Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 22. August 2011
Aktenzeichen: 41 O104/08
(LG Düsseldorf: Urteil v. 22.08.2011, Az.: 41 O104/08)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Kosten der Nebenintervention trägt der Kläger.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Mit seiner Anfechtungsklage wendet sich der Kläger gegen die Entlastung des Vorstandes der Beklagten nach Tagesordnungspunkt 2 der Hauptversammlung vom 16. Mai 2008.
Der Kläger, der nach 23-jähriger Tätigkeit bei der Beklagten 1994 als Mitglied der Generaldirektion der A Baar/Schweiz ausschied, hält seit längerer Zeit ca. 3400 auf den Inhaber laufende Stammaktien der Beklagten von insgesamt 324.109.563 Stück Stammaktien und 2.677.966 Stück Vorzugsaktien ohne Stimmrecht. In den Verfahren der Kammer 41 O 122/03, 41 O 54/06 und 41 O 60/07 erhob er Anfechtungsklage gegen die auf der Hauptversammlung der Beklagten vom 22. Mai 2003, 18. Mai 2006 und 23. Mai 2007 beschlossene Entlastung des Vorstandes.
Der Kläger nahm an der Hauptversammlung der Beklagten vom 16. Mai 2008 teil und legte Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Beschluss zu notariellem Protokoll ein.
Seine Klage reichte der Kläger zunächst unter Benennung eines Postfachs in Baar (Schweiz) ein, diese korrigierte er dann auf eine Firmenadresse, ebenfalls Baar (Schweiz), bis er schließlich das Rubrum auf die Adresse: X Brasilien, umstellte.
Mit seiner jetzigen Anfechtungsklage nimmt der Kläger teilweise seinen Vortrag aus den Verfahren 41 O 122/03, 41 O 54/06 (beide zuvor genannten Rechtsstreite sind bereits rechtskräftig entschieden) und 41 O 60/07 wieder auf und erhebt im Wesentlichen folgende Vorwürfe gegen die Beklagte, deretwegen dem Vorstand seiner Ansicht nach die Entlastung nicht hätte erteilt werden dürfen:
- Der Kläger ist der Ansicht, dass sich aus den Feststellungen des LG Düsseldorf (41 O 122/03) und des OLG Düsseldorf (I-6 U 241/06) zur Nichtigkeit der Wahl des Abschlussprüfers durch die Hauptversammlung der Beklagten im Jahr 2003 und der Nichtigkeit des Bestätigungsvermerks des Abschlussprüfers eine schwerwiegende Verletzung von Rechnungs- und Prüfungspflichten des Vorstandes und die Mangelhaftigkeit der Folgebilanzen ergebe.
- Der Kläger rügt ferner die Auszahlung von Dividenden an drei Großaktionäre der Beklagten. Ein Bezugsrecht stünde ihnen aufgrund von Verstößen gegen aktienrechtliche Berichts- und kapitalmarktrechtliche Mitteilungspflichten nicht zu. Daher habe der Vorstand auch durch Nichtverfolgung von Dividendenrückzahlungsansprüchen gegen das Gesetz verstoßen.
- Der Kläger ist der Ansicht, die Aktionärsrechte der B einschließlich des Dividendenbezugsrechts ruhten, da diese im Geschäftsjahr 2007 einen Kontrollerwerb über die Beklagte pflichtwidrig nicht mitgeteilt habe. Eine Dividende hätte dieser daher nicht ausgezahlt werden dürfen.
- Der Vorstand der Beklagten habe durch Nichtverfolgung von Schadensersatzansprüchen in den Sachen C und D zum Schaden der Gesellschaft gehandelt. Der sogenannten E war bereits Gegenstand der Verfahren 41 O 122/03 und 41 O 54/06, dessentwegen auf die Seiten 4, 17 bis 28 und 33 des rechtskräftigen Urteils der Kammer vom O und die Seiten 3 bis 5, 11 bis 15 sowie 18 bis 20 des rechtskräftigen Urteils der Kammer vom O Bezug genommen werde. Das Verfahren 41 O 54/06 habe auch bereits den F zum Gegenstand gehabt, bezüglich dessen auf die Seiten 5 sowie 15 bis 17 desselben Urteils verwiesen werde. Der Kläger ist der Ansicht, dass auch Sachverhalte aus früheren Geschäftsjahren wegen der Nichtverfolgung von Schadensersatzansprüchen als Anfechtungsgründe im Geschäftsjahr 2007 geltend gemacht werden könnten.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 16. Mai 2008, mit dem die Hauptversammlung dem Vorstand der Beklagten die Entlastung erteilt, für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei unzulässig. Der Kläger habe zunächst eine Firmenadresse in der Schweiz und folgend eine mit dieser Adresse assoziierte Firmenadresse in Brasilien angegeben und damit keine ladungsfähige Anschrift mitgeteilt.
In der Sache selbst tritt die Beklagte allen Vorwürfen des Klägers umfassend entgegen. Sie sieht sich als Opfer einer seit Jahren andauernden Kampagne des Klägers, dessen Ziel es sei, sie und ihren Vorstand öffentlich in Misskredit zu bringen.
Im Einzelnen:
- Die Beklagte ist der Ansicht, dass sich die Feststellung der Nichtigkeit der Wahl des Abschlussprüfers 2003 weder auf den Jahrsabschluss 2003 noch auf die Folgeabschlüsse auswirke und auch sonst Rechnungslegungs- und Prüfungspflichten in diesem Zusammenhang nicht verletzt worden seien.
- Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass die Auszahlung der Dividenden rechtmäßig erfolgte, da kein Aktionär seines Bezugsrechts wegen Verstoßes gegen Meldepflichten verlustig geworden sei.
- Wertpapierrechtlicher Anzeigepflichten seien nicht verletzt worden, da die Baufgrund der Zurechnung der Stimmrechte anderer Aktionäre bereits vor dem Geschäftsjahr 2007 Kontrolle über die Beklage ausgeübt habe.
- Schließlich ist die Beklagte auch der Ansicht, dass die Geschäftsvorfälle im Zusammenhang mit dem Fund den F in eine Zeit fallen, die vor dem Zeitraum des streitgegenständlichen Entlastungsbeschlusses für das Geschäftsjahr 2007 liege.
Die Akten des Rechtsstreits 41 O 54/06 vor dem Landgericht Düsseldorf lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Mit Zwischenurteil vom O hat die Kammer dahin erkannt, dass der Kläger wegen der Prozesskosten Sicherheit i.H.v. 12.000 Euro gem. § 110 ZPO zu leisten hat. Mit Datum vom O ist der Betrag bei der Gerichtskasse verbucht worden und mit Datum vom O auf die Hinterlegungsstelle gebucht worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitgegenstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und die zur Akte gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
A. Die Klage ist zulässig.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat eine ladungsfähige Adresse nachgereicht. Zur ordnungsgemäßen Klageerhebung gehört grundsätzlich auch die Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers. Wird diese schlechthin oder ohne zureichenden Grund verweigert, ist die Klage grundsätzlich unzulässig. Dies dient auch der Sicherung der Kostentragung bei einem Unterliegen des Klägers (BGH, NJW 1988, 2114). Nachdem der Kläger mit Benennung eines Postfachs in Baar (Schweiz) zunächst eine nicht ladungsfähige Anschrift mitgeteilt hatte (vgl. BVerwG, NJW 1999, 2608), hat er eine solche nachgereicht. Nach unbestrittenem Vortrag der Beklagten handelt es sich um eine Firmenanschrift in Brasilien. Auch wenn grundsätzlich die Wohnanschrift einer Partei für die ladungsfähige Anschrift maßgeblich ist (vgl. BVerwG, NJW 1999, 2608), kann auch die Angabe einer Arbeitsstelle genügen, wenn von der ernsthaften Möglichkeit ausgegangen werden kann, die Zustellung durch Übergabe werde gelingen (BGH, NJW 2001, 885). Da hier ein Auslandsbezug besteht, lässt sich dies nicht mit absoluter Sicherheit feststellen. Dazu sieht die Kammer allerdings auch keine Veranlassung, da das Kosteninteresse der Staatskasse und des Beklagten im Falle des Unterliegens des Klägers - anders als bei Fällen im Inland - nach § 110 ZPO durch die geleistete Prozesskostensicherheit zureichend geschützt sind.
B. Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger ist gem. § 245 Nr. 1 AktG zur Anfechtung befugt. Es kann jedoch auf Grundlage des Klägervortrags nicht festgestellt werden, dass der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten anfechtbar ist (§ 243 AktG). Der Entlastungsbeschluss der Hauptversammlung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2007 hat kein Verhalten des Vorstandes zum Gegenstand, dass eine eindeutige und schwerwiegende Verletzung des Gesetzes oder der Satzung darstellt (vgl. BGH NJW 2003, 1032 (1033)).
Der Kläger ist gem. § 245 Nr. 1 AktG zur Anfechtung befugt. Er hat als Aktionär der Beklagten an der Hauptversammlung teilgenommen und Widerspruch gegen den angefochtenen Beschluss zu notariellem Protokoll eingelegt. Die Kammer hat auch keine Bedenken anzunehmen, dass der Kläger die Aktien, mit denen er auf der Hauptversammlung vertreten war, bereits vor Bekanntmachung der Tagesordnung erworben hatte. Für eine zwischenzeitliche Veräußerung seiner Aktien fehlt jeder Anhaltspunkt.
I.
Entgegen der wiederholt vom Kläger vorgetragenen Rechtsauffassung hat die Nichtigkeit der Wahl des Abschlussprüfers durch die Hauptversammlung der Beklagten im Jahr 2003 und die Nichtigkeit des Bestätigungsvermerks des Abschlussprüfers, wie im Urteil 41 O 122/03 festgestellt, keine schwerwiegende Verletzung von Rechnungs- und Prüfungspflichten des Vorstandes, noch die Nichtigkeit des Jahrsabschlusses 2003 oder die Mangelhaftigkeit der Folgeabschlüsse zur Folge.
1. Die Nichtigkeit der Wahl des Abschlussprüfers hat sich nicht auf die Wirksamkeit des Jahresabschlusses 2003 ausgewirkt und hat entsprechend keine Wirkung auf die Folgeabschlüsse.
Der Grund für die Nichtigkeit der Wahl des Abschlussprüfers im Verfahren 41 O 122/03 bestand in einem Verstoß gegen das Tätigkeitsverbot im Rahmen des § 319 Abs. 2 und 3 HGB (§ 319 Abs. 3 Nr. 6 HGB a.F.). Ein solcher Verstoß führt jedoch nicht zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses. Angesichts der weiten Fassung der Ausschließungsgründe kann es den Unternehmen verborgen bleiben, dass ein bestimmter Abschlussprüfer nicht hätte bestellt werden dürfen. Das lässt es als unverhältnismäßig erscheinen, wenn die Nichtigkeit der Wahl des Abschlussprüfers aus den in den §§ 319 Abs. 2 und 3 HGB genannten Gründen auch zur Nichtigkeit des Jahresabschlusses führte. Dies war bereits zur Rechtslage in 2003 gefestigte Meinung (BGH NJW 1992, 2021 (2022)); Hüffer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl. 2001, § 256 Rn. 31; Habersack NZG 2003, 659 (663)). In der geltenden Fassung des 256 Abs. 1 Nr. 3 AktG ist dies nunmehr explizit geregelt.
Die Wirksamkeit des Jahresabschlusses 2003 hat sich der Vorstand durch drei externen Gutachten bestätigen lassen. Eine eindeutige und schwerwiegende Verletzung von Rechnungs- und Prüfungspflichten kann dem Vorstand daher unter keinem der vom Kläger vorgebrachten Aspekte angelastet werden.
2. Entgegen der Ansicht des Klägers hat der Vorstand seine Rechnungslegungs- und Prüfungspflichten auch nicht dadurch verletzt, dass er keine erneute Abschlussprüfung des Jahresabschlusses für 2003 veranlasst hat. Eine Pflicht zur nochmaligen Abschlussprüfung besteht nicht. Das lässt sich aus der Heilungswirkung des § 256 Abs. 6 Satz 1 AktG folgern.
Es ist ganz herrschende Ansicht, dass eine Aktiengesellschaft selbst bei Nichtigkeit des Jahresabschlusses die Heilungswirkung nach § 256 Abs. 6 Satz 1 AktG abwarten darf (Rölike, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. 2010, § 256 Rn. 90; Hennrichs ZHR 168 (2004), 383, 389 f.). Das gilt grade beim Nichtigkeitsgrund des § 256 Abs. 1 Nr. 3 AktG (Hüffer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2011, § 256 Rn. 83). Nach Ablauf der Frist des § 256 Abs. 6 Satz 1 AktG ist aber nicht nur die Geltendmachung von Nichtigkeitsgründen präkludiert, sondern es kommt auch zu einer materiellrechtlichen Heilung der in § 256 Abs. 6 Satz 1 AktG genannten Nichtigkeitsgründe (Hüffer, in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl. 2011, § 256 Rn. 64; Rölike, in: Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 256 Rn. 74). Wäre danach selbst ein nichtiger Jahresabschluss geheilt, so kann ab diesem Zeitpunkt erst recht keine erneute Abschlussprüfung eines Jahresabschlusses mehr verlangt werden.
II.
Der Beschluss ist auch nicht unter dem Aspekt der rechtswidrigen Zahlung von Dividenden oder Nichtverfolgung von Dividendenrückzahlungsansprüchen anfechtbar.
1. Zunächst greift der Vortrag des Klägers, eine Verletzung des § 160 Abs. 1 Nr. 8 AktG lasse das Dividendenbezugsrecht der Aktionäre entfallen, nicht.
Nach § 160 Abs. 1 Nr. 8 AktG sind im Anhang zu jedem Geschäftsbericht Angaben über das Bestehen einer Beteiligung zu machen, die nach § 20 Abs. 1 oder Abs. 4 AktG oder nach § 21 Abs. 1 oder Abs. 1 a des WpHG mitgeteilt worden ist. Dabei ist der nach § 20 Abs. 6 AktG oder der nach § 26 Abs. 1 des WpHG veröffentlichte Inhalt der Mitteilung anzugeben.
Da aber bereits alle aktien- und kapitalmarktrechtlichen Mitteilungspflichten, auf die § 160 Abs. 1 Nr. 8 AktG Bezug nimmt, vor Abfassung des Geschäftsberichts zu erfüllen und entsprechende Mitteilungen zuvor zu veröffentlichen sind, hat die Angabepflicht nach § 160 Abs. 1 Nr. 8 AktG nur Zusammenfassungs- und Dokumentationsfunktion (Waclawik in: Hölters AktG, § 160 Rn. 44). Die Pflicht zur Berichterstattung über diese Mitteilungen nach § 160 Abs. 1 Nr. 8 AktG obliegt dabei der Aktiengesellschaft (Waclawik in: Hölters AktG, § 160 Rn. 42). Selbst wenn demnach die Dokumentation nach § 160 Abs. 1 Nr. 8 AktG unzureichend wäre, lässt sich daraus kein Verstoß der Aktionäre gegen ihre (der Berichterstattung durch die Beklagte nach § 160 Abs. 1 AktG) vorgelagerten Mitteilungspflichten ableiten. Maßstab für den vom Kläger vorgetragenen Verlust des Dividendenbezugsrechts der Aktionäre sind allein die §§ 21, 22 und 28 Satz 2 WpHG.
2. Für eine Verletzung der Vorschriften nach §§ 21, 22 WpHG, die zu einem Verlust des Dividendenbezugsrechts von Aktionären nach § 28 Satz 2 WpHG geführt hätte, besteht kein Anhalt.
a. Eine Verletzung von Meldepflichten kommt zunächst nur in Betracht, wenn bestimmte Schwellenwerte nach § 21 Abs. 1 WpHG erreicht, überschritten oder unterschritten werden. Nicht jede Veränderung der Beteiligungsstruktur ist meldepflichtig. Darüber hinaus führt nur ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Meldepflicht zum Rechtsverlust nach § 28 Satz 2 WpHG. Zu diesen Punkten trägt der Kläger nicht ausreichend vor. Er legt nicht dar, welche Aktien welcher Aktionäre welche Schwellenwerte erreicht, überschritten oder unterschritten haben sollen und nicht entsprechend gemeldet wurden. Vielmehr beschränkt er sich pauschal auf den Vorwurf, bestimmte Anteile seien nicht oder falsch ausgewiesen worden, weshalb der gesamte Block des Aktienbesitzes, der einem der Aktionäre zuzurechnen sei, seine Rechte verliere. Die allgemein gehaltenen Verweise des Klägers auf die Darstellung in den zu den Geschäftsberichten der Beklagten gehörenden Tabellen vermögen der Darlegungspflicht nicht zu genügen.
Selbst wenn man jedoch den Vortrag des Klägers für ausreichend hält und aus den Darlegungen des Klägers eine Verletzung von Meldepflichten ableiten wollte, so führt auch dies nicht zum Erfolg der Klage. Denn jedenfalls mit den Stimmrechtsmitteilungen vom 24. Februar, 7. März und 26. Mai 2006 wären etwaige Inkorrektheiten für den Zeitraum des streitgegenständlichen Entlastungsbeschlusses beseitigt worden. Die Beklagte hat die Richtigkeit dieser Meldungen von unabhängigen Gutachtern prüfen lassen. Das Gericht hat keinen Anlass das Ergebnis dieser Prüfungen in Zweifel zu ziehen. Damit stünde den betroffenen Aktionären rückwirkend der Anspruch auf Zahlung der Dividende zu, selbst wenn zuvor Mitteilungspflichten nicht beachtet worden wären (vgl. z. B. Schwark, in: Schwark/Zimmermann, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl. 2010, § 28 WpHG Rn. 19; Hüffer, AktG, 9. Aufl. 2010, § 20 Rn. 13).
b. Soweit der Kläger moniert, die im Geschäftsbericht der Beklagten abgebildeten Mitteilungen erfüllten nicht die inhaltlichen Anforderungen des § 21 Abs. 1 WpHG, so wendet die Beklagte mit Recht ein, dass sich die Mitteilungen an den Mustern der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ausrichten. Eine Verletzung der Mitteilungspflichten der Aktionäre ist auch insoweit nicht ersichtlich.
III.
Entgegen der Ansicht des Klägers ruhten die Aktionärsrechte einschließlich des Dividendenbezugsrechts der B nicht gem. § 59 WpÜG. Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht §§ 35 Abs. 1 Satz 1 i.V.m § 29 Abs. 2 WpÜG, der zum Ruhen der Aktionärsrechte geführt hätte, liegt nicht vor. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG hat eine Person, die unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über eine Zielgesellschaft erlangt, dies unter Angabe der Höhe seines Stimmrechtsanteils unverzüglich, spätestens innerhalb von sieben Kalendertagen, gem. § 10 Abs. 3 Satz 1 und 2 WpÜG zu veröffentlichen. Nach § 29 Abs. 2 WpÜG ist Kontrolle das Halten von mindestens 30% der Stimmrechte an der Zielgesellschaft. Nach § 30 Abs. 2 WpÜG werden Stimmrechte, die etwa aufgrund eines Poolvertrages gemeinschaftlich ausgeübt werden, zusammengerechnet (Noack/Zetsche, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl. 2010, § 30 Rn. 36). Auf Grundlage des Poolvertrages der B mit den Aktionärsgruppen H und I aus dem Jahr 2001 war der Kontrolltatbestand gem. § 29 Abs. 2 WpÜG bereits zu diesem Zeitpunkt erfüllt. Veränderungen innerhalb des Kontrollpotentials lassen die Mitteilungspflichten wegen Kontrollerwerbs nicht erneut entstehen, soweit nicht zuvor die Kontrollschwelle unterschritten wurde (vgl. Noack/Zetsche, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Aufl. 2010, § 35 Rn. 10 f.). Die bereits vorhandene Kontrollposition bleibt in einem solchen Fall bestehen; sie wechselt nicht. An die Art der Kontrolle knüpfen die §§ 35 Abs. 1 Satz 1 i.V.m § 29 Abs. 2 WpÜG nicht an (Meyer, in: Geibel/Süßmann, WpÜG, 2. Auflage 2008, § 30 Rn. 43). Die Steigerung einer einmal begründeten Kontrolle der Bwar insoweit nicht mitteilungspflichtig.
IV.
Der Kläger stellt in Sachen C erneut seinen Vortrag aus dem rechtskräftig entschiedenen Verfahren 41 O 54/06 dar und nimmt wörtlich Bezug auf seine Ausführungen in diesem Rechtsstreit. Er wendet sich explizit gegen die Feststellungen im Urteil der Kammer vom O (41 O 54/06) und ist der Ansicht, der Sachverhalte C könne - auch wenn er aus einem weit früheren Geschäftsjahr herrührt - wegen der Nichtverfolgung von Schadensersatzansprüchen eine Anfechtbarkeit des streitgegenständlichen Entlastungsbeschlusses für das Geschäftsjahr 2007 begründen.
Gegen den erneuten Vortrag des Klägers setzt das Gericht seine Rechtsprechung aus dem Verfahren 41 O 54/06 fort (auf die Seiten 11 bis 15 dieses Urteils wird verwiesen) und hebt die dortigen Entscheidungsgründe erneut hervor: Entlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung betreffen grundsätzlich nur das zurückliegende Geschäftsjahr (Hüffer, AktG, 9. Aufl. 2010, § 120 Rn. 2). Das gilt grade dann, wenn die Beschlussvorlage den Entlastungszeitraum auf das zurückliegende Geschäftsjahr beschränkt (Kubis, in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl. 2004, § 120 Rn. 18). Streitgegenständlich ist der Entlastungsbeschluss für das Geschäftsjahr 2007. Die Ausführungen des Klägers betreffen den Zeitraum Ende 1998 bis 31. Dezember 2003. Daraus ergeben sich keine direkten Auswirkungen auf die folgenden Geschäftsjahre. Allgemeine wirtschaftliche Folgen einer einmal getroffenen strategischen Entscheidung führen nicht zur fortlaufenden Anfechtbarkeit von Vorstandsentlastungsentscheidungen (vgl. z.B. OLG Zweibrücken ZIP 1990, 453 (454)). Der Vortrag des Klägers bezüglich des nunmehr streitgegenständlichen Entlastungsbeschlusses für das Geschäftsjahr 2007 kann keine Anfechtbarkeit begründen.
V.
Auch in Sachen G wiederholt der Kläger wörtlich seinen Vortrag aus dem Verfahren 41 O 54/06 (in der Klage vom O fälschlicherweise als 41 O 410/06 bezeichnet). Weiteres trägt er nicht vor. Entsprechend den Entscheidungsgründen auf den Seiten 15 bis 17 des rechtskräftigen Urteils der Kammer vom O (Az. 41 O 54/06) zeigt der Kläger damals wie heute nicht schlüssig auf, wie der Vorstand zum Nachteil der Gesellschaft im Zusammenhang mit dem Rückerwerb der G gehandelt haben soll. Daher kann er - und insoweit ist der Vortrag des Klägers nur in ein neues Gewand gehüllt - wegen der Nichtverfolgung von Schadensersatzansprüchen durch den Vorstand in Sachen G im Geschäftsjahr 2007 keinen schwerwiegenden und eindeutigen Verstoß gegen Gesetz oder Satzung Geltend machen.
C. Die Kostenentscheidung erfolgt aus §§ 91, 101 Abs. 1 ZPO. Die Vollstreckungsentscheidung ergibt sich aus § 709 ZPO.
D. Streitwert: 100.000 Euro.
LG Düsseldorf:
Urteil v. 22.08.2011
Az: 41 O104/08
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