Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 15. November 1985
Aktenzeichen: 6 U 79/85

(OLG Köln: Urteil v. 15.11.1985, Az.: 6 U 79/85)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 27. Fe­bruar 1985 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 42 0 189/84 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer der Beklagten wird auf 15.000,-- DM festgesetzt.

Gründe

Die Parteien vertreiben im Einzelhandel Gegenstände der Un­terhaltungselektronik und Haushaltsgeräte. Die Beklagte warb unter der Firmenbezeichnung S. in der Werbeschrift

Die HS-Woche vom 5. September 1984 unter anderem mit fol­gendem Text:

"ALT

gegen

NEU

Wir zahlen für

Ihr altes Fernseh‑

Video- u. HiFi-Gerätoder Waschautomat

Höchst-Preise. Auch dann, wenn Sie bei uns kein Neugerät kaufen."

Hierin haben die Klägerinnen eine unzulässige Alleinstel­lungswerbung und eine unzulässige vergleichende Werbung ge­sehen.

Die Klägerinnen haben beantragt,

der Beklagten bei Meidung von näher bezeichneten Ordnungsmitteln zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr in Zeitungsanzeigen zu Wettbewerbszwecken wie folgt zu werben:

"Wir zahlen für Ihr altes Fernseh-Video- u. HiFi-Gerät oder Waschvollautomat Höchst-Preise ..."

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 27. Februar 1985 stattgegeben.

Die gegen dieses Urteil von der Beklagten eingelegte Beru­fung ist zulässig. In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.

Die Klage ist begründet. Mit der angegriffenen Werbung macht die Beklagte im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wett­bewerbs über geschäftliche Verhältnisse - die Preisbemessung von Waren - irreführende Angaben, so daß sie von den Klägerin­nen gemäß 5§ 3, 13 Abs. 1 UWG auf Unterlassung der Angaben

in Anspruch genommen werden kann.

Von dem flüchtigen Durchschnittsleser und damit von einem nicht unerheblichen Teil der mit ihr angesprochenen Verkehrs­kreise (vgl. dazu von Gamm, Gesetz gegen den unlauteren Wett­bewerb, 2. Auflage, 5; 3 Rdnr. 14) wird die Anzeige entspre­chend ihrem Wortlaut dahin verstanden, daß die Beklagte ge­brauchte Fernseh-, Video- und HiFi-Geräte sowie Waschautoma­ten zu Preisen übernimmt, die von keinem Mitbewerber über­troffen werden. Ähnlich wie die Werbung mit Tiefstpreisen (vgl. dazu OLG Hamburg WRP 1977, 651/653) ist in der gerügten Anzeige nicht nur eine reklamehafte Anpreisung etwa in dem Sinne zu sehen, daß die Beklagte gutes Geld für die aufge­führten Altgeräte zahle. Anders als marktschreierische Über­treibungen, allgemeine Redewendungen und suggestive Kaufappelle (vgl. dazu von Gamm, a.a.O., § 1 Rdnr. 54; § 3 Rdnr. 1o) wird die Ankündigung eines seriösen Einzelhandelsunterneh­mens: "Wir zahlen Höchst-Preise" jedenfalls von einem nicht unerheblichen Teil des Verkehrs erst genommen, zumal da die Richtigkeit der Werbeaussage etwa durch die Einholung von Vergleichsangeboten grundsätzlich einer objektiven Nachprüf­barkeit zugänglich ist (vgl. in diesem Zusammenhang Baumbach-­Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 14. Auflage, § 3 UWG Rdnr. 74 f.).

Dies alles kann der Senat, dessen Mitglieder zu den angespro­chenen Verkehrskreisen gehören, aus eigener Sachkunde und Er­fahrung selbst feststellen, so daß es der von der Beklagten beantragten Einholung eines Verkehrsgutachtens nicht bedarf.

Die Werbung ist irreführend, weil ihr der rechtlichen Beur­teilung zugrundeliegender Bedeutungsgehalt den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht. Es ist nach der Lebenserfah­rung auszuschließen, daß Konkurrenten der Beklagten - auch wenn man nur auf I.und dessen Umgebung abstellt - in keinem Fall höhere Preise für Altgeräte zahlen als die Be­klagte, und zwar selbst dann, wenn sie gebrauchte Geräte beim Kauf von Neugeräten in Zahlung nehmen. Auch die Beklagte scheint diese Folgerung aus dem dargelegten Verständnis der Anzeige nicht in Zweifel ziehen zu wollen, wie ihre Ausfüh­rungen im Schriftsatz vom 23. April 1985 Blatt 3 nahelegen. Soweit sie daraus indessen den Schluß zieht, das Verständnis der Anzeige sei lebensfremd, weil jedem verständigen Betrach­ter klar sei, daß die Werbung so nicht gemeint sein könne, ist ihr nicht beizupflichten. Denn bei der Auslegung der An­zeige, die sich an das breite Publikum wendet, ist entschei­dend nicht auf den verständigen, aufmerksamen und kritischen Betrachter, sondern - wie dargelegt - auf den flüchtigen Le­ser abzustellen, der keine vertieften Erwägungen anstellt

und die Anzeige ohne besondere Sorgfalt ungezwungen und un­kritisch wahrnimmt (vgl. Baumbach-Hefermehl, a.a.O., § 3 UWG Rdnr. 33).

Die Kostenentscheidung folgt aus 5 97 Abs. 1 ZPO.

Die übrigen Nebenentscheidungen finden ihre Rechtsgrundlage in 5 7o8 Nr. 1o, g 713, 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.






OLG Köln:
Urteil v. 15.11.1985
Az: 6 U 79/85


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