Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 22. Juli 2002
Aktenzeichen: 17 W 175 + 176/02

(OLG Köln: Beschluss v. 22.07.2002, Az.: 17 W 175 + 176/02)

Tenor

I.

Die als Einspruch bezeichnete sofortige Beschwerde des Klägers vom 25. Juni 2001 gegen den unter der Ordnungsnummer I ergangenen Beschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Köln vom 04. Juni 2001 - 21 0 407/99 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Streitwert des Verfahrens über die vorbezeichnete sofortige Beschwerde:

1.931,02 DM = 987,31 EUR.

II.

Die als Einspruch bezeichnete sofortige Beschwerde des Klägers vom 25. Juni 2001 gegen den mit der Ordnungs-Nr. II versehenen Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Köln vom 05. Juni 2001 - 21 0 407/99 - wird zurückgewiesen, soweit die Rechtspflegerin dem Rechtsmittel nicht bereits durch

Beschluss vom 23. Mai 2002 abgeholfen hat.

Die nach einem Streitwert von 298,46 DM = 152,60 EUR angefallene Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Von den sonstigen Kosten dieses Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger 1/4 und die Beklagten zu 1) und 2) je 3/8.

Streitwert des Beschwerdeverfahrens: 1.171,46 DM = 598,96 EUR.

Gründe

I.

Mit der Beschwerde gegen den unter der Ordnungsnummer I ergangenen Beschluss vom 05. Juni 2001 wendet der Kläger sich dagegen, dass sein Gesuch auf Rückfestsetzung der Kosten, die er aufgrund des - infolge der Abänderung der Kostengrundentscheidung im Urteil des Landgerichts vom 03. November 2000 durch das Berufungsgericht - wirkungslos gewordenen Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 07. Januar 2001 an die Beklagten zu 1) und 2) gezahlt hat, zurückgewiesen worden ist. Das Rechtsmittel ist gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V. mit § 11 Abs. 1 RpflG statthaft und begegnet auch im übrigen keinen verfahrensrechtlichen Bedenken, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Senat hat von jeher die Auffassung vertreten (vgl. nur den in JurBüro 1988, 494 ff. veröffentlichten Beschluss vom 11. Mai 1987 - 17 W 160/87 -; ferner die Beschlüsse vom 15. Juli 1991 - 17 W 446/90 und vom 23. September 1998 - 17 W 264 und 328/98 -), dass die Rückforderung der auf einen später weggefallenen Kostentitel geleisteten Zahlungen nicht zum Gegenstand einer isolierten Kostenfestsetzung nach den §§ 103 ff. ZPO gemacht werden kann. Bei dem Rückerstattungsanspruch der zunächst unterlegenen Partei handelt es sich um eine nicht titulierte, materiell rechtliche Forderung. Gegenstand der prozessualen Kostenfestsetzung unter den Parteien kann aber nur der Anspruch auf Einstellung von Prozesskosten sein, der "aufgrund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels" geltend gemacht wird (§ 103 Abs. 1 ZPO). Die von der herrschenden Gegenmeinung angeführten prozessökonomischen Gesichtspunkte können zwar ausnahmsweise die Berücksichtigung materiellrechtlicher Einwendungen rechtfertigen, wenn und soweit darüber kein Streit besteht; sie helfen jedoch nicht über das Fehlen eines zur prozessualen Kostenfestsetzung geeigneten Titels hinweg (so auch - zutreffend differenzierend - OLG München, JurBüro 1982, 1402 = Rechtspfleger 1982, 308). Die Titulierung des Rückerstattungsanspruchs des Vollstreckungsschuldners kann nach den allgemeinen Grundsätzen nur aufgrund eines Inzidentantrags nach § 717 Abs. 2 Satz 2 ZPO oder in einem neuen Rechtsstreit erfolgen. Die entsprechende Anwendung des § 717 Abs. 2 ZPO im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens verbietet sich aus den vom Senat im Beschluss vom 23. Januar 1976 -17 W 2/76 -, JurBüro 1976, 819 = Rpfl 1976, 220, im einzelnen dargelegten Gründen; sie würde im übrigen die Gefahr einer Nichtigkeit der auf eine solche Analogie gestützten Rückfestsetzung heraufbeschwören (vgl. BAG NJW 1963, 1027: "eine Entscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren ist nichtig, wenn es an einem Titel fehlt, der dem Grunde nach über die Prozesskosten entschieden hat"; OLG München, a.a.O.: "weil dem Rechtspfleger nicht die Entscheidung über Schadensersatzansprüche übertragen ist, mit der Folge, dass seine Entscheidung gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 RpflG unwirksam ist"). Anders als im vereinfachten Verfahren des § 19 BRAGO, wo das Gesetz dem Rechtspfleger die Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts gegen den Auftraggeber aus einem gerichtlichen Verfahren ohne eine Kostengrundentscheidung zugewiesen hat (soweit keine außergebührenrechtlichen Einwendungen erhoben werden), setzt das prozessuale Kostenfestsetzungsverfahren stets einen Kostengrundtitel voraus. Diese klare Gesetzeslage kann nicht aus einem vermeintlich praktischem Bedürfnis nach möglichst einfacher "Rückfestsetzung" umgangen werden.

Der Senat hat auf Anfrage mitgeteilt, dass er an seiner bisherigen Praxis festhalten wolle. Da die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Rückfestsetzung zulässig ist, in der Rechtsprechung nach wie vor umstritten ist (vgl. dazu Zöller-Hergeth, ZPO, 23. Aufl., §§ 103, 104, Rdnr. 21, Stichwort: "Rückfestsetzung" und die dortigen Nachweise), ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 i.V. mit Abs. 1 Nr. 2 ZPO n.F. die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich erscheint.

II.

Auch die Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss mit der Ordnungsnummer II ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, hat aber in dem nach teilweiser Abhilfe des Rechtsmittels noch zur Entscheidung stehenden Umfange keinen Erfolg. Die dem Kläger durch die Inanspruchnahme seines erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten als Verkehrsanwalt im Berufungsrechtszug entstandenen Kosten sind nicht über die im Wege der Teilabhilfe gegen die Beklagten zu 1) und 2) festgesetzten 873,00 DM = 464,36 EUR hinaus erstattungsfähig.

Der Rechtspflegerin ist darin zuzustimmen, dass es der Mitwirkung des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers als Korrespondenzanwalt im zweiten Rechtszug nicht bedurfte. Nach der in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung des Senats kann die Zwischenschaltung des erstinstanzlichen Prozessanwalts als Verkehrsanwalt in der Rechtsmittelinstanz grundsätzlich nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden. Wegen der hierfür maßgebenden Erwägungen wird auf den bereits von der Rechtspflegerin angezogenen, in OLGR 2000, 33 veröffentlichten Beschluss des Senats vom 03. November 1999 - 17 W 201/99 - verwiesen. Das Vorbringen der Beschwerde rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Kläger hat weder hinreichend substantiiert dargetan, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass es ihm unmöglich oder unzumutbar war, seine Berufungsanwälte persönlich über den - weitgehend bereits aus den Gerichtsakten und den Handakten seines erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten ersichtlichen -Sach- und Streitstand zu informieren.

Im gegebenen Fall können deshalb die streitigen Verkehrsanwaltskosten nur insoweit den zu erstattenden Prozesskosten zugerechnet werden, als der Kläger durch die Zwischenschaltung seines Berliner Anwalts als Verkehrsanwalt im Berufungsrechtszug andere notwendige Kosten erspart hat. Diese Ersparnis hat die Rechtspflegerin auf der Grundlage einer sonst erforderlich gewordenen Informationsreise von Berlin nach Köln (und zurück) und unter Einbeziehung des dadurch angefallenen Zehraufwandes, der Kosten für eine Übernachtung in Köln und des durch eine Reise verursachten Einkommensausfalls sowie der mit ergänzenden schriftlichen und telefonischen Fühlungnahmen verbundenen Porto- und Telefonkosten mit insgesamt 873,00 DM nicht zu niedrig bemessen. Aus dem aktenkundigen Verlauf des Berufungsverfahrens lässt sich nichts für die Ansicht der Beschwerde herleiten, dass der Kläger für den alternativen Fall einer unmittelbaren Information seiner Berufungsanwälte zwei Informationsreisen nach Köln hätte unternehmen müssen; auch der Streitstoff als solcher rechtfertigt eine solche Annahme nicht. Die in den Schriftsätzen vom 20. März 2001 und vom 02. April 2001 verwerteten Informationen hätte der Kläger seinen zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten ohne weiteres auf dem Postwege oder fernmündlich übermitteln können.

Dafür, dass der Kläger durch die zweitinstanzliche Korrespondenztätigkeit seines erstinstanzlichen Prozessanwalts weitere, die bereits berücksichtigten 873,00 DM übersteigende Kosten erspart hat, sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Insbesondere zählen die Kosten einer prozessbezogenen Beratung nicht zu den vom Kläger durch die Einschaltung seines erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten als Verkehrsanwalt in zweiter Instanz ersparten Kosten, weil eine besondere Beratung des Klägers durch seinen örtlichen Vertrauensanwalt über die Aussichten der Berufung entbehrlich war. Es steht außer Frage, dass der Kläger nicht gewillt war, das seine Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) abweisende Urteil des Landgerichts hinzunehmen. Den Kläger darüber aufzuklären, wo, wann und wie er seinen mit der Klage geltend gemachten Anspruch im Rechtsmittelweg gegen die Beklagten zu 1) und 2) weiter verfolgen konnte und ihm einen beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt zu benennen, gehörte noch zu den nicht besonders zu vergütenden Aufgaben seines erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten. Soweit der Kläger zum Berufungsverfahren weitere Rat benötigt haben sollte, war der von ihm für das Berufungsverfahren zu bestellende, beim zweitinstanzlichen Prozessgericht postulationsfähige Rechtsanwalt auch der berufene Berater, diejenigen Fragen, die sich dem Kläger nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils gestellt haben mögen, auf der Grundlage des aktenkundigen erstinstanzlichen Tatsachenstoffs sowie notwendiger ergänzender Informationen unter den für ein Rechtsmittelverfahren maßgeblichen Gesichtspunkten selbständig und unvoreingenommen zu beurteilen. Der Kläger hätte sich deshalb wegen einer ihm etwa erforderlich erscheinenden Beratung in der Sache sogleich an seine zweitinstanzlichen Prozessanwälte wenden können und unter Erstattungsgesichtspunkten auch wenden müssen. Es muss mithin bei dem angefochtenen Beschluss mit der Ordnungsnummer II und den diesen ergänzenden, im Abhilfeverfahren unter dem 23. Mai 2002 ergangenen Beschluss der Rechtspflegerin verbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.






OLG Köln:
Beschluss v. 22.07.2002
Az: 17 W 175 + 176/02


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