Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. März 2005
Aktenzeichen: 33 W (pat) 370/02

(BPatG: Beschluss v. 08.03.2005, Az.: 33 W (pat) 370/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist gegen die für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 2, 7 und 9 am 23. November 1999 angemeldeten Marke 399 74 402 COLORTEK aufgrund der für die Waren

"1 Matières plastiques à l'etat brut, ègalement sous forme de granules.

2 Matières tinctoriales.

17 Produits en matières plastiques miouvrees, egalement sous forme de granules."

geschützten prioritätsälteren IR-Marke 672 809 QolorTecham 25. September 2000 Widerspruch erhoben worden.

Die Markenstelle für Klasse 1 hat aufgrund des Widerspruchs durch Beschluss vom 6. Juni 2002 die teilweise Löschung der Marke nämlich für die Waren und Dienstleistungen

"Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche Zwecke; Kunststoff im Rohzustand; Farbherstellung (chemische Mittel zur Farbherstellung); Farbherstellung im Kunststoffbereich; Farben, insbesondere Flüssigfarben zum Einfärben von Kunststoffen; Einfärben von Kunststoffgranulat als Compound; flüssige Additive zur Veränderung und Verbesserung der physikalischen Eigenschaften von Polymeren; Flüssigfarben zum Einfärben von Beton und Gas-Beton; Flüssigfarben zum Einfärben von biologisch abbaubaren Kunststoffen; analog und digital Flüssigfarben Materialbearbeitung, insbesondere Färben von Kunststoffen"

angeordnet.

Sie hat ausgeführt, dass die sich gegenüberstehenden Waren soweit eine Löschung angeordnet worden sei, im Ähnlichkeitsbereich bis hin zur Identität lägen. Die Vergleichsmarke würde in ihrer Gesamtheit hochgradig ähnlich artikuliert. Das "Q" am Wortanfang der Widerspruchsmarke werde ganz überwiegend wie "K" ausgesprochen. Selbst wenn der Verkehr bisher die Verbindung "Qo" nicht kenne, werde er in Anlehnung an die Aussprache der Buchstabenkombination "Qu" das "Q" wie "k" sprechen. Auch das "C" am Wortanfang der angegriffenen Marke werde als "K" artikuliert.

Die Markeninhaberin hat im Verfahren vor dem Bundespatentgericht ihr Warenverzeichnis beschränkt wie folgt:

"Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche Zwecke, Farbherstellung im Kunststoffbereich;

Farben, insbesondere Flüssigfarben zum Einfärben von Kunststoffen; Einfärben von Kunststoffgranulat als Compound; flüssige Additive zur Veränderung und Verbesserung der physikalischen Eigenschaften von Polymeren; Flüssigfarben zum Einfärben von Beton und Gas-Beton; Flüssigfarben zum Einfärben von biologisch abbaubaren Kunststoffen; analog und digital Flüssigfarben Maschinen, insbesondere Farbdosieranlagen für die Einfärbung von Kunststoffen;

Maschinen, insbesondere Farbdosieranlagen für die Einfärbung von Kunststoffen;

Softwaresysteme zur Rezeptierung von Farben für Kunststoffe;

additive Dosiersysteme, soweit in Klasse 7 enthalten;

Materialbearbeitung, insbesondere Färben von Kunststoffen".

Sie trägt vor, dass unter der Anmeldemarke "COLORTEK" nur ganz spezielle Produkte vertrieben würden, im wesentlichen gehe es um den speziellen Bereich von Flüssigfarben zum Einfärben von Kunststoffen sowie zum Einfärben von Kunststoffgranulaten. Die Verkehrskreise seien bei beiden Marken Fachkreise, die gewohnt seien, die Waren sorgfältig zu prüfen. Lediglich bezüglich der Waren "Matières tinctoriales" seien geringe Ähnlichkeiten zu bejahen.

Eine klangliche Zeichenähnlichkeit bestehe nicht. "QolorTech" sei im deutschsprachigen Raum nur unter größten Schwierigkeiten auszusprechen, da sich die Schreibweise "Ko" nicht erschließe. Auch würden die Wortendungen "TEK" und "Tech" nicht als klanglich verwechselbar einzustufen sein, denn "TEK" werde mit einem "K", "Tech" mit einem weichen "ch" ausgesprochen.

Die Widerspruchsmarke sei zudem äußerst kennzeichnungsschwach. Sie bezeichne lediglich den Bereich Farben mit dem Bestandteil "Color" sowie "Technik" bzw "Technologie" mit dem Bestandteil "TEK".

Mit Schriftsatz vom 9. August 2002 hat die Markeninhaberin Nichtbenutzungseinrede erhoben.

Sie ist in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Schriftsätzlich hat sie jedoch beantragt, den Beschluss vom 6. Juni 2002 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, dass die Widerspruchsmarke auch für "Färbemittel, Farbstoffe" eingetragen sei. Diese seien identisch bzw. hochgradig ähnlich mit den verbliebenen Waren und Dienstleistungen der Anmeldemarke, vor allem mit den "Flüssigfarben". Auch in Bezug auf die für die Anmeldemarke eingetragene Dienstleistung "Materialbearbeitung, insbesondere Färben von Kunststoffen" bestehe eine hochgradige Ähnlichkeit zu den Widerspruchswaren "Kunststoff im Rohzustand, einschließlich in Granulatform" sowie "teilweise bearbeitete Produkte aus Kunststoff" und "Färbemittel/Farbstoffe". Denn in der Kunststoff- und Farbindustrie sei es üblich, Rohstoffe für andere herzustellen und auch selbst weiter zu verarbeiten.

Die Vergleichszeichen unterschieden sich lediglich in ihren Anfangsbuchstaben, die nachfolgenden 6 Buchstaben seien jedoch identisch. Das "Q" in "QolorTech" werde ganz überwiegend wie "K" ausgesprochen.

Die von der Anmelderin erhobene Nichtbenutzungseinrede sei unzulässig, das sie innerhalb der Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke erhoben worden sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Senat hält die Gefahr von Verwechslungen der Marken gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG in dem von der Markenstelle ausgesprochenen Umfang für gegeben.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen ab, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen ist (vgl EuGH GRUR Int 1999, 734 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHé/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere auf die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO - Lloyd; GRUR 1999, 995 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so dass z.B. ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke bzw durch einen höheren Grad an Warenähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRspr vgl BGH GRUR 2000, 603 Cetof/ETOP). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall im von der Markenstelle ausgesprochenen Umfang eine Verwechslungsgefahr bejaht werden.

1. Die von der Inhaberin der angegriffenen Marke am 8. Juli 2002 erhobenen Nichtbenutzungseinrede ist unzulässig, da sie innerhalb der Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke erhoben worden ist. Bei ausländischen IR-Marken beginnt die 5-Jahres-Frist für die Benutzungsschonfrist, grundsätzlich mit dem Ablauf eines Jahres nach der Eintragung in das internationale Register. Die Notifikation erfolgt im vorliegenden Fall am 12. Juni 1997, das bedeutet, dass die 5-Jahres-Schonfrist am 12. Juni 1998 zu laufen begann. Die Nichtbenutzungseinrede durfte daher erst ab dem 12. Juni 2003 erhoben werden (vgl §§ 116, 115 Abs 2, 124 MarkenG iVm Art 5 Abs 2 MMA).

Die Nichtbenutzungseinrede wurde nach der erstmaligen Erhebung vom 8. September 2002 nicht erneut geltend gemacht. Die nunmehr nicht mehr anwaltschaftlich vertretene Markeninhaberin hat lediglich ausgeführt, dass sich "die Intensivbenutzung einer Marke nicht aus dem Vorhandensein eines Prospektes" erbebe. Sie nimmt damit Bezug auch von der Inhaberin der Widerspruchsmarke vorsorglich vorgelegte Benutzungsunterlagen. Der Wille, die Benutzung der Widerspruchsmarke iSv § 43 Abs 1 zu bestreiten, muss jedoch eindeutig erklärt werden, wobei allgemeine Ausführungen zur Benutzung der Widerspruchsmarke nicht als erneute Erhebung der Einrede der Nichtbenutzung gewertet werden können. Angesichts der in diesem Zusammenhang geltenden Verhandlungsmaxime ist auch für weitere Rückfragen seitens des Gerichts kein Raum (vgl, Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Auflage, § 43 Rndz 43 mwN). Die bloße Stellungnahme der Markeninhaberin zu den von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen vermag daher nicht als entsprechende erneute Erhebung der Nichtbenutzungseinrede gewertet zu werden.

2. Somit ist hinsichtlich der Frage der Warenähnlichkeit von der Registerlage auszugehen. Die sich gegenüberstehenden noch streitgegenständlichen Waren liegen im engeren Ähnlichkeitsbereich bis hin zur Warenidentität. Die Widerspruchsmarke enthält "Matières tinctoriales" zu Deutsch "Färbemittel/Farbstoffe". Diese sind hochgradig ähnlich mit "Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche Zwecke" (vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Auflage, 2002, Seite 128, 130), "Farbherstellung im Kunststoffbereich", "Farben, insbesondere Flüssigfarben zum Einfärben von Kunststoffen", "Einfärben von Kunststoffgranulat als Compound", "flüssige Additive zur Veränderung und Verbesserung der physikalischen Eigenschaften von Polymeren", "Flüssigfarben zum Einfärben von Beton und Gas-Beton" sowie "Flüssigfarben zum Einfärben von biologisch abbaubaren Kunststoffen" und sind den Widerspruchswaren "Matières tinctoriales" ebenfalls sehr ähnlich. Es handelt sich bei den jeweiligen Waren um Farben selbst bzw. mit der Farbherstellung im engen Zusammenhang stehenden Produkte. Die Dienstleistung der angegriffenen Marke "Materialbearbeitung, insbesondere Färben von Kunststoffen" ist ebenfalls ähnlich mit den Waren der Widerspruchsmarke, da es, wie bereits die Widersprechende ausgeführt hat, in der Kunststoff- und Farbindustrie üblich ist, Rohstoffe für andere herzustellen und gleichzeitig auch selbst weiter zu verarbeiten.

3. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ist von Haus aus durchschnittlich. Die Übersetzung des Markennamens als "Farbtechnik" erfolgt angesichts der lexikalisch nicht nachweisbaren und sprachunüblichen Wortbildung und Schreibweise nicht unbedingt automatisch. Die von der Inhaberin der angegriffenen Marke genannten Drittzeichen sind in diesem Zusammenhang allein deshalb nicht zu berücksichtigten, weil nicht ersichtlich ist, ob diese tatsächlich auch benutzt worden sind. Die Widersprechende hat in der mündlichen Verhandlung darüber hinaus vorgetragen, dass die Kennzeichnungskraft durch eine intensive Benutzung gesteigert worden sei. Diese Frage kann letztlich dahingestellt bleiben, weil auch bei Unterstellung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der zwischen den Marken erforderliche Abstand nicht eingehalten wird.

4. Die Vergleichsmarken werden in ihrer Gesamtheit hochgradig ähnlich artikuliert. Entgegen der Ansicht der Inhaberin der angegriffenen Marke wird das "Q" am Wortanfang von den hier angesprochenen Verkehrskreisen, hier im wesentlichen Fachkreise, wie "K" ausgesprochen (vgl insoweit auch BPatG 25 W (pat) 53/98). Selbst wenn der deutsche Verkehr bisher die Verbindung "Qo" nicht kennt, wird er in Anlehnung auf die Aussprache der Buchstabenkombination das "Q" wie "K" aussprechen. Ebenso wird das "C" am Wortanfang der angegriffenen Marke von den beteiligten Verkehrskreisen aus der kunststoffverarbeitenden Industrie wegen des zum Grundwortschatz gehörenden englischsprachigen Wortes "color" wie "k" ausgesprochen. Auch ist es insbesondere den angesprochenen Fachkreisen geläufig, die Buchstaben "ch" in "Tech" wie "k" auszusprechen, da dies der allseits bekannten englischen Aussprache entspricht (vgl insoweit auch BPatG 32 W (pat) 138/95).

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß aus Gründen der Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.

VRi Winkler ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert Dr. Hock Kätker Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 08.03.2005
Az: 33 W (pat) 370/02


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