Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juni 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 238/00

(BPatG: Beschluss v. 05.06.2002, Az.: 26 W (pat) 238/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die beim Deutschen Patent- und Markenamt für die Dienstleistungen

"Vermittlung und Durchführung von Transporten"

unter der Nummer 399 13 250.3 eingetragene Markesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch eingelegt worden aus der Marke 2 074 715 siehe Abb. 2 am Endedie für die Dienstleistungen

"Unternehmensberatung und Organisationsberatung; betriebswirtschaftliche Beratung; Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen; Transport von Wertsachen und Zustellung von Paketen"

eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diesen Widerspruch wegen mangelnder Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe hielten die Vergleichsmarken einen hinreichend großen Abstand voneinander ein. Bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr sei auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen abzustellen. Dabei sei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, daß beide Kennzeichnungen nur sehr kurze Wortbestandteile aufwiesen, die jeweils nur aus zwei bzw drei Buchstaben bestünden. Die Länge der Markenwörter aber habe einen wesentlichen Einfluß auf die Ähnlichkeit der Marken bzw auf die Gefahr von Verwechslungen, da kurze Kennzeichnungen vom Publikum genauer erinnert und Unterschiede leichter erkannt würden. In klanglicher Hinsicht stünden sich die Wörter "GO!" und "GOD!" gegenüber, da es sich bei den weiteren Markenteilen um rein beschreibende Sachangaben handle. Die vorhandenen Abweichungen und die dadurch bewirkten Unterschiede in Aussprache, Betonung und Klangbild seien dabei derart offensichtlich, daß der angesprochene Verkehr keine Schwierigkeiten haben werde, die Vergleichsmarken sicher voneinander abzugrenzen. In bildlicher Hinsicht unterschieden sich die beiden Zeichen zudem durch die jeweilige prägnante graphische Ausgestaltung der Vergleichsmarken, so daß auch unter diesem Gesichtspunkt nicht mit Verwechslungen gerechnet werden müsse. Dies gelte um so mehr, als es sich bei dem zu berücksichtigenden Verbraucher um einen umsichtigen und kritisch prüfenden Verkehrsteilnehmer handle, dem im vorliegenden Fall die klanglichen und bildlichen Unterschiede nicht entgehen könnten.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, daß sich aus beiden Zeichen sowohl in bildlicher als auch phonetischer Hinsicht Übereinstimmungen ergäben, die zu einer markenrechtlich relevanten Ähnlichkeit führten. In klanglicher Hinsicht stünden sich die Wörter "GO" und "GOD" gegenüber. Der Buchstabe "D" des Markenwortes der angegriffenen Marke sei ein "verschluckter Laut", der bei der Aussprache des Markenwortes "GOD" nicht ins Gewicht falle. Ein klanglich erheblicher Unterschied ergebe sich daher zwischen den Marken nicht. In bildlicher Hinsicht sei die Ausgestaltung der Marken auch nicht so unterschiedlich, daß eine Verwechslungsgefahr verneint werden könne. Beide Zeichen enthielten identisch die Buchstaben "G", "O" sowie das Ausrufezeichen. Der im Markenwort der angegriffenen Marke zusätzlich enthaltene Buchstabe "D" sei dem "O" ähnlich, so daß eine optische Unterscheidung nicht gewährleistet sei. Lediglich in einem Buchstaben in der Mitte des Markenwortes unterschieden die sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen. Daneben enthalte die angegriffene Marke eine Unterzeile, was ebenfalls näher an den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke heranführe, die einen Balken über und unter dem Markenwort aufweise. Bildlich sei daher der Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen ähnlich. Zudem sei entgegen der Unterstellung des Prüfers auf den allgemeinen Verkehr abzustellen. Kurierdienste würden von Mitarbeitern von Unternehmen bestellt, die von ihrem persönlichen Eindruck ausgehend einen Kurierdienst auswählten und beauftragten. Besondere, etwa auf Sachkunde beruhende Unterschiede bei den angesprochenen Verkehrskreisen seien daher nicht zu berücksichtigen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Juli 2000 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich im Verfahren vor dem Bundespatentgericht nicht geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Insbesondere kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND).

Die einander gegenüberstehenden Dienstleistungen sind teilweise gleich, was die "Durchführung von Transporten" betrifft, im übrigen ohne weiteres ähnlich. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als durchschnittlich anzusehen, denn für eine Erweiterung des Schutzumfangs liegen keine Anhaltspunkte vor. Selbst wenn an den Abstand der sich gegenüberstehenden Marken danach erhebliche Anforderungen zu stellen sind, ist dieser gewahrt.

Bei der Prüfung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Kennzeichen ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den sie hervorrufen (vgl EuGH aaO - Sabèl/Puma; BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND mwN). Insoweit weichen die sich gegenüberstehenden Marken in ihrer Gesamtheit so deutlich voneinander ab, daß Verwechslungen ausgeschlossen sind. Während nämlich die jüngere Marke durch die leicht schräggestellte, schwungvolle Unterstreichung, die in einen Pfeil mündet, und das schräggestellte Ausrufungszeichen die Anmutung einer handschriftlichen Ergänzung und Ausschmückung erhält, erscheint die Widerspruchsmarke im Vergleich dazu streng auf die Horizontale und Vertikale ausgerichtet. Zudem stechen hier im Gesamteindruck die horizontalen Balken über und unter dem Wortteil ins Auge.

Von Verwechslungen in unmittelbarer Hinsicht ist auch dann nicht auszugehen, wenn man die Wortteile "GOD" und "GO" der beiden Marken einander gegenüberstellt. Bei einem Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen, wie es vorliegend der Fall ist, mißt der Verkehr in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung zu (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdnr 194). Da die Bildelemente der Vergleichsmarken lediglich unterstreichenden Charakter haben, ist jeweils von einer Prägung durch die Wortbestandteile auszugehen. Bei den dann verbleibenden Wortbestandteilen überwiegen in beiden Marken bei zwangloser Betrachtung die Bestandteile "GOD" bzw "GO", weil diese in den Gesamtzeichen eine selbständige und kennzeichnende, also prägende Stellung innehaben (BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze). Zum einen treten die sie im graphischen Aufbau umgebenden Bestandteile bereits nach ihrer Größe deutlich hinter den genannten Wörtern zurück. Zum anderen handelt es sich bei ihnen um rein beschreibende Sachhinweise, die keinen kennzeichnenden und damit prägenden Charakter haben. Die Wörter "GOD" und "GO" werden sowohl wegen des in ihnen enthaltenen, ohne weiteres erkennbaren Sinngehalts als auch wegen der sie umgebenden englischen Wörter als aus der englischen Sprache stammend gehalten und damit auch entsprechend ausgesprochen. Dann aber unterscheiden sie sich bereits in ihrem Klangverlauf deutlich, denn das Wort "GO" wird mit einem langgezogenen offenen "O" gesprochen, während das Wort "GOD" ein kürzeres, dem Vokal "a" angenähertes "O" aufweist und der nachfolgende Konsonant ""D" deutlich artikuliert wird. Einen wesentlichen Einfluß auf die Ähnlichkeit hat auch die Länge der Vergleichswörter, denn Kurzwörter werden im allgemeinen durch einzelne Abweichungen im Verhältnis stärker beeinflußt als längere Markenwörter und bleiben auch besser und genauer in Erinnerung, weshalb auch Abweichungen in nur einem Laut bereits ausreichen können, um Verwechslungen auszuschließen (Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdnr 101). Hinzu kommt der unterschiedliche Sinngehalt, der beiden Zeichenwörtern innewohnt und den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres geläufig ist. Ob bei diesen Verkehrskreisen auf den Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, kann dahingestellt bleiben. Auch beim sog "Durchschnittsverbraucher" ist nämlich nicht auf den flüchtigen, unkritischen und ungebildeten Abnehmer, sondern - nach Auffassung des EuGH - auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen (Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdnr 82). Dieser aber wird die Unterschiede der Vergleichswörter bemerken. Zudem werden die vorliegenden Dienstleistungen regelmäßig mit Bedacht ausgesucht, da sie im Hinblick auf nicht unerhebliche Kosten sowie einzuhaltende Termine einer sorgfältigen Durchführung bedürfen.

Auch schriftbildliche Verwechslungen sind nicht zu befürchten. Dies gilt ohnehin, wenn die Zeichen in ihrer Gesamtheit einander gegenüberstehen, aber auch dann, wenn beispielsweise bei einer Bestellung lediglich das (prägende) Wort "GO" oder "GOD" benützt wird. Auch hier ist die Abweichung in nur einem Buchstaben angesichts der Kürze der Vergleichswörter so deutlich, daß sie, obwohl sie sich am Wortende befindet, nicht unbeachtet bleiben wird.

Begriffliche Verwechslungen der beiden prägenden Markenwörter sind wegen des ihnen innewohnenden unterschiedlichen Sinngehalts ohnehin nicht zu befürchten.

Anhaltspunkte dafür, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten (§ 9 Abs 1 Nr 2 letzter Halbsatz MarkenG), liegen nicht vor.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs 1 MarkenG bestand kein Anlaß.

Kraft Reker Eder Bb Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/26W(pat)238-00.1.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/26W(pat)238-00.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 05.06.2002
Az: 26 W (pat) 238/00


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