Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 17. Juli 2002
Aktenzeichen: 6 U 73/00

(OLG Köln: Urteil v. 17.07.2002, Az.: 6 U 73/00)

Tenor

Die Widerklage wird als unzulässig abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 130% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu erbringen. Die Beschwer der Beklagten übersteigt den Betrag von 20.000 EUR, die Beschwer der Klägerin erreicht diesen Betrag nicht. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit sowohl hinsichtlich des Klage- als auch verschiedener Widerklagebegehren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, streiten die Parteien nunmehr noch über die Zulässigkeit und auch die Begründetheit einer von den Beklagten im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12. Juni 2002 erhobenen Widerklage, deren Zulassung die Klägerin als nicht sachdienlich widersprochen hat.

Die Klägerin, die französische Firma L.C., hat die in Österreich geschäftsansässige Beklage zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, auf Unterlassung des Vertriebs eines bestimmten Taschenkorkenziehers namens "B." (im Folgenden auch "Korkenzieher" oder "alter Korkenzieher" genannt) mit der Begründung in Anspruch genommen, dieser Korkenzieher, wegen dessen Gestaltung auf die zu den Akten gereichten Original-Produkte der Beklagten verwiesen wird, stelle eine unlautere Nachbildung des von ihr in der Bundesrepublik Deutschland vertriebenen Taschenkorkenziehers "S." dar, wegen dessen genauen Aussehens ebenfalls auf die zu den Akten gereichten Original-Produkte verwiesen wird. Nach Teilrücknahme der Klage und teilweise übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien hat das Landgericht die Beklagten durch das von ihnen mit der Berufung angefochtene Urteil den Klageanträgen der Klägerin folgend in der konkreten Verletzungsform zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung verurteilt. Außerdem hat es die grundsätzliche Schadenersatzverpflichtung der Beklagten festgestellt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Vertrieb des Korkenziehers "B." führe zu einer vermeidbaren Herkunftstäuschung des angesprochenen Verkehrs im Sinne des § 1 UWG und sei deshalb zu unterlassen. Auch die geltend gemachten Auskunfts- und Schadenersatzfeststellungsansprüche stünden der Klägerin zu. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Landgerichts wird die angefochtene Entscheidung in Bezug genommen (Blatt 491 ff. d.A.).

Gegen das ihnen am 05.04.2000 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 04.05.2000 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Die Beklagten haben sich namentlich auf den Standpunkt gestellt, geschmacksmusterrechtliche Ansprüche hätten der Klägerin niemals zugestanden, eine vermeidbare Herkunftstäuschung finde nicht statt. Dem Produkt der Klägerin fehle es schon an der wettbewerblichen Eigenart, außerdem seien die Produkte zu unterschiedlich, als dass die Gefahr von betrieblichen Herkunftsverwechslungen bestehen könne. Insbesondere stehe einem Unterlassungsanspruch der Klägerin und auch etwaigen Folgeansprüchen der Umstand entgegen, dass diejenigen Gestaltungselemente, die die Klägerin für sich als herkunftshinweisend reklamiere, allesamt technisch bedingt seien.

Im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 10.11.2000 haben die Beklagten deshalb die Abänderung des angefochtenen Urteils sowie Klageabweisung beantragt und darüber hinaus den aus Blatt 596 in Verbindung mit Blatt 697 der Akten ersichtlichen Widerklageantrag verlesen. Die Klägerin hat dessen Zurückweisung und Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe beantragt, dass die titulierten Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche für erledigt erklärt werden. Die Beklagten haben sich dieser Teilerledigung angeschlossen.

Nach erneuter mündlicher Verhandlung vor dem Senat vom 29.06. und 19.10.2001, in denen die Beklagten einen angekündigten Widerklageantrag (Blatt 807 und Blatt 226/227 d.A.) zurückgenommen und statt dessen den aus Blatt 852/853 der Akten ersichtlichen Hilfswiderklageantrag verlesen hatten, dessen Zurückweisung die Klägerin beantragt hatte, hat der Senat nach umfangreicher Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Parteien unter Darlegung seiner Rechtsauffassung den aus Blatt 1028 ff. der Akten ersichtlichen, später nicht mehr ausgeführten Beweisbeschluss vom 18.01.2002 verkündet, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Danach sollte auf Antrag der Klägerin durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens Beweis erhoben werden über ihre Behauptung, auch bei Übernahme freihaltebedürftiger technischer Merkmale bliebe bei bestimmten Produktmerkmalen in gestalterischer Hinsicht genügend Raum, um Taschenkorkenziehern der vorliegenden Art ein anderes ästhetisches Gepräge zu geben. Außerdem sollte Beweis erhoben werden über die Behauptung der Beklagten, der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.06.2001 von ihnen zu den Akten gereichte abgewandelte, auf Blatt 726 und Blatt 853 d.A. gezeichnete Korkenzieher habe in technischer Hinsicht den Nachteil, dass der erforderliche Kraftaufwand zum Herausdrehen des Korkens größer sei, ebenso die Kräfte, die auf die Wendel übertragen werden, deshalb wachse die Gefahr des Bruchs zwischen der Wendel und dem Aufsatz, an dem der Hebel angreife.

Vor der Beauftragung eines Sachverständigen haben die Beklagten dann mit dem aus Blatt 1065 ff. der Akten ersichtlichen Schriftsatz vom 26.03.2002 gegenüber der Klägerin eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung des Inhalts abgegeben, dass sie es zukünftig unterlassen werden, Korkenzieher der mit der Klage angegriffenen Art anzubieten, feilzuhalten oder in den Verkehr zu bringen. Von ihrer Unterlassungsverpflichtungserklärung ausdrücklich ausgenommen haben die Beklagten Korkenzieher in einer Gestaltung und Aufmachung, wie sie Gegenstand des angekündigten und später zurückgenommenen Hilfswiderklageantrags im Schriftsatz vom 15.02.2001 (Blatt 726/727 d.A.) und/oder wie sie Gegenstand ihres im Schriftsatz vom 10.10.2001 (Blatt 852/853 d.A.) angekündigten, im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat als Haupt-Widerklageantrag gestellten Hilfswiderklageantrags geworden sind.

Die Klägerin hat die vorgenannte strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung angenommen und den Rechtsstreit daraufhin in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagten ihrerseits haben in der mündlichen Verhandlung vom 12.06.2002 die bislang gestellten Widerklageanträge in der Hauptsache für erledigt erklärt. Beide Parteien haben sich insoweit sowohl hinsichtlich des Klage- als auch des (Hilfs-) Widerklagebegehrens der Erledigungserklärung des jeweiligen Gegners angeschlossen und alsdann

wechselseitige Kostenanträge

gestellt.

Darüber hinaus beantragen die Beklagten nunmehr im Wege der Widerklage,

festzustellen, dass gegenüber einem Korkenzieher mit der Bezeichnung "Bt.", der bzw. dessen Verpackung wie aus den nachstehenden Abbildungen ersichtlich gestaltet ist, keine Unterlassungs-, Schadenersatz- und Auskunftsansprüche gemäß dem Urteil des Landgerichts Köln vom 31.03.2000 (81 O 55/99) bestehen.

In diesem Zusammenhang haben die Beklagten die Auffassung vertreten, die mangelnde Einwilligung der Klägerin hindere die Zulässigkeit ihrer Widerklage nicht, weil diese sachdienlich sei. Ihnen stehe ein Feststellungsinteresse zur Seite. Das folge unter anderem aus der Entscheidung "Kauf auf Probe" des Bundesgerichtshofs vom 07. Juni 2001 (WRP 2001, 1231 ff.). Ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis liege vor, weil sie - so behaupten die Beklagten - den den Gegenstand ihres Widerklageantrags bildenden abgewandelten Korkenzieher (im Folgenden: "neuer Korkenzieher") an einen namentlich benannten Kunden in Köln ausgeliefert hätten. Wenn sie auch bezüglich des neuen Korkenziehers unstreitig nicht abgemahnt worden seien, so habe sich die Klägerin jedoch eindeutig entsprechender Unterlassungsansprüche berühmt.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Sie vertritt namentlich unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs "Pajero" vom 19.03.1992 (WRP 1992, 553 ff. = GRUR 1992, 627 ff.) und dessen vorgenannte Entscheidung "Kauf auf Probe" die Auffassung, der Widerklage fehle bereits das Feststellungsinteresse. Insbesondere folge aus ihren Äußerungen im Rahmen der zwischen den Parteien geführten Vergleichsverhandlungen nicht ein für das Feststellungsinteresse der Beklagten notwendiges Berühmen von Unterlassungsansprüchen. Im übrigen fehle es an einem gegenwärtigen Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO auch deshalb, weil die bestrittene Lieferung eines Korkenziehers nach Köln nur aus prozesstaktischen Gründen erfolgt sei und keine Aufnahme des Vertriebs bedeute.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst sämtlichen Anlagen verwiesen, die mit Ausnahme der nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 18.06./und vom 01., 04. und 15.07.2002 sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der von den Beklagten ursprünglich vertriebenen "alten" Korkenzieher und die mit seinem Vertrieb zusammenhängenden Widerklageanträge der Beklagten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, hatte der Senat nur noch über die im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.06.2002 erhobene, den "neuen" Korkenzieher betreffenden Widerklage der Beklagten und über die Frage zu befinden, wie die im Rechtsstreit entstandenen Kosten zu verteilen sind.

I.

Die Feststellungs-Widerklage der Beklagten ist ungeachtet der Frage, ob ihre Geltendmachung im Sinne des § 530 Abs. 1 2. Alt. ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (§ 26 Nr. 5 EGZPO) sachdienlich sein könnte, mangels Vorliegens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO bereits unzulässig und daher abzuweisen.

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Gegenstand einer Feststellungsklage grundsätzlich die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses sein. Unter einem Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer Person zu anderen Personen oder einer Person zu einer Sache zu verstehen (BGH WRP 2001, 1231, 1232 "Kauf auf Probe" unter Hinweis auf BGHZ 22, 43, 47 und BGH NJW 2000, 2663, 2664). Hier ist der ursprünglich als Hilfswiderklageantrag formulierte Feststellungsantrag seinem Wortlaut nach darauf gerichtet festzustellen, dass der Klägerin hinsichtlich des neuen Korkenziehers keine Unterlassungs-, Schadenersatz- und Auskunftsansprüche gemäß dem mit der Berufung angefochtenen Urteil zustehen. Insoweit bestünden hinsichtlich der Zulässigkeit des Klageantrags bei einer wortgetreuen Auslegung allerdings schon deshalb Bedenken, weil die Beklagten insoweit bezogen auf den seinerzeit titulierten Unterlassungsanspruch eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben haben, die die Klägerin angenommen und die die Parteien veranlasst hat, den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Dieser Umstand wirkt sich jedoch nicht zu Lasten der Beklagten aus. Denn für die Auslegung von Prozesserklärungen ist nicht allein ihr Wortlaut maßgebend. Vielmehr ist der Klageantrag der Auslegung fähig (vgl. nur. BGH GRUR 2000, 907, 910 = WRP 2000, 1258 "Filialleiterfehler" m.w.N.). Diese Auslegung ergibt, dass die Beklagten festgestellt wissen wollen, dass der Klägerin als Herstellerin des Taschenkorkenziehers "S." gleichviel aus welchem Rechtsgrund keine Unterlassungs- und Folgeansprüche hinsichtlich des "neuen", die Bezeichnung "Bt." tragenden, im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.10.2001 als Modell zu den Akten gereichten, auf Blatt 853 der Akten mitsamt Verpackung und im übrigen zeichnerisch wiedergegebenen Korkenzieher zustehen. Denn den Beklagten geht es um Rechtssicherheit, sie möchte letztlich wissen, ob die Klägerin den Vertrieb des neuen Korkenziehers in der Bundesrepublik Deutschland hinzunehmen bereit ist oder aber aus Rechtsgründen hinnehmen muss.

Auch mit diesem Begehren bezieht sich der Antrag aber nicht auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO und ist daher unzulässig. Für die Gewährung gerichtlichen Schutzes nach § 256 Abs. 1 ZPO genügt es nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht, dass ein Grund für die Befürchtung eines künftig entstehenden Rechtsverhältnisses gegeben ist (BGH, a.a.O. "Kauf auf Probe" m.w.N.). Danach bestehen im Streitfall schon deshalb Bedenken gegen die Annahme eines solchen "gegenwärtigen" Rechtsverhältnisses, weil die Beklagten bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.06.2002 lediglich vorgetragen hatten, sie hätten ein Exemplar des den Gegenstand der Widerklage bildenden neuen Taschenkorkenziehers an einen namentlich benannten Kunden in Köln ausgeliefert. Erst im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.06.2002 haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten dann einen unter anderem für den deutschen Markt bestimmten und unstreitig dort auch verbreiteten Katalog vorgelegt, der eine Abbildung des neuen Korkenziehers enthält, und darüber hinaus vorgetragen, ihres Wissens seien weitere Endabnehmer, aber auch kleinere gewerbliche Abnehmer mit dem neuen Korkenzieher in der Bundesrepublik Deutschland beliefert worden, lediglich Großhändler hätten die Beklagten nicht beliefert, um deren Inanspruchnahme durch die Klägerin zu vermeiden. Demgegenüber hat die Klägerin nach ihrem Sachvortrag vergeblich versucht, über Testbesteller eine Auslieferung eines neuen Korkenziehers nach Deutschland zu erreichen.

Letztlich kann jedoch offen bleiben, ob die vorgetragene und unter Beweis gestellte Lieferung eines Korkenziehers nach Köln sowie seine Bewerbung in einem auch für den bundesdeutschen Markt bestimmten Katalog für die Annahme eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses ausreicht, oder ob gegebenenfalls zumindest unter Berücksichtigung des Sachvortrags der Beklagten in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18.06.2002 und den dort als Anlagenkonvolut B 42 vorgelegten Rechnungen gedanklich von einem stattfindenden Vertrieb in der Bundesrepublik Deutschland ausgegangen werden könnte. Denn der etwaige Vertrieb des neuen Korkenziehers in der Bundesrepublik Deutschland allein gibt allenfalls berechtigten Anlass zu der Befürchtung eines künftig entstehenden, den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO nicht genügenden Rechtsverhältnisses. Denn unstreitig hat die Klägerin hinsichtlich des neuen Korkenziehers einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch wegen einer bereits begangenen Rechtsverletzung nicht erhoben. Die Beklagten befürchten lediglich, hinsichtlich des möglicherweise begonnenen, vielleicht aber auch erst bevorstehenden Vertriebs des neuen Korkenziehers in der Bundesrepublik Deutschland Unterlassungsansprüchen der Klägerin ausgesetzt zu sein, weil diese im Rahmen der zwischen den Parteien geführten Vergleichsverhandlungen eine Freizeichnung des neuen Korkenziehers abgelehnt hat. Zwar ist es richtig, dass die Klägerin im Zusammenhang mit den Vergleichsbemühungen der Parteien sowohl schriftsätzlich als auch in den mündlichen Verhandlungen immer wieder geäußert hat, die vorgenommenen Änderungen gingen ihr nicht weit genug, es bestehe aus ihrer Sicht weiterhin die Gefahr betrieblicher Herkunftsverwechslungen, deshalb werde sie auch für den Fall der Abgabe einer den alten Korkenzieher betreffenden strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht erklären, gegen den Vertrieb des neuen Korkenziehers in der Bundesrepublik Deutschland keine Einwände zu erheben und gegen diesen nicht vorzugehen. Diese Weigerung der Klägerin, eine Freizeichnung zu erklären, ist jedoch nicht mit einer förmlichen Abmahnung oder auch nur der Erklärung im Sinne einer "Berühmung" gleichzusetzen, im Falle des bevorstehenden oder möglicherweise sogar bereits begonnenen Vertriebs der neuen Taschenkorkenzieher in der Bundesrepublik Deutschland werde man gegen die Beklagten Unterlassungsansprüche erheben und diese gerichtlich durchsetzen. Die Klägerin hat die Beklagten bislang nicht abgemahnt, sie ist bislang gegen sie nicht vorgegangen, sie hat weder ausdrücklich noch konkludent erklärt, sie werde ihr auch bezüglich des neuen Korkenziehers "Bt." der Beklagten (vermeintlich) zustehende Unterlassungs- und Folgeansprüche anhängig machen. Im Gegenteil: Sie hat in ihrer von den Beklagten mit Schriftsatz vom 21.11.2001 (Blatt 943 f. d.A.) zu den Akten gereichten, an das österreichische Landesgericht in Innsbruck gerichteten Wiederaufnahmeklage vom 05.11.2001 ausdrücklich geschrieben, der neue Korkenzieher halte bei gleicher Funktionalität einen weiteren Abstand zu ihrem Taschenkorkenzieher "S." ein, der neue Korkenzieher sei mit dem S. "tatsächlich nicht mehr verwechselbar". Bei dieser Sachlage kann ungeachtet der Tatsache, dass an das Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr begründenden Berühmung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überdies jedenfalls dann strenge Anforderungen zu stellen sind, wenn prozessuale Erklärungen im Rahmen eines Vergleichsgesprächs in Rede stehen (BGH, WRP 1992, 553, 556 "Pajero"), keine Rede davon sein, die Klägerin habe sich auch hinsichtlich des neuen Korkenziehers der Beklagten entsprechender Unterlassungs- und Folgeansprüche berühmt, deren Geltendmachung in der Bundesrepublik Deutschland droht.

Entgegen der von den Beklagten geäußerten Rechtsauffassung stellt es auch keinen Rechtsmissbrauch, sondern das gute Recht der Klägerin dar, nach abgegebener strafbewehrter Unterlassungsverpflichtungserklärung im Rahmen von Vergleichsverhandlungen die Freizeichnung eines neuen Produkts zu verweigern, den tatsächlichen Marktzutritt der Beklagten abzuwarten und dann zu überlegen, ob auch der neue Korkenzieher Gestaltungselemente aufweist, die die vermeidbare Gefahr betrieblicher Herkunftstäuschungen bewirken.

Soweit sich die Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.06.2002 auf den Standpunkt gestellt haben, wie auch in dem der Entscheidung "Kauf auf Probe" des Bundesgerichtshofs (WRP 2001, 1231 ff.) zugrundliegenden Lebenssachverhalt müsse sie befürchten, von der Klägerin aus dem Unterlassungsverpflichtungsvertrag in Anspruch genommen zu werden, jedenfalls deshalb stünde ihnen ein Feststellungsinteresse zur Seite, trifft das nicht zu. Denn anders als in dem Fall, den der Bundesgerichtshof in seinem Urteil "Kauf auf Probe" zu entscheiden hatte, haben die Beklagten kein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung, ob der Vertrieb des neuen Korkenziehers unter den Unterlassungsvertrag fällt, und zwar schon deshalb nicht, weil die Beklagten in ihrer von der Klägerin angenommenen Erklärung ausdrücklich klargestellt haben, dass diese sich ausschließlich auf den alten Korkenzieher bezieht und der neue Korkenzieher hiervon nicht erfasst wird.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des ursprünglichen Klagebegehrens und den damit zusammenhängenden Widerklageanträgen der Beklagten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, folgt aus § 91 a Abs. 1 ZPO, dass die Parteien unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes die insoweit entstandenen Kosten des Rechtsstreits jeweils hälftig zu tragen haben. Wegen des weiteren Unterliegens der Beklagten bei ihrer Feststellungs-Widerklage ergibt sich die aus dem Urteilstenor ersichtliche Obsiegens- und Unterliegensquote.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Unterlassungs- und Folgeansprüche übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, folgt aus der Tatsache, dass die nach Auffassung des Senats erforderliche, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu bewirkende Beweisaufnahme infolge der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien nicht mehr durchgeführt werden konnte, dass die Parteien insoweit hälftig mit den Kosten des Rechtsstreits zu belasten waren. Nichts anderes gilt für die den alten Korkenzieher betreffenden, zum Teil nur angekündigten und nicht verlesenen (Hilfs-) Widerklageanträge. Die Entscheidung der Frage, ob der Klägerin geschmacksmusterrechtliche Ansprüche zugestanden haben könnten (Widerklageantrag der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung vom 29.06.2000, dort Seiten 33/34, Blatt 595/596 d.A.), hängt ebenso wie die Entscheidung der Frage, ob die Klägerin den Beklagten möglicherweise deshalb zur Leistung von Schadenersatz verpflichtet ist, weil sie aus dem angefochtenen Urteil vollstreckt hat (Widerklageantrag Blatt 724 d.A.), von den Beweisthemen ab, die der Senat durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantwortet wissen wollte. Der aus Blatt 726/727 der Akten ersichtliche Hilfswiderklageantrag hat die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils zur Bedingung, ebenso der auf Blatt 852/853 der Akten angekündigte weitere Hilfswiderklageantrag. Soweit die Beklagten ursprünglich angeregt haben, die Sache gemäß Art. 28 EG-Vertrag dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen oder sie jedenfalls bis zur rechtskräftigen Entscheidung des zwischen den Parteien in Österreich anhängigen Hauptsacheverfahrens auszusetzen, ist hierfür ungeachtet sonstiger Zweifel jedenfalls nach den Erledigungserklärungen der Parteien kein Raum.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach §§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO n. F. in Verbindung mit § 26 Nr. 7 EGZPO liegen nicht vor. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordert die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof. Namentlich hat der Senat seiner Entscheidung zur Zulässigkeit der Feststellungswiderklage die ständige und neueste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 256 Abs. 1 ZPO berücksichtigt, ohne von ihr abzuweichen.

Der Wert der mit diesem Urteil verbundenen Beschwer der Beklagten übersteigt den Betrag von 20.000 EUR, der Wert der Beschwer der Klägerin erreicht diesen Betrag nicht.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt bis zum 12.06.2002 bis zu 330.000,00 EUR. Der Streitwert für die am 12.06.2002 erhobene Widerklage wird auf 250.000,00 EUR festgesetzt. Nach diesem Streitwert bemessen sich auch die durch dieses Urteil entstehenden Urteilsgebühren.






OLG Köln:
Urteil v. 17.07.2002
Az: 6 U 73/00


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