Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Januar 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 36/99

(BPatG: Beschluss v. 12.01.2000, Az.: 26 W (pat) 36/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelder wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 1997 aufgehoben.

Gründe

I Die Wortverbindung

"RETTUNGSKREUZ"

ist nach vorangegangener Beanstandung und Einschränkung des ursprünglichen Warenverzeichnisses noch für die Waren

"Planen und Folien aus natürlichen und metallischen Stoffen und/oder Kunststoffen für Sicherungs-, Markierungs- und Rettungszwecke mit Ausnahme derartiger Planen und Folien mit kreuzförmigem Umriß; Sicherungs-, Markierungs- und Rettungsplanen sowie -folien aus natürlichen und metallischen Stoffen und/oder Kunststoffen mit Ausnahme derartiger Sicherungs-, Markierungs- und Rettungsplanen und -folien mit kreuzförmigem Umriß"

zur Eintragung als Marke in das Register angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit dem vorgenannten Beschluß wegen mangelnder Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß die Markenbestandteile "RETTUNG-" und "KREUZ" gebräuchliche deutsche Wörter seien, deren Sinngehalt auch in der Kombination dem Verkehr verständlich sei. In Verbindung mit den beanspruchten Waren werde der Verkehr den erforderlichen Sachbezug ohne weiteres herstellen, wobei es nicht darauf ankomme, ob die Planen und Folien einen kreuzförmigen Umriß hätten oder nicht, denn auch mit den der Anmeldung zugrundegelegten Waren könnten Kreuze für Rettungszwecke hergestellt werden. Beispielsweise könne es sich um für diese Zwecke mit besonderen Eigenschaften ausgestattete Planen handeln, die auf eine ganz spezielle Art und Weise aufgerollt bzw zusammengelegt seien, so daß beim Aufschlagen schnell ein Rettungskreuz entstehe. Damit sei ein leicht verständlicher Sachbezug zu den angemeldeten Waren vorhanden und der Verkehr werde mithin die angemeldete Bezeichnung nicht als Marke eines bestimmten Herstellers oder Händlers ansehen. Soweit "RETTUNGSKREUZ" lexikalisch noch nicht nachweisbar sei, seien die Verbraucher daran gewöhnt, in der Werbung ständig mit mehr oder weniger klaren Wortbildungen konfrontiert zu werden, durch die ihnen sachliche Informationen übermittelt werden sollen und die sie deshalb auch nur in diesem Sinne auffaßten. Mithin fehle der angemeldeten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelder, die auf Veranlassung des Gerichts verschiedene Unterlagen und Warenproben eingereicht haben, die die Art und die Verwendung der beanspruchten Waren veranschaulichen. Eine Beschwerdebegründung ist nicht zur Akte gelangt. Gegenüber der Markenstelle haben die Anmelder vor allem der Annahme widersprochen, daß die von ihnen angemeldete Wortzusammenstellung eine beschreibende Gesamtaussage darstelle.

Die Anmelder beantragen die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

II Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der begehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind - nur - Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (ua) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis nur dann besteht, wenn eine derartige Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die dort ausdrücklich angeführten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffende Ware selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; BGH BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Wortmarke "RETTUNGSKREUZ" jedoch nicht.

Zwar sind die beiden Bezeichnungsbestandteile"RETTUNG-" und "KREUZ" als gebräuchliche deutsche Wörter ohne weiteres verständlich. Da die angemeldete Kombination "RETTUNGSKREUZ" vergleichbaren Begriffen wie "Rettungsboot, Rettungsfloß, Rettungsring, Rettungsinsel, Rettungsanker" usw entspricht, liegt es nahe, diese Bezeichnung in Verbindung mit den beanspruchten Planen und Folien als Hinweis auf den speziellen Zweck dieser Waren, nämlich als Mittel zur Rettung aus Notsituationen zu werten. Wie aber bereits die Markenstelle festgestellt hat, ist die Wortzusammenstellung "RETTUNGSKREUZ" lexikalisch nicht nachweisbar. Gegen ein gegenwärtiges oder gar zukünftiges Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber an dieser Kombination spricht jedoch entscheidend, daß die Bezeichnung "RETTUNGSKREUZ" keine konkret warenbezogene beschreibende Sachaussage darstellt, denn ihr läßt sich nicht entnehmen, durch welche bestimmte, konkrete Eigenschaften (Farbe, Material, Markierung oder Form) die betreffenden Planen und Folien (besonders) geeignet sind, für Rettungs- oder Sicherungszwecke eingesetzt zu werden. Soweit Mitbewerber möglicherweise ein Interesse daran haben könnten, Rettungsplanen in Kreuzform herzustellen und sie als Rettungskreuze zu bezeichnen, haben die Anmelder mit ihrem eingeschränkten Warenverzeichnis auf derartige Planen oder Folien mit kreuzförmigem Umriß ausdrücklich verzichtet. Das von ihnen zur Gerichtsakte eingereichte Anschauungsmaterial spricht im übrigen dafür, daß mit "RETTUNGSKREUZ" lediglich auf das von ihnen entwickelte und verwendete "SOS"-Notfallsignal hingewiesen werden soll.

Von einem Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Wortzusammenstellung kann deshalb nicht ausgegangen werden.

2. Ebenso kann der angemeldeten Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift besitzt eine Marke dann, wenn sie geeignet ist, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel ohnehin so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Zeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH aaO - FOR YOU).

Diese (konkrete) Unterscheidungseignung kann der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren nicht abgesprochen werden. Eine warenbeschreibende Sachaussage, die auf bestimmte Eigenschaften der in Frage stehenden Waren selbst Bezug nimmt, ist in der angemeldeten Wortzusammenstellung nicht enthalten (siehe oben). Ebensowenig handelt es sich bei "RETTUNGSKREUZ" um eine gebräuchliche Wortfolge der Alltagssprache, die vom Verkehr stets nur als solche aufgenommen und verstanden wird und der deshalb jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH BlPMZ 1999, 408 - YES).

Auch wenn die Bezeichnung "RETTUNGSKREUZ" an Rettungszeichen wie "Rotes Kreuz", Warnkreuze oder Kreuze auf Verbandskästen erinnern mag, stellt sie keine rein beschreibende Angabe etwa wie "Rettungsdecke" oder "Rettungsplane" dar, so daß keine hinreichenden Anhaltspunkte vorliegen, die es rechtfertigen könnten, der angemeldeten Wortzusammenstellung jegliche Unterscheidungseignung abzusprechen.

Der angefochtene Beschluß war mithin aufzuheben.

Kraft Pagenberg Reker Ko






BPatG:
Beschluss v. 12.01.2000
Az: 26 W (pat) 36/99


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