Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. November 2006
Aktenzeichen: 20 W (pat) 75/03

(BPatG: Beschluss v. 20.11.2006, Az.: 20 W (pat) 75/03)

Tenor

Der Beschluss des Patentamts vom 21. August 2003 wird aufgehoben. Die Sache wird zur Fortführung des Prüfungsverfahrens an das Patentamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Anmeldung ist durch den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 04 B vom 21. August 2003 mit Bezug auf den Bescheid vom 30. März 1999 zurückgewiesen worden. Der Beschluss stützt sich auf die Entgegenhaltung

(1) WO 96/04724 A1.

Gegenüber dem durch diese Druckschrift belegten Stand der Technik sei der Gegenstand des damals geltenden Anspruchs 1 nicht patentfähig.

Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht wurden außerdem noch die bereits im Prüfungsverfahren vor dem Patentamt genannten Druckschriften

(2) US 5 613 232,

(3) DE 30 28 200 C2,

(4) US 5 152 012,

(5) US 5 457 815,

(6) EP 0 514 624 A2 und

(7) US 280 642 in Betracht gezogen.

Die Anmelderin legt neue Ansprüche 1 bis 5 vor und beantragt, das Patent mit Patentansprüchen 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung, und ggf. anzupassenden Unterlagen zu erteilen.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"1. Rundfunkempfänger für automotive Anwendungen mit einem Gehäuse,

- in dem zwei Tuner, von denen einer als Hörtuner und einer als Hintergrundtuner ausgebildet sind, wobei der Hintergrundtuner mittels einer Steuereinheit so ansteuerbar ist, dass das empfangbare Frequenzband auf empfangbare Stationen abgescannt wird,

- in dem eine Qualitätsbewertungseinheit zur Bestimmung der Qualität der durch den Hintergrundtuner empfangenen Stationen,

- in dem eine Einheit zur Bestimmung der Station mit der besten Qualität,

- in dem eine Verstärkerstufe, welche die empfangenen zu hörenden Rundfunksignale nach deren Aufbereitung durch den Hörtuner verstärkt und zur Ausgabe an Lautsprecher an einen Geräteausgang führt,

- an dem ein Bedienelement, bei dessen Betätigung der Hörtuner auf die Station mit der besten Qualität umgeschaltet wird, und - an dem ein Display angeordnet ist, welches in Segmente aufgeteilt ist, von denen eines zur Darstellung der Kennzeichnung der aktuell gehörten Station vorgesehen ist und eines zur Darstellung der Kennzeichnung der Station mit der besten Qualität vorgesehen ist, wobei das Segment zur Darstellung der Kennzeichnung der Station mit der besten Qualität in enger räumlicher Zuordnung zu dem Bedienelement angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet,

- dass bei einer Vielzahl von Stationen genau die eine Station mit der besten Qualität neben der aktuell gehörten Station angeboten wird und - dass ein Speicher vorgesehen ist, in dem vom Benutzer ausgewählte Stationen abgespeichert sind, die bei der Bestimmung der Station mit der besten Qualität nicht berücksichtigt werden."

Die Anmelderin vertritt die Auffassung, die Merkmale im geltenden Patentanspruch 1 seien den ursprünglich eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörend entnehmbar. Auch sei der Gegenstand gemäß Anspruch 1 gegenüber dem durch die bisher genannten Druckschriften belegten Stand der Technik neu und beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Patentamt auf der Grundlage des neu gefassten Patentanspruchs 1, der noch nicht geprüft ist (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 PatG).

1) Der geltende Patentanspruch 1 ist zulässig. Er umfasst Merkmale der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 6 und präzisiert diese anhand der Beschreibung, vgl. Offenlegungsschrift DE 198 30 608 A1, Spalte 2, Zeilen 31 bis 35 und Spalte 4, Zeilen 1 bis 11, bzw. ursprüngliche Unterlagen Seite 4, Zeilen 13 bis 16 und Seite 6, Zeile 27 bis Seite 8, Zeile 4.

2a) Da das Patentbegehren im Beschwerdeverfahren wesentlich geändert wurde, ist der dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende Zurückweisungsgrund der mangelnden Patentfähigkeit gegenüber dem Stand der Technik insbesondere nach der Druckschrift (1) entfallen.

Der Rundfunkempfänger für automotive Anwendungen nach dem geltenden Anspruch 1 ist unzweifelhaft gewerblich anwendbar und auch gegenüber dem bisher bekannt gewordenen Stand der Technik nach (1) bis (7) neu, da bei keinem der dort beschriebenen Rundfunkempfänger bei einer Vielzahl von Stationen genau die eine Station mit der besten Qualität neben der aktuell gehörten Station angeboten wird und weiter ein Speicher vorgesehen ist, in dem vom Benutzer ausgewählte Stationen abgespeichert sind, die bei der Bestimmung der Station mit der besten Qualität nicht berücksichtigt werden.

Darüber hinaus ergibt sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht in nahe liegender Weise aus dem zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit in Betracht zu ziehenden Stand der Technik nach den Druckschriften (1) bis (7). Bei den in den vorgenannten Druckschriften, insbesondere der (1), beschriebenen Rundfunkempfängern kommen zwar verschiedene Darstellungen empfangbarer Stationen zur Anwendung, auch ist die Art der Darstellung und Zuordnung von Tastatureingaben wählbar (vgl. (1), S. 84 Z. 20 bis S. 85 Z. 14, Ansprüche 20, 21, 24, 25, ergänzend (4), (5) und (6) jeweils Abstract), auch mag sich der Fachmann veranlasst sehen, Speicher vorzusehen, in denen vom Benutzer ausgewählte Stationen abgespeichert sind (vgl. auch hier (1), z. B. S. 18 Z. 9-11 und S. 44 Z. 5-14, ergänzend (2), (5) und (7) jeweils Abstract und Fig. 1). Jedoch sind Anregungen an den Fachmann dahingehend, dass bei einer Vielzahl von Stationen genau die eine Station mit der besten Qualität neben der aktuell gehörten Station angeboten wird und dass ein Speicher vorgesehen ist, in dem vom Benutzer ausgewählte Stationen abgespeichert sind, die bei der Bestimmung der Station mit der besten Qualität nicht berücksichtigt werden, gemäß den im Patentanspruch 1 im Kennzeichenteil genannten Merkmalen, aus dem durch die vorgenannten Druckschriften belegten Stand der Technik nicht ersichtlich.

2b) Der Senat hat davon abgesehen, in der Sache selbst zu entscheiden. Wie aus der Akte ersichtlich ist, hat zu diesen vorgenannten Merkmalen das Patentamt im Verfahren nach § 44 PatG für die Prüfung, ob der Anmeldungsgegenstand die Patentierungsvoraussetzungen nach §§ 3 und 4 PatG erfüllt, noch nicht recherchiert. Nachdem vorliegend nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein einer Patenterteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert und eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche des druckschriftlichen Standes der Technik ergehen kann, wofür in erster Linie die Prüfungsstellen des Patentamts mit ihrem Prüfstoff und den ihnen zur Verfügung stehenden Recherchemöglichkeiten in Datenbanken berufen sind, ist die Sache zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Patentamt zurückzuverweisen.






BPatG:
Beschluss v. 20.11.2006
Az: 20 W (pat) 75/03


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