Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Oktober 2001
Aktenzeichen: 5 W (pat) 445/00

(BPatG: Beschluss v. 11.10.2001, Az.: 5 W (pat) 445/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts -- Gebrauchsmusterabteilung I - vom 31. Juli 2000 aufgehoben.

Das Gebrauchsmuster 92 17 562 wird gelöscht, soweit es über den Schutzanspruch 1 in der Fassung vom 11. Oktober 2001 und die hierauf bezogenen Schutzansprüche 2 bis 13 in der Fassung des 1. Hilfsantrags vom 31. Juli 2000 hinausgeht.

Im übrigen werden der Löschungsantrag und die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug werden geteilt, die Kosten des Verfahrens im zweiten Rechtszug tragen die Antragstellerin zu 5/6 und die Antragsgegner zu 1/6.

Gründe

I Die Antragsgegner sind Inhaber des am 22. Dezember 1992 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten und am 1. Juli 1993 mit der Bezeichnung Fahrradhaus zur Unterbringung von Fahrrädernin die Rolle eingetragenen Gebrauchsmusters 92 17 562. Die Schutzdauer ist verlängert.

Die mit der Anmeldung des Gebrauchsmusters eingereichten und der Eintragung zugrundeliegenden Schutzansprüche 1 bis 14 lauten:

1. Fahrradhaus zur Unterbringung von Fahrrädern, dadurch gekennzeichnet, daß die Fahrräder (1) an einer um die vertikale Achse (2) (Drehspindel) drehbaren Haltevorrichtung (3) mittels Haltemitteln (4) in Umfangrichtung nebeneinander lösbar gehalten sind.

2. Fahrradhaus nach Absatz 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Haltevorrichtung (3) mit den Haltemitteln (4) durch am oberen Ende der vertikalen Achse (2) angebrachte, sich in radialer Richtung erstreckende Haltearme (5) gehalten werden.

3. Fahrradhaus nach Absatz 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Haltevorrichtung (3) zwölf Haken als Haltemittel (4) zum Einhängen eines Rades des betreffenden Fahrrades (1) aufweist.

4. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß die Haltemittel (4) unabhängig voneinander höhenverstellbar sind.

5. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß Sicherungsmittel (6) vorgesehen sind, mit denen die Fahrräder (1) unabhängig lösbar mit der vertikalen Achse (2) verbunden werden können.

6. Fahrradhaus nach Absatz 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Sicherungsmittel (6) als sich radial von der vertikalen Achse (2) erstreckende Arme ausgebildet sind.

7. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß in der Wand des Fahrradhauses eine Doppeltür (7) vorgesehen ist, die verschließbar ausgeführt sein kann.

8. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß eine Aufnahme von 12 Fahrrädern (1) möglich ist.

9. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß höhenverstellbare Stützfüße (8) zum Erreichen eines geraden Standes auf unebenem Boden vorgesehen sind, mit denen der Grundrahmen (10) ausnivelliert wird.

10. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß die Haltearme (5) nach Abs. 2 ein Drehen der Haltevorrichtung (3) mit den Haltemitteln (4) um die vertikale Achse (2) in den Türbereich (7) ermöglichen.

11. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß an der vertikalen Achse (2) Abstandshalter (9) so angebracht sind, daß die Fahrräder (1) in Umfangsrichtung abwechselnd jeweils einen größeren bzw. kleineren Abstand zur Drehachse einnehmen.

12. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß es einen im wesentlichen runden Grundriß besitzt.

13. Fahrradhaus nach Absatz 12, dadurch gekennzeichnet, daß der Grundriß durch eine 12 - eckige Form gebildet wird.

14. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Absätze, dadurch gekennzeichnet, daß es eine im wesentlichen wettersichere Ausführung darstellt.

Die Antragstellerin hat am 4. September 1999 beim Patentamt Antrag auf Löschung des Gebrauchsmusters gestellt, da der Gegenstand der Schutzansprüche im Hinblick auf den Stand der Technik nach einem vorbenutzten Fahrradhaus nicht schutzfähig sei. Das vorbenutzte Fahrradhaus beruhe auf einen Entwurf des Architekten S... und sei von ihr Mitte der 80er Jahre gebaut und ver- kauft worden. Ein entsprechendes Fahrradhaus sei ua in H... im Jahre 1985 aufgestellt worden. Nachdem S... seine Entwicklung an die Antragstellerin übertragen habe, hätten die Antragsgegner sie mit der Anmeldung widerrechtlich entnommen.

Die Antragsgegner haben dem Löschungsantrag widersprochen. Später haben sie das Gebrauchsmuster in beschränktem Umfang und sodann hilfsweise mit zwei weiter eingeschränkten Anspruchsfassungen verteidigt. Die Schutzansprüche 1 bis 13 des ersten Hilfsantrags (vom 31. Juli 2000) lauten:

1. Fahrradhaus zur Unterbringung von Fahrrädern, wobei die Fahrräder (1) an einer um die vertikale Achse (2) (Drehspindel) drehbaren Haltevorrichtung (3) mittels Haltemitteln (4) in Umfangsrichtung nebeneinander lösbar gehalten sind, dadurch gekennzeichnet, daß an der vertikalen Achse (2) Abstandshalter (9) so angebracht sind, daß die Fahrräder (1) in Umfangsrichtung abwechselnd jeweils einen größeren bzw. kleineren Abstand zur Drehachse einnehmen.

2. Fahrradhaus nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Haltevorrichtung (3) mit den Haltemitteln (4) durch am oberen Ende der vertikalen Achse (2) angebrachte, sich in radialer Richtung erstreckende Haltearme (5) gehalten wird.

3. Fahrradhaus nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Haltevorrichtung (3) zwölf Haken als Haltemittel (4) zum Einhängen eines Rades des betreffenden Fahrrads (1) aufweist.

4. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Haltemittel (4) unabhängig voneinander höhenverstellbar sind.

5. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß Sicherungsmittel (6) vorgesehen sind, mit denen die Fahrräder (1) unabhängig lösbar mit der vertikalen Achse (2) verbunden werden können.

6. Fahrradhaus nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Sicherungsmittel (6) als sich radial von der vertikalen Achse (2) erstreckende Arme ausgebildet sind.

7. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß in der Wand des Fahrradhauses eine Doppeltür (7) vorgesehen ist, die verschließbar ausgeführt sein kann.

8. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß eine Aufnahme von 12 Fahrrädern (1) möglich ist.

9. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß höhenverstellbare Stützfüße (8) zum Erreichen eines geraden Standes auf unebenem Boden vorgesehen sind, mit denen der Grundrahmen (10) ausnivelliert wird.

10. Fahrradhaus nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Haltearme (5) ein Drehen der Haltevorrichtung (3) mit den Haltemitteln (4) um die vertikale Achse (2) in den Türbereich (7) ermöglichen.

11. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß es einen im wesentlichen runden Grundriß besitzt.

12. Fahrradhaus nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß der Grundriß durch eine 12 - eckige Form gebildet wird.

13. Fahrradhaus nach einem oder mehreren der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß es eine im wesentlichen wettersichere Ausführung darstellt.

Die Gebrauchsmusterabteilung I des Patentamts hat Schriften zum Stand der Technik genannt. Sie hat am 31. Juli 2000 das Gebrauchsmuster gelöscht, soweit es über die Schutzansprüche 1 bis 13 nach Hilfsantrag I der Antragsgegner hinausgeht.

Die Gebrauchsmusterabteilung hat erklärt, daß der Gegenstand nach dem ersten Hilfsantrag gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik auf einem erfinderischen Schritt beruhe, ohne allerdings darzutun, warum der in erster Linie verteidigte Gegenstand zu löschen sei.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie macht geltend, der Vortrag zur offenkundigen Vorbenutzung und zur widerrechtlichen Entnahme sei mit dem angefochtenen Beschluß als unsubstantiiert zurückgewiesen worden, ohne daß ihr Gelegenheit zur Ergänzung des Vortrags gegeben worden sei. Zu Unrecht sei überdies der Gegenstand nach dem ersten Hilfsantrag für schutzfähig erklärt worden.

Die Antragsgegner verteidigen das Gebrauchsmuster mit dem Schutzanspruch 1 in der der während der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2001 eingereichten Fassung und mit den hierauf bezogenen Schutzansprüchen 2 bis 13 in der Fassung des Hilfsantrags 1 vom 31. Juli 2000.

Der Schutzanspruch 1 vom 11. Oktober 2001 lautet:

Fahrradhaus zur Unterbringung von Fahrrädern, wobei die Fahrräder (1) an einer um die vertikale Achse einer Drehspindel (2) drehbaren Haltevorrichtung (3) mittels Haltemitteln (4) in Umfangsrichtung nebeneinander lösbar gehalten sind, dadurch gekennzeichnet, daß an der Drehspindel (2) Abstandshalter (9) so angebracht sind, daß die Fahrräder (1) in Umfangsrichtung abwechselnd jeweils einen größeren bzw kleineren Abstand zur Drehspindel (2) einnehmen, derart, daß die einen Abstandshalter (9) in unmittelbarer Nähe der Drehspindel (2) und die anderen Abstandshalter (9) in einem solchen Abstand zur Drehspindel (2) angeordnet sind, daß sich die Pedale nicht verhaken.

Die Unteransprüche 2 bis 13 entsprechen (bei angepaßter Rückbeziehung auf den neuen Schutzanspruch 1) den Unteransprüchen 2 bis 13 gemäß Hilfsantrag 1 vom 31. Juli 2000.

Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß)

die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Löschung des Gebrauchsmusters in vollem Umfang.

Die Antragsgegner beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie treten dem Vorbringen der Antragstellerin entgegen.

II Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin beruht der angefochtene Beschluß zwar nicht auf einer Versagung des rechtlichen Gehörs. Soweit die Gebrauchsmusterabteilung hinsichtlich der vorgetragenen offenkundigen Vorbenutzung und in Verbindung damit auch hinsichtlich der geltend gemachten widerrechtlichen Entnahme mangelnde Substantiierung angenommen hat und dem Vorbringen deshalb nicht weiter nachgegangen ist, ist der Antragstellerin zuvor Gelegenheit zur Ergänzung ihrer Darstellung gegeben worden. In dem Prüfungsbescheid vom 3. Juli 2000 hat die Gebrauchsmusterabteilung nämlich in Wahrnehmung ihrer Aufklärungspflicht darauf hingewiesen, daß sie das Vorbringen für unzureichend erachtet.

Der angefochtene Beschluß ist allerdings schon deshalb aufzuheben, weil er einer Begründung ermangelt, warum das Gebrauchsmuster in dem in erster Linie verteidigten Umfang gelöscht worden ist. Der Löschungsantrag mit den beiden geltend gemachten Löschungsansprüchen ist insoweit nur im Tenor beschieden. Der Senat sieht trotz dieses wesentlichen Verfahrensmangels (§ 79 Abs 3 Nr 2 PatG) von einer Zurückverweisung an die Gebrauchsmusterabteilung ab, um das Verfahren nicht wesentlich zu verzögern, nachdem kein neuer Tatsachenvortrag mehr erfolgt ist.

2. Soweit das Gebrauchsmuster nicht mehr verteidigt wird, ist der Löschungsantrag ohne weiteres aus § 17 Abs 1 Satz 2 GebrMG begründet. Der Löschungsantrag ist aber im Umfang der verteidigten Fassung nicht begründet.

a) Der Hauptanspruch besteht aus einer zulässigen Zusammenfassung der eingetragenen Ansprüche 1 und 11 und aus Merkmalen der Beschreibung und der Zeichnung. Die Aufnahme der Merkmale des Anspruchs 11 in den Anspruch 1 führt offensichtlich zu einer Beschränkung des Gebrauchsmustergegenstandes. Auch die aus der Beschreibung und der Zeichnung aufgenommenen Merkmale haben beschränkenden Charakter. Denn sie sind dort als Gegenstand einer Ausführungsform der unter Schutz gestellten Lehre aufgeführt (vgl für das Patentrecht BGH GRUR 1966, 312, 316 - Appetitzügler; GRUR 1991, 307, 308 - Bodenwalze). Die Ausgestaltung der Abstandshalter sind auf S 1 (6. Abs) der Beschreibung und in dem in den Zeichnungen dargestellten entsprechenden Ausführungsbeispiel in Fig 3 wiedergegeben. Diese Merkmale sind für den Fachmann (hier: einen Techniker des Maschinenbaus) ohne weiteres entnehmbar.

b) Der geltend gemachte Löschungsanspruch wegen mangelnder Schutzfähigkeit (§ 15 Abs 1 Nr 1 GebrMG) ist nicht gegeben.

Der Gegenstand des verteidigten Schutzanspruchs 1 ist gegenüber den Gegenständen der im Laufe des Verfahrens genannten Entgegenhaltungen und gegenüber dem angeblich vorbenutzten Fahrradhaus neu (§ 3 GebrMG).

Keiner der Gegenstände nach den genannten Entgegenhaltungen DE 40 14 158 A1, DE 90 03 053 U1, DE 89 08 931 U1, DE 87 05 973 U1, DE-GM 74 41 170, DE-GM 19 78 118, DE-GM 16 96 220, EP 0 257 494 A1, FR 2 546 123, FR 2 503 654, und GB 255 452 weist alle Merkmale des kennzeichnenden Teils des Schutzanspruchs 1 auf.

Das angeblich vorbenutzte Fahrradhaus unterscheidet sich von der Lösung nach dem Schutzanspruch 1 ua dadurch, daß die Abstandshalter an der Drehspindel so angebracht sind, daß die Fahrräder (1) in Umfangsrichtung nicht abwechselnd jeweils einen größeren bzw kleineren Abstand zur Drehspindel (2) einnehmen, derart, daß die einen Abstandshalter (9) in unmittelbarer Nähe der Drehspindel (2) und die anderen Abstandshalter (9) in einem solchen Abstand zur Drehspindel (2) angeordnet sind, daß sich die Pedale nicht verhaken.

Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 beruht im Hinblick auf den berücksichtigten Stand der Technik auf einem erfinderischen Schritt (§ 1 GebrMG).

Das angeblich vorbenutzte Fahrradhaus nach dem Entwurf des Architekten S... ist nach den vorgelegten Konstruktionszeichnungen (11 Blatt) vom 17. Mai 1984 dazu geeignet, 12 Fahrräder unterzubringen. Die Fahrräder sind an einer drehbaren Haltevorrichtung, die aus mehreren Drehgriffen, zwei konzentrischen Ringen und diese verbindenden radialen Streben sowie Haltemitteln (Haken) bestehen, lösbar gehalten. Die Haltevorrichtung dreht dabei um die vertikale Achse einer Drehspindel (vgl hierzu Blatt 4, 5 und 11 der Zeichnungen). Die eingehängten Fahrräder hängen dabei gemäß Blatt 2 mit dem Hinterrad frei in der Luft. Gemäß Blatt 10 scheint aber auch vorgesehen zu sein, daß die Hinterräder der eingehängten Fahrräder an einem an der Drehspindel konzentrisch befestigten Rohr anliegen, das radial abstehende Flügel aufweist. Die Hinterräder der Fahrräder werden dabei durch die Flügel seitlich auf Abstand zueinander gehalten. Das Rohr mit den Flügeln kann somit als Abstandshalter für die Fahrräder angesehen werden. Da die Hinterräder der Fahrräder dabei alle den selben relativ kleinen Abstand zum Rohr bzw zur Drehspindel aufweisen, kann ein Verhaken der Pedale nicht ausgeschlossen werden. Der Fachmann erhält daher keine Anregung zu einer konstruktiven Ausgestaltung des Abstandshalters gemäß den kennzeichnenden Merkmalen des Schutzanspruchs 1.

Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob das angeblich vorbenutzte Fahrradhaus vor dem Anmeldetag des Gebrauchsmusters tatsächlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und damit Stand der Technik wurde.

Einen ähnlichen Abstandshalter 3, 4, der konzentrisch zur Drehspindel 5 angeordnet ist, enthält auch das Fahrradhaus nach dem DE-GM 16 96 220. Auch dort liegen alle Hinterräder der aufgehängten Fahrräder äquidistant zur Drehachse am Abstandshalter an. Der Abstandshalter weist dabei einen großen radialen Abstand zur Drehspindel auf, so daß sich infolge dieses Abstandes die Pedale der Fahrräder nicht verhaken können. Das Fahrradhaus weist aber wegen der Konstruktion der Abstandshalter einen großen Durchmesser und damit eine große Stellfläche auf, was beim Gegenstand des Schutzanspruchs 1 vermieden werden soll. Somit weist diese Ausführung eines Fahrradhauses den Fachmann eher von der vorliegenden Aufgabe und der beanspruchten Lösung weg.

Gleiches gilt für den Fahrradständer nach dem DE-GM 19 78 118. Dort ist der Abstandshalter durch einen mehreckigen Stützring 10 gebildet, der in einem größeren Abstand zur Drehspindel 4 befestigt ist. Am Abstandshalter befinden sich Sattelbleche 12, in die die Hinterräder der Fahrräder eingestellt werden können. Die Sattelbleche sind dabei an den Ecken und mittig zwischen den Ecken des mehreckigen Stützrings angeordnet. Aufgrund dieser Konstruktion weisen die Fahrräder bzw deren Hinterräder einen größeren bzw einen geringfügig kleineren Abstand zur Drehspindel auf, was aber bezüglich der Problematik des Verhakens der Pedale benachbarter Fahrräder wegen des großen Abstands der Abstandshalter zur Drehspindel keine Rolle spielt. Diese Konstruktion ist somit auch nicht so ausgelegt, daß der Fahrradständer eine kleinstmögliche Stellfläche benötigt. Somit muß der Fachmann ausgehend von diesem Gegenstand über seine fachliche Routine hinausgehen, um zu einer Lösung mit den Merkmalen des Schutzanspruchs 1 zu gelangen.

Der Fahrradständer nach dem DE 90 03 053 U1 weist unmittelbar an der Drehspindel 1 befestigte Führungsschienen 5 als Abstandshalter für die Hinterräder der eingestellten Fahrräder auf. Damit hat dieser Fahrradständer einen geringen Stellflächenbedarf. Wenn jedoch ausgeschlossen werden soll, daß die Pedale der Fahrräder sich verhaken können, kann in diesen Ständer nur eine kleine Anzahl von Fahrrädern (im Ausführungsbeispiel 8) eingestellt werden. Da das Problem des Verhakens der Pedale in dieser Druckschrift nicht angesprochen ist, bedarf es für den Fachmann auch hier überroutinemäßiger Bemühung um eine Lösung gemäß den Merkmalen des Schutzanspruchs 1 zu finden.

Der übrige Stand der Technik liegt - wie sich aus den Ausführungen zur Neuheit ergibt - dem verteidigten Gegenstand noch ferner, so daß er weder für sich, noch in Kombination mit einer oder mehreren der bereits genannten Druckschriften zur verteidigten Lehre führen kann.

c) Mit dem Gegenstand des Schutzanspruchs 1 bleiben auch die verteidigten Unteransprüche 2 bis 13, die sich auf den Hauptanspruch rückbeziehen und zweckmäßige Fortbildungen seines Gegenstandes darstellen, von der Löschung verschont.

d) Auch soweit sich die Antragstellerin auf widerrechtliche Entnahme des Gegenstandes (§ 15 Abs 2 iVm § 13 Abs 2 GebrMG) beruft, ist ein Löschungsanspruch nicht gegeben. Denn der wesentliche Inhalt der Eintragung ist, soweit sie schutzfähig ist, schon nicht der Beschreibung und den Zeichnungen zu dem Entwurf S... entnommen.

Wie bereits ausgeführt wurde, ist das Fahrradhaus nach dem verteidigten Schutzanspruch 1 gegenüber dem angeblich vorbenutzten Fahrradhaus neu und erfinderisch. Nur für einen Gegenstand, der in diesen Unterlagen bereits offenbart ist, kann aber eine widerrechtliche Entnahme in Betracht kommen. Denn die Unterlagen des sich auf eine widerrechtliche Entnahme Berufenden müssen den verteidigten Erfindungsgedanken für den Durchschnittsfachmann erkennbar enthalten (vgl RG GRUR 40, 35, 39). Wenn die Unterlagen nur ein allgemeines Lösungsprinzip enthalten, ist für eine "Entnahme" ausreichend, daß das verteidigte Schutzrecht eine vom Durchschnittsfachmann ohne weiteres erkennbare und auffindbare konkrete Ausgestaltung betrifft (vgl BGH GRUR 1981, 186, 189 - Spinnturbine II). Das ist nicht der Fall, wenn - wie hier - der verteidigte Gegenstand den Unterlagen, auf die sich der Löschungsantragsteller bezieht, nicht ohne weiteres entnehmbar, sondern im Hinblick auf diese und den übrigen Stand der Technik nur mit erfinderischem Zutun aufzufinden ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs 3 Satz 2 GebrMG iVm § 84 Abs 2 PatG und § 92 Abs 1 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.

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BPatG:
Beschluss v. 11.10.2001
Az: 5 W (pat) 445/00


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