Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Dezember 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 232/03
(BPatG: Beschluss v. 17.12.2003, Az.: 28 W (pat) 232/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 31 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. April 2001 und 8. April 2003 aufgehoben.
Gründe
I.
Angemeldet als durchgesetztes Zeichen zur Eintragung als konturlose Farbmarke für die Waren "Heimtierfutter für Katzen" ist ein als violettfarben bezeichnetes, ca. 5 cm x 5 cm großes Farbmuster, bei dem es sich nach Angaben der Anmelderin um ein Farbgemisch aus P 28730, S 28900, P 28765 handelt und für das laut einer der Anmeldung beigefügten Beschreibung "Markenschutz als Hintergrundfarbe für eine Verpackung von Futtermitteln" begehrt wird.
Die Markenstelle für Klasse 31 des Deutschen Patentamts hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, die Anmelderin habe den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung nicht erbracht, da der von ihr mit einer Verkehrsbefragung geltend gemachte Zuordnungsgrad von 62,2 % bei Katzenhaltern bzw. 66,3% bei Käufern von Katzenfutter angesichts des extrem hohen Allgemeininteresses an der freien Verwendung von Farben nicht ausreiche, das letztlich eine Zuordnung von nicht unter 80% erfordere.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung vor dem Hintergrund der langjährigen und umfangreich beworbenen Benutzung der beanspruchten Marke, der mit ihr erzielten Umsätze, des von der Anmelderin in diesem Segment gehaltenen Marktanteils und des nachgewiesenen Bekanntheitsgrades erbracht zu haben.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Für den Senat ist Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens die von der Anmelderin angemeldete Farbmarke "violettfarben" als abstrakte konturlose Farbe. Die von der Anmelderin gegebene Markenbeschreibung, daß es sich bei der angemeldeten Marke um die Hintergrundfarbe für die Verpackungen der Waren handle, legt nicht ein Verständnis der Anmeldung als Aufmachungsfarbmarke nahe. Denn Farben als Hintergrundfarben auf den jeweiligen Verpackungen können in sehr unterschiedlicher Gestalt auftreten. Es gibt eine große Bandbreite möglicher Aufmachungen mit einer Farbe als Hintergrundfarbe. Sie kann von verschiedenen geometrischen, gefärbten Flächen zB als Hintergrund für etwaige Produktnamen reichen bis zu Streifen oder konturlosen farbigen Bemalungen oder der gänzlichen Färbung der Verpackung in der gewünschten und angemeldeten Farbe. Eine Farbe ist damit auch als Hintergrundfarbe jederzeit einer freien Verteilung zugänglich, so dass es sich vorliegend bei der Anmeldung um ein Schutzbegehren für eine konturlose Farbe handelt. Diese ist markenfähig nach § 3 Abs 1 MarkenG und durch die flächige Wiedergabe des entsprechenden und durch Angabe des Farbcodes genau definierten Farbtons auch graphisch darstellbar i.S. des § 8 Abs 1 MarkenG (vgl. BGH GRUR 2001,1154 "violettfarben"; EuGH GRUR 2003, 604 Libertel).
Die Anmelderin stützt ihr Eintragungsbegehren ausdrücklich auf Verkehrsdurchsetzung, so dass - worauf bereits die Markenstelle zutreffend hingewiesen hat - die Frage der Schutzfähigkeit des beanspruchten Farbzeichens von Hause aus nicht zu prüfen war. Eventuell bestehende Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr. 1 (Unterscheidungskraft) und Nr. 2 (Freihaltebedürfnis) MarkenG, die vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu abstrakten Farbmarken abgesehen von Ausnahmefällen regelmäßig zu bejahen sein werden, sind vorliegend durch das Vorbringen der Anmelderin und den dabei erbrachten Nachweis der Verkehrsdurchsetzung überwunden. Die eingeschränkte Sichtweise der Markenstelle bei der Beurteilung dieser Frage wird vom Senat nicht geteilt.
Bei der Prüfung, ob sich die als Marke beanspruchte Farbe im Verkehr zugunsten der Anmelderin durchgesetzt hat, ist von einer Gesamtschau aller Gesichtspunkte auszugehen, die zeigen können, daß die Marke Unterscheidungseignung erlangt hat. Dazu gehören einmal alle Maßnahmen der Anmelderin, ihre Marke auf dem Markt zur Geltung zu bringen, also der von der Marke gehaltene Marktanteil und die mit ihr erzielten Umsätze, die Intensität, die geographische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke usw. Sodann bedarf es auf der anderen Seite eines Nachweises, daß die Bemühungen der Anmelderin beim Verkehr Erfolg im Sinne eines Feedback gehabt haben. Die Maßnahmen müssen zumindest bei einem maßgeblichen Teil der beteiligten Verkehrskreise und Mitbewerber angekommen sein, was sich durch Erklärungen von Industrie- und Handelskammern wie auch im Wege demoskopischer Befragungen belegen läßt (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 - CHIEMSEE). Für die Bejahung der Durchsetzung in den beteiligten Verkehrskreisen bedarf es indes keiner zahlenmäßigen Festlegung auf Prozentsätze über die 50+1 % Grenze hinaus (vgl. schon BGH GRUR 1991, 609, 610 - SL; BGH BlPMZ 2001, 322 - REICH UND SCHOEN; Althammer/Ströbele, MarkenG, 7. Aufl. § 8 Rdn 499, 506) und insbesondere auch keiner Abhängigkeit zur Bedeutung eines möglichen bestehenden Freihaltebedürfnisses (EuGH aaO -Chiemsee).
Wird wie vorliegend die Verkehrsdurchsetzung bereits mit der Anmeldung geltend gemacht, hat der Anmelder zunächst deren Voraussetzungen nach Maßgabe der vorstehenden Kriterien schlüssig darzulegen und zu belegen. Diese Glaubhaftmachung erfordert mithin Angaben, aus denen sich ergibt, in welcher Form, für welche Waren, von wem, in welchem Gebiet und Umfang sowie seit wann die angemeldete Darstellung im Verkehr nach Art einer Marke eingesetzt worden ist. Hierfür geeignete Belege sind insbesondere Warenkataloge, Preislisten, Werbematerial sowie Angaben über Umsätze und Werbeaufwendungen; eine bedeutende Rolle können in diesem Stadium auch schon vom Anmelder in Auftrag gegebene Verkehrsbefragungen spielen.
Diesen Forderungen wird das Vorbringen der Anmelderin in allen Punkten gerecht. Die als Marke beanspruchte Farbe wird von der Anmelderin seit 1962 in Verbindung mit der Wortmarke WHISKAS für Katzenfutter als Hintergrundfarbe der Warenverpackung eingesetzt. Allerdings ist zu beachten, daß der bloße Verkauf von Waren unter Verwendung einer farbigen Verpackung, zumal wenn dies den Gepflogenheiten auf dem beanspruchten Warengebiet entspricht, in der Regel nicht ohne weiteres als langjährige markenmäßige Benutzung im vorgenannten Sinne anerkannt werden kann, da der Verkehr allein in diesem Umstand noch keine Hinweisfunktion sieht. Vielmehr muß der Anbieter auf die Besonderheit der Farbgestaltung als Kennzeichnungsmittel in geeigneter Weise immer wieder hinweisen und aufmerksam machen, wie das vorliegend durch entsprechende Produktwerbung, Aufmachung oder Marktverhalten geschehen ist und was - wie die Ergebnisse der Verkehrsbefragung zeigen - auch zu der gewünschten Gewöhnung beim Verkehr geführt hat. Des weiteren hat die Anmelderin hinreichend dargetan, dass mit der beanspruchten Farbe als Erkennungsmerkmal bundesweit beträchtliche Umsätze erzielt worden sind, die sich in den vergangen 10 Jahren auf jeweils ...beträge belaufen haben. Dementsprechend groß ist der Marktanteil der Anmelderin, der sich bei Tierfutter allgemein bereits bei ca. 10 % bewegt, bei Katzenfutter aber deutlich höher ist, so dass davon ausgegangen werden kann, dass es sich bei der Anmelderin um den Marktführer in diesem Segment handelt.
Dass die Bemühungen der Anmelderin, die von ihr beanspruchte Farbe als Kennzeichnungsmittel für sich dem Verkehr nahe zu bringen, erfolgreich verlaufen sind, zeigt die von der Anmelderin in Auftrag gegebene Verkehrsbefragung, die von der Fa. GFK Marktforschung im Januar 1999, also noch vor dem Anmeldezeitpunkt, nach anerkannten und nicht zu beanstandenden demoskopischen Grundsätzen durchgeführt worden ist. Wie auch die Markenstelle zutreffend erkannt hat, muß im Ergebnis davon ausgegangen werden, dass 62,2 % der befragten Katzenhalter und 66,3 % der befragten Käufer von Katzenfutter die vorliegend beanspruchte Farbe mit der Anmelderin verbinden. Dieser Zuordnungsgrad ist entgegen der Auffassung der Markenstelle vorliegend für die Entstehung einer durchgesetzten Marke ausreichend. Zwar ist bei Farbzeichen zu berücksichtigen, dass die Allgemeinheit angesichts der geringen Zahl der tatsächlich verfügbaren Farben ein erhöhtes Interesse daran hat, dass der Bestand an verfügbaren Farben nicht mit wenigen Markenrechten erschöpft wird, so dass ein derart weites Monopol mit dem System eines unverfälschten Wettbewerbs unvereinbar wäre (vgl. EuGH aaO Tz. 54). Für die Anerkennung einer Benutzungsmarke i.S. von § 8 Abs 3 MarkenG an einem Zeichen, das in einer Farbe ohne räumliche Begrenzung besteht, ist deshalb grundsätzlich ein höherer Grad an Verkehrsgeltung zu fordern, als bei normal kennzeichnungskräftigen Zeichen, bei denen kein besonderes Freihalteinteresse gegeben ist (vgl. BGH I ZR 23/01 v. 4.9.03 "Farbmarkenverletzung I" - noch nicht veröff.; ebenso schon BPatGE 42, 51, 56). Das bedeutet aber nicht, wie die Markenstelle angenommen hat, dass nunmehr Durchsetzungsgrade erreicht werden müssen, die letztlich auf eine marktbeherrschende Monopolstellung hinauslaufen, sondern es genügt unter Zugrundelegung des konkreten Freihaltungsinteresses eine Zuordnung, die dem Schutzbegehren an der konkreten Farbgestaltung (s. BGH GRUR 2001, 1154 - Farbmarke violettfarben) und deren Verwendung auf dem beanspruchten Warengebiet gerecht wird. Da nach den vom Senat schon im Vorverfahren 28 W (pat) 108/96 getroffenen Feststellungen auf dem vorliegenden Warengebiet lediglich die Verwendung der Farbe violett, nicht aber des von der Anmelderin konkret beanspruchten Farbtons nachgewiesen werden kann, ist unter diesen besonderen Umständen der Grad der Verkehrsgeltung mit über 60% für den Nachweis der Verkehrsdurchsetzung ausreichend.
Im Ergebnis hatte die Beschwerde damit Erfolg, so dass die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben waren.
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BPatG:
Beschluss v. 17.12.2003
Az: 28 W (pat) 232/03
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