Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Februar 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 21/02
(BPatG: Beschluss v. 18.02.2004, Az.: 32 W (pat) 21/02)
Tenor
Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 7. August 2000 und vom 5. Dezember 2001 aufgehoben.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts ist die nachfolgend abgebildete dreidimensionale Gestaltung 1. Ansichtsiehe Ansicht 1 am Ende 2. Ansichtsiehe Ansicht 2 am Ende 3. Ansichtsiehe Ansicht 3 am Ende
(farbig: braun, dunkelbraun)
am 24. Januar 2000 für die Waren Schokolade, Schokoladewaren; Fein- und Dauerbackwaren; Zuckerwarenangemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) hat die Anmeldung mit einem ersten Beschluss vom 7. August 2000 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Die - eingehend begründete - Erinnerung der Anmelderin, die u.a. auf ihrer Ansicht nach vergleichbare eingetragene Marken hingewiesen hat, ist durch Beschluss der mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzten Markenstelle vom 5. Dezember 2001 zurückgewiesen worden. Die Marke entspreche in Formgestaltung und Farbgebung dem gewöhnlichen Erscheinungsbild der beanspruchten Waren. Aufgrund des Variantenreichtums des betreffenden Warengebiets werde der Verkehr in dieser Gestaltung keinen betriebsbezogenen Hinweis sehen. Aus Voreintragungen anderer Marken lasse sich kein Recht auf Registrierung ableiten. Dem Beschluss waren als Anlagen Internet-Ausdrucke (7 Seiten) beigefügt.
Der am 17. Dezember 2001 als Einschreiben zur Post gegebene Beschluss enthielt die Rechtsmittelbelehrung, dass innerhalb eines Monats Beschwerde eingelegt werden könne und dass hierfür eine Gebühr in Höhe von 345 DM zu entrichten sei.
Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2002, der am selben Tag über Fernkopierer (Fax) beim DPMA eingegangen ist, hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Der letzte Satz dieses Schriftsatzes lautet: "Die Beschwerdegebühr ist von unserem Abbuchungskonto bei der D... Bank AG, München Nr. ... abzubuchen".
In einem an den Senat gerichteten Vermerk der Zahlstelle/Abbuchungsstelle des DPMA vom 9. April 2002 wird mitgeteilt, der Abbuchungsauftrag habe nicht ausgeführt werden können, weil der abzubuchende Betrag (entgegen den vom Präsidenten des Amtes erlassenen Vorschriften) vom Teilnehmer nicht angegeben worden sei. Die Rechtspflegerin des Senats hat dies der Anmelderin mit Schreiben vom 18. April 2002 mitgeteilt. Mangels Zahlung der Beschwerdegebühr werde festzustellen sein, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gelte.
Die Anmelderin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 24. April 2002, beim Bundespatentgericht als Fernkopie eingegangen am 26. April 2002, den Auftrag zur Abbuchung der Beschwerdegebühr in Höhe von 176,40 € (= 345 DM) erteilt - der auch ausgeführt wurde - und mit näherer Begründung die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung dieser Gebühr beantragt.
In der Sache erstrebt die Anmelderin die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle und die Eintragung der angemeldeten Marke.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Zweitbeschlusses beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingelegt worden. Die - seit dem 1. Januar 2002 ausdrücklich gesetzlich vorgeschriebene - Schriftform (§ 66 Abs. 2 MarkenG) ist durch die am 11. Januar 2002 eingegangene Fernkopie des Beschwerdeschriftsatzes vom selben Tage, der die Unterschriften von zwei nach Handelsrecht zur Vertretung der Anmelderin befugten Mitarbeitern trägt, gewahrt.
Die Beschwerdegebühr nach § 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG - diese Regelung gilt ebenfalls seit dem 1. Januar 2002 und ist somit im vorliegenden Fall anwendbar -, wobei sich die Höhe der Gebühr nach der Übergangsvorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PatKostG richtet, ist ebenfalls innerhalb der Monatsfrist gezahlt worden. Die Beschwerdegebühr nach dem "bisherigen Gebührensatz" in Höhe von 345 DM (= 176,40 €) wurde dem Konto des DPMA zwar erst im Mai 2002 gutgeschrieben. Das DPMA ist aber zu Unrecht davon ausgegangen, Einzahlungstag sei erst der 26. April 2002, an dem der zweite Abbuchungsauftrag der Anmelderin eingegangen ist, welcher (erstmals) den abzubuchenden Betrag zahlenmäßig angegeben hat. Denn bereits die am 11. Januar 2002 eingegangene Beschwerdeschrift enthielt einen wirksamen Abbuchungsauftrag.
Die auf der Rechtsgrundlage des § 1 Abs. 2 Nr. 2 PatKostG erlassene PatKostZV, die ebenfalls seit dem 1. Januar 2002 gilt, bestimmte (in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung) in § 1 Abs. 1 Nr. 4, dass Kosten - dies ist der Oberbegriff für Gebühren und Auslagen - des DPMA und des Bundespatentgerichts u.a. durch Übersendung eines Abbuchungsauftrags von einem Konto bei einem zur Führung eines solchen berechtigten Kreditinstituts - das ist lt. Bekanntmachung des DPMA die D... Bank - gezahlt werden können. Nach § 2 Nr. 4 PatKostZV gilt in einem solchen Fall als Einzahlungstag der Tag des Eingangs dieses Abbuchungsauftrags beim DPMA. Der Begriff der Zahlung einer Geldschuld (einschließlich einer öffentlichrechtlichen Abgabenforderung, um die es hier geht) beinhaltet zwar notwendigerweise, dass diese nach Betrag und Währung konkretisiert sei und somit im Regelfall auch so angegeben werden muss. Im Fall eines Abbuchungsauftrags, der sich - wie hier - auf eine der Höhe nach gesetzlich geregelte Gebühr bezieht, genügt aber die Erklärung als solche, mit der Abbuchung einverstanden zu sein, wenn aus dem Gesamtzusammenhang eindeutig und unmissverständlich hervorgeht, auf welchen Gebührentatbestand (Rechtsbehelf) sich die Erklärung bezieht.
Letzteres ist hier der Fall. Die den Abbuchungsauftrag enthaltende Beschwerdeschrift vom 11. Januar 2002 beinhaltet die insoweit notwendigen Angaben, dass es um die Beschwerde gegen einen Beschluss der Markenstelle geht, der noch im Dezember 2001 - also unter der Geltung der "bisherigen Gebührensätze" i.S.d. § 14 PatKostG - erlassen und zugestellt worden ist. Da Erklärungen in behördlichen und gerichtlichen Verfahren (ebenso wie rechtsgeschäftliche Willenserklärungen, vgl. § 133 BGB) aus der Sicht des Empfängers auszulegen sind, war für das DPMA der Wille der Anmelderin ersichtlich, die Gebühr für die markenrechtliche Beschwerde in der gesetzlichen Höhe von 345 DM (bzw. des entsprechenden Betrags in EURO) zu entrichten; mithin war das DPMA zur Abbuchung dieses Betrags ermächtigt. Dass bei den für die Anmelderin handelnden Mitarbeitern möglicherweise - wie sich aus dem Schriftsatz vom 24. April 2002 zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs ergibt - Unklarheiten über die Höhe der Gebühr bestanden, was angesichts der eindeutigen Regelung der Übergangsfälle in § 14 Abs. 1 PatKostG unverständlich ist, und deshalb bewusst von der Angabe eines Betrags abgesehen worden ist, lässt sich der Beschwerdeschrift selbst nicht entnehmen und kann sich deshalb auch nicht - nachträglich - gegen die Anmelderin auswirken. Für das DPMA bestand jedenfalls im Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerdeschrift kein Anlass, den gleichzeitig abgegebenen Abbuchungsauftrag in Zweifel zu ziehen und diesen unausgeführt zu lassen. Ggf. wäre eine (telefonische) Rückfrage bei der Anmelderin geboten gewesen, zu der bis zum Ablauf der Beschwerdefrist noch mehr als eine Woche Zeit zur Verfügung stand.
Was das Verständnis des am 11. Januar 2002 eingegangenen Abbuchungsauftrags angeht, ist auf das DPMA im Ganzen (als Behörde) abzustellen, nicht aber auf individuelle Kenntnisse und Fähigkeiten einzelner Bediensteter, sei es derjenigen, welche Schriftsätze nach ihrem Eingang zuerst erhalten, sei es der in der Zahlstelle/Abbuchungsstelle Zuständigen. Es mag zwar sein, dass sich für letztere Bearbeitungsschwierigkeiten ergeben können, wenn Abbuchungsaufträgen kein zahlenmäßig genauer Betrag zu entnehmen ist, und dass deshalb Verwaltungsvorschriften sinnvoll sind, welche eine solche Angabe grundsätzlich vom Gebührenpflichtigen fordern. Aber abgesehen davon, dass die betreffenden, vom Präsidenten des DPMA in BlPMZ als Mitteilungen veröffentlichten Vorschriften im Einzelfall Ausnahmen von der Verwendung des Formblatts (und somit wohl auch von der Angabe eines konkret bezifferten Abbuchungsbetrags) zulassen, handelt es sich nicht um verbindliche Rechtsnormen. Wenn an das Fehlen der Angabe des abzubuchenden Geldbetrags in konkreter Höhe die Sanktion geknüpft werden soll, dass die Zahlung als nicht bewirkt gilt, kann dies nur in einer rechtssatzförmigen Regelung (förmliches Gesetz oder Rechtsverordnung) geschehen; dies ist zwingender Ausfluss des aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes bei belastenden Regelungen). Weder PatKostG noch PatKostZV enthalten eine ausdrückliche derartige Regelung, sie kann auch nicht mittelbar aus § 6 Abs. 2 PatKostG entnommen werden.
Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass - soweit dem Senat bekannt - auch bei Beschwerden gegen Entscheidungen europäischer Behörden, die auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes tätig sind (d.h. EPA und HABM), die Erteilung des Abbuchungsauftrags für die Beschwerdegebühr ohne Angabe eines zahlenmäßig bestimmten Betrags den Regelfall darstellt.
Da die Zahlung der Beschwerdegebühr durch Abbuchungsauftrag fristgerecht erfolgt ist, bedarf es nicht der von der Anmelderin beantragten Wiedereinsetzung (gemäß § 91 MarkenG).
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Einer Eintragung der angemeldeten Marke in das Register stehen keine rechtlichen Hindernisse entgegen.
a) Dreidimensionale Gestaltungen, wie die vorliegend angemeldete, sind nach § 3 Abs. 1 MarkenG (abstrakt) markenfähig, und zwar auch dann, wenn sie - was hier offensichtlich für "Schokolade, Schokoladewaren" zutrifft - die Form der Ware wiedergeben. Dass diese Form, so wie sie sich aus den Abbildungen ergibt, durch die Art der Ware bedingt bzw. zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist oder der Ware einen wesentlichen Wert verleiht (§ 3 Abs. 2 MarkenG), lässt sich nicht feststellen.
b) Der Marke fehlt auch nicht das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Unter dieser versteht man die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber den Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Bei der entsprechenden Beurteilung ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Bei der Feststellung der Unterscheidungskraft von dreidimensionalen Marken, welche die Form der Ware darstellen, ist im Grundsatz kein strengerer Maßstab als bei anderen Markenformen anzulegen (EuGH GRUR 2003, 514 - Linde, Winward und Rado; 2002, 804 - Philips/Remington; BGH GRUR 2001, 334 - Gabelstapler I). Mithin ist vorrangig zu prüfen, ob die als Marke beanspruchte Form einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt verkörpert oder ob sie aus sonstigen Gründen nur als solche und nicht als Herkunftshinweis verstanden wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in einer bestimmten Formgestaltung nur dann einen Herkunftshinweis sehen wird, wenn er diese Form nicht einer konkreten anderen Funktion der Ware oder ganz allgemein dem Bemühen zuschreibt, ein ästhetisch ansprechendes Produkt zu schaffen (BGH GRUR 2001, 418 - Montre; 2003, 332 - Abschlussstück).
Die Frage, ob auf dem betreffenden Warengebiet bereits eine Gewöhnung des Verkehrs an eine Kennzeichnungsfunktion der Warenform als solcher stattgefunden hat, ist letztlich nicht entscheidungserheblich. Denn hierbei handelt es sich nur um eine unter mehreren Möglichkeiten, die herkunftshinweisende Funktion einer bestimmten Formgestaltung zu erkennen. Voraussetzung für die Bejahung der Unterscheidungskraft ist bei Warenformmarken allein die Vorstellung der angesprochenen Verkehrskreise, dass die konkrete Warenform - aus welchen Gründen auch immer - etwas über die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen aussagt. Zwar wird der Verkehr eine besondere Form häufig nicht mit einer solchen Vorstellung verbinden, sondern sie allein der funktionellen und ästhetischen Ausgestaltung der Ware selbst zuordnen (vgl. BGH - Abschlussstück a.a.O.). Derartige Unterschiede in der Vorstellung des Verkehrs hängen mit der Art der Ware zusammen, für die der Schutz beansprucht wird.
Herkömmliche Formen, in denen Schokolade und Schokoladewaren vertrieben werden, sind Tafeln, Riegel, einzelne Pralinen, der Natur nachempfundene Formen wie etwa Käfer, Eier, Bohnen usw. (von jahreszeitlich gebundenen Gestaltungen wie Weihnachtsmännern und Osterhasen einmal abgesehen). Diese werden, sofern sie nicht besondere Gestaltungsmerkmale aufweisen, im allgemeinen nicht als herkunftshinweisend verstanden (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Juli 2002, 32 W (pat) 1/02 - Praline mit Rosette). Auch übliche Gestaltungsformen wie Zigarren oder Goldbarren sind für Schokoladewaren nicht unterscheidungskräftig (EuG MarkenR 2003, 280), weil sie sich, ohne sonstige Gestaltungselemente wie Wort- oder Bildbestandteile, in Form und Farbe von sonstigen auf dem Markt befindlichen Waren dieses Bereichs bzw. von handelsüblichen Grundformen dieser Erzeugnisse zu wenig unterscheiden.
Anderes gilt aber für die vorliegend angemeldete dreidimensionale Form. Selbst wenn auf dem Sektor der Schokoladewaren (für Backwaren gilt entsprechendes) an sich eine Vielzahl an Gestaltungen üblich ist, wird der Verkehr dazu neigen, die jeweilige Gestaltung mit einer bestimmten betrieblichen Herkunft zu verbinden, wenn es sich - wie hier - erkennbar um eine willkürliche Formgebung handelt, die sich von anderen Gestaltungen durch wiederkehrende charakteristische, also identitätsstiftende Merkmale unterscheidet. Von den Besonderheiten der angemeldeten Marke sind zwar einige, wie die dunkelbraunen Streifen auf der Oberseite oder die nur auf einer Seite vorhandenen (aus der 2. Ansicht ersichtlichen) leichten Vertiefungen, recht unauffällig. Markant ist dagegen die Untergliederung des Schokoladenstücks (bzw. der Praline) in drei unterschiedlich große Abschnitte, wie insbesondere aus der 3. Ansicht (Bodenansicht) deutlich hervorgeht. Das dort (und in der 1. Ansicht) rechts befindliche Segment wirkt auf der Stirnseite etwas abgeflacht und ist vom Umfang her merklich kleiner als die beiden anderen, rundlichen Abschnitte. Ohne dass die Markenform auf Anhieb mit einem bestimmten Gegenstand, etwa einer Erdnussschote oder einem Insekt, in Verbindung gebracht werden könnte, wirkt diese konkrete Art der Gestaltung als Wiedererkennungsmittel. Mit den Einzelstücken einer Schokoladentafel oder der riegelförmigen Aneinanderreihung gefüllter Pralinen ist diese Formgebung nicht vergleichbar. Ein (noch) ausreichender Teil der angesprochenen Verbraucher wird der Markenform auch dann einen Herkunftshinweis entnehmen, wenn ihm diese ohne sonstige Wort- und Bildbestandteile begegnet. Setzt man - wie der Senat, der insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgt - die Anforderungen an die Unterscheidungskraft bei Formmarken auf dem vorliegenden Warengebiet niedrig an, so folgt daraus allerdings auch (worüber sich die Anmelderin im Klaren sein muss), dass der Schutzumfang in Kollisionsfällen sehr eng zu bemessen sein wird.
c) Der Registrierung der angemeldeten Marke steht auch kein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Sie besteht nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes oder sonstiger Merkmale der betreffenden Waren dienen können. Für Fein- und Dauerbackwaren gilt dies bereits deshalb, weil die Marke solche offenkundig nicht darstellt, mithin insoweit keine Warenformmarke vorliegt. Aber auch für Schokolade, Schokoladewaren und Zuckerwaren ist die Marke nicht glatt beschreibend. Der äußeren Form, wie sie sich aus den Abbildungen ergibt, lässt sich nicht entnehmen, ob das betreffende Stück einheitlich aus Schokolademasse besteht, ob es (nach Art einer Praline) eine Füllung aufweist und, falls dem so sein sollte, ob diese in den einzelnen Segmenten unterschiedlich ist.
Auch bei angemessener Berücksichtigung des Interesses der Allgemeinheit an einer Freihaltung der Formenvielfalt auf dem vorliegenden Warengebiet scheidet die Eintragung als Marke im vorliegenden Fall nicht aus. Denn die Möglichkeiten, die Produktgestaltung im Interesse einer Individualisierung zu variieren, sind gerade auf dem hier betroffenen Sektor der Schokoladen- und Backwaren nicht beschränkt. Auf diesen Gesichtspunkt hat der Bundesgerichtshof bei Formmarken auf dem Lebensmittelsektor in seiner neueren Rechtsprechung abgestellt (vgl. MarkenR 2004, 329 - Käse in Blütenform). Somit liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein aktuelles oder zukünftiges Bedürfnis von Konkurrenzunternehmen, die angemeldete Form als beschreibende Angabe für Schokoladen- und Backwaren zu verwenden, vor.
d) Einer Registrierung der angemeldeten Marke für Fein- und Dauerbackwaren steht auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG (Täuschungsgefahr) entgegen. Die zur Darstellung der dreidimensionalen Marke vorgelegten Abbildungen lassen es zwar als unwahrscheinlich erscheinen, dass der Verkehr bei einer Begegnung mit Produkten dieses Aussehens davon ausgehen wird, es handele sich um die Form einer Backware. Zum einen lässt sich dies aber nicht völlig ausschließen, weil die braune Farbe auch als Überzug (Glasur) einer solchen angesehen werden kann, zum anderen muss eine dreidimensionale Marke auf dem Lebensmittelsektor nicht zwingend eine Formmarke sein. Eine Zurückweisung nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG ist nur zulässig, wenn die Eignung zur Täuschung ersichtlich ist (§ 37 Abs. 2 MarkenG). An einer derartigen Ersichtlichkeit der Täuschungseignung fehlt es bereits dann, wenn zumindest irgendeine (auch nur theoretische) Möglichkeit einer rechtmäßigen Markenbenutzung besteht. Ein derartiger nicht täuschender Gebrauch der Marke ist auch für Fein- und Dauerbackwaren nicht völlig ausgeschlossen; wie die Anmelderin diesen - im eigenen Interesse - bewirken will, muss ihr überlassen bleiben.
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BPatG:
Beschluss v. 18.02.2004
Az: 32 W (pat) 21/02
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