Landgericht Göttingen:
Beschluss vom 19. November 2001
Aktenzeichen: 9 T 68/01
(LG Göttingen: Beschluss v. 19.11.2001, Az.: 9 T 68/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Zunächst bestehen Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde.
Der Antragsteller hat mit getrennten Anträgen jeweils die nachträgliche Gewährung von Beratungshilfe beantragt und gleichzeitig der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers jeweils Gebührenfestsetzung beantragt. Sowohl der Antrag auf nachträgliche Bewilligung von Beratungshilfe als auch der Festsetzungsantrag hatten Erfolg hinsichtlich des Widerspruchs vom 21.9.2000 gegen den Bescheid des Sozialamts vom 12.9.2000 (Kürzung des Regelsatzes). Hinsichtlich des zweiten Widerspruchs vom 21.9.2000 gegen den Bescheid vom 11.9.2000 (Änderung der Lohnsteuerklasse) ist nicht nur die Vergütungsfestsetzung abgelehnt, sondern als Voraussetzung der Festsetzung schon die Beratungshilfe gar nicht bewilligt worden. Handelte es sich wegen des zweiten Widerspruchs bzw. Bescheids aber, wie der Antragsteller bzw. der Beschwerdeführer meint, um einen eigenständigen, mit dem Erstvorfall nicht zusammenhängenden Lebenssachverhalt, dann hätte insoweit zunächst einmal Beratungshilfe gewährt werden müssen. Erst danach wäre Raum für eine Vergütungsfestsetzung gewesen. Da die Versagung der Beratungshilfe aber nach § 6 Abs. 2 BerHG nur mit der Erinnerung, nicht aber mit der Beschwerde angreifbar ist, ist die Kammer nicht berufen, insoweit eine Entscheidung zu treffen.
Letztlich mag diese Frage aber auch dahin stehen. Denn die Beschwerde ist auch in der Sache nicht begründet. Insoweit kann auf die zutreffende Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Bezug genommen werden.
Der Bezirksrevisor hat, hinsichtlich der maßgeblichen Kriterien in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Kammer, folgendes ausgeführt:
"Für die Auslegung des Begriffs Angelegenheit i. S. v. § 13 BRAGO kommt es darauf an, ob im Zeitpunkt der Gewährung der Beratungshilfe (Beratung oder Vertretung) die Kriterien
- Gleichzeitigkeit des Auftrags
- Gleichartigkeit des Verfahrens
- innerer Zusammenhang
vorliegen.
Es ist nicht maßgeblich, dass ein Teil des Auftrags - im vorliegenden Fall beispielsweise die Kürzung der Sozialhilfe - zu einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht führen könnte und in dem anderen Fall aufgrund des Widerspruchs die Verwaltungsbehörde ihre Auffassung ändert.
Dass die obigen Kriterien im vorliegenden Fall vorliegen, ergibt sich aus den Vorgängen. Es geht um die Sozialhilfe des Antragstellers und die dazu ergangenen beiden Bescheide des Sozialamtes vom 11. und 12.9.2000. Die Beratungshilfeanträge wurden vom Antragsteller am 20. bzw. 21.09.2000 unterschrieben. Der Beratungshilfe-Rechtsanwalt hat gegen beide Bescheide am 21.09.2000 schriftlich Widerspruch eingelegt.
Auf den unterschiedlichen Regelungsgehalt der angefochtenen Bescheide kommt es bei der Auslegung des Begriffes "Dieselbe Angelegenheit" ebenfalls nicht an. Es ist in der herrschenden Rechtsprechung beispielsweise anerkannt, dass Beratung oder Vertretung bei Getrenntleben von Ehegatten unabhängig von der Zahl der zu regelnden Folgesachen und deren unterschiedlichsten Inhalte (Unterhalt, elterliche Sorge, Zugewinn, Versorgungsausgleich u. a.) eine Angelegenheit vorliegt, wenn ein bestimmter zeitlicher Rahmen eingehalten wird (Gleichzeitigkeit des Auftrags). Ebenso ist nach der h. Rspr. eine Angelegenheit, wenn ein Arbeitnehmer sich sowohl gegen seine Kündigung wendet und gleichzeitig die sich aus dieser Kündigung ergebenden Ansprüche (Arbeitslosengeld, Krankengeld) verfolgt."
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 133, 128 Abs. 5 BRAGO.
LG Göttingen:
Beschluss v. 19.11.2001
Az: 9 T 68/01
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