Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. November 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 249/03

(BPatG: Beschluss v. 10.11.2004, Az.: 28 W (pat) 249/03)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Widersprechenden auferlegt.

Der Gegenstandswert wird auf 10.000,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

Gegen die für Waren der Klassen 21, 29 und 30 eingetragene und am 6. Mai 1999 veröffentlichte Wortmarke "DACAPO" ist Widerspruch erhoben worden aus der Wortmarke 677 406 "Dacapo", die seit dem 11. Juni 1955 für eine Vielzahl von Waren der Klassen 29 und 30 eingetragen ist. Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den Widerspruch zunächst die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, auf die Erinnerung der Markeninhaberin mit Beschluss vom 24. März 2003 den Widerspruch aber mangels Glaubhaftmachung der Benutzung insgesamt zurückgewiesen, weil auf die von der Markeninhaberin zulässigerweise erhobene Einrede der Nichtbenutzung keine Unterlagen für den insoweit entscheidungserheblichen zweiten Benutzungszeitraum nach § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG vorgelegt worden seien.

Hiergegen hat die Widersprechende mit Schriftsatz vom 5. Juni 2003 Beschwerde erhoben, die sie jedoch trotz einer im Schriftsatz geäußerten Absicht bisher nicht begründet hat. Ebensowenig hat sie weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung eingereicht. Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren ebenfalls nicht zur Sache geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde konnte keinen Erfolg haben. Der Widerspruch ist schon deshalb zurückzuweisen, weil die Benutzung rechtswirksam bestritten ist und die Widersprechende die Benutzung ihrer Marke im entscheidungserheblichen Zeitraum nicht glaubhaft gemacht hat, so dass sich die Frage der Verwechslungsgefahr der einander gegenüberstehenden Marken nicht mehr stellt.

Die Widersprechende hätte auf die zulässigerweise erhobene Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin vortragen und glaubhaft machen müssen, dass sie ihre Marke innerhalb der in § 43 Abs. 1 MarkenG festgelegten Zeiträume benutzt hat, was nur hinsichtlich des Zeitraums nach § 43 Abs. 1 S.1 MarkenG geschehen ist, nicht jedoch, wie die Markenstelle mit Recht ausgeführt hat, hinsichtlich des Fünfjahreszeitraumes vor der Entscheidung über den Widerspruch (§ 43 Abs.1 S. 2 MarkenG), d. h. von 1998 bis 2003; denn die vorgelegten Unterlagen reichen nur bis in das Jahr 1997.

Für einen entsprechenden Sachvortrag und der Einreichung von weiteren Glaubhaftmachungsunterlagen bedurfte es keiner besonderen Aufforderung durch das Gericht. Die Widersprechende hat nach Übermittlung der Einrede von sich aus unverzüglich alle erforderlichen Unterlagen vorzulegen, insbesondere nachdem die Markenstelle den Widerspruch mangels dieser Unterlagen zurückgewiesen hat. Der im Rahmen des Benutzungszwanges herrschende Beibringungsgrundsatz lässt es grundsätzlich auch nach der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung des § 139 ZPO nicht zu, die Widersprechende auf diese Verpflichtung zum Vortrag hinzuweisen (vgl. BPatG GRUR 1996, 981, 982 - ESTAVITAL mwN zur früheren Rechtslage). Zwar besteht die Hinweispflicht des Gerichtes entsprechend § 139 ZPO auch im Widerspruchsverfahren. Sie hat aber ihre Grenze in Fällen, in denen ein solcher Hinweis eine Selbstverständlichkeit wäre, in denen nicht ersichtlich ist, dass dieser Gesichtspunkt übersehen worden ist oder wenn der Hinweis die Stellung der einen Partei stärken und gleichzeitig die der anderen schwächen würde, also zu einer Parteinahme des Gerichts führen würde.

Die Widersprechende hat auch ausreichend Gelegenheit gehabt, zur Beschwerde und zur Nichtbenutzungseinrede vorzutragen. Seit Einreichung der Beschwerde ist weit mehr als ein Jahr vergangen, ohne dass sie sich auch nur formal auf dieses Bestreiten eingelassen hat. Das Schweigen der Widersprechenden ist vom Senat daher als Zugeständnis des gegnerischen Sachvortrags nach § 138 Abs 3 ZPO zu werten, womit von der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke im streitigen Zeitraum auszugehen ist.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren der Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Eine Kostenauferlegung findet sowohl im Widerspruchs- als auch im Beschwerdeverfahren allerdings nur statt, wenn der Grundsatz, wonach im registerrechtlichen Markenverfahren jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt, der Billigkeit widersprechen würde (§§ 63 Abs. 1, 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG). Dazu bedarf es stets besonderer Umstände, die beispielsweise dann vorliegen können, wenn das Verhalten eines an einem patentamtlichen Markenverfahren Beteiligten derart in Widerspruch zu dessen prozessualen Sorgfaltspflichten steht, dass es unbillig wäre, den anderen Beteiligten mit dessen eigenen Kosten zu belasten. Prozessuale Sorgfaltspflichten dienen dem Schutz des Gegners vor rechtsmissbräuchlichen Angriffen. Bis an diese Grenze ist es jeder Partei erlaubt, unter Ausschöpfung aller vom Gesetz eröffneten Rechtswege ihre - auch vermeintlichen - Ansprüche durchzusetzen. Erst wenn dies in einer Weise geschieht, die deutlich von der Norm abweicht und den Gegner nicht mehr vertretbar mit einem Verfahren belastet - z.B. weil ein Obsiegen der Partei von Anfang an ausgeschlossen erscheint, letztlich also die Verfolgung verfahrensfremder Ziele im Raume steht -, kann eine einseitige Kostenüberbürdung geboten (und nicht nur erlaubt) sein, weil andernfalls die nach dem Gesetz vorgesehene Kostentragung beider Parteien dem Rechtsempfinden deutlich widersprechen würde. So liegt der Fall hier, denn nach der Sachlage ist davon auszugehen, dass die Widersprechende ihr Recht aus einer nicht mehr benutzten Marke verfolgt und die Beschwerde mithin von vornherein keinerlei Aussicht auf Erfolg haben konnte. Wenn die Widersprechende in dieser Situation dennoch Beschwerde eingelegt hat, obwohl diese jedenfalls ohne jeglichen Versuch einer Glaubhaftmachung erkennbar aussichtslos war, ist dieses Verhalten nicht mehr mit der allgemeinen prozessualen Sorgfaltspflicht zu vereinbaren, so dass es der Billigkeit entspricht, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Der Gegenstandswert war entsprechend dem Regelstreitwert auf 10.000,-- € festzusetzen, da keine Umstände ersichtlich sind, die seine Erhöhung bzw. Herabsetzung rechtfertigen könnten.

Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Bb






BPatG:
Beschluss v. 10.11.2004
Az: 28 W (pat) 249/03


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