Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Februar 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 34/01

(BPatG: Beschluss v. 05.02.2002, Az.: 27 W (pat) 34/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Wort-/Bildmarkefür

"Telefone im Festnetz und Mobilfunk, Faxgeräte, Anrufbeantworter, Telefonkarten, ISDN-Telefone; ISDN-Dienstleistungen, nämlich Zurverfügungstellen von ISDN-Zugängen; Reparatur- und Einbauservice in Kraftfahrzeuge sowie Festinstallationen; Vermittlung von Teilnehmerverträgen in allen Mobilfunknetzen und Festnetzen"

ist Widerspruch eingelegt aus der prioritätsälteren Wortmarke CallTarget, seit 16. Juni 1998 eingetragen unter der Nr 398 03 886 für

"Wissenschaftliche, photographische, Film-, optische, Wäge-, Meß-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente, elektrische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten), Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Dienstleistungen auf dem Gebiet der Medizin; wissenschaftliche und industrielle Forschung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Durchführung und Auswertung von Arzneimittelprüfungen".

Der Inhaber der jüngeren Marke hat im Widerspruchsverfahren die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Nichtbenutzungseinrede des Markeninhabers sei unzulässig, da die ältere Marke noch keine fünf Jahre eingetragen sei. Zwar liege teilweise Warenidentität vor, eine Verwechslungsgefahr bestehe aber trotz des anzulegenden strengen Prüfungsmaßstabes nicht. Eine Verkürzung beider Marken auf den Bestandteil "target" sei nicht möglich; die Widerspruchsmarke werde vielmehr gleichwertig auch vom weiteren Bestandteil "Call" geprägt, da der Verkehr sich an diesem erster Stelle stehenden Teil orientiere und beide Teile zudem auch geschlossen geschrieben würden; auch sei der Bestandteil "target" beschreibend, da das Ziel einer Datenübertragung so bezeichnet werde. Auch für eine assoziative Verwechslungsgefahr bestünden keine Anhaltspunkte.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die bislang nicht begründete Beschwerde der Widersprechenden, die auch im Widerspruchsverfahren zu ihrem Widerspruch keine näheren Ausführungen gemacht hat.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige (§ 66 Abs 1 MarkenG) Beschwerde - über die zu entscheiden war, nachdem die Widersprechende ihre Beschwerde innerhalb der ihr mehrfach verlängerten Frist nicht begründet hat und der Beschwerdegegner einer erneuten Fristverlängerung zulässig nach § 82 Abs 1 MarkenG in Verbindung mit § 225 Abs 2 ZPO widersprochen hatte - hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt und auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, hat die Markenstelle den Widerspruch aus der Marke der Beschwerdeführerin zurückgewiesen, weil die Gefahr von Verwechslungen beider Zeichen im Sinne des § 42 Abs 2 Nr 1, § 9 Abs 2 Nr 1 MarkenG nicht besteht. Die Beschwerde bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlaß.

Die Gefahr von Verwechslungen ist von mehreren Komponenten abhängig, die miteinander in Wechselbeziehung stehen, und zwar insbesondere von der Ähnlichkeit oder Identität der Marken, der Ähnlichkeit oder Identität der von ihnen erfaßten Waren und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints), wobei bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Marken auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (EuGH MarkenR 1999, aaO). Ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren kann dabei durch einen größeren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 387, 389 Tz 23 f - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 1998, 922, 923 Tz 16 f - Canon; BGH GRUR 1999, 241, 243; st. Rspr.). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist - trotz teilweiser Warenidentität - eine Verwechslung beider hier gegenüberstehenden Marken zu verneinen.

Zutreffend hat die Markenstelle eine Prägung der Widerspruchsmarke durch den Bestandteil "target" verneint. Grundsätzlich ist bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr nämlich unabhängig vom Prioritätsalter der sich gegenüberstehenden Zeichen auf deren jeweiligen Gesamteindruck abzustellen (vgl EuGH GRUR 1998, 397, 390 Tz 23 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 233 f - Rausch/Elfi Rauch). Das schließt zwar nicht aus, daß einem einzelnen Zeichenbestandteil unter Umständen eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen ist und deshalb bei Übereinstimmung von Zeichen in dem jeweils prägenden Bestandteil die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtbezeichnungen zu bejahen ist; hierfür reicht aber eine bloße Mitprägung des Gesamteindrucks eines Zeichens durch einen Bestandteil ebensowenig wie die Feststellung, der Gesamteindruck eines Zeichens werde von einem Bestandteil wesentlich mitbestimmt, aus, vielmehr muß diesem Bestandteil in der Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommen und er deshalb geeignet sein, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, während die weiteren Elemente der Marke nur untergeordnete Bedeutung haben; dies ist aber nur der Fall, wenn die weiteren Bestandteile eines durch einen Bestandteil geprägten mehrteiligen Zeichens so in den Hintergrund treten, daß sie für den Verkehr an Bedeutung verlieren und zum Gesamteindruck des Zeichens nicht beitragen (vgl BGH, aaO, S 234 - Rausch/Elfi Rauch). Dies läßt sich aber für den weiteren Bestandteil "Call" in der älteren Marke nicht feststellen. Der Verkehr hat nämlich keine Veranlassung, diesen am Anfang der Widerspruchsmarke stehenden und daher naturgemäß als erstes wahrgenommenen Bestandteil zu vernachlässigen, zumal dem auch entgegenwirkt, daß beide Bestandteile ohne Trennung zusammengeschrieben werden, wodurch sie eher wie ein einziges Wort wirken. Schließlich ist auch - wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - zu berücksichtigen, daß dem Bestandteil "target" für die hier in Rede stehenden Waren eine beschreibende Bedeutung zukommen kann, was ebenfalls der Annahme entgegensteht, der Verkehr werde sich bei der Benennung der Widerspruchsmarke ausschließlich an diesem Bestandteil orientieren.

Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr hat die Markenstelle zutreffend verneint, da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, daß dem vorhandenen übereinstimmenden Element in beiden Marken "Target" irgendein Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommen könnte (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl 2000, § 9 Rn 213 mwN).

Nachdem die Widersprechende ihre Beschwerde nicht begründet hat, ist auch nicht erkennbar, aus welchen sonstigen Gründen sie den angefochtenen Beschluß für unzutreffend erachtet.

Nach alldem war daher die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Wegen der Kosten des Beschwerdeverfahrens wird auf § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG verwiesen.

Dr. Schermer Albert Schwarz Pü






BPatG:
Beschluss v. 05.02.2002
Az: 27 W (pat) 34/01


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