Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Mai 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 353/03

(BPatG: Beschluss v. 19.05.2004, Az.: 28 W (pat) 353/03)

Tenor

Die Beschwerde des Markeninhabers wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Marke 301 70 100 siehe Abb. 1 am Endeist für die Waren:

Kl 14: Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren und Zeitmessinstrumentein das Markenregister eingetragen worden. Diese am 28. Januar 2002 erfolgte Eintragung ist am 1. März 2002 veröffentlicht worden.

Die Inhaberin der rangälteren Gemeinschafts-Marke 286 526 siehe Abb. 2 am Endehat dagegen Widerspruch erhoben. Diese Marke ist seit dem 23. Oktober 1998 unter anderem für eben dieselben Waren der Klasse 14 eingetragen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 26. August 2002 und einem weiteren Schriftsatz (dessen Datum unbekannt ist, der aber am 27. Februar 2003 beim Patentamt eingegangen ist) die Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke angesprochen und eine solche (wohl) bestritten.

Die Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen (vom 27. Januar 2003 und vom 24. Juli 2003), von denen der zweite im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die Löschung der jüngeren Marke wegen Verwechslungsgefahr angeordnet. Zur Begründung ist ausgeführt, bei mündlicher Wiedergabe der Marken bestehe eine Klanggleichheit, was bei der hier vorliegenden Warenidentität zur Verwechslungsgefahr führen müsse.

Im Erinnerungsbeschluss hat die Markenstelle zudem darauf hingewiesen, dass die vom Inhaber der angegriffenen Marke erhobene Einrede der Nichtbenutzung nicht zulässig sei, denn seit der Eintragung der Widerspruchsmarke seien noch keine fünf Jahre vergangen (§ 125 b iVm § 43 Abs 1 MarkenG).

Hiergegen hat der Inhaber der jüngeren Marke Beschwerde eingelegt. Er ist der Ansicht bei dem Wort "eigenArt" handle es sich um einen neuen Begriff, der im Sinn von "eigene Kunst" verstanden werde. Die Marken wichen wegen der grafischen Gestaltung deutlich voneinander ab; soweit sie eine phonetische Ähnlichkeit hätten, sei eine solche wegen der Kennzeichnungsschwäche des Wortes "Eigenart" unbeachtlich. Der Markeninhaber hat im Beschwerdeverfahren weder die Benutzung bestritten, noch einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.

Die Widersprechende hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn zwischen den Marken besteht Verwechslungsgefahr iSv § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Eine Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gewichtung der Faktoren Warenähnlichkeit/-identität, Markenähnlichkeit/-identität und Schutzumfang der Widerspruchsmarke zur Bejahung einer unzulässigen Beeinträchtigung der rechtlich schutzwürdigen Interessen der älteren Marke führt. Im vorliegenden Fall ist bei den Waren von der Registerlage, also von Warenidentität auszugehen, denn seitens des Markeninhabers ist die Benutzung der Widerspruchsmarke nicht rechtswirksam bestritten worden. Ein solches Bestreiten wäre erstmals am 23. Oktober 2003 möglich gewesen, der Markeninhaber hat jedoch keine derartige Erklärung abgegeben. Der Hinweis im Beschwerdeschriftsatz, dass die Widersprechende im "Bereich Schmuckwaren, Juwelierwaren, Modeschmuck und der gleichen" nicht "tätig oder gar bekannt geworden sei" genügt den Anforderungen an die Unzweideutigkeit einer prozessualen Erklärung nicht. Derart allgemeinen Ausführungen würden zur Klärung des wirklich gewollten Inhalts Rückfragen beim Markeninhaber notwendig machen, was jedoch wegen des Verhandlungsgrundsatzes sowie des Gebots der Unparteilichkeit des Gerichts nicht zulässig ist. Die in den Schriftsätzen vor der Markenstelle verfrüht und damit unzulässig erhobene Nichtbenutzungseinrede kann nach übereinstimmender Rechtsprechung und Literaturmeinung nicht in eine nachträglich zulässige Einrede umgedeutet werden (vgl zB Ströbele, Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 43 Rdz 39, 40); dies umso weniger als der Markeninhaber im Erinnerungsbeschluss ausdrücklich auf die entsprechenden Vorschriften über die Unzulässigkeit seiner Einrede hingewiesen worden ist. Ist somit von Warenidentität auszugehen, so bedürfte es entweder eines besonders deutlichen Abstandes der jüngeren Marke oder aber eines geringen Schutzumfangs der Widerspruchsmarken um eine Verwechslungsgefahr zu verhindern. Beides liegt hier nicht vor.

Die Widerspruchsmarke mag in ihrem Aussagegehalt "Eigenart", der durch die grafische Gestaltung nur wenig verfremdet ist, nicht besonders originell und möglicherweise auch bei Mitbewerbern beliebt sein, eine Kennzeichnungsschwäche mit der Folge, dass damit der Schutzumfang der Marke beeinträchtigt ist, folgt daraus nicht. Marken wirken in bildlicher, begrifflicher und klanglicher Weise, für die Bejahung einer Verwechslungsgefahr genügt das Übereinstimmen in nur einer Hinsicht. Hier werden beide Marken, auch wenn sie grafisch verfremdet und ergänzt sind, jeweils ausschließlich mit "eigenart" benannt werden, denn die Bildelemente sind nicht derart überwiegend, dass sie der Verbraucher - der bei einer Wort-/Bildmarke nach einer einfachen und unkomplizierten Benennung sucht - in Worte fassen wird. Bei beiden Marken ist das Wort "eigenart" auch unzweideutig erkennbar, beide Marken werden also - wie die Markenstelle zutreffend ausführt - durch diesen Wortbestandteil geprägt. Damit besteht bei den Marken in klanglicher Hinsicht völlige Übereinstimmung, was bei Berücksichtigung der übrigen eine Verwechslung fördernder Faktoren zur Löschung der jüngeren Marke führen muss. Dem steht auch nicht entgegen, dass womöglich ein Teil des Verkehrs den vom Markeninhaber gewollten Aussagegehalt im Sinn von "eigene Kunst" erkennen wird, denn die Aussprache der Marke bleibt dennoch die gleiche.

Die Entscheidung ist im schriftlichen Verfahren ergangen, denn der Markeninhaber hat keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt (§ 69 Nr 1 MarkenG) und eine solche war auch nicht wegen Sachdienlichkeit anzuordnen (§ 69 Nr 3 MarkenG).

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 71 Abs 1 Satz 2 Markengesetz.

Stoppel Paetzold Schwarz-Angele Bb Abb. 1 Grafik der Marke 30170100.8 Abb. 2






BPatG:
Beschluss v. 19.05.2004
Az: 28 W (pat) 353/03


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