Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Juli 2001
Aktenzeichen: 19 W (pat) 16/01

(BPatG: Beschluss v. 18.07.2001, Az.: 19 W (pat) 16/01)

Tenor

1. Es wird festgestellt, daß die Beschwerde als nicht erhoben gilt.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I Mit Beschluß vom 12. Juli 2000 hat die Prüfungsstelle 11.32 des Deutschen Patent- und Markenamtes die am 1. November 1998 eingegangene, einen "Elektrischen Energiekonverter und Verfahren zur Energiekonversion" betreffende Patentanmeldung gemäß Patentgesetz (PatG) § 42 Abs. 3 zurückgewiesen und zur Begründung auf den Bescheid vom 7. April 2000 Bezug genommen, in dem sie den Anmelder unter Fristsetzung zur Benennung des Erfinders gemäß PatG § 37 Abs. 1 aufgefordert und ihn über die Folgen des Fehlens der Benennung unterrichtet hatte.

Der Anmelder ist der Aufforderung nicht nachgekommen.

Gegen den ihm am 20. Juli 2000 zugestellten Beschluß hat der Anmelder mit Schreiben vom 15. August 2000, eingegangen am 16. August 2000, Beschwerde eingelegt, mit der er sein Patentbegehren weiterverfolgt und behauptet, den Bescheid vom 7. April 2000 nicht erhalten zu haben; § 42 Abs. 3 des PatG sei ihm nicht bekannt.

Auf die Rechtsmittelbelehrung auf der Rückseite des Beschlußformulars wird am Ende des Beschlusses aufmerksam gemacht, in ihr ist auf die Gebührenzahlungspflicht, die Gebührenhöhe und die Zahlungsfrist ausdrücklich hingewiesen.

Auf den schriftlichen Hinweis des Rechtspflegers, mangels Zahlung der Beschwerdegebühr werde festzustellen sein, daß die Beschwerde als nicht erhoben gilt, hat der Anmelder am 29. März 2001 telefonisch mitgeteilt, er werde die Gebühr noch am selben Tag überweisen.

Auf die Möglichkeit und die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung aufmerksam gemacht, hat er mit Schreiben vom 30. März 2001 Wiedereinsetzung beantragt und zur Begründung vorgebracht, er habe sich vom 16. August bis 17. Dezember 2000, sowie vom 17. Januar bis 25. März 2001 beruflich in Rußland aufgehalten. Ein so langer Aufenthalt sei nicht vorgesehen gewesen, so daß er nicht daran gedacht habe, einer anderen Person eine Vollmacht zu erteilen.

Zwar habe er seinen Steuerberater um Rat gefragt und danach seinen "Widerspruch" gegen den Beschluß verfaßt. Weder seinem Steuerberater noch ihm selbst sei jedoch die Zahlungsaufforderung auf der Rückseite aufgefallen. Der Steuerberater hat die Behauptung des Anmelders mit Schreiben vom 2. April 2001 bestätigt und eingeräumt, die Zahlungsaufforderung auf der Rückseite des Bescheides nicht wahrgenommen zu haben. Diese räumliche Anordnung sei "unglücklich gewählt, da man damit nicht rechne bei einem Einspruch die Abhängigkeit einer Zahlung korrespondieren zu lassen".

Die Beschwerdegebühr hat der Anmelder am 29. März 2001 bezahlt.

II 1. Die Beschwerde gilt als nicht erhoben.

Die Rechtsmittel sind zwar statthaft (PatG § 73 Abs 1) und auch form- und fristgerecht eingelegt (PatG § 73 Abs 2 Satz 1).

Die Beschwerdegebühr ist jedoch nicht innerhalb der Beschwerdefrist entrichtet worden (PatG § 73 Abs 3 Halbsatz 2).

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung (PatG § 123) bleibt ohne sachlichen Erfolg.

Nach dieser Vorschrift ist wieder in den vorigen Stand einzusetzen, wer ohne Verschulden verhindert war, dem Patentgericht gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat.

Die Frist zur Gebührenzahlung ist zwar wiedereinsetzungsfähig, der Antrag ist rechtzeitig gestellt und genügt auch den förmlichen Erfordernissen; die versäumte Handlung, die Zahlung der Beschwerdegebühr, hat der Anmelder nachgeholt (PatG § 123 Abs 2).

Die von ihm zur Begründung vorgetragenen Umstände rechtfertigen die Wiedereinsetzung jedoch nicht.

Sie sind entweder für die Fristversäumung nicht ursächlich oder aber nicht unverschuldet.

Soweit der Anmelder auf berufsbedingte Abwesenheit abstellt, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, warum er nicht in der Lage gewesen sein sollte, in der Zeit zwischen den beiden Aufenthalten in Rußland, also zwischen dem 17. Dezember 2000 und dem 17. Januar 2001, die Gebühr zu entrichten oder durch seinen Berater entrichten zu lassen. Soweit jedoch dem Anmelder der Hinweis auf die Zahlungspflicht nicht "aufgefallen" ist, oder sein Bevollmächtigter die Zahlungsaufforderung "nicht wahrgenommen" hat, ist dies als Ursache für die Fristversäumung nicht unverschuldet.

Unverschuldet handelt nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, wer die für einen gewissenhaften, seine Belange sachgerecht wahrnehmenden Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den konkreten Umständen zumutbare Sorgfalt beobachtet (vgl BGH, NJW 1985, 1710; BPatGE 24, 127 und 140, 142; Schulte, PatG, 5. Aufl, § 123, Rdnr 24, Busse, PatG, 5. Aufl, § 123, Rdnr 35, 36, jeweils mwNw).

Diese Sorgfalt hat jedoch weder der Anmelder noch sein Bevollmächtigter beobachtet, sonst hätte ihnen auf dem Beschlußformular der Hinweis "auf die auf der Rückseite abgedruckte Rechtsmittelbelehrung" ebenso auffallen müssen, wie die dort aufgeführte Gebührenpflicht, dies um so mehr als dort unter einer eigenen, durch Fettdruck hervorgehobenen Überschrift "Zahlungshinweise" gegeben werden.

Das Formerfordernis für die Rechtsmittelbelehrung gemäß PatG § 47 Abs. 2 Satz 1 verlangt einen schriftlichen Hinweis als erkennbaren Bestandteil des Beschlusses (vgl Schulte, PatG, 5. Aufl, § 47, Rdnr 36).

Dafür genügt ein Abdruck auf der Rückseite, da mit dieser Maßnahme vermieden wird, daß die Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt wird oder verloren geht, wie dies bei mehrseitigen Formularen der Fall sein könnte.

Daß für die Beschwerde gegen einen Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes eine Gebühr zu entrichten ist (PatG § 73 Abs 3) kann den Anmelder und seinen Berater nicht überrascht haben. Denn die Inanspruchnahme der Dienstleistungen von Behörden oder Gerichten ist in der Regel gebührenpflichtig.

So sieht das Patentgesetz zB für Patentanmeldungen und Patente Anmelde-, Prüfungsantrags- und Jahresgebühren vor (vgl PatG § 17, 35, 44). Für weitere Bereiche von Gerichtsverfahren nach der Zivilprozeßordnung nach der Verwaltungsgerichtsordnung und der Finanzgerichtsordnung werden Kosten erhoben (vgl Gerichtskostengesetz - GKG - § 1), die in erster Linie derjenige schuldet, der das Verfahren der Instanz beantragt hat (vgl GKG § 49). Die Gerichtsgebühren werden in zahlreichen Fällen nach der Zivilprozeßordnung schon mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift fällig (vgl GKG § 61). In der Regel werden in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Gerichte erst nach Zahlung eines Gebührenvorschusses tätig (vgl GKG § 65), so daß derjenige, der die Vorauszahlung nicht leistet, den prozeßualen Nachteil einer Untätigkeit des Gerichts und damit unter Umständen sogar Rechtsverluste in Kauf nimmt (vgl Markl/Meyer, GKG, Kommentar, § 65 Rdnr 1).

So ist die Regelung in PatG § 73, die die Wirksamkeit der Beschwerde von einer Gebührenzahlung abhängig macht, keine ungewöhnliche Maßnahme und stellt keine unzumutbaren Anforderungen an die Sorgfalt eines gewissenhaften Anmelders.

Eine etwa ungenügende Sorgfalt seines Beraters, sogar wenn dieser sein Bevollmächtigter war muß sich der Anmelder zurechnen lassen (PatG § 99 Abs 1, ZPO § 85 Abs 2).

3. Da die Beschwerde als nicht erhoben gilt, ist auf die sachlichen Einwände des Anmelders gegen den angefochtenen Beschluß nicht einzugehen.

4. Es entspricht der Billigkeit, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen (PatG § 80 Abs 3).

Dr. Kellerer Schmöger Dipl.-Ing. Schmidt Dr. Mayer Be






BPatG:
Beschluss v. 18.07.2001
Az: 19 W (pat) 16/01


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