Bundespatentgericht:
Urteil vom 13. Januar 2009
Aktenzeichen: 3 Ni 77/06
(BPatG: Urteil v. 13.01.2009, Az.: 3 Ni 77/06)
Tenor
1.
Das deutsche Patent 43 37 743 wird für nichtig erklärt.
2.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 5. November 1993 angemeldeten deutschen Patents 43 37 743 (Streitpatents) mit der Bezeichnung "Paneelelement zur Wandund Deckenverkleidung", welches in der am 5. Juni 1997 veröffentlichten erteilten Fassung die nachfolgenden Patentansprüche 1 bis 3 umfasste:
1.
Paneelelement zur Wandund Deckenverkleidung, mit einer Vorderund einer Rückseite, sowie mit zwei gegenüberliegenden Kanten, von denen die eine Kante eine Nut und die andere Kante eine Feder zum Zusammenwirken mit der Nut eines gleichartigen Paneelelementes aufweist, wobei die Feder gegenüber der Vorderseite nach hinten versetzt angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass in der die Feder (6) aufweisenden Kante (5) eine zusätzliche Nut (9), die parallel zur Feder (6) zwischen der Feder (6) und der Rückseite des Paneelelementes (1) verläuft, für eine Befestigungsklammer (10) mit zwei entgegengesetzten Flügeln (12) angeordnet ist, derart, dass die sichtbare Fugenbreite durch die Ausbildung der Befestigungsklammer (10) bestimmbar ist.
2.
Paneelelement nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Tiefe der Nut (4) mindestens der Tiefe der Feder (6) entspricht.
3.
Paneelelement nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass an wenigstens einer der beiden Kanten (3, 5) der zwischen der Nut (4) oder der zusätzlichen Nut (9) und der Rückseite verlaufende Kantenabschnitt (8) dem Nutgrund näher benachbart ist als der zwischen der Nut (4) oder der zusätzlichen Nut (9) und der Vorderseite (2) verlaufende Kantenabschnitt (7).
Das Streitpatent war bereits Gegenstand des Nichtigkeitsverfahrens 4 Ni 39/99. Patentanspruch 1 erhielt durch Urteil des 4. Senats vom 15. Juni 2000 unter Klageabweisung im Übrigen folgende Fassung:
"Wandoder Deckenverkleidung mit Paneelelementen (1) mit jeweils einer Vorderund einer Rückseite, sowie mit zwei gegenüberliegenden Kanten (3, 5), von denen die eine Kante (3) eine Nut (4) und die andere Kante (5) eine Feder (6) zum Zusammenwirken mit der Nut (4) eines gleichartigen Paneelelements aufweist, wobei die Feder (6) gegenüber der Vorderseite (2) nach hinten versetzt angeordnet ist, und mit einer zusätzlichen Nut (9) in der die Feder (6) aufweisenden Kante (5), die parallel zur Feder zwischen der Feder und der Rückseite des Paneelelements verläuft, und mit Befestigungsklammern (10) mit jeweils zwei entgegengesetzten Flügeln (12), deren einer sich in die zusätzliche Nut (9) erstreckt, wobei der Abstand zwischen den beiden Flügeln (12) die Breite der sichtbaren Fuge zwischen zwei benachbarten Paneelelementen bestimmt."
In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, das Streitpatent sei in zulässiger Weise beschränkt worden, denn mit dem erteilten Patentanspruch 1 seien Paneelelemente mit einer eine Nut aufweisenden Kante und einer eine Feder aufweisenden entgegengesetzten Kante unter Patentschutz gestellt, deren Federkante eine zusätzliche Nut beliebigen Verwendungszwecks aufweise, auch wenn im Anspruch in nicht beschränkender Weise davon die Rede sei, dass die Nut für eine Befestigungsklammer nutzbar sei. Der verteidigte Patentanspruch 1 hingegen habe den Verbund solcher Paneelelemente zu einer Wandund Deckenverkleidung (Paneel) mit Befestigungsklammern zum Gegenstand, bei der einer der beiden entgegengesetzten Flügel dieser Klammern in die zusätzliche Nut eingreife und der -unterschiedlich ausführbare -Flügelabstand die Breite der Fuge zwischen zwei benachbarten Paneelelementen bestimme. Ein solcher eingeschränkter Gegenstand sei auch in der Streitpatentschrift beschrieben. Der verteidigte Patentanspruch 1 gehe bezüglich der Konstruktionsmerkmale der Paneelelemente auf den erteilten Anspruch 1 zurück, in dem auch bereits die zweiflügeligen Befestigungsklammern mit erwähnt seien. Die weiteren Merkmale im Anspruch 1 bezüglich des Zusammenwirkens der Befestigungsklammern mit den Paneelelementen zu einem Verbund gingen auf die Beschreibung in Sp. 3, Z. 21 bis 27 der Streitpatentschrift zurück.
Auf die Berufung der Klägerin, die ihre Klage mit Behauptung, auch die Lehre des geänderten Streitpatents sei nicht neu und beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weiterfolgt hat, und nach weiterer Beschränkung des Patentanspruchs 1 erklärte der Bundesgerichtshof das Streitpatent durch Urteil vom 12. Oktober 2004 -Az.: X ZB 190/00 -GRUR 2005, 233 -Paneelelemente) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen und Abweisung der weitergehenden Klage teilweise für nichtig. Patentanspruch 1 erhielt folgende Fassung:
1. Wandoder Deckenverkleidung mit Paneelelementen (1) mit jeweils einer Vorderund einer Rückseite, sowie mit zwei gegenüberliegenden Kanten (3, 5), von denen die eine Kante (3) eine Nut (4) und die andere Kante (5) eine Feder (6) zum Zusammenwirken mit der Nut (4) eines gleichartigen Paneelelements dergestalt, daß die Feder auch bei unterschiedlich bestimmter Fugenbreite in der Nut eingesteckt bleibt, aufweist, wobei die Feder (6) gegenüber der Vorderseite (2) nach hinten versetzt angeordnet ist, und mit einer zusätzlichen Nut (9) in der die Feder (6) aufweisenden Kante (5), die parallel zur Feder zwischen der Feder und der Rückseite des Paneelelements verläuft, und mit Befestigungsklammern (10) mit jeweils zwei entgegengesetzten Flügeln (12), deren einer sich in die zusätzliche Nut (9) erstreckt, wobei der Abstand zwischen den beiden Flügeln (12) die herzustellende Breite der sichtbaren Fuge zwischen zwei benachbarten Paneelelementen bestimmt."
In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dass dem Gegenstand des Streitpatents in der zulässigerweise beschränkt verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1 weder Neuheit noch erfinderische Tätigkeit abgesprochen werden könnten. Insbesondere vermittelten diejenigen bekannten Lösungen, bei denen die Paneelelemente -sei es zusätzlich zu einer Nut-Feder-Verbindung im Sinne des Streitpatents, sei es in Kombination mit einer Nut-Nut-Verbindung -mit einer Befestigungsklammer versehen worden seien, dem Fachmann keine Anregung zu der patentgemäßen Ausgestaltung. Denn die Befestigungsklammer erscheine dort immer -wie ihr Name auch sage -als Befestigungselement, das der Befestigung der Paneelelemente an der Unterkonstruktion diene, und nicht als "Abstandshalter", d. h. als ein Element, das der Fachmann verwendet hätte, um allein damit die Breite der sichtbaren Fuge zwischen zwei benachbarten Paneelelementen festzulegen. Um zu der erfindungsgemäßen Lösung zu gelangen, habe der Fachmann daher die Funktion der Nut-Feder-Verbindung einerseits und der Befestigungsklammer andererseits neu konzipieren müssen. Insbesondere die Nut-Feder-Verbindung verliere ihre herkömmliche Bedeutung, da die Feder nicht mehr, wie es bis dahin geschehen sei, in den Nutgrund eingeführt werde (wenn auch im Hinblick auf die zu berücksichtigende Quellung des Holzes nur annähernd). Ohne einen konkreten Anstoß hierzu lasse sich nicht feststellen, daß ein solches verändertes Konzept für den Fachmann nahegelegen habe.
Die Klägerin im streitgegenständlichen Verfahren verfolgt mit ihrer Klage die Nichtigerklärung des Streitpatents wegen unzulässiger Erweiterung des Gegenstandes der Anmeldung, des Schutzbereichs des Patents und wegen mangelnder Patentfähigkeit. Sie ist der Ansicht, dass der Gegenstand des Streitpatents in der geltenden Fassung, die auf eine Befestigungsklammern umfassende Paneelwand gerichtet sei, gegenüber dem Gegenstand des erteilten Patents ein anderer, ein aliud, sei und dass zudem Schutzbereich des erteilten Patents unzulässig erweitert worden sei. Das werde auch dadurch belegt, dass nunmehr -z. B. durch das Anbieten auch der Befestigungsklammern -neue Patentverletzungstatbestände unter dem Gesichtspunkt einer mittelbaren Patentverletzung entstanden seien. Auch liege eine Erweiterung des Gegenstandes der Anmeldung vor, da es in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen -wie auch die Offenlegungsschrift belege ausschließlich um die Ausgestaltung eines Paneelelements gehe, während die Befestigungsklammern nicht als erfindungswesentlich offenbart gewesen seien.
Die Aufnahme von Befestigungsklammern in den Patentanspruch 1 erteilter Fassung stelle daher, auch wenn sie nur im Rahmen einer Zweckbestimmung "für eine Befestigungsklammer" erfolgt sei, stelle daher eine unzulässige Erweiterung des Anmeldegegenstandes dar. Ferner fehle es an der Patentfähigkeit, insbesondere unter Berücksichtigung des zusätzlich genannten Standes der Technik sowie der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen.
Die Klägerin beantragt, das Patent für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen; hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent in der Fassung der Patentansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:
Paneelelement einer Wandoder Deckenverkleidung, mit einer Vorderund einer Rückseite, sowie mit zwei gegenüberliegenden Kanten, von denen die eine Kante (3) eine Nut (4) und die andere Kante (5) eine Feder (6) zum Zusammenwirken mit der Nut (4) eines gleichartigen Paneelelementes aufweist, dergestalt, dass die Feder auch bei unterschiedlich bestimmter Fugenbreite in der Nut eingesteckt bleibt, wobei in der die Feder (6) aufweisenden Kante (5) eine zusätzliche Nut (9) angeordnet ist, die parallel zur Feder zwischen der Feder und der Rückseite des Paneelelements verläuft, für eine Befestigungsklammer (10) mit jeweils zwei entgegengesetzten Flügeln (12), derart, dass die herzustellende Breite der sichtbaren Fuge zwischen zwei benachbarten Paneelelementen durch den Abstand zwischen den beiden Flügeln der Befestigungsklammer bestimmbar ist.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet:
Verwendung eines Paneelelements, mit einer Vorderund einer Rückseite, sowie mit zwei gegenüberliegenden Kanten, von denen die eine Kante (3) eine Nut (4) und die andere Kante (5) eine Feder (6) zum Zusammenwirken mit der Nut (4) eines gleichartigen Paneelelementes aufweist, dergestalt, dass die Feder auch bei unterschiedlich bestimmter Fugenbreite in der Nut eingesteckt bleibt, wobei in der die Feder (6) aufweisenden Kante (5) eine zusätzliche Nut (9) angeordnet ist, die parallel zur Feder zwischen der Feder und der Rückseite des Paneelelements verläuft, für eine Befestigungsklammer (10) mit jeweils zwei entgegengesetzten Flügeln (12), zur Herstellung einer Wandoder Deckenverkleidung, bei welcher die herzustellende Breite der sichtbaren Fuge zwischen zwei benachbarten Paneelelementen durch die Ausbildung der Befestigungsklammer (10) bestimmbar ist, dergestalt, dass die Feder des einen auch bei unterschiedlich bestimmter Fugenbreite in der Nut des benachbarten Paneelelements eingesteckt bleibt.
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Der geänderte Patentgegenstand "Wandund Deckenverkleidung" sei -wie auch das Landgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 22. Juli 2008 (Az.: 4b O 160/06) im Rahmen der Prüfung der Aussetzung des Verletzungsverfahrens ausgeführt habe -als Oberbegriff bereits in der ursprünglichen Fassung des Anspruchs 1 in der Formulierung "Paneelelement zur Wandund Deckenverkleidung" enthalten gewesen, so dass keine unzulässige Schutzbereichserweiterung, sondern eine Beschränkung vorliege. Auch die Beschreibung mache deutlich, dass die zum Stand der Technik genannten Paneelelemente immer nur in ihrer Ausgestaltung als Teil einer Gesamtverkleidung beschrieben seien. Zutreffend habe das Landgericht Düsseldorf deshalb angenommen, dass die Aufnahme weiterer Merkmale ohne weiteres zulässig sei, wenn diese für den Fachmann als zu der unter Schutz gestellten Lehre gehörig zu erkennen gewesen seien und wenn dadurch nicht an die Stelle der Erfindung ein wesensverschiedenes aliud trete. Auch die Aufnahme der Befestigungsklammern als weiteres beschränkendes Merkmal sei von dem Landgericht Düsseldorf als zulässig erachtet worden, weil in Patentanspruch 1 der erteilten Fassung das funktionale Zusammenwirken von Befestigungsklammer und Paneelelement ausdrücklich hervorgehoben und in dem weiteren Merkmal "dass die sichtbare Fugenbreite durch die Ausführung der Befestigungsklammer (10) bestimmbar ist" aufgenommen worden sei. Für den Fachmann habe deshalb das Zusammenspiel von Befestigungsklammer und Paneelelement eine zentrale Rolle für das Streitpatent gespielt und sei als zu der unter Schutz gestellte Lehre gehörig zu erkennen gewesen.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien, der vorgelegten Patentansprüche gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 und der vorgelegten Dokumente wird auf den Akteninhalt und die Sitzungsniederschrift vom 13. Januar 2009 verwiesen. Der Senat hat die Akten der Verfahren 4 Ni 39/99 und X ZR 190/00 beigezogen.
Gründe
Die zulässige Klage erweist sich begründet. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung des Schutzbereichs gemäß § 22 Abs. 1 PatG führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents.
I 1. Nach der Streitpatentschrift betrifft die Erfindung ein Paneelelement nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 (Sp. 1 Z. 3-4). Die Beschreibung erläutert unter Bezugnahme auf das 1976 erschienene Buch "Reparieren leicht gemacht" (D 1), dass Paneelelemente als Nutund Feder-Bretter, -Leisten oder -Riemen bekannt seien, bei denen die Breite der Federn größer sein könne als die Tiefe der Nut, so dass zwischen zwei gleichartigen Paneelelementen eine sichtbare Fuge erzielt werde. Im Stand der Technik seien hierzu zum Einen je nach gewünschter Fugenbreite unterschiedlich gestaltete Nutund Federleisten verwendet worden (Sp. 1 Z. 5-18). Zum Anderen zeige die D 1 gleichartige Leisten mit beidseitiger Nut mit eingesetzter (Fremd-) Feder (auch Nut-Nut-Verbindungen genannt), bei denen die Breite der sichtbaren Nut durch die Federbreite und durch zusätzlich verwendete Metallklammern vorgegeben werde, die mittels zweier entgegengesetzter Flügel eine gleichmäßig breite Nut zwischen zwei benachbarten Leisten und damit deren parallele Ausrichtung sicherstellten. Diese Paneelart ermögliche die Ausbildung verschieden breiter Fugen unter Verwendung der gleichen Leisten, erfordere dazu jedoch unterschiedlich breite Federn sowie entsprechende Befestigungsklammern, was -ähnlich wie bei unterschiedlich gestalteten Leisten -entsprechenden Platzbedarf für Lagerhaltung und Produktpräsentation bedinge (Sp. 1 Z. 19-36).
2.
Gemäß der Streitpatentschrift liegt der Erfindung deshalb die Aufgabe zugrunde, "ein gattungsgemäßes Paneelelement dahingehend zu verbessern, dass mit einem einheitlich ausgebildeten Paneelelement unterschiedlich breite sichtbare Fugen erzielt werden können" (Sp. 2 Z. 1-5).
3.
Diese Aufgabe wird nach den Angaben in der Streitpatentschrift durch die Ausgestaltung eines Paneelelements gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 gelöst. Der erteilte Patentanspruch 1 lautet nach Merkmalen gegliedert:
1.
Paneelelement zur Wandund Deckenverkleidung, das a) eine Vorderund eine Rückseite sowie b) mit zwei gegenüberliegende Kanten aufweist.
2.
Von den gegenüberliegenden Kanten weist a) die eine Kante eine Nut und b) die andere Kante eine Feder zum Zusammenwirken mitder Nut eines gleichartigen Paneelelementes auf.
3.
Die Feder ist gegenüber der Vorderseite des Paneelelements nach hinten versetzt angeordnet.
-Oberbegriff 4.
In der die Feder aufweisenden Kante ist eine zusätzliche Nut angeordnet, die a) zwischen der Feder und der Rückseite des Paneelelementes, b) parallel zur Feder(ebene) verläuft.
5.
Die zusätzliche Nut ista) für eine Befestigungsklammer mit zwei entgegengesetzten Flügeln vorgesehenundb) derart angeordnet, dass die sichtbare Fugenbreite durch die Ausbildung der Befestigungsklammer bestimmbar ist.
-kennzeichnender Teil -
In der Streitpatentschrift heißt es hierzu weiter, dass die Erfindung mit anderen Worten vorschlage, hinter der Feder eine Nut in der Kante des Paneelelementes vorzusehen, die der Aufnahme von Metallklammern dienen könne. Auf diese Weise sei es einerseits möglich, benachbarte Paneelelemente im Bereich ihrer Nutund Federkanten soweit wie möglich unmittelbar ineinander zustecken, so dass eine sichtbare Mindestfuge erzielt werde. Andererseits sei es durch die Verwendung von Metallklammern möglich, demgegenüber breitere sichtbare Fugen zu schaffen. Dabei werde die sichtbare Fugenbreite einerseits durch die Ausbildung der Metallklammern bestimmt und andererseits durch das Maß der Feder begrenzt. Durch die erfindungsgemäße Ausbildung eines Paneelelementes sei lediglich ein einziger Typ von Paneelelementen erforderlich, um unterschiedliche Fugengestaltungen zu erzielen. Auf diese Weise könne die Lagerhaltung erheblich verringert werden, da anstelle verschieden breiter lose zu handelnder Federn lediglich die für verschiedene Fugenbreiten ausgestalteten Metallklammern bevorratet werden müssten, die bei der Verwendung von Paneelelementen mit losen Federn ohnehin Anwendung finden und gelagert werden müssten (Sp. 2 Z. 9-32). Schließlich weist die Beschreibung auch darauf hin, dass, falls eine Nullfuge gewünscht werde, grundsätzlich auf die Verwendung einer Metallklammer 10 verzichtet werden könne, zur leichteren Montage der Paneelelemente 1 an dem Untergrund jedoch die Metallklammern 10 vorteilhaft sei (Sp. 3 Z. 38-42).
4. In Patentanspruch 1 der verteidigten Fassung des Streitpatents, die es durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Oktober 2004 erhalten hat, wird zur Lösung des Problems eine Wandund Deckenverkleidung mit folgenden Merkmalen vorgeschlagen:
1.
Wand oder Deckenverkleidung bestehend aus a) Paneelelementen mit jeweils einer Vorderund einer Rückseite sowie zwei gegenüberliegenden Kanten, und b) Befestigungsklammern.
2.
Von den gegenüberliegenden Kanten weist a) die eine Kante eine Nut und b) die andere Kante eine Feder zum Zusammenwirken mitder Nut eines gleichartigen Paneelelementes auf.
3.
Die Feder a) ist gegenüber der Vorderseite des Paneelelements nach hinten versetzt angeordnet undb) zum Zusammenwirken mit der Nut eines gleichartigen Paneelelements dergestalt, dass die Feder auch bei unterschiedlich bestimmter Fugenbreite in der Nut eingesteckt bleibt, ausgebildet.
4.
Die zusätzliche Nut verläuft a) zwischen der Feder und der Rückseite des Paneelelements und b) parallel zur Feder(ebene).
5.
Die Befestigungsklammern weisen zwei entgegengesetzte Flügel auf, a) von denen einer sich in die zusätzliche Nut erstreckt und b) deren Abstand voneinander die herzustellende Breite dersichtbaren Fuge zwischen zwei benachbarten Paneelelementen bestimmt.
II.
Die Feststellung, ob eine Erweiterung des Schutzbereich des Streitpatents i. S. v. § 22 PatG vorliegt, ist durch Vergleich des Gegenstands der Patentansprüche in der Fassung, die sie durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Oktober 2004 (BGH GRUR 2006, 233 -Paneelelemente) erhalten haben, mit dem Gegenstand der Patentansprüche in der erteilten Fassung des Streitpatents zu ermitteln.
1) Entgegen den Ausführungen der Beklagten kommt es für die Frage der Erweiterung des Schutzbereichs des (erteilten) Patents -anders als für die Frage einer unzulässigen Erweiterung des Anmeldegegenstandes i. S. v. § 21 Abs. 2 Nr. 4 PatG -nicht entscheidend darauf an, ob die in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen enthaltene Offenbarung in ihrer Gesamtheit das in den geänderten Patentansprüchen niedergelegte Schutzbegehren umfasst und ob dieses als zur Erfindung gehörend erkannt wird (hierzu z. B. BGH 2007, 959 -Pumpeinrichtung unter Hinweis auf BGH GRUR 2004, 1023, 1024 -Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung) oder dieses Begehren sich hierzu als "aliud" erweist (vgl. hierzu und zur Beschränkung im Nichtigkeitsverfahren BGH GRUR 2008, 56, 58 -Injizierbarer Mikroschaum; ferner BGH GRUR 2008, 60, 63 -Sammelhefter II). Bei der Erweiterung des Schutzbereichs kommt es vielmehr ausschließlich auf die Zulässigkeit der Änderung der erteilten Patentansprüche an, nach denen sich der durch das Streitpatent unter Schutz gestellte Gegenstand bestimmt. Anders als im Rahmen der Erweiterung des Anmeldegegenstandes ist deshalb nach einhelliger Meinung ein Rückgriff auf die Offenbarung in den ursprünglichen Unterlagen nicht zulässig, wenn hierdurch der Schutzumfang des erteilten Patentgegenstandes nachträglich erweitert wird (vgl. Rogge in Benkard PatG, 10. Aufl. § 22 Rdn. 18 darauf hinweisend, dass dies nach der amtlichen Begründung zur Gesetzesänderung BlPMZ 79, 276, 281 noch anders gesehen worden war), unabhängig davon, ob sich die Erweiterung auch als eine andere Lehre, ein "aliud" erweist. Die Zulässigkeit der Aufnahme des Merkmals "Befestigungsklammern" in den Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 hängt daher nicht davon ab, ob es für den Fachmann bereits durch die Beschreibung und auch durch das in Patentanspruch 1 erteilter Fassung angesprochene funktionale Zusammenwirken von Befestigungsklammer und Paneelelement erkennbar war, dass das Zusammenspiel von Befestigungsklammer und Paneelelement eine zentrale Rolle für das Streitpatent spielt und zu der erfindungsgemäßen Lehre gehört, solange nicht zugleich diese Lehre auch durch die Patentansprüche erteilter Fassung unter Schutz gestellt worden ist.
2) Da der geänderte Patentgegenstand durch keinen der Patentansprüche erteilter Fassung ausdrücklich unter Schutz gestellt worden ist, sind diese auszulegen.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung sind für die Auslegung von Patentansprüchen sowohl bei der Prüfung der Patentfähigkeit im Einspruchsoder Einspruchsbeschwerdeverfahren und im Nichtigkeitsverfahren wie auch im Verletzungsprozess zur Bestimmung des Schutzbereichs dieselben Grundsätze heranzuziehen. Maßgeblich ist, wie der angesprochene Fachmann die Patentansprüche und die darin enthaltenen Begriffe nach dem Gesamtinhalt der Offenbarung in der Patentschrift unter Berücksichtigung der in ihr objektiv offenbarten Lösung versteht, d. h. was sich aus den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit als unter Schutz gestellte technische Lehre ergibt (vgl. z. B. BGH GRUR 2007, 859, -Informationsübermittlungsverfahren; BGH GRUR 2001, 232 -Brieflocher). Dies steht auch in Einklang mit dem Protokoll über die Auslegung von Patentansprüchen nach Art. 69 Abs. 1 EPÜ, das nach ständiger Rechtsprechung (BGH GRUR 2002, 515, 517 -Schneidmesser I m. w. H.) auch zur Auslegung von Patentansprüchen nach § 14 PatG heranzuziehen ist (so auch BGH GRUR 2007, 1059, 1062 -Zerfallsmessgerät; BGH GRUR 1992, 594 -Mechanische Betätigungsvorrichtung).
b) Es ist deshalb zu ermitteln, welcher technische Sinngehalt den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und den Patentansprüchen in ihrer Gesamtheit zukommt (BGH GRUR 1988, 896 -Ionenanalyse; BGH GRUR 2002, 515 -Schneidmesser I). Hierzu ist der Wortlaut des Patentanspruchs unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen aus der Sicht des von der Erfindung angesprochenen Fachmanns zu deuten, wobei der Patentanspruch nicht wörtlich in philologischer Betrachtung, sondern seinem technischen Sinn nach aufzufassen ist, das heißt der Erfindungsgedanke muss unter Ermittlung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich im Patent ergeben, bestimmt werden (BGH Mitt. 1999, 304, 307 -Spannschraube). Die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegenstand eines Anspruchs des Patents gehört, entscheidet sich deshalb danach, ob sie in dem betreffenden Patentanspruch Ausdruck gefunden hat (st. Rspr. vgl. z. B. BGH 2007, 959 -Pumpeinrichtung unter Hinweis auf BGH GRUR 2004, 1023, 1024 -Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Ein Erfindungsbereich, der nur in der Patentbeschreibung dargestellt, nicht aber hinreichend deutlich in den Patentanspruch einbezogen ist, wird von dem Schutz des Patents nicht umfasst.
c) Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang wiederholt betont, dass es dem Patentinhaber im Hinblick auf die Gleichwertigkeit des Gebots einer angemessenen Belohnung der erfinderischen Leistung einerseits und der Rechtssicherheit andererseits (BGH GRUR 1980, 219, 220 -Überströmventil; GRUR 1992, 594, 596 -mechanische Betätigungsvorrichtung) auch dann verwehrt ist, nachträglich Schutz für etwas zu beanspruchen, was er nicht unter Schutz hat stellen lassen, wenn der Fachmann erkennt, dass sich das Patent bei objektiver Betrachtung auf eine engere Anspruchsfassung beschränkt, als dies vom technischen Gehalt der Erfindung gegenüber dem Stand der Technik geboten wäre (vgl. BGH GRUR 2002, 515, 518 -Schneidmesser I; BGH GRUR 2002, 519, 523 -Schneidmesser II). Außenstehende sollen sich darauf verlassen und einrichten können, dass die im Patent unter Schutz gestellte Erfindung mit den Merkmalen vollständig umschrieben ist (BGH GRUR 1992, 594, 596 -Mechanische Betätigungsvorrichtung). So hat der Bundesgerichtshofs beispielsweise in der Entscheidung "Rundfunkübertragungssystem" (GRUR 1987, 626), in der es um eine Erfindung ging, die sowohl auf dem Sendeals auch auf dem Empfangsbereich eines Rundfunkübertragungssystems zu einer Bereicherung der Technik führte, den Grundsatz der Rechtssicherheit betont und ausgeführt, dass es im Hinblick auf die Verwirklichung des Anliegens der angemessenen Belohnung des Erfinders für die Offenbarung der gesamten Erfindung nicht gerechtfertigt sei, auch den vom Patentanspruch nicht erfassten Empfängerbereich in den Schutz einzubeziehen. Selbst wenn der Fachmann in der Lage gewesen sei, die erforderlichen Angaben für die Ausgestaltung der Empfangsgeräte ohne weiteres als Konsequenz aus den Angaben der Klagepatentschrift zur Sendeseite abzuleiten, könne dieser Umstand aus den dargelegten Gründen nicht zu einer vom eindeutigen Wortlaut des Patentanspruchs abweichenden Auslegung führen.
3) Nach diesen Grundsätzen ist der in den Patentansprüchen des Streitpatents erteilter Fassung verwendete Begriff "Paneelelement" mit der Bestimmungsangabe "zur Wandund Deckenverkleidung" nach dem Verständnis des Fachmanns -einem vornehmlich nicht an einer Hochschule ausgebildeter Praktiker -Meister oder Techniker, gegebenenfalls auch ein erfahrener Geselle (vgl. BGH GRUR 2005, 233, 235 -Paneelelemente) -dahingehend auszulegen, dass Gegenstand des durch das Streitpatent erteilten Schutzes ein Einzelpaneel ist. Wie die Klägerin zutreffend ausführt, bezieht sich sowohl der Wortlaut des Patentanspruchs 1 erteilter Fassung als auch die Beschreibung, insbesondere die Formulierung der Aufgabe und die Erläuterung der erfindungsgemäßen Lösung ausschließlich auf ein Paneelelement in der Ausgestaltung, wie sie sich in den Merkmalen der eindeutig formulierten Patentansprüche wiederfindet. Eine aus Einzelpaneelen und Befestigungsklammern bestehende Wandoder Deckenverkleidung ist nicht Gegenstand des Patentanspruchs 1, auch wenn dies zweifelsohne noch zu dem in der Patentschrift offenbarten Erfindungsgedanken gehört, die Patentinhaberin ihren Anspruch also bis zur Erteilung darauf hätte richten können.
a) Die "Wandoder Deckenverkleidung" wird nicht dadurch zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 erteilter Fassung, dass sie das Objekt der dem Merkmal "Einzelpaneele" hinzugefügten Bestimmungsangabe "zur Wandund Deckenverkleidung" bildet. Diese Bestimmungsangabe hat in dem Rahmen der Lehre, wie sie sich aus dem Patentanspruch 1 in Verbindung mit der Erläuterung der Beschreibung ergibt, nur die Bedeutung einer beispielhaften, dem erleichterten Verständnis dienenden Erläuterung der funktionellen Eignung des Paneelelements, das in der patentgemäßen Ausgestaltung z. B. auch für eine Fußbodenverkleidung bestimmt sein kann. Aber selbst wenn die Bestimmungsangabe im Sinne eines -den Schutzgegenstand und den Schutzbereich festlegenden -funktionellen Merkmals des Patentanspruchs zu verstehen wäre, mit dem das Paneelelement als ein solches definiert wird, das räumlichkörperlich notwendigerweise mit den anspruchsgemäßen Merkmalen ausgestaltet sein muss, um die Funktion als Wandoder Deckenverkleidung zu erfüllen (vgl. hierzu z. B. Kühen in Schulte, PatG, 8. Aufl., § 14 Rdn. 33, 87, 90), würde das zur Bestimmung genannte Objekt "Wandoder Deckenverkleidung" selbst damit nicht zum Gegenstand des Patentanspruchs.
b) Entsprechendes gilt für die im Patentanspruch 1 erteilter Fassung enthaltene Bestimmungsangabe "Nut (9), die..., für eine Befestigungsklammer...", die bereits in dem Urteil des 4. Senats vom 15. Juni 2000 als eine nicht beschränkende beispielhafte Erläuterung eines beliebigen Verwendungszwecks der Nut angesehen worden ist. Auch nach Ansicht des erkennenden Senats ist nicht ersichtlich, worin die besondere, gerade auf die Verwendung der Befestigungsklammer ausgerichtete Ausgestaltung der Nut liegen soll. Aber auch wenn man unterstellt, dass die Bestimmungsangabe "für eine Befestigungsklammer" als funktionelles Merkmal des Patentanspruchs zu sehen ist, das ausschließlich der mittelbaren Beschreibung der funktionellen Zurichtung der Nut dient, wird die Befestigungsklammer damit nicht selbst Teil des Patentgegenstandes. Wie auch der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "Rundfunkübertragungssystem" ausgeführt hat (GRUR 1987, 626, 628 -unter Hinweis auf BGH GRUR 1951, 449, 451 Tauchpumpensatz; 1951, 452, 453 -Mülltonnen II), erlaubt es ein in den Patentanspruch aufgenommener Bestimmungszweck -dort die für die Empfangsseite ausgestrahlten besonderen Informationen -ohne entsprechend gefassten Patentanspruch nicht, die von dem Bestimmungszweck erfassten Mittel -die angepassten Empfangsgeräte -in den Schutzgegenstand des Klagepatents einzubeziehen.
c) Nach diesen Grundsätzen besteht auch dann, wenn man berücksichtigt, dass Fachmann eine technische Lehre nicht zweckfrei versteht und in dem vorliegenden Fall daher erkennt, dass die erfindungsgemäßen Vorteile des anspruchsgemäß ausgestalteten Paneelelements erst durch das in der Patentschrift offenbarte mögliche -aber nicht zwingende -Zusammenspiel mit Befestigungsklammern als Abstandshalter zum Tragen kommen, kein Anlass für die Annahme, er werde allein hieraus ableiten, dass die unter Schutz gestellte technische Lehre ein sich von dem anspruchsgemäß ausgestalteten Einzel-Paneelelement erheblich unterscheidendes komplettes Wandoder Bodenverkleidungssystem aus Einzelpaneelen und Befestigungsklammern sein soll.
d) Auch der Umstand, dass in dem vorliegenden Fall das Paneelelement Teil eines hieraus gebildeten Systems sein kann, das einzelne Paneelelemente in der beanspruchten Ausgestaltung von dem Fachmann also gewissermaßen als Repräsentant der hieraus zu bildenden Wandoder Bodenverkleidung gesehen werden kann, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Selbst wenn man annimmt, das hier einer der Ausnahmefälle vorliegt, in denen der Fachmann zwischen dem die technische Lehre repräsentierenden Einzelelement einerseits und der aus Vielheit der Einzelelemente gebildeten Gesamtheit andererseits gedanklich nicht unterscheidet, ist aber doch zu berücksichtigen, dass der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung des Streitpatents nicht ausschließlich aus einer Wandund Deckenverkleidung besteht, die durch ein Paneelelement verkörpert wird, sondern als weiteres Element zwingend Befestigungsklammern umfasst, wobei -wie der Bundesgerichtshof ausgeführt hat -die erfinderische Tätigkeit des gesamten Konzepts gerade in dem durch den Stand der Technik nicht nahe gelegten Einsatz der Befestigungsklammern als Abstandshalter für die Paneelelemente begründet liegt. Deshalb mag es zwar vordergründig als beschränkende Ausgestaltung erscheinen, wenn Befestigungselemente als weiteres Systemelement einer Wandoder Deckenverteilung in de Patentanspruch aufgenommen werden, vorausgesetzt, der Fachmann liest diese Befestigungsmerkmale überhaupt als implizites Merkmal mit. Gegenüber einem einzelnen Paneelelement als gedankliche Verkörperung der hieraus ausschließlich gebildeten Wandund Deckenverkleidung und der hierdurch repräsentierten technischen Lehre stellt ein mit weiteren, für die Erfindung wesentlichen Elementen komplettiertes Wandund Deckenverkleidungssystem jedoch keine beschränkende Ausgestaltung des geschützten Gegenstandes, sondern etwas Anderes, außerhalb des "Paneelelements" Stehendes dar. Der Fachmann hat deshalb auch unter diesem Blickwinkel keinen Anlass, die aus der Offenbarung und den Patentansprüchen erkennbare Zielrichtung der Erfindung gegen den Wortlaut der Patentansprüche zu lesen und das beanspruchte einzelne Paneelelement dem aus einer Gesamtheit von Paneelelementen und Befestigungsklammern bestehenden System einer Wandoder Deckenverkleidung gleichzusetzen. Auch wenn dem Fachmann ein auf das System gerichteter Schutz durchaus sinnvoll erscheinen könnte, hängt das, was der Patentinhaber bevorzugt und sinnvoller Weise beanspruchen sollte oder wollte, allein von seinen, dem fachmännischen Leser der Patentschrift nicht zugänglichen wirtschaftlichen Interessen ab. So lässt sich auch vorliegend nicht sagen, dass die Patentinhaberin von vorneherein Interesse nur am Schutz des Systems haben konnte. Dieses bietet zwar im Hinblick auf die Befestigungsklammern über die mittelbare Patentverletzung gemäß § 10 PatG einen weitergehenden Schutz als der ausschließlich auf das Paneelelement gerichtete Vorrichtungsanspruch, weil danach die Befestigungsklammern in Hinblick auf den geschützten Erfindungsgedanken nicht als Mittel zu sehen sind, das geeignet ist, mit einem wesentlichen Element der Erfindung (Nut) zusammenzuwirken (BGH GRUR 2004, 758 -Flügelradzähler). Andererseits gewährt letzterer über § 9 PatG wiederum einen effektiveren Schutz vor der unmittelbaren Verletzung der Einzelpaneele.
4) Der Schutzumfang des in der geltenden Fassung verteidigten Patentgegenstandes gemäß Hauptantrag ist deshalb gegenüber der in der erteilten Fassung auf ein Paneelelement beschränkte Lehre der Patentansprüche unzulässig i. S. v § 22 PatG erweitert worden. Die nach den Patentansprüchen geltender Fassung beanspruchte technische Lehre erweist sich nicht als eine den Schutzumfang des erteilten Patentgegenstandes beschränkende Lehre, sondern als eine andere Erfindung -ein "aliud" -mit der gleichzeitig eine Erweiterung des Schutzbereichs des Patents verbunden ist. Insoweit kann auch dahinstehen, ob eine andere Lehre überhaupt ohne Erweiterung des Schutzbereichs denkbar ist (vgl. hierzu aber auch BGH GRUR 2005, 145 elektronisches Modul; vgl. auch Keukenschrijver, GRUR 2001, 571, 573) und welche Folge dies für den Nichtigkeitsgrund des § 22 PatG haben würde, der eine Erweiterung des Schutzumfanges voraussetzt. Denn die zu vergleichenden Patentgegenstände weisen -wie eine Bewertung des Schutzes der jeweiligen Patentgegenstände durch Verletzungstatbestände unmittelbarer und mittelbarer Verletzungen nach §§ 9, 10 PatG offensichtlich macht -weder einen identischen noch einen sich teilweise überdeckenden Schutzumfang auf, bei welchem die erteilten Patentansprüche den Schutzbereich der geltenden Patentansprüche vollständig umfassen.
III.
Auch soweit der Beklagte das Streitpatent gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 2 verteidigt, erweist sich das Streitpatent als nicht bestandsfähig, da die mit den Hilfsanträgen begehrte Änderung des Patentgegenstandes geltender Fassung und dessen Rückführung auf ein Paneelelement im Hinblick auf die damit ihrerseits verbundene Erweiterung des Schutzbereichs nicht möglich ist, insbesondere der damit wiederum beanspruchte Schutzbereich sich nicht als von beiden Fassungen gedeckter Teilschutzbereich erweist (vgl. hierzu Rogge in Benkard PatG, 10. Aufl., § 22 Rdn. 19 und Rdn. 20; vgl. auch BPatG GRUR 1991, 40 -Absatz-Sicherheitsbindung). Da sich mithin der Schutzbereich der gemäß Hilfsanträgen verteidigten Fassung des Streitpatents nicht mehr als ein auch durch die geltende, ihrerseits erweiterte Fassung gedeckter Teilbereich erweist, sonder darüber hinausgeht, führt dies zur vollumfänglichen Nichtigerklärung des Streitpatents. Dies wird, wie unter II 3 d) ausgeführt, aus der Gegenüberstellung der sich aus §§ 9, 10 PatG geltenden Patentverletzungstatbestände ersichtlich, welche je nach Patentgegenstand in unterschiedlicher Weise zur Anwendung kommen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
Dr. Schermer Engels Dipl.-Ing. Schneider Dipl.-Ing. Hildebrandt Dipl.-Ing. Küest Pr
BPatG:
Urteil v. 13.01.2009
Az: 3 Ni 77/06
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