Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Januar 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 291/02
(BPatG: Beschluss v. 22.01.2004, Az.: 25 W (pat) 291/02)
Tenor
Dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts wird anheim gegeben, dem Beschwerdeverfahren beizutreten.
Gründe
I.
Mit Schreiben vom 15. Mai 2002 beantragten die Inhaber der am 29. September 1998 eingetragenen Bild-Marke 398 24 711 B..., S..., W..., K..., L..., F..., D... und P...
die Umschreibung ihrer Marke auf die B1... GbR, C...straße in B...
Der Umschreibungsantrag wurde mit Beschluß der Markenabteilung 9.1. vom 26. August 2002 durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes zurückgewiesen.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass nach der neuen BGH-Rechtsprechung (NJW 2001, 1056) grundsätzlich auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im folgenden: GbR) als Inhaberin einer Marke gemäß § 7 Abs 3 MarkenG in Betracht kommen könne. An der Wirksamkeit der materiellrechtlichen Übertragung der Marke 398 24 711 auf die B... GbR bestünden auch keine Zweifel. Der Antrag könne jedoch aus formellen Gründen keinen Erfolg haben, denn zu den Mindestanforderungen für eine Markenanmeldung gehörten Angaben zur Feststellung der Identität des Anmelders nach § 32 Abs 2 Nr 1 MarkenG in Verbindung mit § 31 MarkenVO. Für eine Umschreibung auf den oder die neuen Inhaber einer Marke könne nichts anderes gelten, da § 31 Abs 2 Nr 2, § 5 Abs 3 S 2, Abs 1 Nrn 1 und 3 MarkenV im Falle einer GbR Angaben zu allen Gesellschaftern verlangten. Bei Anwaltskanzleien sehe das Deutsche Patent- und Markenamt die Benennung der Sozii und die Angabe der gemeinsamen Kanzleianschrift als ausreichend an. Es bestehe kein Anlaß, auf dieses Formerfordernis zu verzichten, zumal die GbR in kein dem Handelsregister entsprechendes Register eingetragen werde. Auch der BGH habe diesen Aspekt nicht außer Acht gelassen, diesen für die Frage der Parteifähigkeit aber als nicht so schwerwiegend angesehen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller vom 30. September 2002 mit dem Antrag, den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. August 2002 aufzuheben und im Markenregister einen Rechtsübergang der Marke 398 24 711 auf die B1... GbR, C...straße in B... einzutragen;
hilfsweise, den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 26. August 2002 aufzuheben und einen Rechtsübergang auf die B1... GbR, C...straße in B..., ver- treten durch die Gesellschafter B..., S..., W..., L..., D..., P..., B2..., G... und R... einzutragen.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass wegen der BGH-Entscheidung vom 29. Januar 2001 (GRUR 2001, 1056) von der Rechtsfähigkeit der GbR auszugehen sei. Insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen wären die Gesellschafter bei Gesellschafterwechsel gezwungen, jedes Mal neue Verträge abzuschließen. Ein entsprechendes Bedürfnis bestehe auch bei der Inhaberschaft an einer Marke. Da die Marke in Ausübung der GbR und nicht von den einzelnen Gesellschaftern verwendet werde, entstünde auch keine Rechtsunsicherheit. Die Entscheidung des BGH vom 18. Februar 2002 (NJW 2002, 1207) stehe dem nicht entgegen. Zwar habe dort der BGH seine Rechtsauffassung dahingehend eingeschränkt, dass die Rechtsfähigkeit der GbR durch besondere Rechtsvorschriften oder die Eigenart des zu beurteilenden Rechtsverhältnisses beschränkt sein könne. Dies spiele im Zusammenhang mit der Eintragungsfähigkeit einer Marke zugunsten einer GbR aber keine Rolle. Markenrechtliche Besonderheiten seien insoweit nicht erkennbar. Die "Ballermann"-Entscheidung sei durch die genannten anderen beiden BGH-Entscheidungen überholt. Die nach § 7 MarkenG erforderliche Rechtsfähigkeit habe der BGH der GbR zuerkannt. Auf die ursprüngliche Begründung zu § 7 MarkenG könne daher nicht mehr zurückgegriffen werden.
II.
Da die vom Senat zu treffende Entscheidung grundsätzliche Bedeutung für eine Vielzahl von Fällen haben wird und gegebenenfalls auch eine Änderung der MarkenV erforderlich werden könnte, wird dem Präsidenten der Deutschen Patent- und Markenamts Gelegenheit gegeben, dem Verfahren gemäß § 68 Abs 2 MarkenG beizutreten.
1. Die vorliegende Frage, ob eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Inhaberin von Markenrechten sein kann, ist vom BGH noch in der "Ballermann"-Entscheidung vom 24. Februar 2000 (GRUR 2000, 1028) unter Berufung auf § 7 MarkenG und die amtliche Begründung (BlPMZ Sonderheft "Das neue Markengesetz" 1994, S 63) verneint worden.
Nach der BGH-Entscheidung vom 29. Januar 2001 (NJW 2001, 1056) besitzt die (Außen-)GbR nunmehr Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet. Die GbR könnte demnach also auch Inhaberin einer registrierten Marke sein.
2. Nach Auffassung des Senats stehen die genannten Entscheidungen nicht in Widerspruch zum Wortlaut des § 7 Nr 3 MarkenG und somit der Anwendung auf eine Außen-Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht entgegen. Zwar zählte die GbR nach allgemeiner Meinung zu den Personengesellschaften, denen die Fähigkeit, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 7, Rdnr 9, 10), bislang nicht zuerkannt worden ist. Dies entsprach auch der amtlichen Begründung des Markengesetzes, wonach die Markenrechtsfähigkeit nur den einzelnen Gesellschaftern als natürliche Personen zugesprochen werden sollte (vgl BlPMZ Sonderheft "Das neue Markengesetz" 1994, S 63). Die BGH-Rechtsprechung führt jedoch dazu, dass nunmehr zumindest auch der Außen-GbR diese Fähigkeit zuerkannt werden könnte.
In der markenrechtlichen Literatur wurde die BGH-Rechtsprechung eher begrüßt (so Eckey/Klippel, MarkenG, 2003, § 7, Rdnr 3; Fezer, MarkenG, 3. Aufl 2001, § 7, Rdnr 34 ff und in: Festschrift für Peter Ulmer, De Gruyter Recht Berlin, 2003, 119; Starck MarkenR 2001, 89 ohne weitere Begründung; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl 2003, § 7, Rdnr 12 ff). Im Kommentar von Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl 2003, § 7, Rdnr 8 wird aber mit Hinweis darauf, dass die geänderte Rechtsprechung auf die Außen-GbR bezogen sei und § 5 Abs 3 Satz 2 MarkenV Angaben zu sämtlichen Gesellschaftern erfordere, die Ansicht vertreten, im Registerverfahren sei die GbR weiterhin im wesentlichen als Anmelder- bzw Inhabergemeinschaft zu behandeln.
3. Die Frage der Markenrechtsfähigkeit der Außen-GbR ist von der Frage zu trennen, in welcher Form die GbR in das Markenregister eingetragen werden kann.
a. In den Entscheidungen vom 16. Juli 2001 (NJW 2001, 3121) und vom 28. Februar 2002 (NJW 2002, 1207) ist der BGH auf die im Zusammenhang mit den Vorgaben einer Registrierung vorgebrachten Bedenken eingegangen und hat klargestellt, dass wegen der besonderen Funktionen und Anforderungen des Handelsregisters oder des Grundbuchs die GbR nicht uneingeschränkt registerfähig sei, ohne dabei aber seine Grundsatzentscheidung in Frage zu stellen. Er hat vielmehr hervorgehoben, dass die fehlende Registerpublizität der GbR eine Mitteilungspflicht über die Vertretungsverhältnisse im Sinne von § 714 BGB und über den jeweiligen Gesellschafterbestand erfordere.
b. Im Hinblick auf die für den Bereich des Grundbuchrechts vorgetragenen Bedenken (vgl BayObLG 2. Senat NJW 2003, 70; Nagel NJW 2002, 1646; Wertenbruch NJW 2002, 324; Heil NJW 2002, 2158) wurde insoweit vorgeschlagen (vgl Dümig RPfl 2002, 53), die fehlende Registerpublizität durch Vorlage von Nachweisen nach § 29 GBO zu ersetzen, was bedeutet, Gesellschaftervertrag, Gesellschaftsvertrag und Vertreterliste vorlegen zu lassen.
c. Der Senat sieht derzeit keine durchgreifenden Argumente, die für den Bereich des Markenrechts wegen der Funktion des Markenregisters und der Sicherheit des Rechtsverkehrs die Registerfähigkeit der GbR - anders als im Falle des Handelsregisters oder des Grundbuchs - in Frage stellen könnten.
aa. Daß die GbR nicht in ein dem Grundbuch oder dem Handelregister entsprechendes Register eingetragen wird, stellt nach Auffassung des BGH in seiner Entscheidung vom 29. Januar 2001 (NJW 2001, 1056) kein Hindernis dar. Die Probleme, die sich bei der Ermittlung ergeben könnten, ob eine Personenmehrheit als Außen-GbR organisiert sei, seien nicht derart schwerwiegend, dass die Rechtsfähigkeit der GbR zu verneinen sei. Im Aktivprozeß hält der BGH es für zumutbar, die Gesellschaft eindeutig identifizierbar zu beschreiben, zB durch Bezeichnung der Gesellschafter, der Vertreter der Gesellschafter und der Bezeichnung, unter der die GbR im Verkehr auftritt. Im Passivprozeß sollten neben der GbR wegen der persönlichen Haftung zugleich auch die Gesellschafter verklagt werden, insbesondere wenn nicht klar sei, ob eine Außen-GbR vorliege. Soweit dies zu verneinen wäre, würde die Klage lediglich insoweit, nicht aber gegen die Gesellschafter abgewiesen. Wenn sich in der Zwangsvollstreckung herausstelle, dass kein Gesellschaftsvermögen vorhanden sei, blieben somit noch die Titel gegen die Gesellschafter.
bb. Anders als das Markenregister schützen das Grundbuch bzw das Handelsregister den öffentlichen Glauben im Sinne des § 892 BGB bzw § 15 HGB, wohingegen die Inhaberschaft an einer Marke gemäß § 28 Abs 1 MarkenG lediglich vermutet wird. Diese Vermutung ist jedoch widerlegbar; die Eintragung wirkt anders als im Grundbuchverfahren oder auch im handelsregisterlichen Verfahren nicht konstitutiv, sondern hat - nur - verfahrensrechtliche Bedeutung (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 27, Rdnr 72 ff zur GMV; § 28, Rdnr 7 ff), weil sie die Identifizierbarkeit der Markeninhaberin und die Kontaktaufnahme erleichtern soll. Soweit also Änderungen im Bestand der Gesellschafter eintreten, dem Deutschen Patent- und Markenamt aber nicht mitgeteilt werden, entspricht die Auflistung der Gesellschafter im Markenregister nicht der tatsächlichen Situation. Die vom BGH hervorgehobene Verpflichtung, im Falle der GbR als Kommanditistin auch Angaben zu den Gesellschaftern in das Handelregister einzutragen und so den Gesellschafterbestand zu dokumentieren, ist in der Besonderheit des öffentlichen Glaubens des Handelregisters nach (§ 15 HGB) und der fehlenden Registerpublizität der GbR begründet. Insoweit betrifft die Entscheidung eine andere Sachlage, als sie das Markengesetz vorgibt. Zwar hatte der BGH in seiner og Entscheidung auch die Forderung nach Mitteilung von Änderungen im Gesellschafterbestand aufgestellt, weil dies Probleme im Zusammenhang mit Haftungsfragen zwar eingetragener, aber nicht gelöschter Gesellschafter gegenüber Gläubigern der GbR vermeiden helfe. Eine solche Konstellation steht im Falle von Markenrechten eher nicht im Vordergrund. Dies ergibt sich aus § 27 Abs 3 MarkenG in Verbindung mit § 31, § 46 MarkenV, denn danach wird eine Änderung der Rechtsinhaberschaft an einer Marke bzw des Namens des Rechtsinhabers nur auf Antrag eines Beteiligten in das Register eingetragen. Ein zwingendes Publizitätserfordernis besteht damit nicht. Im übrigen gilt die - widerlegbare - Vermutung des § 28 Abs 1 MarkenG.
Etwas anderes könnte für die Eintragung einer GbR in das Markenregister jedoch dann gelten, wenn sie entweder keinen eigenen Namen trägt oder als bloße Innengesellschaft auftritt, so dass in solchen Fällen das Formerfordernis nach § 7 Nr 3 MarkenG, § 5 Abs 3 Satz 2 MarkenV, Angaben zu allen Gesellschaftern zu verlangen, nach wie vor Geltung hätte.
4. Unabhängig von der geänderten Rechtslage und in Einklang mit der herangezogenen BGH-Rechtsprechung hält der Senat jedoch Angaben zu den Personen für erforderlich, die die GbR im Sinne des § 714 BGB nach außen vertreten. Dies hatte der BGH (NJW 2001, 1056) für die Bezeichnung der GbR im Aktivprozeß für notwendig und zumutbar angesehen. Die Fassung des von den Beschwerdeführern selbst gestellten Hilfsantrags könnte diesem Erfordernis entsprechen.
a. Liegt nämlich keine besondere Bevollmächtigung zugunsten eines oder mehrerer Gesellschafter vor, die im Wege eines Gesellschafterbeschlusses bevollmächtigt worden sind, die GbR nach außen allein oder gemeinsam zu vertreten, § 714 BGB, gelten alle Gesellschafter gemeinsam als vertretungsbefugt. Dies könnte sich im patentamtlichen Registerverfahren wegen der Notwendigkeit, den unter Umständen großen Bestand der GbR-Gesellschafter im einzelnen abzuklären, als umständlich und zeitaufwendig erweisen.
b. In Frage käme demgegenüber auch, einen (oder mehrere) der Gesellschafter nach den gesetzlichen Regeln durch Gesellschafterbeschluß als Vertreter zu bestimmen, der die GbR gemäß § 714 BGB nach außen vertritt und der in das Markenregister aufzunehmen wäre. Die Benennung eines sog. gewillkürten Vertreters reicht hierfür nicht aus.
Es besteht auf Grund der BGH-Entscheidungen kein erkennbarer Anlaß, auf diese Angaben zur organschaftlichen Vertretungsbefugnis zu verzichten, da sie ein Äquivalent zur Registerpublizität von Kapital- bzw Personengesellschaften darstellen und dem Deutschen Patent- und Markenamt auch im Falle einer GbR ermöglichen, den Markeninhaber relativ einfach zu identifizieren und mit ihm Verbindung aufzunehmen. Anders als bei handelsrechtlichen Personengesellschaften, bei denen die zur gesetzlichen Vertretung berechtigten Personen mit ihrer Funktion und mit Wohnort in das Handelsregister einzutragen sind, besteht für die GbR eine solche Verpflichtung nicht (für ein GbR-Register Karsten Schmidt NJW 2001, 953). Wer die GbR nach außen repräsentiert, wird also nicht deutlich. Dies wäre nach Auffassung des Senats mit den verbleibenden Mindestvoraussetzungen nicht in Einklang zu bringen.
Dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts wird daher Gelegenheit gegeben, dem Verfahren gemäß § 68 Abs 2 MarkenG beizutreten.
Vorsorglich wird bereits jetzt darauf hingewiesen, dass für den Fall einer Entscheidung im Sinne der Antragsteller wohl Anpassungen von Vorschriften der Markenverordnung erforderlich würden. Hiervon könnten zB § 5 Abs 3 Satz 2, § 31 und § 73 MarkenV betroffen sein.
Kliems Engels Sredl Pü
BPatG:
Beschluss v. 22.01.2004
Az: 25 W (pat) 291/02
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