Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. September 2009
Aktenzeichen: 24 W (pat) 24/08

(BPatG: Beschluss v. 22.09.2009, Az.: 24 W (pat) 24/08)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wort-/Bildmarkeist am 9. Februar 2004 unter der Nummer 303 47 636 in das beim Deutschen Patentund Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen und am 12. März 2004 veröffentlicht worden. Nach einem am 21. Oktober 2004 von der Markeninhaberin gegenüber dem DPMA erklärten Teilverzicht ist die Marke gegenwärtig noch für die Waren

"Baumaterialien aus Metall; Schlosserwaren und Kleineisenwaren ausschließlich für den Sanitärbereich, Waren aus unedlen Metallen, nämlich Rohrschellen sowie Befestigungsmaterial und Lochbänder; Montageelemente und -systeme aus Metall, nämlich Tragegestelle, Halterungen ausschließlich für den Sanitärbereich, Zargen, Installationssanitärblöcke (bestehend aus einer Stahlkonstruktion mit wasserführenden Installationsleitungen und -armaturen sowie einer fliesenfertigen Oberfläche); Befestigungsvorrichtungen aus Metall für Keramiksanitärkörper, nämlich Montageschienen; Wannenfüße für Badeund Brausewannen; Luftfilter für die Raumluft; elektronische Regelungs-, Steuerungsund Überwachungsapparate und -instrumente, insbesondere zur Verwendung in sanitären Anlagen oder Geräten; Möbel, nämlich Möbel und Einbaumöbel für Sanitärräume"

eingetragen.

Gegen die Eintragung der vorgenannten Marke hat die Inhaberin der prioritätsälteren, für die Waren

"Nähmaschinen, Strickmaschinen; elektrische Bügeleisen, Bügelautomaten; Garne und Fäden für textile Zwecke; Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten, Bettund Tischdecken; Knöpfe, Hacken, Ösen, Nadeln; Spitzen, Stickereien, Bänder, Schnürbänder"

am 27. Januar 1998 eingetragenen Wortmarke Nummer 397 47 715 burda Widerspruch erhoben.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2004 hinsichtlich der Widerspruchswaren "Knöpfe, Hacken, Ösen, Nadeln" die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat zur Glaubhaftmachung der Benutzung zwei eidesstattliche Versicherungen der Leiterin des Nähateliers ihrer "Fashion Factory" sowie in Kopie zwei Einnähetiketten mit dem Schriftzug "burda" vorgelegt.

Die mit einem Beamten im höheren Dienst besetzte Markenstelle für Klasse 11 des DPMA hat mit Beschluss vom 15. Januar 2008 eine Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Die Markenstelle hat hierzu ausgeführt, die erhobene Einrede der mangelnden Benutzung sei sowohl nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG als auch nach Satz 2 dieser Bestimmung zulässig. Die vorgelegten Unterlagen seien jedoch allenfalls geeignet, eine Benutzung der Widerspruchsmarke für die Ware "Kleider" zu belegen. Dagegen sei für die hier in Rede stehenden Widerspruchswaren "Knöpfe, Hacken, Ösen, Nadeln" ein solcher Nachweis nicht gelungen. Ein an einem Kleid angebrachtes Einnähetikett sei keine Benutzungshandlung für am Kleid angebrachte Knöpfe, Hacken, Ösen oder Nadeln. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG könnten die genannten Waren daher auf Seiten der Widerspruchsmarke nicht berücksichtigt werden. Für die verbleibenden Waren könne eine Warenähnlichkeit nicht festgestellt werden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Auffassung, dass die Markenstelle eine Verwechslungsgefahr zu Unrecht verneint habe. Zu berücksichtigen sei, dass die beiderseitigen Marken in ihren prägenden Wortbestandteilen identisch seien. Die Einrede der mangelnden Benutzung greife nicht durch, da die Widersprechende zumindest für die Waren "Haken" und "Ösen" eine hinreichende Benutzung im Sinne von § 26 MarkenG glaubhaft gemacht habe. Zwischen den angegriffenen Waren "Schlosserwaren und Kleineisenwaren" und "Montageelemente und -systeme aus Metall, nämlich Tragegestelle, Halterungen" einerseits und den Widerspruchswaren "Haken" und "Ösen" andererseits bestehe hochgradige Ähnlichkeit bzw. Identität. Eine Verwechslungsgefahr ergebe sich schließlich aus dem Umstand, dass die Widerspruchsmarke "burda" wegen ihrer besonderen Bekanntheit im Medienbereich auch hinsichtlich der vorliegenden Widerspruchswaren über eine hohe Kennzeichnungskraft verfüge.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 vom 15. Januar 2008 aufzuheben und die Marke "burda"

Nr. 303 47 636 zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt (sinngemäß), die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass eine Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren "Knöpfe", "Haken", "Ösen" und "Nadeln" nicht glaubhaft gemacht worden sei. Der Widersprechenden sei es ferner nicht gelungen, Unterlagen vorzulegen, aus denen sich eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ergebe. Die sich gegenüber stehenden Waren seien völlig unterschiedlich und wendeten sich zudem auch an völlig andere Verkehrskreise. Mangels Identität oder auch nur Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren sowie des Weiteren aufgrund einer allenfalls normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Die Markenstelle hat daher im Ergebnis zu Recht eine Löschung der angegriffenen Marke gemäß §§ 43 Abs. 2 Satz 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verweigert.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend vorzunehmen. Dabei ist grundsätzlich von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. u. a. EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) "Marca/Adidas"; GRUR 2005, 1042, 1044 (Nr. 27) "THOMSON LIFE"; GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) "PICASSO"; BGH GRUR 2005, 513, 514 "MEY/Ella May"; GRUR 2006, 859, 860 (Nr. 16) "Malteserkreuz"; GRUR 2008, 905, 905 (Nr. 12) "Pantohexal"; GRUR 2009, 772, 776 (Nr. 51) "Augsburger Puppenkiste"). Dies gilt jedoch nicht für den vorliegenden Fall, der sich dadurch auszeichnet, dass keinerlei Warenähnlichkeit festgestellt werden kann. Ein gänzlich fehlendes Tatbestandsmerkmal der Verwechslungsgefahr kann nämlich nicht durch ein anderes Tatbestandsmerkmal ausgeglichen werden (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rdn. 27 und 57 -m. w. N.).

Die Beteiligten sind zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Kollisionsmarken im Bereich der angegriffenen Waren "Schlosserwaren und Kleineisenwaren ausschließlich für den Sanitärbereich, Waren aus unedlen Metallen, nämlich Rohrschellen sowie Befestigungsmaterial und Lochbänder; Montageelemente und -systeme aus Metall, nämlich Tragegestelle, Halterungen ausschließlich für den Sanitärbereich" einerseits und andererseits den Waren "Haken" und "Ösen" der Widerspruchsmarke am nächsten kommen. Von einer Ähnlichkeit von Waren ist jedoch nach gefestigter Rechtsprechung nur dann auszugehen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblicher Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen -insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebsoder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung oder ihrer Eigenschaft als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte -so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise bei identischer Kennzeichnung der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben Unternehmen oder würden zumindest unter ihrer Kontrolle hergestellt werden (vgl.

EuGH GRUR 1998, 922, 923 f. (Nr. 22 -29) "Canon"; GRUR 2006, 582, 584 (Nr. 85) "VITAFRUIT"; BGH GRUR 2003, 428, 432 "BIG BERTHA"). Dies trifft auf die vorstehend genannten Waren jedoch nicht zu.

Anhand einer Auslegung des Warenverzeichnisses der Widerspruchsmarke ergibt sich, dass es sich bei den im Verzeichnis genannten Waren "Haken" -dort allerdings orthografisch fehlerhaft als "Hacken" eingetragen -und "Ösen" um Waren handelt, die ausschließlich dem Bereich der Textilien zuzuordnen sind. Nach der "Klasseneinteilung für Waren und Dienstleistungen", die über § 19 Abs. 1 MarkenV als Anlage 1 Bestandteil der MarkenV ist und aus der wiederum auf die "alphabetische Warenliste" der Klassifikation von Nizza verwiesen wird, fallen "Ösen" ausschließlich unter die Klasse 26; "Haken" können dagegen nach der genannten "alphabetischen Warenliste" -abhängig von Art und Beschaffenheit -sowohl unter die Klassen 6 oder 20 als auch unter die Klasse 26 fallen. Die Widersprechende hat jedoch -wie sich aus der Registerakte der Widerspruchsmarke ergibt -seinerzeit ein "Warenund Dienstleistungsverzeichnis" eingereicht, in dem sie selbst folgende Angaben gemacht hat:

"Klasse 26: Knöpfe, Hacken, Ösen, Nadeln; Spitzen, Stickereien, Bänder, Schnürbänder."

Dementsprechend ist die Marke auch nicht in den Klassen 6 und 20 eingetragen worden. Der Umstand, dass die Waren "Hacken" (gemeint: "Haken") und "Ösen" im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke nur unter der Klasse 26 aufgeführt sind, führt dazu, dass bestimmte Spezialhaken, wie z. B. Garderoben-, Kleider-, Gardinenhaken oder sonstige Haken aus dem Bereich der Schlosserund Kleineisenwaren nicht vom Warenverzeichnis umfasst sind. Dies ergibt sich über § 19 Abs. 1 MarkenV auch aus der "Klasseneinteilung für Waren und Dienstleistungen", wonach die Klasse 26 "insbesondere nicht: -bestimmte Spezialhaken (siehe alphabetische Warenliste)" enthält.

Die Widersprechende geht hiernach fehl, soweit sie meint, dass die mit der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren "Haken" und "Ösen", die ausschließlich dem Bereich der Textilien zuzuordnen sind, noch im Ähnlichkeitsbereich der am nächsten kommenden, angegriffenen Waren, nämlich "Schlosserwaren und Kleineisenwaren ausschließlich für den Sanitärbereich, Waren aus unedlen Metallen, nämlich Rohrschellen sowie Befestigungsmaterial und Lochbänder; Montageelemente und -systeme aus Metall, nämlich Tragegestelle, Halterungen ausschließlich für den Sanitärbereich" liegen. Derartige Waren weisen weder hinsichtlich ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebsoder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenschaft als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte noch hinsichtlich anderer für die Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe so enge Berührungspunkte auf, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben Unternehmen oder hätten ihren Ursprung in einem gemeinsamen betrieblichen Verantwortungsbereich.

Nachdem sich die beiderseitigen Waren als nicht ähnlich erweisen und bereits deshalb eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu verneinen ist, kann dahingestellt bleiben, ob die Widersprechende der Einrede der mangelnden Benutzung, die die Inhaberin der angegriffenen Marke in Bezug auf die Widerspruchswaren "Knöpfe, Hacken, Ösen, Nadeln" erhoben hat, in ausreichendem Maße nachgekommen ist.

Hacker Richterin Kober-Dehm ist wegen Eisenrauch Abordnung zum Bundesgerichtshofan der Unterschrift gehindert.

Hacker Bb






BPatG:
Beschluss v. 22.09.2009
Az: 24 W (pat) 24/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/f1dc171faecb/BPatG_Beschluss_vom_22-September-2009_Az_24-W-pat-24-08




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share