Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. September 2006
Aktenzeichen: 7 W (pat) 21/04

(BPatG: Beschluss v. 27.09.2006, Az.: 7 W (pat) 21/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beschwerde der Einsprechenden ist gegen den Beschluss der Patentabteilung 12 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. März 2004 gerichtet, mit dem das am 26. November 1998 angemeldete und am 31. Mai 2001 veröffentlichte Patent 198 54 540 mit der Bezeichnung

"Druckhalteventil für Luftfederungssysteme und pneumatische Anlagen"

nach Prüfung des gegen das Patent erhobenen Einspruchs in vollem Umfang aufrechterhalten worden ist.

Die Einsprechende stützt ihre Beschwerde auf den im Einspruchsverfahren schon berücksichtigten Stand der Technik gemäß den Druckschriften DE 44 38 192 C2 und DE 195 27 937 A1. Sie vertritt in der mündlichen Verhandlung die Auffassung, dass der Gegenstand des angefochtenen Patents zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Sie stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin widerspricht der Einsprechenden in allen Punkten und stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:

"Druckhalteventil für Luftfederungssysteme und pneumatische Anlagen mit jeweils mindestens einem in einem Gehäuse angeordneten pumpenseitigen Zu- und verbraucherseitigen Ablauf,

- wobei innerhalb des Gehäuses die Zu- und Abläufe vor derselben Seite eines Ventilglieds enden,

- wobei das Ventilglied eine Membrane mit Sitzgliedfunktion ist und eine Ventilfeder unterhalb eines Haltedrucks die Membrane in Schließstellung hält,

- wobei die Membrane eine zentrale Bohrung aufweist und an ihrem äußeren und inneren Rand zwischen mindestens zwei Gehäuseteilen ortsfest fixiert ist,

- wobei ein Membranbereich zwischen den Rändern die Funktion eines Ventilsitzgegenstückes übernimmt, auf dessen Rückseite die Ventilfeder wirkt und - wobei die Membrane in der Gestalt gefertigt ist, die sie in der Offenstellung innerhalb des Ventils einnimmt."

Weitere Ausgestaltungen des Druckhalteventils nach Patentanspruch 1 sind in den erteilten Patentansprüchen 2 bis 6 angegeben.

Dem Patentgegenstand liegt die Aufgabe zugrunde, ein Ventilglied für ein Druckhalteventil zu entwickeln, das in Schließstellung eine einwandfreie Dichtfunktion gewährleistet, aus wenigen beweglichen Teilen besteht und wartungsfrei ist (Streitpatentschrift Sp. 1 Z. 42 bis 46).

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist sachlich jedoch nicht begründet.

Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG §§ 1 bis 5 dar.

Als hier zuständiger Fachmann ist ein mit der Entwicklung von pneumatisch betätigbaren Ventilen, insbesondere Druckhalteventilen für pneumatische Anlagen wie z. B. Luftfederungssysteme, befasster Maschinenbauingenieur anzusehen.

Die Erfindung betrifft ein Druckhalteventil für Luftfederungssysteme und pneumatische Anlagen. Kern der Erfindung ist die Verwendung einer Membrane als Ventilglied, deren Gestalt in Offenstellung des Ventils der Gestalt der Membrane im Herstellungszustand entspricht, wobei eine Ventilfeder unterhalb eines Haltedrucks die Membrane in Schließstellung hält. Da bei derartigen Ventilen die Offenstellung den Regelzustand darstellt (StrPS Sp. 1 Z. 26 - 27) tritt eine Verformung der Membrane nur während der selteneren Schließzeiten des Ventils ein. Entsprechend ist die Membrane während ihrer Betriebsdauer geringer belastet. Sie weist daher eine höhere Lebensdauer auf als Membranen von Ventilen des Standes der Technik, bei denen in Offenstellung bzw. auch in Offenstellung ein gedehnter Zustand vorliegt (StrPS Sp. 1 Z. 9 bis 32).

Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Streitpatent ist neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ein entsprechend dem Gegenstand des angefochtenen Patentanspruchs 1 mit einer flächigen, zumindest außenrandseitig zwischen Gehäuseteilen ortsfest eingespannten Membrane als Ventilglied ausgestattetes Druckhalteventil für eine Luftfederung, bei dem auch die Zu- und Abläufe - jedenfalls hinsichtlich ihrer Medienströme - auf einer Seite der Membrane enden, ist aus der DE 195 27 937 A1 bekannt. Die dort verwendete Membrane hat eine Mittelbohrung, somit einen inneren Rand, der aber abweichend vom Patentgegenstand nach Anspruch 1 nicht zwischen mindestens zwei Gehäuseteilen ortsfest fixiert ist (Merkmale des angefochtenen Anspruchs 1, 3. Spiegelstrich). Wie der einzigen Figur zu entnehmen ist, liegt die Membrane (Ventilplatte 10) um die Mittelbohrung herum nur einseitig an einem Gehäuseteil, hier dem Ventilgehäuse 6, an. Über eine irgendwie geartete gehäuseseitigen Befestigung des Randes dieser Mittelbohrung ist auch in der Beschreibung dieser Entgegenhaltung nichts ausgeführt.

Die Membran wird beim Einbau in das Ventil über eine ringförmige Schneide 24, die einen an einem Ventilkörper 8 ausgebildeten Ventilsitz darstellt, gespannt (Sp. 2 Z. 29 bis 32) und begrenzt gemeinsam mit dem Ventilkörper 8 einen Raum, in den Druckluft über eine Leitung 26 im Ventilgehäuse und eine Mittelbohrung 22 in der Membrane 10 einleitbar ist. Übersteigt der in diesen Raum eingeleitete Druck den Anlagedruck der Membrane an der Schneide - der Anlagedruck kennzeichnet den verbraucherseitigen Haltedruck des Ventils - hebt die Membrane unter offensichtlich weiterer Zunahme ihrer inneren Spannung und mehr oder weniger vollständigen Anlage an eine ringförmige Eindellung 32 im Ventilgehäuse von der Schneide ab, so dass die Druckluft über die Dichtkante 24 der Schneide hinweg und eine Bohrung 30 im Ventilkörper 8 zum Verbraucher, hier einem Luftfederraum, gelangt (Sp. 2 Z. 55 bis 60). Die Membrane des bekannten Ventils kann demnach ganz offensichtlich in Offenstellung des Ventils nicht die Gestalt aufweisen, die sie nach ihrer Fertigung hat, wie das gemäß Patentanspruch 1 nach Streitpatent gefordert ist (Merkmale gemäß letztem Spiegelstrich).

Entgegen der Auffassung der Einsprechenden lässt sich diese Maßnahme ohne Kenntnis der Erfindung in rückschauender Betrachtung nicht in naheliegender Weise aus dem Offenbarungsgehalt der DE 195 27 937 A1 in Verbindung mit routinemäßigen fachmännischen Überlegungen herleiten. Zwar kann beim bekannten Ventil auf der Rückseite der Membrane eine Druckfeder (34) angeordnet werden, die die Membrane in Schließrichtung drückt, um beim Auftreten eines zu hohen Druckverformungsrests im elastomeren Material der Membrane (Sp. 2 Z. 46 bis 54), also bei unvollständiger Rückdehnungsfähigkeit der Membrane, die Schließfunktion des Ventils bei Unterschreitung des Haltedrucks nicht zu gefährden. Da hierbei nicht zwingend folgt, dass bei Öffnung des Ventils eine Dehnung der Membrane gänzlich unterbleibt, und selbst im Falle einer vollständigen Materialermüdung der Membrane weitergehende, nicht auf der Hand liegende Überlegungen des Fachmannes erforderlich sind, um die Maßnahme nach dem letzten Merkmal des Patentanspruchs 1 aufzufinden, beruht die Lehre des Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nach der DE 195 27 937 A1 auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Die Gegenstände der übrigen im Einspruchsverfahren berücksichtigten Entgegenhaltungen zeigen einen weiter vom Patentgegenstand abliegenden Stand der Technik.

Die in der Streitpatentschrift bereits gewürdigte DE 44 38 192 C2 beschreibt ein Druckhalteventil für ein Luftfederungssystem, hier ein Luftfederbein, bei dem innerhalb des Gehäuses die Zu- und Abläufe (9, 7 bzw. 8, 6) für das pneumatische Medium vor derselben Seite eines Ventilglieds, hier eines Elastomerschlauchs 4, enden (Fig. 1 u. 2 und zugehörige Beschreibungsteile). Der Schlauch des bekannten Ventils umschließt einen zylindrischen Körper 3 unter einer Vor- bzw. Eigenspannung, die ausreicht, um unterhalb eines vorgegebenen Mindest- oder Haltedruckes ein Überströmen von der Zu- zur Ablauföffnung zu verhindern. Steigt in einer der Zu- oder Abläufe der Druck über diesen Mindestdruck an, hebt der elastische Schlauch unter Dehnung radial von der Zylindermantelfläche ab und gibt die Strömungsverbindung zwischen Zu- und Abläufen frei (Sp. 2 Z. 19 bis 34). Da hier schon keine im Wesentlichen flächige, am Innenrand und Außenrand eingespannte Membran vorhanden ist und die Schlauchmembrane sowohl in Öffnungs- wie in Schließstellung des Druckhalteventils gespannt ist, kann diese Entgegenhaltung keine näher zur Lehre des angefochtenen Patentanspruchs 1 führenden Hinweise geben.

Die weiteren Entgegenhaltungen haben in der mündlichen Verhandlung keine Rolle mehr gespielt.

Der Patentanspruch 1 ist somit rechtsbeständig und mit ihm die auf ihn rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 6 nach Streitpatent.






BPatG:
Beschluss v. 27.09.2006
Az: 7 W (pat) 21/04


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