Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 20. Juni 1996
Aktenzeichen: 12 U 113/95
(OLG Köln: Urteil v. 20.06.1996, Az.: 12 U 113/95)
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 24.3.1995 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Bonn -10 O 78/94 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 742.283,71 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 25.11.1993 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgeweisen. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Kläger zu 3,6 % und die Beklagte zu 96,4 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägern zu 3,8 % und der Beklagten zu 96,8 % auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung durch die Gegenpartei gegen Sicherheitsleistung abwenden, und zwar die Beklagte diejenige durch die Kläger gegen eine solche von 840.000,00 DM und die Kläger diejenige durch die Beklagte gegen eine solche von 2.000,00 DM, falls nicht die vollstreckende Partei jeweils vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die den Parteien obliegende Sicherheitsleistung kann auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Beklagte ist die Trägerin und Betreiberin des seit 1992/1993
bundesweit eingeführten X. , dessen Ziel es ist, alle
Verkaufsverpackungen sowie die für den gleichen Verwertungsvorgang
geeigneten Wertstoffe (z.B. Druckereierzeugnisse) zu erfassen, zu
sortieren und stofflich wiederzuverwerten. Anläßlich der Einführung
dieses Systems schloß sie u.a. am 24.2.1993 mit der Firma M. P.
Städtereinigung GmbH für das Gebiet des Landkreises K. unter dem
24.2.1993 sowie am 19.3.1993 mit deren Schwesterfirma, der M. P.
Abfallwirtschaft, für den Landkreis F. Entsorgungsverträge ab, die
mit einer Frist von 12 Monaten erstmals am 31.12.2002 kündbar sein
sollten (Anlage K 19). Entsprechende Verträge hatte sie mit einer
Vielzahl anderer Entsorgungsunternehmen geschlossen.
Im Sommer des Jahres 1993 geriet die Beklagte in wirtschaftliche
Schwierigkeiten. Sie stellte ab Ende Mai 1993 gegenüber den mit ihr
vertraglich verbundenen Entsorgungsunternehmen, u.a. gegenüber den
beiden Firmen P. Zahlungen ein und verlangte mit einem
Rundschreiben vom 28.6.1993 (Anlage B 1) unter Darlegung der
Ursachen, insbesondere wegen einer nicht so schnell erwarteten
hohen Verdichtung der Sammelsysteme und einer ausgesprochen
engagierten Beteiligung der Endverbraucher, von ihren
Vertragspartnern eine darlehensweise Stundung ihrer bis zum
31.8.1993 aufgelaufenen Forderungen sowie für die Zukunft eine
Vertragsänderung im Sinne einer Entgeltreduzierung. Zu diesem
Zeitpunkt beliefen sich die Entgeltforderungen der beiden Firmen P.
gegenüber der Beklagten auf ca. 2.000.000,00 DM. Die beiden Firmen
beauftragten ihrerseits die Rechtsanwälte Mü. u.a. in K. mit der
Geltendmachung ihrer Forderungen und erwirkten ab September 1993
mehrere Mahn- und anschließend in geringerem Umfang auch
Vollstreckungsbescheide gegen die Beklagte. Ferner führten sie mit
den von der Beklagten bevollmächtigten Rechtsanwälten H. &
Partner Verhandlungen. Unter Bezugnahme hierauf erklärten sie mit
Schreiben vom 6.10.1993 (Anlage B 6), man werde es nicht länger
hinnehmen, daß keinerlei Zahlungen erfolgten, und man erwäge, für
die Zukunft ein Leistungsverweigerungsrecht geltend zu machen.
Mit einem per Fax übermittelten Schreiben vom 11.10.1993 (Anlage
B 8) zeigten die Kläger die Interessenvertretung der beiden Firmen
P. an. Unter Bezugnahme auf den mit den Rechtsanwälten Mü. &
Partner geführten Schriftwechsel sowie die Mahnbescheide forderten
sie die Beklagte zur Begleichung der Rückstände von
zwischenzeitlich ca. 3 Mio. DM bis zum 18.10.1993 auf und drohten
für den Fall der Nichterfüllung mit der Einstellung der ihren
Mandanten nach den Entsorgungsverträgen obliegenden Leistungen in
Ausübung eines Leistungsverweigerungsrechts sowie mit einem
Konkursantrag gegen die Beklagte. Verfasser dieses sowie weiterer
in der Folgezeit an die Beklagte gerichteten Schreiben war der
Kläger zu 2., der - seinerzeit noch in einer M. Anwaltskanzlei
tätig - die beiden Firmen bereits bei Abschluß der
Entsorgungsverträge anwaltlich beraten und sich zwischenzeitlich
mit dem Kläger zu 1. beruflich verbunden hatte. Nach weiteren
Schreiben an die Beklagte vom 20. und 25.10.1993, in denen die
Kläger für ihre Mandantinnen u.a. die Inanspruchnahme einstweiligen
Rechtsschutzes für den Fall ankündigten, daß die Beklagte bei einer
Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts Drittfirmen mit der
Entsorgung beauftragen sollte (Anlage B 9), teilten die Kläger mit
Fax vom 27.10.1993 (Anlage B 10) unter Bezugnahme auf ein am Vortag
geführtes Vergleichsgespräch, das unter Vermittlung des Landkreises
K. zustande gekommen war, mit, daß ihre Mandanten sich nicht in der
Lage sähen, die von der Beklagten gewünschten Ànderungs- und
Darlehensverträge zu unterzeichnen, und forderten sie auf, zur
Abwehr einer Leistungseinstellung zum 1.11.1993 einen inzwischen
aufgelaufenen Zahlungsrückstand von ca. 3,4 Mio. DM bis zum
29.10.1993, 12.00 Uhr auszugleichen. Daraufhin unterbreitete die
Beklagte mit Fax vom 29.10.1993 (Anlage B 11) ein gegenüber ihren
bisherigen Vorstellungen abgeändertes Angebot über die
Vertragsgestaltung für die Zukunft und den Ausgleich offener
Forderungen, in dem u. a. entsprechend einem Wunsch der beiden
Firmen P. eine Óbernahme der Entsorgung für das Gebiet des
Landkreises F. durch die bereits zuvor von der P. Abfallwirtschaft
als Subunternehmerin eingesetzte Fa. He. GmbH sowie eine
"Óbernahme der Anwaltskosten - soweit
sachlich gerechtfertigt"
vorgesehen war. Dieses Fax war von dem als Rechtsanwalt
zugelassenen Zeugen R. , einem Prokuristen der Beklagten,
unterzeichnet. Der Kläger zu 2. kündigte sodann nach einer
Besprechung mit seinen Mandanten am Abend des 30.10.1993, einem
Samstag, telefonisch die Óbermittlung eines Gegenangebotes per Fax
für den 1.11.1993, einen gesetzlichen Feiertag in
Nordrhein-Westfalen und Bayern, an. Ein entsprechendes vom
31.10.1993 stammendes Fax (GA 10-12) wurde sodann der Beklagten am
1.11.1993 gegen Mittag übermittelt, und zwar namens der beiden
Firmen P. sowie der Fa. He. , das Regelungen zur Vertragsübernahme,
zur Bezahlung von Leistungen bis einschließlich Juni 1993, zur
Darlehensgewährung mit ausformulierten Ànderungen gegenüber einem
von der Beklagten vorgelegten Mustertext sowie - ebenfalls genau
formulierte - Neufassungen zu einzelnen Passagen der von der
Beklagten gewünschten Ànderungsverträge enthielt. Ferner heißt es
hierin:
"V. Kosten der Vertragsänderungen,
Rechtsanwalts- und
Gerichtskosten, Abwicklung anhängiger
Verfahren.
Die X. zahlt alle Rechtsanwaltskosten
der Rechtsanwälte Mü. u. Kollegen einschließlich der
Verfahrensbevollmächtigten in B., die durch die außergerichtliche
und gerichtliche Forderungsbeitreibung entstanden sind, aus den
jeweiligen Streitwerten nach Verfahrensstand, jew. zzgl. 10/10
Vergleichsgebühr und Gerichtskosten. Die Firmen P. verpflichten
sich, die anhängigen Mahnbescheide/Vollstreckungsbescheide/Klagen
nach Eingang der Zahlungen gem. ... zurückzunehmen, die X.
verpflichtet sich, keine Kostenanträge zu stellen. Die X. bezahlt
an die Rechtsanwälte ... & ... sämtliche durch die
Neubegründung der Leistungsbeziehungen veranlaßten
Rechtsberatungskosten mit folgender Maßgabe: Zwei Auftraggeber (Fa.
P. Abfallwirtschaft und Fa. P. Städtereinigung), zwei verschiedene
Angelegenheiten (Vertrag F. u. Vertrag K.), entstanden sind jeweils
10/10 Geschäftsgebühr, 7,5/10 Besprechungsgebühr, 10/10
Vergleichsgebühr, jeweils für Darlehens- und Ànderungsverträge F.
und K.; Gegenstandswerte: Darlehensbetrag bzw. Umsatz
Ànderungsvertrag (10 Jahre) auf Basis heute vereinbarter Preise.
Die durch die Vertragsübernahme F. entstehenden
Rechtsberatungskosten trägt die Fa. He.. Die durch Streitigkeiten
in den Subunternehmerverhältnissen entstandenen Kosten tragen die
Firmen P. und He.".
Sodann wurde in dem Fax weiter ausgeführt, daß das Angebot nur
insgesamt angenommen oder abgelehnt werden könne, die Mandanten zu
weiteren Zugeständnissen nicht bereit seien und diese sich bis zum
2.11.1993, 12.00 Uhr an das Angebot gebunden hielten. Bis dahin
würden die Leistungen provisorisch fortgeführt. Falls ein
gegengezeichnetes Exemplar nicht bis zu diesem Zeitpunkt
zurückgefaxt werde oder die bekanntgegebenen Beträge einschließlich
von Vorauszahlungen nicht bis zum 3.11.1993 eingingen, werde es zu
einer endgültigen Leistungseinstellung kommen.
Zwischen dem Kläger zu 2. und dem Zeugen R. wurde sodann am
2.11.1993 mehrmals telefonisch verhandelt. Im Rahmen dieser
Verhandlungen wurde Einvernehmen über eine Abänderung einzelner
Punkte des Angebots der Mandanten der Kläger erzielt. Gegenstand
der Verhandlungen waren auch die Rechtsberatungskosten. Im Verlaufe
der Erörterungen zu diesem Punkt, die etwa in der Mittagszeit
geführt wurden und deren Inhalt teilweise streitig ist, fragte der
Zeuge R. den Kläger, ob dieser ihm zumindest überschlägig mitteilen
könne, auf welche Höhe sich diese Kosten belaufen würden. Diese
Bitte schlug der Kläger zu 2. ab. Auf die weitere Frage des Zeugen,
ob der Kläger zu 2. ihm wegen der vorgesehenen Gegenstandswerte
nicht etwas an die Hand geben könne, bezog sich dieser darauf, daß
ihm nur das Werk "Schmidt/Schmidt, Der Gegenstandswert in
bürgerlichen Rechtsangelegenheiten" aus dem Jahre 1973 zur
Verfügung stehe und bezog sich hierzu auf eine unter dem Stichwort
"Bierabnahme" enthaltenen Passage, in der ausgeführt wird, daß sich
der Wert einer auf Abnahme von Bier gerichteten Klage nach dem
Umsatz richte, sowie auf die dort angegebene Fundstelle "OLG
Neustadt MDR 1962, 412". Bei diesem Gespräch war dem Zeugen R.
klar, daß die Gebührenforderungen erheblich sein würden. Er selbst
hatte in diesem Zusammenhang die umsatzbezogenen Gegenstandswerte
mit ca. 48 und 30 Mio. DM angegeben. Abschließend verwies der Zeuge
R. auf die Notwendigkeit einer Gegenzeichnung durch den
Geschäftsführer S., der erst ab 14.00 Uhr erreichbar sein werde.
Als sodann der Kläger zu 2. gegen 14.15 Uhr die Rücksendung des
Vergleichstextes anmahnte, erklärte der Zeuge R., er habe mit S.
den Vergleichstext durchgesprochen und die Genehmigung erhalten,
diesen gegengezeichnet zurückzusenden.
Gegen 15.20 wurde der Angebotstext sodann von der Beklagten
zurückgefaxt, und zwar nach Unterzeichnung durch den Zeuge R. Seite
für Seite und mit Kennzeichnungen über die telefonisch besprochenen
Ànderungen, wobei eine solche wegen der Rechtsberatungskosten nicht
vermerkt ist. Dem war ein Begleitschreiben beigefügt (Anlage B 12),
das von dem Zeugen R. sowie dem - ebenfalls als Rechtsanwalt
zugelassenen - Geschäftsführer S. unterzeichnet war. Hierin wird
ausgeführt, daß das Angebot vom 31.10.1993 nach eingehender
Óberprüfung grundsätzlich akzeptiert werde, dessen Text nur wie
besprochen an den gekennzeichneten Stellen geändert worden sei und
die Óberweisung eines den Firmen P. zustehenden Betrags von ca. 2
Mio. DM auf das Konto der Anwaltssozietät in einer Weise veranlaßt
worden sei, daß hierüber am nächsten Tag verfügt werden könne.
Die Kläger erteilten der Beklagten sodann folgende Kostennoten,
wobei für die Darlehensverträge der jeweilige Darlehensbetrag und
für die Anpassungsverträge der 10-Jahresumsatz zugrunde gelegt ist
und Zahlung auf ein Privatkonto des Klägers zu 2. begehrt
wurde:
Rechnung vom 5.11.1993; Vertragsanpassung K.; Gegenstandswert
28.968.874,00 DM (GA 16)
284.003,71 DM
Rechnung vom 5.11.1993; Vertragsanpassung F.; Gegenstandswert
44.090.802,00 DM (Anlage B 13)
427.264,96 DM
Rechnung vom 9.11.1993; Darlehen K.; Gegenstandswert 556.801,47
DM (GA 18)
13.040,77 DM
Rechnung vom 9.11.1993; Darlehen F.; Gegenstandswert 958.800,70
DM (GA 17)
17.974,27 DM
742.283,71 DM
Wegen dieser Kostenrechnungen kam es am 19.11.1993 zu einer
telefonischen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger zu 2. und dem
Zeugen R.. Mit Fax vom gleichen Tag (Anlage B 15) teilte die
Beklagte dem Kläger zu 2. unter näherer Darlegung der Gründe mit,
daß sie sich nicht für verpflichtet halte, die Kostenrechnungen, in
denen überhöhte Gegenstandswerte in Ansatz gebracht worden seien,
auszugleichen. Unter Bezugnahme auf dieses Fax sowie eine -
zwischen den Parteien streitige - Àußerung des Zeugen R. anläßlich
des Telefonats, mit der der Zeuge nach dem Sachvortrag der Kläger
die Rechtswirksamkeit des Vergleichs insgesamt mit der Begründung
in Frage gestellt haben soll, er habe als Gesamtprokurist den Text
nicht alleine unterzeichnen dürfen, forderten die Kläger mit
Schreiben vom 20.11.1993 (Anlage B 16) die Beklagte unter
Fristsetzung bis zum 24.11.1993 zum Ausgleich der Kosten und zur
Klarstellung auf, daß die Wirksamkeit des Vergleichs nicht in Frage
gestellt werde. Daraufhin erklärte die Beklagte mit Schreiben vom
24.11.1993 (Anlage B 17), daß sie sich selbstverständlich an die in
der Sache getroffene Vereinbarung zu halten gedenke, und teilte
zugleich mit, welche Gegenstandswerte ihrer Meinung nach den
Kostenrechnungen zugrunde zu legen seien. Wegen einer im
Zusammenhang mit der angeblichen Àußerung des Zeugen R. entfalteten
Tätigkeit erteilten die Kläger der Beklagten unter dem 1.12.1993
eine weitere Kostenrechnung über 27.789,15 DM, bei der eine Gebühr
gem. § 120 Abs. 1 BRAGO in Ansatz gebracht ist.
Die in Vollziehung des Vergleichs erforderliche Unterzeichnung
der Vereinbarungen über die Aufhebung bzw. Ànderung der
Entsorgungsverträge und die Darlehensgewährung erfolgte Ende
Dezember 1993/Anfang 1994. Ferner wurde unter dem 9./28.12.1993
zwischen den Klägern und den beiden Firmen P. eine der
Kostenregelung in dem Vergleich angelehnte schriftliche
Honorarvereinbarung getroffen (Anlage K 16), zu der die Beklagte
geltend macht, daß es sich um ein Scheingeschäft handele. Ferner
traten die Firmen P. unter dem gleichen Datum alle ihnen "zur
Wahrung ihrer Rechte" entstandenen Ansprüche auf Ersatz von
Anwaltskosten gegenüber der Beklagten an die Kläger ab (GA 499),
was ihr unter dem 4.1.1993 unter Vorlage einer Fotokopie der
Abtretungserklärung angezeigt wurde. Die Kläger wiederum trafen im
Verlaufe des Rechtsstreits am 22.12.1995 eine Vereinbarung (GA
675), in der der Kläger zu 2. Honorarforderungen aus eigenem oder
abgetretenem Recht gegenüber der Beklagten an den Kläger zu 1.
abtrat und diesen ermächtigte, die Forderungen im eigenen Namen
zugunsten beider Kläger geltend zu machen.
Der Kläger zu 1. hat ursprünglich einen Teilbetrag der erteilten
Rechnungen von 315.018,75 DM geltend gemacht und Zahlung an sich
und den Kläger zu 2. begehrt. Nachdem die Beklagte eine negative
Feststellungswiderklage gegen ihn und den Kläger zu 2. erhoben
hatte, hat der Kläger zu 1. seine Klage auf die Gesamtsumme der der
Beklagten erteilten Rechnungen von 770.073,21 DM erweitert.
Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit zur Widerklage in der
Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Kläger (der Kläger zu 2. seinerzeit als Widerbeklagter)
haben behauptet, der Kläger zu 2. habe bei dem Telefonat vom
2.11.1993 ausdrücklich erklärt, er wolle die angegebenen
Fundstellen nicht zum Grundlage des Vergleichs machen. Der
Gegenstandswert solle vielmehr vorbehaltlos festgelegt sein und mit
der Honorarvereinbarung solle eine nachträgliche Diskussion über
die Anwaltskosten ausgeschlossen werden. Ferner haben sie gemeint,
das vereinbarte Honorar sei angemessen und entspreche insbesondere
wegen der Gegenstandswerte, zu denen die §§ 8 Abs. 2 BRAGO, 39 Abs.
2 KostO einschlägig sein, den gesetzlichen Gebühren.
Die Gebührenrechnung vom 1.12.1993 haben sie aus einer positiven
Forderungsverletzung der Beklagten hergeleitet und behauptet, der
Kläger zu 2. haben die beiden Firmen P. und die Firma He. sofort
über die o.a. Àußerung des Zeugen R. unterrichtet, die ihn
ihrerseits um eine unverzügliche, ggfls. gerichtliche Klärung
gebeten hätten.
Der Kläger zu 1. hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn und
den Widerbeklagten zu 2. 770.073,21 DM zu zahlen.
Die Beklagten haben Klageabweisung begehrt und behauptet, der
Widerbeklagte zu 2. habe bei dem Telefonat mit dem Zeugen R. vom
2.11.1993 erklärt, die Honorarvereinbarung beinhalte nur die nach
dem Gesetz angefallenen Gebühren und die eingesetzten
Gegenstandswerte entsprächen der einschlägigen Rechtsprechung.
Daraufhin habe man sich dahingehend verständigt, daß die Beklagte
unabhängig von der Einigung mit den Entsorgungsunternehmen den
Gebührenvorschlag anhand der Entscheidung des OLG Neustadt
überprüfen könne und daß sodann ggfls. dieser Punkt erneut
einvernehmlich geregelt werde. Zudem haben sie sich mit rechtlichen
Erwägungen zur Auslegung der Gebührenvereinbarung, zu den
gesetzlich geschuldeten Gebühren und zu einer ihrer Meinung nach
bestehenden Unangemessenheit der Honorarvereinbarung im Vergleich
hierzu verteidigt.
Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen R. sowie des
jetzigen Klägers zu 2. als Zeugen und Einholung eines Gutachtens
des Vorstands der Rechtsanwaltskammer mit Urteil vom 24.3.1995, auf
das auch wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen
Sach- und Streitstandes verwiesen wird, unter Abweisung der
weitergehenden Klage die Beklagte verurteilt, an den Kläger zu 1.
und den Widerbeklagten zu 2. (Kläger zu 2.) 44.918,77 DM zu zahlen.
Es hat gemeint, den Klägern ständen gesetzliche Gebühren in dieser
Höhe zu. Soweit die Vereinbarung vom 31.10./2.11.1993 eine
weitergehende Liquidationsmöglichkeit eröffne, sei diese gem. § 138
Abs. 1 BGB nichtig.
Gegen dieses am 30.3.1995 zugestellte Urteil hat der Kläger zu
1. mit einem am 7.4.1995 eingegangenen Schriftsatz Berufung
eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung mit einem
am 28.8.1995 eingegangenen Schriftsatz begründet. Im Verlaufe des
Berufungsverfahrens ist der Kläger zu 2. dem Rechtsstreit zur Klage
beigetreten, nachdem der Senat die Meinung vertreten hatte, er und
der Kläger zu 1. seien notwendige Streitgenossen.
Mit ihrer Berufung rügen die Kläger zunächst, daß die
Entscheidung des Landgerichts überraschend gewesen sei, weil es
einen Vergleichsvorschlag auf Zahlung von ursprünglich 1/3 der
Honorarforderungen nach Eingang des Gutachtens auf 550.000 DM
erhöht und diesen Vorschlag nach der Beweisaufnahme nochmals
unterbreitet habe. In der Sache wenden sie sich gegen die
Auffassung des Landgerichts zur Sittenwidrigkeit der
Honorarvereinbarung. Hierzu tragen sie auf den Seiten 3 bis 32 der
Berufungsbegründung (GA 378-405) unter Bezugnahme auf Urkunden
näher zur Art und zum Umfang der Tätigkeit des Klägers zu 2. vor
und leiten hieraus her, daß kein krasses Mißverhältnis zwischen
Leistung und Gegenleistung bestehe. Sie meinen weiter, daß es
jedenfalls an den subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB
fehle, zumal das Gutachten der Rechtsanwaltskammer - in dem eine
Bemessung des Gegenstandswertes nach den Umsätzen als den
gesetzlichen Gebühren entsprechend angenommen worden war - diesen
Anknüpfungspunkt jedenfalls als vertretbar erscheinen lasse.
Schließlich wenden sie sich gegen die rechtlichen und tatsächlichen
Ansätze für die Berechnung der gesetzlichen Gebühren durch das
Landgericht und gegen die Aberkennung der Rechnung vom
1.12.1993.
Die Kläger beantragen,
unter teilweiser Abänderung des
angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie
770.073,21 DM nebst 4 % Zinsen auf 742.284,06 DM seit dem
19.11.1993 und auf weitere 27.789,15 DM seit dem 8.12.1993 zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter
Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und bestreitet den
Tatsachenvortrag der Kläger zum Umfang der Tätigkeit des Klägers zu
2. mit Nichtwissen. Sie meint, in der Kostenregelung des Vergleichs
liege lediglich eine Erfüllungsübernahme, die von den Firmen P. nur
an den Kläger zu 2. wirksam habe abgetreten werden können. In
diesem Zusammenhang bestreitet sie, daß zwischen den beiden Klägern
eine Anwaltssozietät bestehe, und macht geltend, daß der Kläger zu
1. nicht mehr aktiv als Anwalt tätig sei und es sich bei der
Verbindung der Kläger lediglich um eine Bürogemeinschaft handele.
Ferner beruft sie sich darauf, daß ihr bis zur Aushändigung des
Originals der Abtretungsurkunde ein Leistungsverweigerungsrecht
zustehe und die Kostenregelung in dem Vergleich dahingehend
auszulegen sei, daß nur die gesetzlichen Gebühren geschuldet seien.
Diese seien zumindest Grundlage der Einigung gewesen, so daß eine
entsprechende Anpassung zu erfolgen habe und auch aus diesem Grund
ein über die Urteilssumme des Landgerichts hinausgehender Anspruch
nicht bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien
wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und die
hierin in Bezug genommenen Urkunden verwiesen.
Gründe
Die Berufung ist in formeller Hinsicht unbedenklich;
insbesondere wirkt das von dem Kläger zu 1. rechtzeitig eingelegte
und ordnungsgemäß begründete Rechtsmittel gem. § 62 ZPO auch
zugunsten des Klägers zu 2. Beide Kläger sind als Mitglieder einer
Anwaltsgemeinschaft Gesellschafter bürgerlichen Rechts und machen
eine ihnen in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zustehende
Forderung geltend. Damit sind sie notwendige Streitgenossen (vgl.
BGH NJW 1990, 510). Sie unterhalten nicht lediglich ein gemeinsames
Büro, sondern sind im Rechtsverkehr unter einem gemeinsamen
Briefkopf und unter Angabe von Bankverbindungen, bei denen keine
gesonderte Inhaberschaft eines einzelnen Rechtsanwalts ausgewiesen
ist, sowohl gegenüber Mandanten wie auch gegenüber der Beklagten
als Anwaltssozietät aufgetreten. Bereits anläßlich des Ausscheidens
aus der M. Kanzlei hat der Kläger zu 2. gegenüber Herrn P. jun. die
von ihm mit dem Kläger zu 1. eingegangene Verbindung als "Sozietät"
bezeichnet, in der er wiederum der alleinige "Ansprechpartner" für
etwaige künftige Mandate sein werde (GA 420). Auch in der
Korrespondenz mit den beiden Firmen P. sowie der Firma He. sind die
Kläger als Rechtsanwälte "... & ..." aufgetreten. Gleiches gilt
im Verhältnis zu der Beklagten, in dem bereits in der
Bestellungsanzeige vom 11.10.1993 mit der Formulierung, "wir
beraten und vertreten die beiden oben genannten Firmen", deutlich
gemacht worden ist, daß der Kläger zu 2. im Rahmen eines einer
Sozietät erteilten Mandats handelte. Auch nach der hier streitigen
Kostenregelung sollte eine Bezahlung an die "Rechtsanwälte ...
& ..." erfolgen, und die Firmen P. haben wiederum
Kostenerstattungsansprüche nicht etwa an den Kläger zu 2., sondern
an beide Kläger abgetreten. Der Umstand, daß der Kläger zu 2. in
den erteilten Kostenrechnungen die Konten der Anwaltsgemeinschaft
gestrichen und eine Óberweisung auf ein Privatkonto begehrt hat,
reicht ebensowenig wie die weiter von der Beklagten vorgetragene
Tatsache, daß der Kläger zu 1. nicht mehr "aktiv" tätig sei, aus,
um eine Ausnahme von dem Grundsatz rechtfertigen zu können, daß ein
Mandat, das einem Mitglied einer Anwaltsgemeinschaft angetragen
ist, regelmäßig als ein solches der Sozietät gilt (vgl. hierzu BGH
NJW 1994, 257 und NJW 1995, 1841). Es ist eine typische
Erscheinungsform einer Anwaltssozietät, daß sich ein junger Anwalt
und ein solcher, der sich aus dem Berufsleben zurückziehen will,
zum Zwecke der gemeinsamen Berufsausübung verbinden. Das Begehren
auf Óberweisung der Kosten auf das Privatkonto des Klägers zu 2.
kann auf Absprachen im Innenverhältnis beruhen, die zwar Zweifel an
der Wirksamkeit der dem Kläger zu 1. erteilten
Einziehungsermächtigung begründen konnten, aber für die Frage, wem
eine Forderung im Außenverhältnis zusteht, ohne Bedeutung sind. Auf
die Wirksamkeit der Einziehungsermächtigung kommt es wiederum nicht
mehr an, nachdem nunmehr beide Mitglieder der Sozietät die
Ansprüche geltend machen.
In der Sache hat das Rechtsmittel weitgehend Erfolg. Den
Klägern, mit deren Verfahrensrüge der Senat sich wegen der
Entscheidungsreife des Rechtsstreits und der damit bestehenden
Sachdienlichkeit einer eigenen Sachentscheidung (§ 540 ZPO) nicht
näher zu befassen hat, stehen die geltend gemachten 742.284,06 DM
zu; lediglich wegen der weiteren Kostennote über 27.789,15 DM ist
die Berufung nicht begründet.
I.
Rechtsgrundlage für den Anspruch der Kläger ist ein zwischen den
Firmen P. und der Firma He. einerseits sowie der Beklagten
andererseits am 2.11.1993 zustande gekommener Vergleich, in dem den
Klägern im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter im Sinne des § 328
Abs. 1 BGB ein eigenes Forderungsrecht eingeräumt wurde.
1.
Zwischen den Parteien ist es nicht im Streit, daß zwischen den
von den Klägern vertretenen Firmen und der Beklagten eine Einigung
mit dem sich aus den zurückgefaxten Urkunden ersichtlichen Inhalt
zur Beilegung der infolge der Liquiditätsprobleme der Beklagten
entstandenen Probleme erfolgt ist. Der Einwand der Beklagten, die
Kostenregelung unter Ziff. V. habe unter dem Vorbehalt einer
weiteren Óberprüfung gestanden, sei also aufschiebend bedingt
gewesen, ist schon deswegen unbeachtlich, weil hiervon in den
Urkunden nichts steht. In dem mit gekennzeichneten Ànderungen
zurückgefaxten ursprünglichen Angebotstext der von den Klägern
vertretenen Firmen wurde das Ergebnis der telefonischen
Verhandlungen schriftlich niedergelegt. Ferner wurde in dem
Begleitschreiben die getroffene Einigung bestätigt, und die
Urkunden dienten gerade wegen des Zeitdrucks, unter dem die
Verhandlungspartner standen, dazu, die getroffene Einigung und
deren Inhalt verbindlich festzulegen. Damit handelt es sich um ein
kaufmännisches Bestätigungsschreiben, das auch per Fax übermittelt
werden kann (vgl. OLG Hamm NJW 1994, 3172), und der Vertragsschluß
gilt mit dessen Inhalt als zustande gekommen, nachdem die von den
Klägern vertretenen Firmen, bei denen es sich um Formkaufleute nach
§ 6 HGB handelt, nicht unverzüglich widersprochen, sondern im
Gegenteil durch die Kläger mit deren Schreiben vom 5.11.1993
ausdrücklich deren Richtigkeit bestätigt worden ist. Der Umstand,
daß unmittelbarer Adressat des Faxes ein Rechtsanwalt war, steht
dieser Betrachtungsweise jedenfalls dann nicht entgegen, wenn er -
wie hier - anwaltlicher Vertreter von Handelsgesellschaften war und
zudem darum gebeten hatte, daß die Gegenpartei das Ergebnis der
Verhandlungen durch Abänderungen des Textes, der
Erörterungsgrundlage gewesen war, schriftlich niederlegte und ihm
als für beide Seiten verbindlichen Vertragstext zuleitete, also
eine Verfahrensweise abgesprochen war, die kaufmännischen
Gepflogenheiten entspricht (vgl. zu dieser Problematik
Palandt/Heinrichs, BGB. 55. Auflage, § 148 Rdn. 9).
Auch bei einer abweichenden Betrachtungsweise ergäbe sich im
Ergebnis keine andere Beurteilung. Zwar obliegt es auf den Einwand,
daß ein Rechtsgeschäft unter einer Bedingung geschlossen worden
sei, grundsätzlich der anderen Partei, deren Unbedingtheit zu
beweisen. Diese Grundsatz greift indes hier nicht ein; denn der
Inhalt der getroffenen Einigung ist in Urkunden dokumentiert,
welche die Vermutung für sich haben, daß hierin der Parteiwille
vollständig und richtig wiedergeben ist und in denen sich zur
Óbernahme der Anwaltskosten kein irgendwie gearteter Vorbehalt
findet.
Den ihr obliegenden Beweis für den telefonisch geäußerten
Vorbehalt hat die Beklagte bereits aufgrund der Aussage des Zeugen
R., die der Senat frei würdigen kann, da das Landgericht sich
hiermit nicht befaßt hat, nicht erbracht, so daß sich auch die
Frage, inwieweit diejenige des Klägers zu 2. prozessual verwertbar
ist, nicht stellt.
Zum einen bezieht sich die Aussage des Zeuge R. nur auf den
Umsatz als Berechnungsmaßstab. Die anderen Punkte, insbesondere die
Aufsplittung in mehrere Angelegenheiten war - auch nach dem
Sachvortrag der Beklagten - überhaupt nicht Diskussionsgegenstand.
Es mag sodann weiter zutreffen, daß der Zeuge erklärt hat, er wolle
nachsehen oder nachsehen lassen, ob die von dem Widerbeklagten zu
2. angegebene Entscheidung des OLG Neustadt tragen würde oder
hergäbe, was in der Ziffer V. geschrieben sei. Wenn danach ohne
irgendwelche Vorbehalte sowie mit einem längeren Begleitschreiben
der Vergleichstext mit genau markierten Ànderungen entsprechend den
ansonsten in den Telefonaten getroffenen Einigungen zurückgefaxt
wurde, konnte und durfte der Kläger zu 2. dies dahin verstehen, daß
eine zwischenzeitlich vorgenommene Óberprüfung keinen Negativbefund
ergeben hatte und der Vorbehalt nicht mehr geltend gemacht wurde.
Selbst wenn der Kläger zu 2. davon unterrichtet worden war, daß vor
dem Telefonat Versuche, die Rechtsabteilung der Beklagten und
Anwälte zu kontaktieren, fehlgeschlagen waren, konnte er
berechtigterweise darauf vertrauen, daß die angekündigte
Óberprüfung zwischenzeitlich erfolgt war, zumal, was die Beklagte
nicht in Abrede gestellt hat und auch der Zeuge nicht ausschließen
kann, das Fax erst abgesandt worden ist, nachdem der Widerbeklagte
zu 2. ihn in einem weiteren Telefonat hieran erinnert hatte.
Entgegen der Auffassung der Beklagten läßt sich auch aus der
Aussage des Klägers zu 2., die sie sich insoweit zu eigen macht,
für sie Günstiges nicht herleiten. Die Bekundung, der Zeuge R. habe
sich dem Sinne nach mit seiner Àußerung zum Umsatz als
Berechnungsmaßstab einverstanden erklärt und habe gesagt, wenn dies
so sei, solle die Frage der Kosten, die ja ohnehin nicht das
Wesentliche ausmache, nicht die Welt bedeute, so sein, wie es
geschrieben sei, ergibt gerade keinen Vorbehalt. Sie beinhaltet
lediglich, daß der Zeuge R. den Vergleich gerade nicht am
Kostenpunkt scheitern lassen und bereits den Umstand, daß der
Kläger zu 2. sich auf die vorher genannten Zitate stützen konnte,
hierfür als ausreichend ansah.
2.
Die Kostenregelung in dem Vergleich kann entgegen der Meinung
der Beklagten nicht dahingehend ausgelegt werden, daß sie nur eine
Erstattung der gesetzlichen Gebühren übernommen habe. Es sind
hierin losgelöst von den Bemessungsmaßstäben der §§ 7 Abs. 2, 8
BRAGO sowohl zu der Frage, wieviel Angelegenheiten abzurechnen
sind, wie auch zu dem weiteren Punkt, nach welchen Maßstäben für
den Gegenstandswert sich die Berechnung richten soll, genaue
Vorgaben erfolgt. Zudem weisen die Kläger mit Recht darauf hin, daß
die mit der Geltendmachung und Beitreibung der Rückstände
beauftragten Rechtsanwälte Mü. u.a. - von der Beklagten auch
bezahlte - Kosten erstattet bekommen sollten, die sie nicht
verdient hatten. Sie sollten nämlich neben den je nach dem Stand
der verschiedenen Verfahren angefallenen Kosten jeweils noch eine
10/10 Vergleichsgebühr erhalten, obwohl sie an dem Vergleich nicht
mitgewirkt hatten, also eine Gebühr nach § 23 BRAGO nicht
angefallen war. Zudem hat der Zeuge R. sich anläßlich der
Telefonate nicht dagegen gewandt, daß von zwei Auftraggebern
ausgegangen werden sollte und die Gebühren jeweils gesondert für
die Ànderungs- und die Darlehensverträge in Ansatz gebracht werden
sollten, obwohl es sich - so auch die Auffassung des Vorstandes der
Rechtsanwaltskammer in seinem Gutachten - gebührenrechtlich
möglicherweise um eine Angelegenheit im Sinne der §§ 7 Abs. 2, 13
BRAGO handelte. Der Aussage des Zeugen ist gerade nicht zu
entnehmen, daß Anknüpfungspunkt für die Kostenregelung die
gesetzlichen Gebühren sein sollten. Der nach seiner Darstellung
erfolgte Vorbehalt bezog sich, nachdem er erkannt hatte, daß es um
erhebliche Kostenbeträge ging, nur auf den Bemessungsmaßstab für
die Geschäftsgebühr bei den Ànderungsverträgen. Alle anderen
Regelungen in dem ihm vorliegenden Angebotstext waren nicht
Diskussionsgegenstand. Darauf, daß die Beklagte sich im Vorfeld mit
Fax vom 29.10.1993 nur zur Óbernahme von Kosten bereit erklärt hat,
soweit diese "sachlich gerechtfertigt" sind, kommt es nicht an.
Maßgeblich ist - wie auch bei den übrigen Punkten des Vergleichs -
nicht welche Regelung eine der Parteien ursprünglich getroffen
wissen wollte, sondern welche letztendlich vereinbart worden
ist.
Es kann deshalb auch nicht festgestellt werden, daß beide
Verhandlungspartner davon ausgingen, die vereinbarte
Kostenberechnung werde den gesetzlichen Gebühren entsprechen, der
Umfang gesetzlicher Vergütungsansprüche mithin Geschäftsgrundlage
des Vergleichs war. Es kann zwar aus den Gründen des angefochtenen
Urteils davon ausgegangen werden, daß sich die Óbernahme von
Anwaltskosten im Zweifel nur auf die gesetzlichen Gebühren bezieht.
Ein derartiger Fall liegt indes wegen der eindeutigen
Bemessungsfaktoren für den Umfang der zu erstattenden Kosten gerade
nicht vor.
Die aufgeführten Besonderheiten führen weiter dazu, daß die
Kostenregelung in dem Vergleich dahingehend auszulegen ist, daß den
hierin bezeichneten Rechtsanwälten ein eigenes Forderungsrecht im
Sinne des § 328 Abs. 1 BGB zustehen sollte. Zwar ist bei der
Óbernahme von Kosten eines von der Gegenpartei beauftragten Anwalts
im Zweifel von einer bloßen Erfüllungsübernahme nach § 329 BGB
auszugehen (vgl. z.B. BGH NJW 1973, 1373; Heinrichs a.a.O. § 329
Rdn. 5). Hier ist indes zu berücksichtigen, daß die Regelung genaue
Festlegungen enthält, und zwar nicht nur zum Umfang der Kosten,
welche die Beklagte tragen sollte, sondern auch dazu, welche
anwaltlichen Vertreter jeweils Leistungsempfänger sein sollten.
Auch deutet die Wortwahl ("zahlt" bzw. "bezahlt") darauf hin, daß
mehr als eine bloße Óbernahme der Verbindlichkeiten der Firmen P.
aus der Beauftragung der Rechtsanwälte Mü. u.a. sowie der Kläger
gewollt war. Vor allem ist aber bei der Auslegung wieder der
Umstand von Bedeutung, daß an die Rechtsanwälte Mü. u.a. auch eine
Vergleichsgebühr gezahlt werden sollte, also ihnen eine Tätigkeit
honoriert werden sollte, die sie nicht entfaltet hatten, so daß die
Firmen P. ihnen insoweit nichts schuldeten. Jedenfalls insoweit
enthält daher die Regelung ein Leistungsversprechen zu Gunsten der
Anwälte, so daß es naheliegt, die Vereinbarung insgesamt dahin zu
verstehen, daß diejenigen, an die gezahlt werden sollte,
Drittbegünstigte sein sollten und ihnen ein eigenes Forderungsrecht
zustehen sollte.
Demzufolge steht der Beklagten auch kein
Leistungsverweigerungsrecht aus § 410 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Auch geht
die von dem Kläger zu 2. - erkennbar nur vorsorglich - erklärte
Abtretung von Ansprüchen an den Kläger zu 1. ins Leere. Gläubiger
der Forderung war und ist nicht er selbst, sondern die zwischen ihm
und dem Kläger zu 1. bestehende Gesellschaft bürgerlichen
Rechts.
Der Höhe nach entsprechen die Kostenrechnungen des Klägers zu 2.
wiederum - was von der Beklagten nicht bestritten wird - den
Vorgaben des Vergleichs. Eine Óberprüfung der Kostenrechnungen
anhand der Maßstäbe des § 3 Abs. 3 BRAGO ist nicht möglich, da
diese Norm - wie auch in dem Gutachten der Rechtsanwaltskammer
zutreffend ausgeführt wird - sich nur auf das Mandatsverhältnis
zwischen Rechtsanwälten und ihren Mandanten bezieht und sich nicht
auf Vereinbarungen zwischen den Mandanten und einem Dritten
erstrecken kann, an denen er unter Umständen - wie hier die
Rechtsanwälte Mü. u.a. - überhaupt nicht beteiligt war.
3.
Die in dem Vergleich getroffene Kostenregelung ist wirksam.
Eine Nichtigkeit gem. § 138 Abs. 2 BGB scheidet bereits wegen
Fehlens der subjektiven Voraussetzungen dieser Norm ersichtlich
aus. Auch kann der Kostenregelung nicht als wucherähnliches
Rechtsgeschäft im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB eine Wirksamkeit
versagt werden, und zwar auch dann nicht, wenn der Meinung des
Landgerichts zu folgen wäre, daß die gesetzlichen
Vergütungsansprüche sich nur auf 44.918,77 DM belaufen.
Zweifelhaft ist es bereits, ob die Diskrepanz zwischen diesem
Betrag und demjenigen, den die Kläger aufgrund der Kostenregelung
beanspruchen können, für die Feststellung eines groben
Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung ausreicht. Es
ist zwar nicht zu beanstanden, wenn - wie dies das Landgericht
getan hat - zu § 3 Abs. 3 BRAGO ergangene Rechtsprechung vom
Rechtsgedanken her mit herangezogen wird. Im Rahmen der gebotenen
Gesamtwürdigung ist aber neben dem Rechtsgedanken des § 3 Abs. 3
BRAGO zur Bestimmung von Leistung und Gegenleistung auf alle
Umstände abzustellen. Insoweit kann es auch von Bedeutung sein
kann, welche Tätigkeiten der Kläger zu 2. entfaltet hat, da die
gesetzlichen Gebühren auf den Normalfall anwaltlicher Tätigkeit
zugeschnitten sind, wobei wiederum, soweit sich hierzu aus den mit
der Berufungsbegründung vorgelegten Urkunden und unstreitigen
Tatsachen (z. B. Teilnahme an der Besprechung vom 26.10.1993) keine
Schlüsse ziehen lassen, wegen des zulässigen Bestreitens der
Beklagten ohne weitere Sachaufklärung Feststellungen nicht treffen
lassen. Auch ist der Inhalt des Vergleichs im übrigen als einer
Vereinbarung zu berücksichtigen, die ein Wechselspiel zwischen
Nachgeben in einem Punkt und dessen Kompensation in einem anderen
Punkt enthalten kann. Hier ist es aber so, daß die beiden Firmen P.
sich letztendlich weitgehend auf die von der Beklagten geforderten
neuen Konditionen eingelassen hatten, also im wesentlichen
nachgegeben haben, wie die Beklagte selbst vorträgt.
Vor allem fehlt es an besonderen Umständen (vgl. hierzu z.B. OLG
Hamm NJW-RR 1995, 1530, 1531), die der Abrede ein sittenwidriges
Gepräge geben können. Der Kläger zu 2. hat seinerzeit offengelegt,
daß er sich zu dem Bemessungsmaßstab nur auf ein älteres Werk
gestützt hatte. Dem Zeuge R. wiederum wurde dadurch deutlich
gemacht, daß die Quelle möglicherweise nicht dem aktuellen
Meinungsstand entsprach. Ihm war auch bewußt, daß die auf die
Beklagten zukommenden Gebührenforderungen erheblich sein würden.
Unter Entscheidungsdruck standen nicht nur die Beklagte, sondern
auch die von den Klägern vertretenen Firmen. Wenn die Beklagte sich
entschloß, auch in ihrem eigenen Interesse die als problematisch
erkannte Gebührenregelung zu akzeptieren, war dies ihre eigene
Sache. Dem Kläger zu 2. kann in diesem Zusammenhang auch nicht
vorgehalten werden, daß er den zweiten Satz bei Schmidt/Schmidt
a.a.O. Rdn. 90 über eine abweichende Ansicht nicht mitzitiert hat.
Zum einen kann aufgrund seiner Aussage nicht festgestellt werden,
daß dies bewußt geschehen ist. Zum anderen ist zu berücksichtigen,
daß das Zitat - wie bereits in erster Instanz unstreitig war - auf
die Bitte des Zeugen R. hin erfolgte, ihm wegen der vorgesehenen
Gegenstandswerte "etwas an die Hand zu geben".
4.
Der Zinsanspruch auf die nach alledem gerechtfertigte Forderung
von 742.283,712 DM ist gem. den §§ 284, 288 BGB ab dem Tag nach
Ablauf der in dem Schreiben der Kläger vom 20.11.1993 gesetzten
Frist begründet, da die Beklagte erst hierin wirksam in Verzug
gesetzt wurde. Ihr Schreiben vom 19.11.1993 enthält keine
endgültige Leistungsverweigerung, die eine Mahnung entbehrlich
gemacht hätte. Vielmehr wird hierin durchaus
Verhandlungsbereitschaft signalisiert.
II.
Ein Anspruch aus positiver Forderungsverletzung i. V. m. § 398
BGB wegen der weiteren Forderung über 27.789,15 DM besteht nicht
aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils, denen der
Senat beitritt und auf die deshalb gem. § 543 Abs. 1 ZPO Bezug
genommen wird. Ergänzend ist lediglich anzumerken, daß eine
Bewertung der behaupteten Àußerung des Zeugen R. anläßlich des
Telefonats vom 19.11.1993 als ernsthafter Versuch einer Lossagung
von der getroffenen Einigung schon deshalb fernliegend war, weil
die Beklagte in ihrem von dem Zeugen mitunterzeichneten Fax vom
gleichen Tag (Anlage B 15) hierauf gerade nicht Bezug genommen,
sondern nur ihren Standpunkt zur Höhe der zu erstattenden
Anwaltskosten vertreten hat. Spätestens mit Zugang dieses
Schreibens hätte es sich für den Kläger zu 2. als Anwalt aufdrängen
müssen, daß mit der Àußerung, sofern sie gefallen sein sollte,
lediglich der Zweck verfolgt wurde, ihn zu einem Kompromiß in der
nur noch streitigen Kostenfrage zu bewegen. Im übrigen können die
Kläger unabhängig davon, ob die Beteiligung des Klägers zu 2. an
dem Rechtsstreit als ursprünglicher Beklagter der in der Hauptsache
erledigten Widerklage im Kostenpunkt einer Zeugenvernehmung
entgegengestanden hätte (vgl. zu dieser Problematik Zöller/Greger,
ZPO 19. Auflage, § 373 Rdn. 5), in der derzeitigen Prozeßsituation
Beweis für ihren Vortrag nicht erbringen. Die Voraussetzungen für
eine Parteivernehmung des Klägers zu 2. von Amts wegen gem. § 448
ZPO liegen ersichtlich nicht vor, weil sich aus der gewechselten
Korrespondenz keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit ihres
Vortrags ergeben. Die insoweit an ihre Mandanten noch am 19.11.1993
gefertigten Schreiben enthalten nur die Darstellung des Klägers zu
2., für deren Richtigkeit aber sonstige Tatsachen nicht
sprechen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht wegen der Kosten des
Berufungsverfahrens auf § 92 Abs. 1 ZPO. Bezüglich der in erster
Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits richtet sich die
Kostenquote gem. § 92 Abs. 1 ZPO i. V. m. dem im Rahmen der
Ermessensentscheidung nach § 91 a Abs. 1 ZPO anwendbaren
Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 ZPO im Ergebnis ebenfalls nach dem
Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen zur Klage.
Die Berufung des Klägers zu 1. erfaßt nach herrschender Meinung
(vgl. zum Meinungsstand Zöller/Vollkommer a.a.O. § 91 a Rdn. 56),
der der Senat in ständiger Rechtsprechung folgt, auch die
Kostenentscheidung, soweit sie auf § 91 a ZPO beruht. Aus den
vorstehenden Ausführungen folgt wiederum, daß die Widerklage nur in
einem geringen Umfang Erfolg gehabt hätte. Bezüglich des Klägers zu
2. hat das Teilunterliegen zur Klage, obwohl die für ihn günstige
Kostenentscheidung des Landgerichts von der Beklagten nicht
angefochten ist, die Folge, daß es nicht bei der alleinigen
Belastung der Beklagten mit dessen Kosten verbleiben kann. Wegen
der Identität der Streitwerte der Klage und der erledigten
Widerklage und der relativ geringen Kostenquote von weniger als 4
%, mit der der Kläger zu 2. zur Klage unterlegen ist, war daher bei
der einheitlich neu zu fassenden Kostenentscheidung, für die das
Verschlechterungsverbot des § 536 ZPO nicht gilt, die gleiche Quote
wie bei dem Kläger zu 1. zugrunde zu legen, ohne diese durch einen
fiktiven Streitwert weiter zu quoteln.
Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen
auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Beschwer: für die Beklagte mehr und für
die Kläger weniger als 60.000,00 DM
OLG Köln:
Urteil v. 20.06.1996
Az: 12 U 113/95
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/f4cacdf485e9/OLG-Koeln_Urteil_vom_20-Juni-1996_Az_12-U-113-95