Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. November 2001
Aktenzeichen: 24 W (pat) 72/00
(BPatG: Beschluss v. 13.11.2001, Az.: 24 W (pat) 72/00)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Dezember 1999, berichtigt durch den Beschluß vom 19. Januar 2000, aufgehoben.
Gründe
I.
Die Bezeichnung Avenaist für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 7 bis 11, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 28 bis 30, 39 und 42 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren und Dienstleistungen
"Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel, Reinigungsmittel für Zahnprothesen; Badezusätze für kosmetische Zwecke; Produkte für Haushalts- und Hygienezwecke (soweit in Klasse 3 enthalten) aus oder unter Verwendung von Papier, Tissue, Watte oder Vlies- und Flockenstoffen für kosmetische Zwecke; Tücher, getränkt mit kosmetischen Lotionen;
pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, insbesondere mit Spurenelementen, Mineralstoffen und Vitaminen; Getränke für medizinische Zwecke; pharmazeutische Stärkungsmittel; Badezusätze für medizinische Zwecke;
Druckereierzeugnisse;
Müslimischungen; Samenkörner als Nahrungsmittel; unter Verwendung vorgenannter Waren hergestellte Nahrungsmittel, soweit in Klasse 29 enthalten, auch Fertiggerichte, Teilfertiggerichte und Halbfertiggerichte; diätetische Nahrungsmittel, soweit in Klasse 29 enthalten, nicht für medizinische Zwecke; Schlankheitsmittel auf der Basis von Eiweißen oder Fetten, nicht für medizinische Zwecke;
Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate (ausgenommen Futtermittel), Teigwaren, Brot, Müslimischungen, unter Verwendung vorgenannter Waren hergestellte Nahrungsmittel, soweit in Klasse 30 enthalten, auch Fertiggerichte, Teilfertiggerichte und Halbfertiggerichte; diätetische Nahrungsmittel, soweit in Klasse 30 enthalten, nicht für medizinische Zwecke; Schlankheitsmittel auf der Basis von Kohlehydraten, nicht für medizinische Zwecke;
Verpflegung; Catering; Gesundheits- und Schönheitspflege; Gesundheitsberatung."
Insoweit weise die angemeldete Marke nicht die erforderliche Unterscheidungskraft auf und unterliege als beschreibende Angabe auch einem Freihaltebedürfnis. Bei dem Markenwort "Avena" handle es sich um die lateinische Bezeichnung für "Hafer". Dies sei den angesprochenen Verkehrskreisen auch bekannt, da der Begriff "Avena" im Zusammenhang mit Arzneimitteln und kosmetischen Erzeugnissen häufig verwendet werde. In Verbindung mit den von der Zurückweisung betroffenen Waren und Dienstleistungen werde die Bezeichnung daher als Sachinformation dahingehend verstanden, daß diese Waren und Dienstleistungen Hafer oder Bestandteile des Hafers enthielten bzw. sich mit Hafer befaßten. Darüber hinaus müsse es Dritten unbenommen bleiben, sich der angemeldeten Marke als beschreibender Angabe zu bedienen.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und sodann die angemeldete Marke mit Schriftsatz vom 14. Februar 2000 in der Weise geteilt, daß sie die nicht beanstandeten Waren und Dienstleistungen in der Stammanmeldung 399 18 844 belassen hat, während die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen in die Teilanmeldung übernommen wurden, die beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 300 06 543.4 geführt wird. Insoweit hat sie die Fortführung des Beschwerdeverfahrens beantragt und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, daß die Bezeichnung "Avena" vom Verkehr wegen mangelnder Sprachkenntnisse nicht als beschreibende Angabe aufgefaßt werde. Im übrigen sei der Begriff "Avena" auch ungenau. Die korrekte lateinische Bezeichnung der Nutzpflanze Hafer sei "Avena sativa" im Unterschied zu bestimmten Getreideunkräutern wie "Avena fatua" und "Avena strigosa".
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß der Markenstelle aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und auch in der Sache begründet.
1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Teilanmeldung 300 06 543.4. Gegen die Wirksamkeit der Teilungserklärung vom 14. Februar 2000 bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
a) Der Wirksamkeit steht zunächst nicht entgegen, daß die Teilung erst nach Einlegung der Beschwerde vorgenommen wurde. Allerdings ist ein Teilungsrecht des Anmelders in § 40 MarkenG i.V.m. § 36 MarkenV nur für das patentamtliche Verfahren vorgesehen. Auch fehlt im Gegensatz zu der Vorschrift des § 39 PatG über die Teilung der Patentanmeldung, die als Vorbild für § 40 MarkenG gedient hat (vgl. Regierungsbegründung zum Entwurf des MarkenG (§ 40), Bl. f. PMZ 1994, Sonderheft, S. 85), eine ausdrückliche Bestimmung, daß die Teilung "jederzeit" erklärt werden kann. Für die Zulassung der Teilung auch noch im Beschwerdeverfahren besteht jedoch ein anerkennenswertes praktisches Bedürfnis. Ein Hauptzweck des Teilungsrechts besteht darin, im Falle einer nur teilweisen Beanstandung einer Markenanmeldung wegen absoluter Schutzhindernisse die sofortige Eintragung des unbeanstandeten Teils zu erreichen (vgl. Regierungsbegründung zum MarkenG, aaO). Welcher Teil der Anmeldung in einem solchen Fall unbeanstandet bleibt, läßt sich aber definitiv erst dem das patentamtliche Verfahren abschließenden Beschluß der Markenstelle entnehmen. Hinzu kommt, daß der künftig auch für Deutschland geltende Markenrechtsvertrag (Trade Law Treaty - TLT, ABl. HABM 1998, 196 ff.) in Art. 7 Abs. 1 lit. a Nr. iii) das Recht zur Teilung der Anmeldung ausdrücklich auch während eines Rechtsmittelverfahrens gegen die Entscheidung über die Eintragung der Marke vorsieht.
b) Die Teilungserklärung muß den Erfordernissen des § 36 MarkenV entsprechen. Diese Vorschrift betrifft zwar nur das patentamtliche, nicht auch das patentgerichtliche Verfahren. Die Teilung einer Anmeldung muß jedoch auch dann, wenn sie erst im Beschwerdeverfahren vorgenommen wird, vom Patentamt vollzogen werden. Insoweit muß auch die im Beschwerdeverfahren erklärte Teilung den Vorschriften für das patentamtliche Verfahren entsprechen.
Gegen die Teilungserklärung vom 14. Februar 2000 bestehen insoweit keine Bedenken.
c) Die Beachtung der Vorschriften für das patentamtliche Verfahren (§ 40 MarkenG, § 36 MarkenV) genügt jedoch allein noch nicht für eine wirksame Teilung im Beschwerdeverfahren. Zu beachten ist, daß die Beschwerde noch die ungeteilte Anmeldung betraf. Es ist jedoch vom Gesetz nicht vorgesehen, das durch die Beschwerdeeinlegung eingeleitete Beschwerdeverfahren durch eine nachfolgende Teilungserklärung in mehrere Beschwerdeverfahren aufzuteilen oder mehrere im Wege der Teilung entstandene Anmeldungen zum Gegenstand eines einzigen Beschwerdeverfahrens zu machen. Eine solche Situation kann z.B. dann eintreten, wenn nach der Einlegung einer Beschwerde gegen eine teilweise Zurückweisung der Anmeldung eine Teilung in der Weise vorgenommen wird, daß in der Stammanmeldung neben den unbeanstandeten auch ein Teil der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen verbleibt. In einem solchen Fall könnte nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß das Beschwerdeverfahren nur im Hinblick auf den abgetrennten Teil der Anmeldung durch- bzw. fortgeführt werden soll, da die vor der Teilung eingelegte Beschwerde auf die gesamte Anmeldung - ohne verfahrensmäßige Aufteilung entsprechend der Teilzurückweisung - bezogen war. Die Zulassung einer solchen Teilung würde daher auf eine Teilung des Beschwerdeverfahrens oder auf ein mehrere (Teil-)Anmeldungen umfassendes Beschwerdeverfahren hinauslaufen. Beides ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Die Teilung der Anmeldung im Beschwerdeverfahren ist deshalb in entsprechender Anwendung des § 46 Abs. 2 Satz 2 MarkenG nur dann für zulässig zu erachten, wenn sie in der Weise vorgenommen wird, daß sämtliche Waren und Dienstleistungen, für die das Beschwerdeverfahren durchgeführt werden soll, in einer einzigen Teilanmeldung zusammengefaßt werden. Ohne Bedeutung ist insoweit, ob es sich bei dieser Teilanmeldung um die Stammanmeldung oder um die abgetrennte Anmeldung handelt. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, die Anmeldung teilweise zurückzunehmen (§ 39 Abs. 1 MarkenG), soweit kein Interesse an einer Verfahrensfortführung besteht.
Die Teilungserklärung vom 14. Februar 2000 genügt diesen Anforderungen. Die Anmelderin hat die Waren und Dienstleistungen der ursprünglichen Anmeldung so aufgeteilt, daß sie sämtliche unbeanstandeten Waren und Dienstleistungen in die Stammanmeldung, alle übrigen Waren und Dienstleistungen dagegen in die abgetrennte Anmeldung genommen und erklärt hat, daß das Beschwerdeverfahren nur im Hinblick auf die abgetrennte Anmeldung fortgeführt werden soll.
2. Die absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen einer Eintragung der Bezeichnung "Avena" als Marke für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht entgegen.
a) Die Markenstelle ist zutreffend davon ausgegangen, daß es sich bei dem Markenwort "Avena" um die lateinische Bezeichnung für Hafer handelt. Die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen können - jedenfalls ganz überwiegend - Hafer oder Bestandteile des Hafers enthalten bzw. unter Verwendung von Hafer erbracht werden oder sich - wie die beanspruchten Druckereierzeugnisse - mit Hafer befassen. Insoweit hat auch die Anmelderin keine Einwände erhoben.
b) Diese Feststellungen tragen jedoch nicht die rechtliche Beurteilung, daß die angemeldete Marke für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft aufweise (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Der lateinische Begriff "Avena" wird in seiner Bedeutung "Hafer" allenfalls spezialisierten Fachkreisen wie etwa Biologen, Pharmazeuten, Ärzten oder Chemikern in der Nahrungsmittel- oder Kosmetikindustrie bekannt sein. Das allgemeine Publikum, an das sich die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen richten, wird dagegen in der Bezeichnung "Avena" lediglich ein (unterscheidungskräftiges) Phantasiewort sehen.
c) Bei der Bezeichnung "Avena" handelt es sich auch nicht um eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Der Heranziehung dieses Schutzhindernisses steht allerdings nicht schon entgegen, daß, wie unter b) ausgeführt, das allgemeine Publikum den Begriff "Avena" in seiner Bedeutung "Hafer" nicht kennen und deshalb als unterscheidungskräftiges Phantasiewort auffassen wird. Auch unbekannte Fachbegriffe unterliegen einem Freihaltebedürfnis, weil es Dritten unbenommen bleiben muß, den betreffenden Begriff bekannt zu machen und sodann als beschreibende Angabe zu verwenden (vgl. Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl., § 8 Rn. 26 a.E.; BGH Bl. f. PMZ 1980, 59, 60 "PRAZEPAMIN"). Darüber hinaus muß im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch das Interesse des Fachverkehrs Berücksichtigung finden, wissenschaftliche Begriffe mit beschreibendem Sinngehalt im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Vertrieb von Waren und Dienstleistungen ungehindert von Schutzrechten frei verwenden zu können.
Die Anmelderin hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, daß es sich bei dem Wort "Avena" in Alleinstellung nicht um einen solchen freihaltebedürftigen Fachbegriff handelt. Der Begriff "Avena" bezeichnet eine Gattung von Süßgräsern mit über dreißig vom Mittelmeerraum bis Zentralasien und Nordafrika verbreiteten Arten. Darunter finden sich sowohl kultivierte Arten wie der als "Avena sativa" bezeichnete Saat-Hafer als auch Unkräuter wie der Windhafer (Avena fatua), vgl. Brockhaus-Enzyklopädie, 20. Aufl., Band 9, Stichwort "Hafer". Wer sich, z.B. als Pharmazeut, im Fachverkehr oder gegenüber dem allgemeinen Publikum wissenschaftlich präzise ausdrücken will, ist deshalb genötigt, die jeweilige Haferart konkret zu bezeichnen. Der allgemeine Oberbegriff "Avena" eignet sich insoweit nicht zur Beschreibung der einschlägigen Waren und Dienstleistungen. Dies belegen auch die von der Markenstelle ermittelten Verwendungsbeispiele.
Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Bezeichnung "Avena" für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen einem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegt.
Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben.
Dr. Ströbele Dr. Schmitt Dr. Hacker Bb
BPatG:
Beschluss v. 13.11.2001
Az: 24 W (pat) 72/00
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/f3754a81b4ff/BPatG_Beschluss_vom_13-November-2001_Az_24-W-pat-72-00