Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Mai 2005
Aktenzeichen: 11 W (pat) 18/03

(BPatG: Beschluss v. 23.05.2005, Az.: 11 W (pat) 18/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1. Die Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Verschraubungswerkzeug mit formschlüssigem Adapter" ist am 23. Juli 1999 beim Deutschen Patentamt angemeldet und am 1. Februar 2001 offengelegt worden. Die Prüfungsstelle für Klasse B 25 B des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 10. Dezember 2002 aus den Gründen des Bescheids vom 15. April 2002 zurückgewiesen, wonach der Gegenstand des Patentanspruchs 1 vom 2. Juni 2000 im Hinblick auf die US 4 287 795 (1) nicht neu sei. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Von der ordnungsgemäß geladenen, aber, wie im Schriftsatz vom 18. Mai 2005 angekündigt, zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Anmelderin liegen die Anträge vor, den Beschluss Prüfungsstelle für Klasse B 25 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Dezember 2002 aufzuheben und das Patent gemäß Hauptantrag vom 9. März 2005, eingegangen am 10. März 2005, mit den Patentansprüchen 1 bis 3 (Bl. 40 GA) und der Beschreibungseinleitung Seiten 1 bis 6 (Bl. 41 bis 46 GA), sowie mit den Figuren 1 und 2 der ursprünglich eingereichten Zeichnungen zu erteilen, hilfsweise, das Patent gemäß Hilfsantrag vom 31. Dezember 2004, eingegangen am 4. Januar 2005, mit den Patentansprüchen 1 bis 4 (Bl. 20/21 GA) und der Beschreibungseinleitung Seiten 1 bis 4a (Bl. 27 bis 31 GA) sowie mit den ursprünglich eingereichten Zeichnungen Figuren 1 bis 4 zu erteilen.

Der geltende Anspruch 1 nach dem Hauptantrag lautet:

"Verschraubungswerkzeug, mit einem Winkelkopf, und mit einem Flachabtrieb, wobei der Flachabtrieb über einen Adapter mit dem Winkelkopf verbunden ist, und wobei der Adapter und das Gehäuse des Flachabtriebs korrespondierende Vorsprünge und Ausnehmungen aufweisen, derart, dass sie formschlüssig miteinander verbunden sind, wobei der Formschluss zwischen Adapter und Flachabtrieb als Verdrehsicherung um die Antriebsachse des Flachabtriebs ausgestaltet ist dadurch gekennzeichnet, dass der Adapter (6) zwei stufenlos gegeneinander um die Abtriebsachse (3) des Winkelkopfes (1) drehbewegliche Bauteile aufweist, die mittels einer Überwurfmutter (9) und einer Klemmfläche drehfest klemmbar sind."

Auf diesen Anspruch sind die Ansprüche 2 und 3 rückbezogen, die Ausgestaltungen des Verschraubungswerkzeugs betreffen.

Der Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag lautet:

"1. Verschraubungswerkzeug, mit einem Winkelkopf, und mit einem Flachabtrieb, wobei der Flachabtrieb über einen Adapter mit dem Winkelkopf verbunden ist, und wobei der Adapter und der Flachabtrieb korrespondierende Vorsprünge und Ausnehmungen aufweisen, derart, dass sie formschlüssig miteinander verbunden sind, wobei der Formschluss zwischen Adapter und Flachabtrieb als Verdrehsicherung um die Antriebsachse des Flachabtriebs ausgestaltet ist, dadurch gekennzeichnet, dass unter Verzicht auf einen am Gehäuse des Flachabtriebs (7) vorgesehenen ringförmigen Stutzen oder Kragen der Adapter (6) unmittelbar an das im Längsschnitt etwa rechteckige Gehäuse des Flachabtriebs (7) anschließt, wobei das Gehäuse die mit dem Adapter (6) korrespondierenden Vorsprünge und / oder Ausnehmungen aufweist, und wobei der Adapter (6) zwei stufenlos gegeneinander um die Abtriebsachse (3) des Winkelkopfes (1) drehbewegliche Bauteile aufweist, die mittels einer Überwurfmutter (9) und einer Klemmfläche drehfest klemmbar sind."

Für den Wortlaut der übrigen Ansprüche sowie wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Es liegt sinngemäß die Aufgabe zugrunde, ein gattungsgemäßes Verschraubungswerkzeug dahingehend zu verbessern, das dieses mit möglichst einfachen Mitteln eine zuverlässige Verbindung zwischen dem Flachabtrieb und dem Adapter, eine preiswerte Herstellung sowohl des Adapters als auch des Gehäuses des Flachabtriebs, und schließlich eine möglichst vielseitige Winkelverstellbarkeit des Flachabtriebs gegenüber dem Winkelkopf ermöglicht.

In einer Verfügung vom 19. Januar 2005 hat der Senat die Patentinhaberin darauf hingewiesen, dass die Ansprüche 1 und 4 gemäß dem Hilfsantrag unzulässig sein könnten, da sie Negativmerkmale enthielten.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet.

Fachmann ist ein Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus mit mindestens Fachhochschulabschluß, der besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der motorgetriebenen Handwerkzeuge und deren Zubehör besitzt.

1. Die geltenden Ansprüche 1 bis 3 nach dem Hauptantrag sind formal zulässig. Der Anspruch 1 findet seine Stütze in den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 4, die Ansprüche 2 und 3 entsprechen den ursprünglichen.

Ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1 neu ist, kann dahingestellt bleiben, da er jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Als nächstkommender Stand der Technik ist die US 4 287 795 (1) zu sehen, die als Ausgangspunkt für die Bildung des Oberbegriffs des Anspruchs 1 diente. Aus (1), Figuren 1 bis 3 mit zugehöriger Beschreibung, ist ein Verschraubungswerkzeug (adjustable blade wrench 10) mit einem Winkelkopf und einem Flachabtrieb (blade assembly 40) bekannt, bei dem der Flachabtrieb über einen Adapter (securable collar assembly 42) mit dem Winkelkopf verbunden ist. Der Adapter und das Gehäuse des Flachabtriebs weisen korrespondierende Vorsprünge und Ausnehmungen auf, mittels derer sie formschlüssig miteinander verbunden sind, wobei der Formschluss zwischen Adapter und Flachabtrieb als Verdrehsicherung um die Antriebsachse des Flachabtriebs ausgestaltet ist.

Die Winkelstellung des Flachabtriebs relativ zum Winkelkopf des Verschraubungswerkzeugs ist mittels des Adapters einstellbar. So zeigen die Figuren 1 bis 3 mit zugehöriger Beschreibung eine stufenweise Verstellbarkeit, die durch ineinandergreifende Innen- bzw. Außenverzahnungen erreicht wird (s Bezugszeichen 48 und 104 in Figur 3). In Sp 5, Z 12 bis 21 ist jedoch darauf hingewiesen, dass auch eine stufenlose (infinitely) relative Positionierung möglich ist und zwar über kegelstumpfförmige Keile (frusto conical wedges), worunter offensichtlich konisch ausgebildete Klemmflächen zu verstehen sind. Die Verwendung derartiger Spannvorrichtungen in motorgetriebenen Werkzeugen mit Winkelköpfen sind dem Fachmann bspw. aus der US 3 111 862 (4), Figur 1 mit zugehöriger Beschreibung, geläufig, in der ein Spannfutter mit einem kegelstumpfförmigen, geschlitzten Keil (collet 30, frustoconical head 33) und einer Spannmutter (cap nut 35) beschrieben ist. Der Fachmann wird die in (1) gegebene Anregung somit ohne weiteres konstruktiv umsetzen können, wodurch er ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gelangt. Denn die im Anspruch 1 genannte Überwurfmutter und Klemmfläche entsprechen genau der in (4) gezeigten Anordnung einer Spannvorrichtung, die im gelösten Zustand ein beliebiges Verdrehen und im gespannten Zustand eine drehfeste Fixierung der relativen Winkellage von mit ihr verbundenen Bauteilen bewirkt.

Der Anspruch 1 ist somit nicht gewährbar, da seinem Gegenstand keine erfinderische Tätigkeit zugrundeliegt. Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 und 3 fallen schon wegen deren Rückbeziehung mit dem Hauptanspruch.

2. Zum Hilfsantrag Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag ist nicht zulässig, da er Negativmerkmale enthält.

Nach ständiger Rechtsprechung dürfen nur solche Merkmale in den Anspruchswortlaut aufgenommen werden, deren Zugehörigkeit zur Erfindung deutlich offenbart ist (Schulte PatG 7. Aufl. § 38 Rdn 18 und 22 und § 34 Rdn 333). Die bloße Tatsache, dass ein Merkmal in einer Zeichnung nicht dargestellt ist, reicht nicht (Schulte PatG 7. Aufl. §34 Rdn 386 und 336) zur Begründung einer hinreichend deutlichen Offenbarung.

Im vorliegenden Fall enthält der Anspruch 1 den Passus "...unter Verzicht auf einen am Gehäuse des Flachabtriebs (7) vorgesehenen ringförmigen Stutzen oder Kragen...". Dieses Merkmal findet keinerlei Stütze in der Ursprungsoffenbarung (Ansprüche und Beschreibung), da dort an keiner Stelle darauf hingewiesen wird, dass ein Flachabtrieb einen solchen Stutzen oder Kragen aufweisen könnte und auf den in erfinderischer Weise verzichtet werde. Die Figuren 1 und 3 der vorliegenden Patentanmeldung zeigen zwar einen Flachabtrieb, dessen Gehäuse an der Ansatzstelle für den Adapter eine kreisförmige Vertiefung zeigt, der also weder einen ringförmigen Stutzen oder Kragen aufweist, aber diese Ausführung erschließt sich dem Betrachter in keiner Weise als zur Erfindung gehörige Besonderheit.

Da der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag unzulässige Merkmale enthält, ist dieser Anspruch nicht zulässig und damit auch nicht gewährbar. Die zugehörigen Ansprüche 2 bis 4 teilen das Rechtschicksal des Anspruchs 1, da sie Teil des selben Antrags sind, über den nur geschlossen entschieden werden kann.

Dr. Henkelv. Zglinitzki Skribanowitz Harrer Bb






BPatG:
Beschluss v. 23.05.2005
Az: 11 W (pat) 18/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/f0d099675ac5/BPatG_Beschluss_vom_23-Mai-2005_Az_11-W-pat-18-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share