Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Januar 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 43/05

(BPatG: Beschluss v. 10.01.2006, Az.: 27 W (pat) 43/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 10. Oktober 2001 erfolgte Eintragung der Wort-Bildmarke 301 10 501 Grafik der Marke 30110501.4 für "Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser; Lederwaren, soweit in Klasse 18 enthalten; Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen"

hat neben anderen Widersprechenden die Inhaberin der seit dem 13. September 2000 eingetragenen IR-Wortmarke 746 194 HAI, die eingetragen ist u. a. für die Waren:

12 Vehicules, appareils de locomotion par terre, par air et par eau; vehicules frigorifiques; vehicules aeroglisseurs, parties de vehicules, parties d'appareils de locomotion par terre, par air et par eau; parties de vehicules aeroglisseurs; bicyclettes et leurs pices detachees non comprises dans d'autres classes, notamment portebagages, sonnettes, filets, moteurs, pompes, cadenas, housses de selles, appuis; housses de selles pour motos; chariots pour le golf et voitures d'enfants; parties de vehicules, notamment pneumatiques, siges et housses de siges, accouplements pour remorques, portebagages, porteskis, bavettes de gardeboue, cha”nes à neige, visires contre le vent, appuiette, ceintures de securite, siges de securite pour enfants, avertisseurs sonores, volants, jantes de roues de vehicules, amortisseurs de vehicules; moteurs pour vehicules terrestres.

Vehicles, apparatus for locomotion by land, air and water; refrigerated vehicles; hovercraft, vehicle parts, parts of apparatus for locomotion by land, air and water; hovercraft parts; bicycles and spare parts thereof not included in other classes, especially luggage carriers, bells, nets, engines and motors, pumps, padlocks, saddle covers, supports; saddle covers for motorbikes; golf carts and baby strollers; vehicle parts, especially tires, seats and seat covers, couplings for trailers, luggage carriers, ski carriers, mud flaps, snow chains, visors for wind protection, headrests, safety belts, safety seats for children, horns, steering wheels, vehicle wheel rims, shock absorbers for vehicles; engines for land vehicles.

18 Cuir et imitations du cuir ainsi que produits en ces matires non compris dans d'autres classes, notamment sacs et autres recipients non adaptes à leur contenu, ainsi que petits articles en cuir, notamment portemonnaie, portefeuilles, etuis pour cles, sacs à main, serviettes, sacs à provisions, serviettes d'ecoliers, sacoches, sacs à dos; bandoulires (courroies d'epaules); peaux d'animaux, valises et malles; trousses de voyage (maroquinerie); parapluies, parasols et cannes, fouets, harnachements et sellerie.

Leather and imitation leather and goods made of these materials and not included in other classes, especially bags and other containers not adapted to their contents, as well as small leather items, especially purses, wallets, key cases, handbags, briefcases, shopping bags, school bags, satchels, rucksacks; shoulder straps; animal skins, pelts and hides, suitcases and trunks; traveling sets (leather goods); umbrellas, parasols and walking sticks, whips, harnesses and saddlery.

25 Vtements, chaussures, chapellerie, vtements de sport, chaussures de sport, chaussures de football et crampons pour cellesci, antiderapants pour chaussures, articles de corsetterie, couches en matires textiles.

Clothing, footwear, headgear, sportswear, sports shoes, football boots and studs therefor, nonslipping devices for boots and shoes, corsetry articles, textile diapers.

Widerspruch eingelegt.

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss einer Angestellten im höheren Dienst vom 15. Dezember 2004, zugestellt am 31. Januar 2005, die jüngere Marke aufgrund eines anderen Widerspruchs teilweise im Register gelöscht, nämlich für die Waren "Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser", den weiter gehenden Widerspruch aus der IR-Marke 746 194 "HAI" dagegen zurückgewiesen, weil die Marken nicht verwechselbar im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG seien. Selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe hielten die Marken einen hinreichend großen Abstand ein. In ihrer Gesamtheit unterschieden sich die beiden zu vergleichenden Marken deutlich voneinander im Schriftbild wie im Klang. Allein aufgrund der Tatsache, dass in beiden Marken die Buchstabenfolge "HAI" enthalten sei, sei eine Verwechslungsgefahr nicht anzunehmen. Diesen übereinstimmenden Bestandteilen komme keine selbstständig kennzeichnende Bedeutung zu, die auch nur eine gedankliche Verbindung im Sinne eines Hinweises auf den Inhaber der älteren Marke zulasse.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden vom 22. Februar 2005 - eingegangen am 23. Februar 2005 -, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle und die Löschung der jüngeren Marke für die noch angegriffenen Waren begehrt.

Sie ist der Ansicht, die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht und unter diesem Gesichtspunkt verwechselt werden könnten, könne nicht mit der gebotenen Sicherheit ausgeschlossen werden. Der Bestandteil "WAY" der jüngeren Marke verliere allein schon wegen der aggressiven Darstellung des beißwütigen Haifischs völlig an Bedeutung und könne für den Gesamteindruck der Marke vernachlässigt werden. Die angegriffene Marke werde aufgrund des Bildelements des aggressiven Haifischs allein durch das Wort "HAI" geprägt.

Der Inhaber der jüngeren Marke hat sich zu dem Vorbringen der Widersprechenden nicht geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil eine Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i. S. d. §§ 42, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht besteht.

Die Frage der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls anhand des Grades der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd). Aufgrund der Wechselbeziehung dieser gegeneinander abzuwägenden Faktoren kann bei einem hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken und gesteigerter Kennzeichnungskraft der älteren Marke schon ein geringfügiger Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreichen und umgekehrt (vgl. BGH GRUR 2004, 235, 237 - Davidoff II; GRUR 2004, 239 - DON-LINE, jew. m. zahlr. w. N.). Dabei ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen (st. Rspr., vgl. z. B. EuGH a. a. O. - Lloyd), dessen Aufmerksamkeit je nach der Art der betreffenden Waren unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHƒ/TISSERAND).

Im vorliegenden Fall ist mangels anderer Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Zwischen den im vorliegenden Fall zu betrachtenden beanspruchten Waren besteht Identität bis Ähnlichkeit, so dass es eines erheblichen Unterschieds zwischen den Marken bedarf, um eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr sicher auszuschließen (vgl. BGH, GRUR 1999, 990, 991 - Schlüssel). Dieser Unterschied ist vorliegend gegeben.

Was die Ähnlichkeit der Marken und die daraus zu ziehenden Folgerungen angeht, so vermag der Senat der Ansicht der Widersprechenden nicht zu folgen. Von ihrem jeweiligen Gesamteindruck, auf den bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr unabhängig vom Prioritätsalter der einander gegenüberstehenden Zeichen grundsätzlich abzustellen ist (st. Rspr., vgl. EuGH GRUR 1998, 397 - Sabl/Puma; BGH GRUR 2002, 167, 169 - Bit/Bud; GRUR 2002, 1067, 1069 - DKV/OKV), unterscheiden sich die Marken infolge der unterschiedlichen Wortbildung sowohl in schriftbildlicher als auch in klanglicher Hinsicht deutlich.

Beide Zeichen enthalten die Buchstabenfolge "HAI", zu der aber in der jüngeren Marke die Buchstabenfolge "WAY" tritt. In ihrer Gesamtheit überwiegen die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Zeichen damit klanglich wie schriftbildlich nicht. Die bildliche Darstellung bildet ein zusätzliches Unterscheidungsmerkmal, das eine unmittelbare Verwechslung ausschließt.

Der Senat sieht auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass bei der jüngeren Marke allein aufgrund der bildlichen Darstellung der "aggressive Raubfisch" derart in den Vordergrund treten könnte, dass das Wortelement "HAIWAY", das in seiner klanglichen Wiedergabe dem auch im Inland weitesten Verbraucherkreisen geläufigen Begriff "Highway" entspricht, ungeachtet dieser zwanglos nahe liegenden Bedeutung vernachlässigt und nur noch als Bezugnahme auf "HAI" und damit letztlich als Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke "HAI" angesehen würde.

Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens war kein Anhaltspunkt ersichtlich, von der Regel des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG abzuweichen.






BPatG:
Beschluss v. 10.01.2006
Az: 27 W (pat) 43/05


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