Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 21. Oktober 2002
Aktenzeichen: 6 U 196/96

(OLG Köln: Urteil v. 21.10.2002, Az.: 6 U 196/96)

Es verstößt gleichermaßen gegen § 1 UWG (übertriebenes Anlocken) wie gegen § 1 Abs. 1 ZugabeVO, wenn ein Kosmetikversender für den Fall einer sogenannten ,Testanforderung" in Höhe von mindestens DM 50,--, die binnen 14 Tagen rückgängig gemacht werden kann, nach Wahl der Kundin ein ,Produkt-Geschenk" aus dem übersandten Katalog, dessen regulärerer Kaufpreis bis zu DM 59,-- betragen kann, verspricht und zukommen läßt, das auch im Falle der Rücksendung der ,Testanforderung" behalten werden darf, sofern auf den letztgenannten Sachverhalt nicht eindeutig und unmißverständlich hingewiesen wird.

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 25. Juni 1996 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 41 O 78/96 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die durch dieses Urteil bestätigte einstweilige Verfügung der Kammer des Landgerichts vom 25. April 1996 - 41 O 78/96 - im Unterlassungsausspruch wie folgt neu gefaßt wird:Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, es zwecks Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollstrecken an dem Geschäftsführer ihrer Komplementärin, zu unterlassen,im geschäftlichen Verkehr für Kosmetikartikel:"1 Produkt-Geschenk Ihrer Wahl als unser Dankeschön, wenn der Wert Ihrer ersten Testanforderung 50,- DM erreicht"anzubieten und/oder zu bewerben wie nachfolgend wiedergegeben: pp. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Gründe

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e _:

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Unterlassungsbegehren des - gemäß §§ 2 Abs. 1 ZugabeVO, 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG prozeßführungsbefugten und aktivlegitimierten - Antragstellers ist sowohl gemäß § 1 Abs. 1 ZugabeVO als auch unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens gemäß § 1 UWG begründet. Das Landgericht hat daher mit dem angefochtenen Urteil in der Sache zu Recht die von ihm am 25. April 1996 erlassene einstweilige Verfügung bestätigt. Das Unterlassungsgebot dieser einstweiligen Verfügung war lediglich dem vom Antragsteller im Berufungstermin neu formulierten Verfügungsantrag anzupassen, der die von Anfang an konkret beanstandete Wettbewerbshandlung der Antragsgegnerin genauer als das ursprüngliche Unterlassungsbegehren zum Ausdruck bringt, ohne jedoch das Rechtsschutzziel des Antragstellers zu verändern.

1.

Diese Wettbewerbshandlung der Antragsgegnerin erfüllt den Tatbestand des § 1 Abs. 1 ZugabeVO.

Eine Zugabe im Sinne des § 1 Abs. 1 ZugabeVO liegt vor, wenn eine Ware (oder eine Leistung) neben einer entgeltlich angebotenen Hauptware ohne besondere Berechnung in Aussicht gestellt wird, wobei zwischen dem Erwerb der Nebenware und der Hauptware ein innerer Zweckzusammenhang dahin bestehen muß, daß die Nebenware mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware angeboten wird, der Kunde also die Zugabe nicht ohne den Abschluß des Vertrags über die Hauptware erlangen kann (vgl. Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 18. Aufl., § 1 ZugabeVO Rdnr. 1, 5 m.w.N.). Im Streitfall handelt es sich bei dem von dem Antragsteller angegriffenen "Produkt-Geschenk" um eine von der Antragsgegnerin ohne besondere Berechnung angebotene Zuwendung. Die Kundin darf jedoch dieses "Produkt-Geschenk" auch dann behalten, wenn sie hinsichtlich der Hauptware - der sogenannten Testanforderung, die mindestens 50,- DM erreichen muß - fristgerecht von dem ihr von der Antragsgegnerin eingeräumten 14-tägigen Rückgaberecht Gebrauch macht. Nach dem objektiven Geschehen fehlt es somit an einer Voraussetzung für die Annahme einer Zugabe im Sinne von § 1 Abs. 1 ZugabeVO, nämlich an dem nach den oben angeführten Grundsätzen geforderten inneren Zweckzusammenhang zwischen der Zuwendung und der Hauptware. Ob die Zuwendung nicht ohne den Abschluß des Vertrags über die Hauptware erlangt werden kann, richtet sich nach ständiger Rechtsprechung und ersichtlich h.M. der Literatur aber nicht danach, was der Werbende bezweckt sondern nach der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise (BGH GRUR 1989/366 "Wirtschaftsmagazin"; Baumbach-Hefermehl, a.a.O., § 1 ZugabeVO Rdnr. 8, jeweils m.w.N.). Zumindest ein nicht unbeachtlicher Teil der von der Antragsgegnerin umworbenen Kundinnen wird jedoch meinen, das ihnen in Aussicht gestellte "Produkt-Geschenk" verbleibe ihnen nur dann, wenn sie hinsichtlich der "Testanforderung" (Hauptware) nicht von ihrem Rückgaberecht Gebrauch machen. Zu dieser - unrichtigen - Vorstellung werden die Verbraucherinnen gelangen, weil aus dem im Tenor dieses Urteils wiedergegebenen Katalog der Antragsgegnerin nebst Anlagen gerade nicht - wie von der Rechtsprechung zu Recht gefordert (vgl. z.B. BGH GRUR 1995/165, 166 "Kosmetikset") - eindeutig und unmißverständlich entnommen werden kann, daß die Kundin das "Produkt-Geschenk" auch bei Rückgabe der Hauptware behalten darf.

Der Katalog selbst enthält keine Information zu dem in Rede stehenden "Produkt-Geschenk"; entsprechende Hinweise finden sich lediglich in den Anlagen zum Katalog, dort jedoch nur mit unklaren Formulierungen oder an versteckter Stelle. Das dem Katalog beiliegende Anschreiben der Antragsgegnerin, welches die Kundin im Zweifel als erstes lesen wird und auf dessen zweiter Seite sich auch die im Wortteil des Unterlassungstenors wiedergegebene Passage findet, enthüllt selbst derjenigen Kundin, die sorgfältig liest und über die Bedeutung der Erklärungen der Antragsgegnerin nachdenkt, nicht, was es mit dem "Produkt-Geschenk" bei Rückgabe der Testanforderung auf sich hat. Die Angabe "1 Produkt-Geschenk Ihrer Wahl als unser Dankeschön, wenn der Wert Ihrer ersten Testanforderung 50,- DM erreicht" kann nämlich ohne weiteres dahin verstanden werden, daß das "Produkt-Geschenk", das von der Höhe der Testanforderung abhängt, auch sonst mit dem Schicksal der Testanforderung verknüpft ist, also mit deren Rückgabe ebenfalls zurückzugeben ist bzw. als Geschenk der Kundin nur verbleibt, wenn sich diese entschließt, die Hauptware zu behalten. Zu dieser Vorstellung wird die durchschnittliche Kundin um so mehr gedrängt, als es sich bei dem "Produkt-Geschenk" nicht um ein "Pröbchen" von geringem Wert handelt, wie es im Kosmetikbereich üblich ist, sondern um eine Originalware der Antragsgegnerin. Diese Originalware kann zudem angesichts der der Kundin eingeräumten individuellen Wahlmöglichkeit auch ein im Katalog der Antragsgegnerin angebotenes Produkt bis zum Preis von 59,- DM sein, also ein Produkt, das ebenso teuer ist wie die sogenannte Testanforderung bzw. deren Preis sogar überschreiten kann.

Hinzu kommt, daß die Antragsgegnerin ebenfalls auf Seite 2 des erwähnten Anschreibens bei den dort als Dankeschön für die "Antwort" der Kundin vorgestellten 4 Mini-Lippenstifte ausdrücklich erklärt, daß die Kundin dieses Dankeschön auch dann erhält, wenn die Kundin "heute" nichts anfordert. Ein derartiger ausdrücklicher Hinweis bei den Mini-Lippenstiften, die - anders als das zuvor erwähnte

"Produkt-Geschenk" - ersichtlich eher als im Kosmetikbereich übliche Warenprobe einzuordnen sind, läßt aus der Sicht der Kundin erwarten, daß sie ebenfalls bei dem "Produkt-Geschenk" entsprechend ausdrücklich darüber aufgeklärt würde, wenn sie dieses Geschenk auch bei Rückgabe der Testanforderung behalten dürfte. Sie wird daher das Fehlen eines derartigen Hinweises bei dem "Produkt-Geschenk" dahin verstehen, daß dieses Geschenk ihr gerade nicht unabhängig davon angeboten wird, ob sie die "Testanforderung" behält oder nicht.

Die sonstigen Anlagen zum Katalog der Antragsgegnerin enthalten ebenfalls keine eindeutige und unmißverständliche Aufklärung der Kundin darüber, daß sie das "Produkt-Geschenk" selbst bei Rückgabe der Testanforderung behalten darf. Bis auf den Bestellzettel (der die Kennummer BC.6.285.21.D. trägt) finden sich dort vielmehr nur die bereits in dem vorstehend erörterten Anschreiben enthaltenen Angaben. Aber auch der erwähnte Bestellzettel klärt die Kundin nicht gehörig auf. Dort werden zunächst im oberen Drittel des Zettels die bereits erwähnten vier Mini-Lippenstifte bildlich und auch im Text in den Vordergrund gestellt, wiederum mit dem Hinweis, daß die Kundin diese Lippenstifte unabhängig davon erhält, ob sie eine Bestellung aufgibt. Der übrige Inhalt des Bestellzettels weist lediglich Angaben auf, wie sie schon in den anderen Kataloganlagen genannt waren, bzw. enthält im unteren Drittel des Bestellzettels, ein fettgedruckter Hinweis auf das "Produkt-Geschenk", das dort eingetragen werden soll, wenn der Wert der Testanforderung der Kundin 50,- DM erreicht, ohne daß jedoch zumindest bei diesem optisch deutlich hervorgehobenen Hinweis etwas dazu gesagt wird, was mit dem "Produkt-Geschenk" zu geschehen hat, wenn die Kundin die Testanforderung wieder zurückgibt. Ein derartiger Hinweis erscheint vielmehr erst in der sehr kleingedruckten und zusätzlich durch sehr dünne Buchstaben unauffällig gestalteten Angabe in der rechten untersten Ecke des Bestellzettels: "Jedes Dankeschön der Createure dürfen Sie in jedem Fall behalten. Auch wenn Sie von Ihrem Rückgaberecht Gebrauch machen und sich nicht zum Kauf entschließen." Ein großer Teil der Kundinnen wird angesichts dieser Gestaltung des Bestellzettels dem - noch dazu nur allgemein auf "jedes Dankeschön" und nicht speziell auf das "Produkt-Geschenk" bezogenen - buchstäblich an letzter Stelle angebrachten Hinweis entweder keine Aufmerksamkeit schenken bzw. ihn schlicht überlesen oder aber ihn nur flüchtig lesen und keine Verbindung zum "Produkt-Geschenk" herstellen, weil diese Kundinnen zu Recht erwarten werden, daß sie eine Aufklärung darüber, ob sie das "Produkt-Geschenk" auch bei Wahrnehmung ihres Rückgaberechts behalten dürfen, ebenso wie den bereits erörterten Hinweis zu den vier Mini-Lippenstiften jeweils bei den konkret auf das "Produkt-Geschenk" bezogenen Angaben finden und nicht, wie im Streitfall, an versteckter Stelle.

Zumindest ein nicht unbeachtlicher Teil der von der Antragsgegnerin umworbenen Verbraucherinnen, vermutlich aber sogar ein weitaus größerer Kreis dieser Kundinnen, wird danach meinen, das streitgegenständliche "Produkt-Geschenk" müsse bei Ausübung des Rückgaberechts hinsichtlich der Warenbestellung ebenfalls zurückgegeben werden, sei also ein Geschenk, welches an den endgültigen Kauf der mit der sogenannten Testanforderung georderten Ware gekoppelt ist. Damit erfüllt das von der Antragsgegnerin in Aussicht gestellte "Produkt-Geschenk" die oben angeführten Voraussetzungen einer Zugabe im Sinne von § 1 Abs. 1 ZugabeVO. Unerheblich ist dabei, ob der Kaufvertrag wie die Antragsgegnerin geltend macht, für die Hauptware erst dann zustande kommt, wenn die Kundin von ihrem Rückgaberecht keinen Gebrauch macht. Der für die Annahme einer Zugabe im Sinne des § 1 Abs. 1 ZugabeVO geforderte innere Zweckzusammenhang zwischen dem Haupt- und dem Nebengeschäft braucht kein räumlicher oder zeitlicher zu sein. Die Zugabe muß nur in äußerlich erkennbarer Weise mit Rücksicht auf den Erwerb der Hauptware in Aussicht gestellt werden, sei es daß beide zeitlich zusammenfallen, sei es auch, daß das eine dem an deren vorausgeht oder nachfolgt (vgl. Baumbach-Hefermehl, a.a.O. § 1 ZugabeVO Rdnr. 6, 11 m.w.N.). Eine Zuwendung hat daher auch dann Zugabecharakter, wenn sie erkennbar unter der Voraussetzung des nachfolgenden Warenbezugs gewährt ist, somit nicht nur in der bloßen Erwartung gewährt wird, daß die Bestellung und Annahme einer Hauptleistung folgen werde, sondern vom Abschluß des späteren Hauptgeschäfts abhängig ist. Im Streitfall besteht jedoch eine derartige Abhängigkeit, denn die Kundinnen müssen nach den Ankündigungen der Antragsgegnerin davon ausgehen, daß sie unabhängig vom Zeitpunkt des Abschluß des Hauptgeschäfts das "Produkt-Geschenk" nur dann behalten dürfen, wenn es zum endgültigen Kauf der Hauptware kommt, vom Rückgaberecht der "Testanforderung" also kein Gebrauch gemacht wird.

Da schließlich die in § 1 Abs. 2 und 3 ZugabeVO angesprochenen Ausnahmetatbestände vorliegend - unstreitig - nicht eingreifen, ist somit die Antragsgegnerin gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 ZugabeVO in Verbindung mit § 2 Abs. 1 ZugabeVO zur Unterlassung verpflichtet.

2.

In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist das angegriffene Wettbewerbsverhalten der Antragsgegnerin darüber hinaus als unlauteres übertriebenes Anlocken und damit als Verstoß gegen § 1 UWG zu werten.

Werbegeschenke an Kunden sind nicht in jedem Fall gemäß § 1 UWG wettbewerbswidrig, sondern nur dann, wenn sie ein unsachliches Mittel darstellen, das geeignet ist, die Entschließung des Kunden in einer den Grundsätzen des Leistungswettbewerbs widersprechenden Weise zu beeinflussen. Dabei kommt es darauf an, ob die Geschenke nach Zweck und Wirkung das Publikum im Rahmen einer bloßen Aufmerksamkeitswerbung lediglich auf das eigene Angebot des Werbenden hinweisen oder ob sie geeignet sind, den Kunden zu veranlassen, seine Wahl in erster Linie nicht nach Preiswürdigung und Qualität zu treffen, sondern danach, wie er in den

Genuß der fraglichen Zuwendung kommen kann (vgl. BGH GRUR 1958/649 f. "Rocroni-Ascher"; BGH GRUR 1986/820 f. "Probe-Jahrbuch"; BGH WRP 1992/644 f. "Glücksball-Festival"; BGH GRUR 1989/366 f. "Wirtschaftsmagazin"; BGH GRUR 1995/165 f. "Kosmetik-Set"; Baumbach-Hefermehl a.a.O., § 1 UWG Rdnr. 93 f., 97 m.w.N.).

Stellt man auf denjenigen nicht unbeachtlichen Teil der von der Antragsgegnerin umworbenen Verbraucherinnen ab, die sämtliche Anlagen zum Katalog der Antragsgegnerin sorgfältig von Anfang bis Ende studieren und nach vollständiger Lektüre des Bestellzettels tatsächlich entdecken, daß sie das für den Fall einer Testanforderung ab 50,- DM versprochene "Produkt-Geschenk" auch bei (fristgerechter) Wahrnehmung ihres Rückgaberechts hinsichtlich der mit der Textanforderung bestellten Waren behalten dürfen - nach der Behauptung der Antragsgegnerin sollen dies sogar sämtliche Kundinnen sein - stellt das von der Antragsgegnerin angebotene "Produkt-Geschenk" unter Beachtung dieser Grundsätze ein von § 1 UWG untersagtes übermäßiges Anlocken dar. Wie schon im Rahmen der Erörterung des § 1 Abs. 1 ZugabeVO erwähnt, handelt es sich bei diesem Geschenk nicht um eine der im Kosmetikbereich üblichen Warenproben, die der Kundin lediglich einen kurzfristigen Test - eben nur ein Ausprobieren - eines bestimmten Erzeugnisses ermöglichen sollen. Es geht auch nicht um eine geringwertige Zuwendung in der Art der Werbegeschenke, wie sie z.B. Gegenstand des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 7. Mai 1992 "Glücksball-Festival" waren (vgl. WRP 1992/664, dort ging es um Taschenkämme, Taschenspiegel, Haarschleifen u.s.w.). Die Antragsgegnerin bietet vielmehr der umworbenen Verbraucherin die Möglichkeit, sich bei einer Testanforderung im Wert ab 50,- DM eine beliebige Originalware aus dem Katalog als "Produkt-Geschenk" auszusuchen, damit auch einen Artikel, der zum Beispiel mit 59,- DM dem Wert der Testbestellung nicht nur entspricht, sondern sogar geringfügig höher ist. Dieser erhebliche Wert des "Produkt-Geschenks" wird in den Augen der Verbraucherinnen zusätzlich noch dadurch gestei-

gert, daß jeder beliebige Artikel des Katalogs ausgewählt werden kann. Sowohl für sich genommen als auch in Relation zu dem Gesamtwert der "Testanforderung", der erreicht werden muß, um das von der Antragsgegnerin in Aussicht gestellte "Produkt-Geschenk" zu erhalten, kann eine derartige Zuwendung nicht mehr als bloße Aufmerksamkeitswerbung angesehen werden. Die Attraktion, die von dem von der Antragsgegnerin angekündigte "Produkt-Geschenk" ausgeht, ist vielmehr aus den dargestellten Umständen derart erheblich, daß sie nicht nur einen nicht unbeachtlichen Teil derjenigen Verbraucherinnen, die ohnehin bei der Antragsgegnerin bestellen wollten dazu bringen wird, sehr viel mehr zu bestellen, als zunächst vorgesehen, um in den Genuß dieses wertvollen Geschenks zu gelangen, sondern ebenfalls solche Verbraucherinnen, die eigentlich nichts bestellen wollten, angesichts des in Aussicht gestellten Geschenks zu einer Testanforderung von mindestens 50,- DM verleiten wird. In beiden Fällen werden jedoch die Verbraucherinnen nicht in erster Linie durch die Qualität und bzw. oder die Preiswürdigkeit der von der Antragsgegnerin beworbenen Waren zu Bestellung veranlaßt sondern durch das bei einer Testanforderung ab 50,- DM zu erlangende wertvolle "Produkt-Geschenk", dazu gebracht.

Ein derartiges Einwirken auf die Verbraucher verstößt gegen die Grundsätze des Leistungswettbewerbs und ist deshalb unlauter. Dabei spielt es keine Rolle, daß die von der Antragsgegnerin umworbenen Kundinnen die Möglichkeit haben, die bei der Testanforderung bestellten Waren innerhalb von 14 Tagen zurückzugeben (und das "Produkt-Geschenk" dennoch zu behalten). Schon die Veranlassung einer derartigen Testbestellung durch die Kundin mit Hilfe des beanstandeten "Produkt-Geschenks" ist gemäß § 1 UWG anstößig. Ist nämlich die Testbestellung einmal bei der Kundin, hat die Antragsgegnerin bereits eine beachtliche Schwelle für einen Kauf der Waren durch die Kundin überwunden, sei es, weil der Kundin die Produkte der Antragsgegnerin nach Ausprobieren der Ware zusagen, sei es, weil das sehr großzügige Geschenk der Antragsgegnerin etwaige Bedenken der Kundin gegenüber dem Produkt mindert und zu deren Behalten veranlaßt, sei es aber auch nur, weil die Kundin Hemmungen hat, die bestellten Produkte zurückzuschicken und damit gegenüber der Antragsgegnerin konkludent zum Ausdruck zu bringen, daß ihr deren Produkte nicht gefallen, gleichzeitig jedoch das Geschenk (eine Originalware) zu behalten. Nicht wenige Verbraucherinnen werden schließlich die Produkte nicht zurückschicken, weil sie schlicht die Mühe scheuen, die Produkte wieder zu verpacken und zur Post zu bringen (vgl. dazu bereits BGH GRUR 1968/649, 651 "Rocroni-Ascher").

3.

Der Antragsteller ist aktivlegitimiert, den sich danach aus §§ 1, 2 ZugabeVO und aus § 1 UWG ergebenen Unterlassungsanspruch gemäß § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG (i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 2 ZugabeVO) gegenüber der Antragsgegnerin geltend zu machen.

Daß dem Antragsteller eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die Antragsgegnerin vertreiben, wie von § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG gefordert, wird von der Antragsgegnerin angesichts der vom Antragsteller glaubhaft gemachten Angaben zu Recht ebensowenig in Frage gestellt wie die in der genannten Vorschrift vorausgesetzte persönliche, sachliche und finanzielle Ausstattung des Antragstellers zur tatsächlichen Wahrnehmung seiner satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher Interessen. Die vom Antragsteller angegriffene Handlung der Antragsgegnerin ist jedoch auch geeignet, den Wettbewerb auf dem hier in Rede stehenden Markt wesentlich zu beeinträchtigen, so daß der Tatbestand des § 13 Abs. 2 Ziff. 2 UWG ebenfalls insoweit erfüllt ist. Bereits das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß sich das Unterlassungsbegehren des Antragstellers gegen einen Verstoß wendet, von dem eine erhebliche Anlockwirkung für die angesprochenen Verkehrskreise ausgeht. Berücksichtigt man zudem, daß sich das Wettbewerbshandeln der Antragsgegnerin ersichtlich auf den gesamten deutschen Markt erstreckt, kann sowohl nach der Art des streitgegenständlichen Verstoßes als auch nach seinem Umfang und seiner Intensität kein Zweifel daran bestehen, daß der Wettbewerb auf dem Kosmetikmarkt durch dieses Verhalten der Antragsgegnerin entsprechend den überzeugenden Darlegungen des Landgerichts wesentlich beeinträchtigt werden kann. Dies gilt um so mehr, als das Verhalten der Antragsgegnerin dazu angelegt ist, andere Wettbewerber zu gleichartigen Zuwiderhandlungen gegen § 1 Abs. 1 ZugabeVO bzw. gegen § 1 UWG zu veranlassen, um dem von dem "Produkt-Geschenk" der Antragsgegnerin ausgehenden Anlockeffekt entgegenzuwirken und die Aufmerksamkeit der umworbenen Verkehrskreise ihrerseits in wettbewerbswidriger Weise auf die von ihnen angebotenen Waren zu lenken.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Eine Belastung des Antragstellers mit einem Teil der Gerichtskosten wegen des im Berufungstermin neu formulierten Verfügungsantrags kam nicht in Betracht. Diese Umformulierung des Antrags stellt aus den bereits eingangs der Entscheidungsgründe angeführten Erwägungen keine Antragsänderung im Sinne von § 263 ZPO dar. Sie beinhaltet aber auch keine teilweise Rücknahme des Antrags nach § 269 ZPO; dies gilt auch, soweit der Antragsteller mit dem neu formulierten Antrag nicht mehr das Gewähren des mit der beanstandeten Verlautbarung beworbenen "Produkt-Geschenks" zur Unterlassung fordert. Es liegt auf der Hand, daß sich der Streit beider Parteien angesichts der angegriffenen Ankündigung der Antragsgengerin, die den Streit ausgelöst hat, in erster Linie und maßgeblich um die Frage der Zulässigkeit der Bewerbung des "Produkt-Geschenks" dreht; dieser Streit bestimmt damit auch den Streitwert. Demgegenüber fällt das bis zur Antragsumformulierung beanstandete "Gewährung" des "Produkt-Geschenks" nicht ins Gewicht und rechtfertigt daher, wenn das Fallenlassen dieser Beanstandung als teilweise Antragsrücknahme zu werten sein sollte, zu Gunsten der Antragstellerin die Anwendung des § 92 Abs. 2 ZPO.

Das Urteil ist gemäß § 545 Abs. 2 ZPO mit der Verkündung rechtskräftig.






OLG Köln:
Urteil v. 21.10.2002
Az: 6 U 196/96


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