außerhalb der Gabelaufnahme 23 des Zentralverriegelungselementes 6 befindet und auf beiden Seiten neben der Gabelaufnahme 23 jeweils eine Anschlagfläche 24a, 24b für den Steuerzapfen 37a, 37b vorgesehen ist (Fig 1 und 2), g) wobei darüber hinaus Stellbewegungen des Steuerzapfens 37a, 37b durch das Anlaufen des Steuerzapfens 37a, 37b gegen jeweils eine der Anschlagflächen 24a, 24b begrenzt sind (S 3 Z 55 bis 58), undh) wobei der elektromotorische Antrieb 38, 36 bei dem Anlaufen des Steuerzapfens 37a, 37b gegen die Anschlagflächen 24a, 24b ausgeschaltet wird (S 4 Z 1 bis 7).
Weiterhin sind die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag teilweise aus der JP 2-209 582 A bekannt. Diese zeigt nämlich, dass das Zentralverriegelungselement 6 mit dem Innenverriegelungshebel 3,15 verbunden ist (S 1 Z 32 bis 35).
Gegenüber dem aus der JP 2-209 582 A bekannten Kraftfahrzeug-Türverschluss unterscheidet sich der Kraftfahrzeug-Türverschluss des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag somit dadurch, dassdie Verbindung des Zentralverriegelungselements mit dem Innenverriegelungshebel gelenkig ist, und das Zentralverriegelungselement als in Führungen linear bewegbarer Zentralverriegelungsschieber ausgeführt ist.
Ausgehend von einem Kraftfahrzeug-Türverschluss, wie er in der JP 2-209 582 A beschrieben ist, stellt sich dem Fachmann die Aufgabe, das Zentralverriegelungselement nicht unmittelbar mit dem Innenverriegelungshebel zu verbinden, dann in der Praxis von selbst, wenn ein einheitliches Grundschloss für verschiedene Fahrzeugtypen verwendet werden soll, das bedarfsweise ohne oder mit Zentralverriegelungsantrieb ausgeführt werden soll.
Neben den in den der DE 35 40 686 A1 und der DE 34 08 623 C2 beschriebenen, bei Türverriegelungen von Kraftfahrzeugen eingesetzten Zentralverriegelungsantrieben mit linear beweglichen Zentralverriegelungselementen, die als in Führungen linear bewegbare Zentralverriegelungsschieber ausgeführt sind (DE 35 40 686 A1, Fig 1 Bezugszeichen 11 bzw DE 34 08 623 C2, Fig 2 oder 3 Bezugszeichen 20), entnimmt der Fachmann - entgegen der Auffassung der Patentinhaberin - auch in der JP 6-3110 Y2 (Übersetzung) einen in Führungen linear bewegbaren Zentralverriegelungsschieber, womit belegt ist, dass außer schwenkbaren Zentralverriegelungselementen auch in Führungen linear bewegbare Zentralverriegelungsschieber gebräuchlich sind. Die JP 6-3110 Y2 betrifft eine Schlossverriegelung bzwentriegelung bei einem Kraftfahrzeug-Türschloss (S 1 le Abs) und somit ebenfalls einen Zentralverriegelungsantrieb. Dort ist angegeben, dass sich ein Ausgangsmechanismus 50 einerseits durch Drehen oder Schweben verschiebt (Anspruch 1 iVm S 3 der Beschreibung des Ausführungsbeispiels, viertletzte bis drittletzte Zeile von unten), andererseits aber auch bei einer geradlinigen Bewegung eine Konkretisierung nach ähnlichem Prinzip möglich sein kann (S 3 der Beschreibung des Ausführungsbeispiels, vorletzte bis letzte Zeile von unten). Da das Schweben nur den als Einheit aufgebauten Ausgangsmechanismus betrifft und nicht den Steuerzapfen ist in der JP 6-3110 Y2 sowohl ein drehbarer, dh schwenkbarer als auch ein - zwangsläufig in Führungen - linear bewegbarer Ausgangsmechanismus als Zentralverriegelungsschieber angesprochen. Beide Ausführungsformen werden deshalb vom Fachmann als gleichwertig angesehen. Der Fachmann entnimmt deshalb aus der JP 6-3110 Y2, dass der Ausgangsmechanismus bedarfsweise als Zentralverriegelungsschieber ausgebildet und gelenkig mit dem Innenverriegelungshebel eines Kraftfahrzeug-Türschlosses verbunden ist. Mit der Maßnahme, das aus der JP 2-209 582 A bekannte Zentralverriegelungselement nicht schwenkbar zu gestalten, sondern - wie aus der JP 6-3110 Y2 bekannt - als linear in Führungen bewegbaren Zentralverriegelungsschieber auszubilden und dessen Verbindung mit dem Innenverriegelungshebel gelenkig auszuführen, hat der Fachmann bereits die patentgemäße Alternative des Patentanspruchs 1 mit zwei Zapfen verwirklicht.
Daran kann ihn auch der Umstand nicht hindern, dass der aus der JP 6-3110 Y2 bekannte Schieber kein "Element" sondern eine Baugruppe ist. Ist dem Fachmann nämlich nicht daran gelegen, den dem Ausgangsmechanismus aus der JP 6-3110 Y2 gegenüber dem Zentralverriegelungselement 6 aus der JP 2-209 582 A innewohnenden Vorteil beizubehalten, dass der Mechanismus auch bei einer übermäßigen äußeren Kraft oder bei Defekten in der Stromversorgung (Notfall) noch funktionstüchtig bleibt (S 3 drittletzter bis vorletzter Abs der JP 6-3110 Y2), kann die diesen Vorteil bewirkende Feder im Ausgangsmechanismus weggelassen werden und können die beiden Bewegungselemente einstückig ausgeführt werden. Damit ist der Ausgangsmechanismus aber als Zentralverriegelungselement gestaltet.
Man unterschätzte die Fähigkeiten des Fachmanns, traute man ihm nicht zu, den aus der JP 2-209 582 A bekannten Kraftfahrzeug-Türverschluss mit dem aus der JP 6-3110 Y2 bekannten Zentralverriegelungsantrieb zu versehen. Der Kraftfahrzeug-Türverschluss des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ergibt sich somit für einen Fachmann in naheliegender Weise.
Aus der JP 6-3110 Y2 ist dem Fachmann weiterhin bekannt, dass der Zentralverriegelungsantrieb als reversierbarer elektromotorischer Antrieb (siehe die unterschiedlichen Drehrichtungen zB in Fig 1 und 3), welcher ein Abtriebselement 40 mit einem exzentrischen Steuerzapfen 43 aufweist, ausgeführt ist. Hierdurch ist dem Fachmann auch die im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag enthaltene Variante mit nur einem Steuerzapfen nahgelegt.
2. Zum Hilfsantrag 1 Der Kraftfahrzeug-Türverschluss des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch ergänzt, dass der U-förmige Zentralverriegelungsschieber mit zwei U-Schenkeln ausgebildet ist, die jeweils kopfseitig die Anschlagflächen für den Steuerzapfen aufweisen und zwischen sich die Gabelaufnahme mit den an ihren Innenseiten vorgesehenen Steuerflächen definieren.
Zentralverriegelungsbauteile dieser Grundform und Funktionalität kennt der Fachmann sowohl aus der JP 2-209 582 A als auch aus der JP 6-3110 Y2. Beispielsweise ist bei der JP 6-3110 Y2 der Ausgangsmechanismus 50 mit zwei U-Schenkeln 57, 57 ausgebildet, die jeweils kopfseitig die Anschlagflächen 57b, 57b für den Steuerzapfen 43 aufweisen und zwischen sich die Gabelaufnahme (Greifgraben zwischen 57a und 57a vgl S 1 Z 51 bis S 2 Z 2 Übersetzung - Ausführungsbeispiel) mit den an ihren Innenseiten vorgesehenen Steuerflächen 57a, 57a definieren.
Der Kraftfahrzeug-Türverschluss des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3. Zum Hilfsantrag 2 Im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag zusätzlich angegeben, dass das Ausschalten des elektromotorischen Antriebs beim Anlaufen des Steuerzapfens gegen die Anschlagflächen unter Ausnutzung einer damit verbundenen erhöhten Stromaufnahme oder einer Zeitsteuerung als jeweiliges Steuersignal erfolgt.
Diesbezüglich ist in der JP 2-209 582 A im Zusammenhang mit dem Ausschalten des elektromotorischen Antriebs beim Anlaufen des Steuerzapfens 37a gegen die Anschlagflächen 24a, 24b angegeben, dass ein Sensor die Zunahme des Drehmoments erkennt und den elektromotorischen Antrieb ausschaltet (S 4 Z 1 bis 7).
Dem Fachmann ist aber bekannt, dass bei einem elektromotorischen Antrieb mit dem Drehmoment gleichermaßen der Strom ansteigt, wenn der Antrieb daran gehindert wird, sich weiterzudrehen. Der Fachmann entnimmt daher der JP 2-209 582 A, dass die Zunahme des Drehmoments sowohl mit einem Drehmoment- als auch mit einem Stromsensor erkant werden kann.
Daher ergibt sich für ihn, dass das Ausschalten des elektromotorischen Antriebs beim Anlaufen des Steuerzapfens gegen die Anschlagflächen unter Ausnutzung einer damit verbundenen erhöhten Stromaufnahme als jeweiliges Steuersignal erfolgen kann, in naheliegender Weise.
Auch die im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 alternativ angegebene Maßnahme, dass das Ausschalten des elektromotorischen Antriebs beim Anlaufen des Steuerzapfens gegen die Anschlagflächen unter Ausnutzung einer Zeitsteuerung als jeweiliges Steuersignal erfolgt, ergibt sich für einen Fachmann ohne erfinderisches Tun, wenn er verhindern will, dass ein elektromotorischer Antrieb ohne anderweitige Endabschaltung überhitzt wird und/oder die Sicherung auslöst.
Durch die Zusammenschau dieses, die Ausschaltung des Antriebs betreffenden Merkmals mit den übrigen, die konstruktive Ausgestaltung beschreibenden Merkmalen des Anspruchs ergeben sich auch keine neuen erfinderischen Effekte, sondern lediglich die den Einzelmaßnahmen zuzuordnenden Wirkungen.
Auch der Kraftfahrzeug-Türverschluss gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist demnach nicht erfinderisch.
4. Zum Hilfsantrag 3 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 weist zusätzlich zu den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 das zusätzliche Merkmal des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 auf.
Auch die Kombination dieser vorstehend bereits besprochenen Merkmale vermag das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht zu begründen. Denn auch durch die gemeinsame Anwendung des, die Ausschaltung des Antriebs betreffenden Merkmals mit den die konstruktive Ausgestaltung beschreibenden Merkmalen des Anspruchs ergibt sich kein unerwarteter technischer Gesamterfolg, sondern lediglich die den Einzelmaßnahmen zuzuordnenden Wirkungen.
III Die auf den jeweiligen Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 6 und die auf den jeweiligen Patentanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 2 und 3 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 5 fallen mit den jeweiligen Patentansprüchen 1.
Näherer Ausführungen zum Gegenstand der gemäß Hilfsantrag 4 entstandenen Teilanmeldung bedurfte es nicht - vergleiche BGH GRUR 2003, 47 - Sammelhefter.
Dr. Kellerer Schmöger Dr. Kaminski Groß
Be
BPatG:
Beschluss v. 19.02.2003
Az: 19 W (pat) 715/02
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