Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Februar 2004
Aktenzeichen: 29 W (pat) 214/03
(BPatG: Beschluss v. 04.02.2004, Az.: 29 W (pat) 214/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Juli 2003 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Büroartikel (ausgenommen Möbel)" zurückgewiesen wurde.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke PictureMessagingsoll für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;
Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel);
Klasse 35: Werbung und Geschäftsführung;
Klasse 36: Finanzwesen; Immobilienwesen;
Klasse 38: Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen;
Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikationin das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 11. Juli 2003 wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen, da die Bezeichnung "PictureMessaging" einen Ausschnitt der so genannten "Multimedia Messaging Services (MMS)" darstelle und als allgemein übliche Fachbezeichnung das Empfangen, Versenden oder Weiterleiten von Bildern auf elektronischem Wege beschreibe. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sei "PictureMessaging" eine sachbezogene Bezeichnung, mit der darauf hingewiesen werde, dass diese das Versenden, Empfangen und Weiterleiten von Bildern auf elektronischem Wege ermöglichten oder in sonstiger Weise zum Gegenstand oder Inhalt hätten. Auch wenn der Begriff "PictureMessaging" nicht alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibe, stehe die sachbezogene und nicht die betriebsbezogene Information im Vordergrund, so dass die Verkehrskreise die Bezeichnung insoweit nur als Hinweis auf die Bestimmung und Eignung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen ansehen würden und nicht als Betriebskennzeichen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, zu deren Begründung sie in der mündlichen Verhandlung auf ihren Vortrag im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt Bezug genommen hat. Dort hat die Anmelderin ausgeführt, dass das Zeichen als begriffliche Neuschöpfung, dem das Publikum keinen konkreten Inhalt zuordnen könne, die erforderliche Unterscheidungskraft aufweise. Der Bestandteil "Messaging" existiere nicht einmal in der englischen Sprache, so dass das Gesamtzeichen nicht ohne weiteres verständlich, sondern seinem Sinngehalt nach vage und offen sei. Da das Zeichen die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht unmittelbar beschreiben, unterliege es auch keinem Freihaltungsbedürfnis.
Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Juli 2003 aufzuheben.
Der Senat hat der Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung Rechercheunterlagen zur angemeldeten Wortfolge und ihren Bestandteilen übermittelt, die in der mündlichen Verhandlung ebenso wie die dort übergebenen weiteren Unterlagen mit ihr erörtert wurden.
II.
Die zulässige Beschwerde ist überwiegend nicht begründet, da dem angemeldeten Zeichen mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren jedenfalls die Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice, BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK). Kann einem Zeichen ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich auch sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihr die Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK; BGH WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHÖN; BGH BlfPMZ 2001, 398 - LOOK). Nach diesen Grundsätzen verfügt die Wortfolge "PictureMessaging" mit Ausnahme der Waren "Büroartikel" nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft.
Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, ist "PictureMessaging" in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine sachbezogene Bezeichnung, mit der darauf hingewiesen wird, dass diese das Versenden, Empfangen und Weiterleiten von Bildern auf elektronischem Wege ermöglichen oder sonst zum Gegenstand oder Inhalt haben. Dieser Sinngehalt erschließt sich den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres und ohne analysierende Schritte. Angesichts der beanspruchten Waren und Dienstleistungen richtet sich das Zeichen - soweit diese Telekommunikation und elektronische Datenverarbeitung betreffen - an Fachkreise und interessierte Laien, sowie an Geschäftsleute. Diese Verkehrskreise verfügen über entsprechende Fach- und Sprachkenntnisse, da Englisch Welthandelssprache und auf dem Gebiet der Telekommunikation sowie der EDV Fach- und Werbesprache ist.
Das angemeldete Zeichen besteht - auf Grund der Binnengroßschreibung des zweiten Wortes ohne weiteres erkennbar - aus den Bestandteilen "picture" und "messaging". Das englische Wort "picture" gehört mit den Bedeutungen "Bild, Foto" zum Grundwortschatz (vgl. Klett, Thematischer Grund- und Aufbauwortschatz Englisch, 1999). "Messaging" existiert entgegen der Auffassung der Anmelderin in der englischen Sprache. Das Wort heißt allgemein "Datentransfer" (PONS, Collins Großwörterbuch Deutsch/Englisch Englisch/Deutsch, 1999) und bedeutet in der Fachsprache den "Einsatz von Computern oder Datenkommunikationseinheiten für den Austausch von Nachrichten auf Benutzerebene, beispielsweise für E-Mail, Voicemail oder Fax" (Microsoft Computer Lexikon Fachwörterbuch 2001 zum Stichwort "Messaging"). Dass "Messaging" in diesem Sinn Eingang in die deutsche Sprache gefunden hat, belegen die zahlreichen Fundstellen in der Wortschatzabfrage unter http://wortschatz.unileipzig.de. Hier erschließt sich, dass die angemeldete Wortfolge die elektronische Übermittlung von Bilddaten beschreibt. Dementsprechend ist auch - wie die Markenstelle im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt und belegt hat - die angemeldete Wortfolge "PictureMessaging" die allgemein übliche Fachbezeichnung für das Empfangen, Versenden oder Weiterleiten von Bildern auf elektronischem Weg.
Demgemäß stellt die Wortfolge für die beanspruchten Waren der Klasse 9 insofern eine im Vordergrund stehende Sachangabe dar, als es sich dabei um Geräte der Telekommunikation handeln kann, mittels derer durch entsprechende hard- und/oder softwaremäßige (maschinenlesbare Datenaufzeichnungsgeräte) Ausstattung das Empfangen, Versenden oder Weiterleiten von Bildern auf elektronischem Weg möglich ist, beispielsweise über Handy, Laptop oder PDA. Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 38 "Telekommunikation, Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation" weist die Wortfolge "PictureMessaging" auf den Gegenstand der Telekommunikation bzw. auf die Eignung oder Bestimmung der Einrichtungen hin. Dies gilt gleichermaßen für die Dienstleistungen der Klasse 42. Bei den Druckereierzeugnissen kann das Zeichen sowohl eine Inhalts- oder Themenangabe sein als auch bei den Karten, beispielsweise bei SIM-Karten, ein Hinweis auf das durch sie mögliche elektronische Empfangen und Versenden von Bildern. Hinsichtlich der Dienstleistungen "Werbung, Geschäftsführung, Finanzwesen und Immobilienwesen" stellt "PictureMessaging" lediglich einen Hinweis auf die Art und Weise dar, mit der diese Dienstleistungen erbracht werden, wie dies beispielsweise auf der auch von der Markenstelle bereits zitierten Web-Site www.aboutit.de vom 18. August 2001 anklingt: "85 % der Befragten sind an Picture-Messaging interessiert. Geschäftsleute argumentieren mit Zeit- und Kostenersparnis sowie der Möglichkeit, Pläne, Photos, Dokumente oder Produktbeschreibungen an Kunden oder Kollegen zu senden". Die angemeldete Marke nimmt damit auf konkrete vorteilhafte Eigenschaften der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen in für die maßgeblichen fachkundigen Verkehrskreise verständlicher Form Bezug und ist wegen ihres im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalts nicht als individualisierender Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb geeignet. Es ist daher gem § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
2. Hinsichtlich der Waren "Büroartikel (ausgenommen Möbel)" liegt dagegen kein Eintragungshindernis vor. Insoweit verfügt das Zeichen über die erforderliche geringe Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die unter "Büroartikel" fallenden Gegenstände sind nicht für elektronisches Versenden oder Empfangen von Bildern ausgestattet, so dass die hier angesprochenen breiten Verkehrskreise in "PictureMessaging" diesbezüglich keinen Sachhinweis sehen werden. Vielmehr wird die Marke vom Verkehr hier als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden. Nachdem der Marke in ihrer konkret angemeldeten Form keine sachbeschreibende Aussage in Bezug auf die verbleibenden Waren zugeordnet werden kann, sind Anhaltspunkte dafür, dass Dritte gegenwärtig oder künftig insoweit ein legitimes Interesse an der werblichen Verwendung der angemeldeten Marke für diese Waren haben könnten, nicht erkennbar, so dass auch ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht besteht.
Grabrucker Baumgärtner Fink Cl
BPatG:
Beschluss v. 04.02.2004
Az: 29 W (pat) 214/03
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