Landgericht Köln:
Urteil vom 13. April 2006
Aktenzeichen: 31 O 28/06

(LG Köln: Urteil v. 13.04.2006, Az.: 31 O 28/06)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt,

es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Internet, Eintrittskarten des 1. FC Köln für dessen Heimspiele zum Verkauf anzubieten und zu verkaufen und/oder jeglichen Handel mit Eintrittskarten des 1. FC Köln für dessen Heimspiele zu betreiben.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung beträgt

- hinsichtlich der Unterlassung: 10.000 €,

- hinsichtlich der Kosten: 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Klägerin unterhält eine Lizenzspielermannschaft, die derzeit an der 1. Fußball-Bundesliga teilnimmt. Sie hat das alleinige Recht zum Kartenverkauf für Heimspiele des 1. FC Köln im RheinEnergieStadion.

Dem Kartenverkauf - einschließlich des Online-Verkaufs - liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zugrunde, die diese u.a. in ihren Verkaufsstellen ausgehängt hat. Bei Internetbestellungen muss der Kunde bestätigen, die AGBs der Klägerin zur Kenntnis genommen zu haben, bevor die Bestellung wirksam wird.

In Ziffer 11 der AGBs heißt es u.a.:

"Die durch den Ticket-Vertrag erworbenen Nutzungsrechte des Bestellers dürfen außer aus dringenden Gründen (z.B. Krankheit u.a.) nicht entgeltlich weiterveräußert werden, insbesondere nicht zu einem höheren als dem Verkaufspreis des 1. FC Köln..."

Die Beklagte bot am 20.10.2005 Eintrittskarten für das Heimspiel des 1. FC Köln gegen den FC Bayern München am 29.10.2005 zum Preis von 119 € zuzüglich 6 € Versandkosten über das Internet an. Der Normalpreis dieser Karten liegt bei 23 €. Die angebotenen Karten stammen aus einem En-Bloc-Ticketverkauf von 50 Karten der Klägerin an die Firma P2 GmbH, die diese an die Firma P GbR weitergegeben hat.

Die Klägerin sieht im Verhalten der Beklagten ein systematisches Ausnutzen fremden Vertragsbruchs, nämlich seitens der Fa. P2 GmbH. Hierzu behauptet sie, auch dem Verkauf an diese Firma hätten ihre AGBs zugrunde gelegen. Zum einen seien diese auf der Rechnung an die Firma P2 GmbH aufgedruckt, zum anderen seien sie dem Geschäftsführer der P2 GmbH, der schon zuvor Karten bei der Klägerin bestellt habe, bekannt gewesen. Die Klägerin ist der Ansicht, ihre AGBs seien wirksam, da sie ein berechtigtes Interesse daran habe, die Verbreitung ihrer Tickets zu kontrollieren. Das sei schon deswegen erforderlich, um rivalisierende Fangruppen trennen und Hooligans fernhalten zu können. Zudem sei die Klägerin bestrebt, ihre treuesten Fans, von denen nicht jeder 125 € für eine Eintrittskarte aufbringen könne, nicht durch unnötig hohe Preise zu belasten. Ihre Preisgestaltung habe daher auch eine soziale Komponente. Wenn ein Ticketerwerber aus bestimmten persönlichen Gründen einmal ein Spiel nicht besuchen könne, so ließen die AGBs eine Übertragung zu.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Internet, Eintrittskarten des 1. FC Köln für dessen Heimspiele zu höheren Preisen als den Abgabepreisen des 1. FC Köln zum Verkauf anzubieten und zu verkaufen und/oder jeglichen Handel mit Eintrittskarten des 1. FC Köln für dessen Heimspiele zu betreiben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die AGBs der Klägerin für unwirksam, weil diese kein gewichtiges Interesse daran habe, den Weiterverkauf der Tickets zu untersagen und weil umgekehrt das Interesse an einem freien Wettbewerb auf einem ansonsten monopolisierten Markt hoch zu bewerten sei. Im Übrigen habe die Klägerin es selbst zu vertreten, wenn Tickets in den freien Verkauf gelangten. Hierzu behauptet die Beklagte, der Klägerin sei bekannt gewesen, dass die Fa. P2 GmbH u.a. auch gewerblich mit Eintrittskarten für Bundesligafußballspiele handele.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist nach dem Hauptantrag begründet.

Der Unterlassungsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 3, 8 UWG unter dem Gesichtspunkt des systematischen Ausnutzens eines fremden Vertragsbruchs oder der Umgehung einer bei künftigen Vertragsschlüssen noch aufzuerlegenden Bindung.

Sollten im Verhältnis der Klägerin zur Fa. P2 GmbH die AGB der Klägerin wirksam einbezogen worden sein, so läge das systematische Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs vor. Sollte es an einer wirksamen Einbeziehung fehlen, so hätte die Beklagte, indem sie sich die Karten über Dritte beschaffte, deswegen unlauter gehandelt, weil sie eine vertragliche Bindung zu umgehen versucht hätte.

Insoweit teilt die Kammer die Auffassung des OLG Hamburg (Urt. v. 3.2.2005, 5 U 65/04, Bl. 29 ff. d.A.), die eine im Wesentlichen gleichgelagerte Fallkonstellation bei Karten des Hamburger Sportvereins zum Gegenstand hatte.

Die Kammer teilt im Wesentlichen auch die Argumente, die das OLG Hamburg in seiner Entscheidung herangezogen hat. Insbesondere sieht die Kammer entgegen der Ansicht der Beklagten durchaus ein schützenswertes Interesse der Klägerin als AGB-Verwenderin daran, ein Abtretungsverbot zu statuieren.

Dieses Interesse folgt zum einen aus dem naheliegenden Ziel, rivalisierender Fangruppen - soweit möglich - zu trennen. Zwar ist eine zuverlässige Trennung in jedem einzelnen Fall nur bei personalisierten Karten möglich, nicht aber dann, wenn an jedermann verkauft wird. Doch besteht schon aufgrund der regionalen Verteilung der Fans - die des FC Bayern sind eher in Süddeutschland zu finden, die des 1. FC Köln eher im Rheinland - zumindest die Möglichkeit, eine grobe Trennung der Fans über ein Abtretungsverbot zu erreichen, womit zumindest eine größere Ansammlung von Bayern-Fans im Kölner Fan-Block vermieden wird.

Entscheidend kommt hinzu, dass die Karten für Bundesligatickets ein knappes Gut sind. Dies gilt jedenfalls für Vereine wie den 1. FC Köln, die sich - anscheinend unabhängig von Liga und Tabellenplatz - überragender Beliebtheit erfreuen und nahezu regelmäßig ein gut besuchtes Stadion haben, jedenfalls aber dann, wenn der FC Bayern anreist. Gewerbliche Tickethändler sorgen für eine weitere, künstliche Verknappung dieses Guts, sobald die Tickets für ein bestimmtes Spiel in den Verkauf gelangen. Hierdurch bleiben Fans, die sonst zum Zuge gekommen wären, zunächst ticketlos, und sind dann kurze Zeit vor dem Spiel bereit, zu überhöhten Preisen - vorliegend zum mehr als fünffachen Preis - zu kaufen. Damit schaffen gewerbliche Händler wie die Beklagte erst die Knappheit, die ihnen anschließend hohe Gewinnspannen garantiert.

Insoweit lässt sich die vorliegende Konstellation auch nicht mit der beim Vertrieb von Autos vergleichen, was die Beklagte durch den Verweis auf die Entscheidung BGHZ 143, 232 - Außenseiteranspruch II, aber tut. Denn Autohersteller haben ein prinzipiell unbeschränktes Warenangebot: Wird ein Auto gekauft, dann wird ein weiteres produziert. Die Bundesligavereine hingegen können ihre Tickets nicht beliebig nachproduzieren; deren Anzahl ist von vornherein und unabänderlich durch die Stadionkapazität limitiert.

Es kommt hinzu, dass die Preisgestaltung der Fußballvereine auch eine soziale Komponente hat. Die Preise sind absichtlich niedriger angesetzt, als es der freie Markt hergeben würde; diese Sozialkomponente wird von gewerblichen Händlern wie der Beklagten zunichte gemacht.

Soweit die Beklagte auf die Ansicht von Ensthaler/Zech, NJW 2005, 3389, verweist, ändert dies nichts. Im Ansatz richtig ist es sicher, dass der Gesetzgeber wollte, dass Abtretungsbeschränkungen die Ausnahme bleiben. Allerdings nehmen Ensthaler und Zech nach Ansicht der Kammer keine überzeugende Interessenabwägung vor. Die gewichtigen Interessen der Ticketerwerber an einer Abtretbarkeit - aus Gründen der Krankheit oder beruflichen Verhinderung - sind durch das Abtretungsverbot der Klägerin nicht tangiert, weil diese ja die genannten Gründe für einen Weiterverkauf anerkennt. Gegenstand des geltend gemachten Unterlassungsantrag ist ohnehin nur der gewerbliche Weiterverkauf, also nicht der von Privat zu Privat, etwa an einen Freund, weil der ursprüngliche Kartenkäufer erkrankt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert: 25.000 €






LG Köln:
Urteil v. 13.04.2006
Az: 31 O 28/06


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