Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Februar 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 145/01

(BPatG: Beschluss v. 04.02.2004, Az.: 26 W (pat) 145/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juli 2001 aufgehoben. Die Löschung der Marke 397 46 468 wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 049 896 angeordnet.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 397 46 468 KRÖNCHEN - helles Obergäriges vom Landefür die Ware "Biere" ist Widerspruch erhoben worden aus der ebenfalls für "Bier" eingetragenen älteren Marke 2 049 896 KRONEN.

Die Markenstelle hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, auch bei zugunsten der Widersprechenden unterstellter Prägung der angegriffenen Marke durch deren Bestandteil "KRÖNCHEN" bestehe keine Markenähnlichkeit. Klanglich und schriftbildlich seien die Begriffe "KRONEN" und "KRÖNCHEN" deutlich verschieden. Dieser Unterschied bleibe auch bestehen, wenn berücksichtigt werde, dass es sich bei dem Wort "KRÖNCHEN" um die Verkleinerungsform des Begriffs "KRONEN" handele. Zwar blieben Endungen und insbesondere Verkleinerungsformen meist weniger in Erinnerung und verhinderten Verwechslungen nur selten. Dieser Grundsatz gelte jedoch nicht uneingeschränkt. Insbesondere die Länge der Markenwörter spiele eine wesentliche Rolle. Im vorliegenden Fall handele es sich um verhältnismäßig kurze Wörter, die leichter erfassbar und einprägsamer seien als längere Markenwörter. Hinzu komme noch, dass sich durch das Anhängen der Verkleinerungsendung "-chen" der in der Widerspruchsmarke enthaltene Vokal "O" in der angegriffenen Marke zu einem "Ö" verändere und die Betonung beider Marken auf der Silbe liege, die die unterschiedlichen Vokale enthalte. Damit unterschieden sich die Marken nicht nur in der Endung "-chen". Gegen eine Verwechslungsgefahr spreche zudem die Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke. Es seien über 150 Marken im Markenregister eingetragen, die das Wort "KRONEN" enthielten. Davon entfielen auf die Klasse 32 allein 45 Marken. Unter den Markeninhabern seien auch einige andere Brauereien vertreten. Bei dieser Sachlage sei der Verkehr daran gewöhnt, auf die Unterschiede der Bezeichnungen, wie z.B. auf abweichende Vokale oder Endungen, sein Augenmerk zu richten. Für eine Verwechslungsgefahr in anderer als klanglicher Richtung lägen keine Anhaltspunkte vor.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, zwischen dem die angegriffene Marke prägenden Wort "KRÖNCHEN" und der Widerspruchsmarke bestehe eine begriffliche Verwechslungsgefahr. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass das Wort "KRÖNCHEN" die Verkleinerungsform des Wortes "KRONEN" sei. Für ein Unternehmen, das den Begriff "KRONEN" verwende, liege es nahe, eines seiner Spezialbiere als "KRÖNCHEN" zu bezeichnen. Die Widerspruchsmarke weise auch keine verminderte Kennzeichnungskraft auf, weil es sich bei den von der Markenstelle ermittelten 45 Marken des Biersektors mit dem Wortbestandteil "KRONEN" durchweg um kombinierte Marken handele, die einen größeren Abstand zu dem Wort "KRÖNCHEN" aufwiesen als die Widerspruchsmarke. Die beiden einzigen Marken, die das Wort "KRONEN" allein enthielten, seien solche der Widersprechenden. Auch von den kombinierten Marken mit dem Wort "KRONEN" gehöre ein Großteil der Widersprechenden. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und wegen des Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er ist der Ansicht, dem Wort "KRÖNCHEN" komme innerhalb der angegriffenen Marke keine den Gesamteindruck prägende Bedeutung zu. Der Verbraucher unterscheide Biere unterschiedlichen betrieblichen Ursprungs nicht nur anhand der angebrachten Marken, sondern berücksichtige zusätzlich auch die Biersorten und die örtliche Herkunft. Mündliche Markenwiedergaben spielten zudem nur eine untergeordnete Rolle, weil Bier weit überwiegend nur im Wege der Selbstbedienung gekauft werde. Aber auch bei einer Prägung der angegriffenen Marke durch das Wort "KRÖNCHEN" bestehe in keiner Richtung die Gefahr von Markenverwechslungen. Insbesondere bestehe keine unmittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr, weil die Wörter "KRONEN" und "KRÖNCHEN" ihrem Sinn nach weder vollständig noch im wesentlichen übereinstimmten. Auch mittelbare begriffliche Verwechslungen seien nicht zu besorgen, weil der Verbraucher mehrere gedankliche Schritte vollziehen müsse, um vom Wort "KRONEN", das als Pluralform für mehrere Kronen stehe, zu dem Wort "KRÖNCHEN", das eine einzelne kleine Krone bezeichne, zu gelangen. Eine betriebliche Herkunftsverwechslung käme nach seiner Ansicht nur dann in Frage, wenn eine ohne weiteres erkennbare, typische Verkleinerungsform der "KRONEN" - Marke der Widersprechenden vorläge, was jedoch nicht der Fall sei. Der Verkehr, der an verschiedene "KRONEN"-Marken gewöhnt sei, werde sich auch fragen, welcher der vielen KRONEN-Brauereien er die Bezeichnung "KRÖNCHEN" als Verkleinerungsform oder Serienmarke zuordnen solle. Im Brauereiadressbuch in der Auflage des Jahres 2002 seien mindestens vier weitere Kronenbrauereien und Kronenbrauhäuser verzeichnet. Die Widerspruchsmarke weise daher sehr wohl eine verminderte Kennzeichnungskraft auf.

II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist begründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht in begrifflicher Hinsicht Verwechslungsgefahr i.S.d.

§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr i.S. der genannten Vorschrift ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma; GRUR 1998, 922, 923 - Canon). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH aaO - Canon).

Hiervon ausgehend bedarf es angesichts der Identität der Waren, für die die beiderseitigen Marken eingetragen sind, eines deutlichen Abstandes der Marken. Diesen Abstand hält die angegriffene Marke gegenüber der Widerspruchsmarke zumindest in begrifflicher Hinsicht nicht ein, selbst wenn zugunsten des Markeninhabers eine gewisse, infolge der Benutzung von Drittmarken mit dem Wortbestandteil "Kronen" bestehende Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unterstellt wird, für deren Eintritt es an sich einer beträchtlichen Zahl solcher benutzter Drittmarken bedarf (BGH GRUR 1967, 246, 248 - Vitapur).

Zwar unterscheiden sich die beiderseitigen Marken in ihrer registrierten Form aufgrund der in der angegriffenen Marke enthaltenen Wörter "helles Obergäriges vom Lande", die in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung haben, hinreichend voneinander. Gleichwohl kann auch dann, wenn sich Marken in ihrer Gesamtheit nicht verwechselbar nahe kommen, Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehen, wenn einzelne Bestandteile der Marken Ähnlichkeit aufweisen und diese ähnlichen Bestandteile den Gesamteindruck der Marken prägen, indem sie eine eigenständige kennzeichnende Funktion aufweisen (BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze). Eine Prägung des Gesamteindrucks durch einzelne Markenteile setzt ferner voraus, dass die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (BGH GRUR 2000, 233, 234 - RAUSCH / ELFI RAUCH).

Bei Heranziehung dieser Grundsätze ist von einer Prägung der angegriffenen Marke durch das in ihr enthaltene Wort "KRÖNCHEN" auszugehen. Dieses von Haus aus für Biere nicht beschreibende und damit normal kennzeichnungskräftige Wort bildet für den Verkehr den markenmäßigen Schwerpunkt des angegriffenen Zeichens, weil es sich bei der weiteren Wortfolge "helles Obergäriges vom Lande" um eine als solche sofort erkennbare beschreibende Angabe über die Beschaffenheit und die geografische Herkunft der Ware handelt. Die Annahme, dass es sich bei dem Wort "KRÖNCHEN" um den selbständig kennzeichnenden Bestandteil der angegriffenen Marke handelt, wird zusätzlich dadurch gefördert, dass dieses Wort durch einen Gedankenstrich von den übrigen Wörtern abgesetzt und im Gegensatz zu ihnen nicht in Normalschrift, sondern in Großbuchstaben dargestellt ist. Angesichts der Neigung des Verkehrs, längere Kennzeichen auf den wesentlichen Bestandteil zu verkürzen, ist insbesondere bei mündlichen Bestellungen, die bei Bieren z.B. in Gaststätten und an Kiosken an der Tagesordnung sind, in rechtserheblichem Umfang mit einer Benennung der angegriffenen Marke allein mit dem Wort "KRÖNCHEN" zu rechnen.

Klanglich und schriftbildlich unterscheiden sich die Widerspruchsmarke und das die angegriffene Marke prägende Wort "KRÖNCHEN" zwar noch ausreichend voneinander. Jedoch besteht in begrifflicher Hinsicht unter Berücksichtigung der mündlichen Bestellgewohnheiten des Verkehrs bei Bieren in Kneipen und an Kiosken eine die Gefahr von Verwechslungen begründende Ähnlichkeit der Marken.

Eine unmittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr ist zu bejahen, wenn sich Wörter gegenüberstehen, die ihrem Sinn nach vollständig oder doch im wesentlichen übereinstimmen (BGH Mitt 1968, 196, 197 - Jägerfürst / Jägermeister; BPatG GRUR 1998, 1025, 1026 - Rebenfreund / Traubenfreund). Das ist vorliegend der Fall. Entgegen der Auffassung des Markeninhabers ist das Wort "KRÖNCHEN" nicht nur die Verkleinerungsform des Begriffs "Krone" im Singular, sondern auch zugleich die Verkleinerungsform des Plurals "Kronen" (z.B. zwei Kronen / zwei Krönchen). Damit stimmen die Markenwörter "KRONEN" und "KRÖNCHEN" begrifflich im wesentlichen überein, denn das Wort "KRONEN" umfasst begrifflich auch kleine Kronen, mit anderen Worten "KRÖNCHEN". Im Hinblick auf die begrifflich weitgehende Übereinstimmung von "KRONEN" und "KRÖNCHEN" ist ferner von Bedeutung, dass ein kleines Bier in Kneipen und an Kiosken nicht selten verniedlichend unter Verwendung der Verkleinerungsform "-chen" als "Bierchen" bestellt werden. Von dieser Bestellgewohnheit ausgehend ist es für einen Gast, der die Widerspruchsmarke kennt und ein weiteres kleines "KRONEN" bestellen möchte, durchaus naheliegend, ein "KRÖNCHEN" zu bestellen bzw dann, wenn ihm der Wirt ein "KRÖNCHEN" serviert, anzunehmen, ein kleines Bier der Marke "KRONEN" erhalten zu haben. Für den insoweit angesprochenen Verkehrskreis stimmen die Bezeichnungen "KRONEN" und "KRÖNCHEN" begrifflich mithin im wesentlichen überein, weshalb der Beschwerde stattzugeben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen war.

Da es für das Bestehen einer Verwechslungsgefahr ausreicht, wenn Marken in einer Richtung ähnlich sind, kann die Frage, ob die beiderseitigen Marken im vorliegenden Fall auch klangliche oder schriftbildliche Ähnlichkeiten aufweisen bzw ob die Gefahr einer gedanklichen Verbindung besteht, dahingestellt bleiben.

Für eine Kostenauferlegung gemäß § 71 Abs.1 S. 1 MarkenG besteht keine Veranlassung.

Albert Richter Kraft ist aus gesundheitlichen Gründen gehindert zu unterschreiben.

Albert Reker Bb






BPatG:
Beschluss v. 04.02.2004
Az: 26 W (pat) 145/01


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