Landgericht Köln:
Urteil vom 26. August 2010
Aktenzeichen: 31 O 153/10

(LG Köln: Urteil v. 26.08.2010, Az.: 31 O 153/10)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien betreiben Drogeriemärkte. Die Klägerin vertreibt u.a. unter ihrer Eigenmarke „FPLUS“ Hsprodukte wie freiverkäufliche Arzneimittel, Medizinprodukte, diätetische Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Hsbezogene Lebensmittel und Kosmetikprodukte. Die Bezeichnung „FPLUS“ ist für derartige Waren zugunsten der Klägerin als Internationale Wortmarke mit Geltung auch für Deutschland registriert.

Die Beklagte bietet nunmehr im Anwendungsbereich entsprechende, ehemals apothekenpflichtige Markenprodukte dritter Hersteller in ihren Filialen in einem Regal mit der Aufschrift „H PLUS+“ zum Verkauf an wie im Klageantrag zu 1) wiedergegeben.

Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung ihrer Rechte an der Marke „FPLUS“. Die Beklagte verwende das angegriffene Zeichen markenmäßig für die angebotenen Waren. Diese seien mit den eigenen Waren, für die die Klagemarke geschützt sei, identisch und auch die sich gegenüberstehenden Zeichen seien hochgradig ähnlich. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß die Marke „FPLUS“ ausweislich einer Verkehrsbefragung aus Juni 2008 (Bl. 47ff d.A.) einen Bekanntheitsgrad von rund 40% aufweise.

Die Klägerin beantragt unter Zurücknahme einer durch Verwendung der Formulierung „insbesondere“ weitergehenden Antragsfassung zuletzt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - die Ordnungshaft jeweils zu vollziehen am Geschäftsführer - zu unterlassen,

in Deutschland im geschäftlichen Verkehr Kosmetika, Präparate für die Hspflege, diätische Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, pharmazeutische Produkte und/oder Pflaster in gesonderten, mit der Bezeichnung „H PLUS“ versehenen Regalen im Einzelhandel zum Verkauf anzubieten, wenn dies geschieht, wie nachstehend wiedergegeben:

- Es folgt eine mehrseitige Bilsdarstellung. -

2. ihr Auskunft über die Menge der in ihren Filialen in gesonderten mit der Bezeichnung „H PLUS“ versehenen Regalen in Verkehr gebrachten Kosmetika, Präparate für die Hspflege, diätische Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke, pharmazeutische Produkte und/oder Pflaster jeweils aufgegliedert nach Kalendervierteljahr zu erteilen;

3. an sie EUR 1.237,90 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Klagemarke sei rein beschreibend und nicht unterscheidungskräftig und beantragt in Hinblick auf einen entsprechenden anhängigen Löschungsantrag beim DPMA Aussetzung des Verfahrens. Darüber hinaus scheide eine Markenverletzung aber auch deshalb aus, weil sie selbst die Bezeichnung nicht als Marke sondern lediglich als Beschreibung im Sinne einer Regalbeschriftung verwende. Jedenfalls aber liege weder Warenähnlichkeit noch Zeichenähnlichkeit vor. An einer Warenähnlichkeit fehle es bereits deshalb, weil die Bezeichnung wenn überhaupt nicht der Kennzeichnung von Waren sondern allenfalls der Kennzeichnung einer Dienstleistung in Form eines Handels in Waren diene. Zudem unterscheide sich die Bezeichnung in der verwendeten Form deutlich von der Klagemarke.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Es fehlt an der erforderlichen Markenverletzung.

1. Die von der Klägerin gerügte Markenverletzung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, die Voraussetzung für sämtliche geltend gemachten Ansprüche ist, vermag die Kammer nicht zu erkennen.

a) Zwar ist die Marke eingetragen und steht in Kraft, so daß von einer - wenn auch von Hause aus unterdurchschnittlichen - Kennzeichnungskraft der Marke auszugehen ist.

Auch verwendet die Beklagte die angegriffene Bezeichnung in der konkreten Form selbst markenmäßig und nicht lediglich glatt beschreibend im Sinne einer bloßen Regalbeschriftung. Hiergegen spricht schon die konkrete Gestaltung in Zweifarbigkeit mit dem zugesetzten +-Symbol, in der sich das Zeichen deutlich von gängigen, allein der Orientierung dienenden Regalbeschriftungen unterscheidet. Es soll durch die gewählte Gestaltung konkret auf ein bestimmtes - neues und besonderes - Angebot hingewiesen werden, das die Beklagte gerade unter dieser Bezeichnung macht. Es wird mithin auf Waren bzw. Dienstleistungen des Unternehmens gezeigt und das Zeichen so als Herkunftshinweis verwendet. Da bereits ausreichend ist, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der angesprochene Verkehr das Zeichen in diesem Sinne versteht, hat die Kammer an der Markenmäßigkeit der Benutzungsform der Beklagten keinen Zweifel.

b) Allerdings vermag die Kammer die gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorausgesetzte Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen nicht zu erkennen. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls, namentlich der Kennzeichnungskraft der Klagemarke, der Nähe der in Betracht zu ziehenden Waren und/oder Dienstleistungen, für welche die Zeichen in Gebrauch sind, sowie des Grades der Ähnlichkeit der zu vergleichenden Kennzeichnungen zu beurteilen. Zwischen diesen, die Verwechslungsgefahr determinierenden Faktoren besteht eine Wechselwirkung dergestalt, dass der Ähnlichkeitsgrad umso geringer sein kann, je größer die Kennzeichnungskraft und/oder die Waren- bzw. Dienstleistungsnähe ist, während umgekehrt ein höherer Ähnlichkeitsgrad bei nur schwacher Kennzeichnungskraft der Marke und/oder größerem Waren-/Dienstleistungsabstand erforderlich ist (BGH v. 29.07.2009, I ZR 102/07 - AIDA/AIDU; BGH v. 28.06.2007, I ZR 132/04 - INTERCONNECT/T-InterConnect). Entscheidend für die Frage der Markenähnlichkeit ist dabei der Gesamteindruck der sich gegenüber stehenden Zeichen (BGH GRUR 2008, 909 - Pantogast m.w.N.).

Unter Anwendung dieser Grundsätze vermag die Kammer eine Verwechslungsgefahr nicht zu bejahen. Angesichts einer lediglich unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Klagemarke und einer allenfalls mittelgradigen Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit genügen nach Auffassung der Kammer bei aller Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen deren Unterschiede, um aus dem Verwechslungsbereich herauszuführen.

aa) Auszugehen ist davon, daß die Kennzeichnungskraft der Klagemarke und damit deren Schutzumfang allenfalls unterdurchschnittlich ist. Die Bezeichnung „FPLUS“ für Nahrungsergänzungsmittel und sonstige Mittel, die das körperliche Wohlbefinden steigern und die H positiv beeinflussen sollen, hat deutlich beschreibende Anklänge, so daß von Hause aus nur von einer sehr geringen Kennzeichnungskraft knapp oberhalb der Grenze zur Schutzunfähigkeit ausgegangen werden kann. Diese Kennzeichnungskraft ist auch nicht durch eine gewisse Verkehrsbekanntheit gesteigert. Das GfK-Gutachten, Bl. 47ff d.A., gibt hierzu schon deshalb nichts Belastbares her, da versäumt wurde zu fragen, ob diese Bezeichnung gerade auch einem bestimmten Hersteller zugeordnet wird. Die bloße Bekanntheit der Bezeichnung sagt insbesondere angesichts ihres beschreibenden Gehaltes nichts zu einer Bekanntheit gerade als Marke. Aber selbst wenn man das GFK-Gutachten berücksichtigen wollte, ist dadurch allenfalls belegt, daß sich die Bekanntheit in überschaubaren Grenzen hält. Ausweislich des GfK-Gutachtens Bl. 47ff, war die Marke lediglich 15,8% der Befragten bekannt. Das reicht nicht, um allein eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu begründen. Es verbleibt also bei einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft.

bb) Es besteht allenfalls eine mittelgradige Ähnlichkeit zwischen den gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen. Auszugehen ist dabei nach Auffassung der Kammer davon, daß der Verkehr die Kennzeichnung der Beklagten in der konkreten Verwendungsform nicht als Warenmarke zur Kennzeichnung von Produkten sondern als Dienstleistungsmarke, also als Kennzeichnung für das Angebot bestimmter Produkte im Einzelhandel versteht. Es stehen sich mithin eine Warenmarke und ein Dienstleistungszeichen gegenüber, so daß a priori nicht von einer Identität oder hochgradigen Ähnlichkeit in den gekennzeichneten Gegenständen ausgegangen werden kann. Da die Produkte selbst und der Handel von Produkten eben jener Art indes einen in einem weiteren Sinne vergleichbaren Bereich betreffen, ist indes von einer mittleren Ähnlichkeit auszugehen.

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die Beklagte verwende die angegriffene Bezeichnung zumindest auch als Warenmarke, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Eine solche Benutzung als Warenmarke für Hsprodukte und sei es als Zweit-, Dritt- oder Dachmarke entnimmt der Verkehr der konkreten Verwendungsform nicht. Der Verkehr weiß und erkennt - nicht zuletzt aufgrund einer großen Bekanntheit derjenigen Produkte, die die Beklagte anbietet - vielmehr, daß es sich bei den von der Beklagten angebotenen Arzneimitteln und Hsprodukten nicht um deren Produkte, sondern um Produkte von Drittfirmen handelt. Er hat vor diesem Hintergrund keine Veranlassung, auf eine gemeinsame Herkunft zu schließen, erst recht nicht aus dem Hause der Beklagten und versteht deshalb die konkrete Verwendungsform nicht als Zweit- oder Drittkennzeichnung von Produkten.

cc) Vor diesem Hintergrund einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft und einer allenfalls mittleren Ähnlichkeit vermag auch die fraglos gegebene Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen eine Verwechslungsgefahr nicht zu begründen. Zwar ist von einer Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen „FPLUS“ und „H PLUS+“ sowohl in schriftbildlicher, als auch in klanglicher und sinnbildlicher Hinsicht auszugehen. Soweit die Beklagte meint, das von ihr verwendete Zeichen laute „Neu H PLUS+ Neu“ ist dies selbstverständlich unzutreffend. Den Zusatz „Neu“ nimmt der Verkehr nicht als Teil der Bezeichnung wahr. Allerdings genügen die gegebenen Unterschiede vorliegend dennoch, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.

In diesem Zusammenhang darf nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Gefahr von Verwechslungen dem klägerischen Zeichen bereits aufgrund seines wenn auch nicht absolut, so aber doch hochgradig beschreibenden Inhaltes immanent ist. Etwaige Verwechslungen beruhen daher weniger auf den Ähnlichkeiten der Zeichen, sondern vielmehr auf den Übereinstimmungen im beschreibenden Gehalt. Dieser liegt bei beiden Zeichen offen, die Markenqualität nur durch geringe gestalterische Nuancen erlangen, nämlich die Klagemarke durch die mehrere Deutungsmöglichkeiten zulassende Gesamtheit der Wortkombination und das Beklagtenzeichen durch das zugesetzte + Zeichen. Genau hierin aber unterscheiden sich beide Zeichen. Dies genügt vor dem skizzierten Hintergrund. Andernfalls würde der Klagemarke in unzulässiger Weise Schutz aufgrund für sich betrachtet nicht schutzfähiger beschreibender Bestandteile zugebilligt.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

3. Streitwert: EUR 180.000,00






LG Köln:
Urteil v. 26.08.2010
Az: 31 O 153/10


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