Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Dezember 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 174/02

(BPatG: Beschluss v. 20.12.2006, Az.: 26 W (pat) 174/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Juli 2002 und 1. März 2000 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 2 038 107 bezüglich der Waren "feine Back- und Konditorwaren" zurückgewiesen worden ist.

Die Löschung der Marke 397 50 252 für die Waren "feine Back- und Konditorwaren" wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 038 107 angeordnet.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 397 50 252 Platinkroneist Widerspruch, der sich ursprünglich gegen die Eintragung für die Waren

"Kakao, Schokolade, Pralinen, insbesondere gefüllt mit Weinen oder Spirituosen; Speiseeis; Getreidepräparate, feine Back- und Konditorwaren"

richtete, erhoben worden aus der für die Waren

"Back- und Konditorwaren, insbesondere Brot und Kuchen, einschließlich Diätbrot und anderer diätetischer Backwaren, auch für medizinische Zwecke; backfertige Brot- und Kuchenmischungen; Paniermehl; Backhefe; Zucker- und Schokoladewaren"

eingetragenen älteren Marke 2 038 107 KRONE.

Der Widerspruch ist gestützt auf die Waren "Back- und Konditorwaren, insbesondere Brot und Kuchen" der Widerspruchsmarke.

Die Markenstelle hat den Widerspruch und die Erinnerung der Widersprechenden zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, trotz beiderseits identischer bzw. hochgradig ähnlicher Waren bestehe zwischen den sich gegenüberstehenden Marken auch dann keine Verwechslungsgefahr, wenn von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen werde; denn sie unterschieden sich durch das zusätzliche Wortelement "Platin" der angegriffenen Marke sowohl schriftbildlich und klanglich als auch begrifflich deutlich voneinander. Ernsthaft in Betracht komme deshalb allenfalls eine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung, bei deren Annahme jedoch Zurückhaltung geboten sei. Für die Gefahr einer gedanklichen Verbindung lägen im vorliegenden Fall letztlich keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vor. Insbesondere sei nicht zu erwarten, dass der Verkehr die angegriffene Marke wegen ihres Bestandteils "-krone" als weiteres Serienzeichen der Widersprechenden auffassen werde, denn dieser Bestandteil sei in der angegriffenen Marke in einen neuen Gesamtbegriff eingebunden und der ihm vorangestellte Bestandteil "Platin" stelle keine warenbezogene Bezeichnung dar, wie sie die Widersprechende in den von ihr glaubhaft gemachten Serienmarken benutze. Die Widersprechende habe auch nicht dargelegt, in welchem Umfang sie den Verkehr bereits an mehrere eigene, entsprechend gebildete Marken gewöhnt habe. Die von ihr offenbar in erster Linie sowohl marken- als auch firmenmäßig verwendete Bezeichnung "Kronenbrot" enthalte den Bestandteil "Krone(n)" an erster Stelle unter Anhängung eines warenbeschreibenden Zusatzes und sei in der Markenbildung mit der angegriffenen Marke nicht vergleichbar. Dasselbe gelte für die von der Widersprechenden ebenfalls benutzten Bezeichnungen "Bauernkrone", "Vollkornkrone", "Roggenkrone" "Erntekrone", "Wappenkrone" und "Doppelkrone". Da die betreffenden Marken außerdem fast ausschließlich für Brot verwendet worden seien, liege bei einer Verwendung der angegriffenen Marke für andere Waren der Gedanke an eine weitere Serienmarke der Widersprechenden nicht nahe.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie weist u. a. auf einen Beschluss des 32. Senats vom 25. Juli 2001 in der Sache 32 W (pat) 229/00 hin, mit dem wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 038 107 der Wortmarke "LANDKRONE" für "pain croustillant; biscottes, p‰tisserie et confiserie" der Schutz versagt worden ist, sowie auf weitere Beschlüsse der Markenstellen des Patentamts, mit denen ebenfalls die Verwechslungsgefahr zwischen Marken, die unter Verwendung des Wortes "Krone" gebildet wurden, mit der Widerspruchsmarke festgestellt worden ist. Insbesondere sei in einem Parallelverfahren die Verwechslungsgefahr der Bezeichnung "Juwelenkrone" mit der Widerspruchsmarke bejaht worden. Sie verweist ferner auf die Dauer und den Umfang ihrer Benutzung von Marken mit den Bestandteilen "Krone" bzw. "Kronen" für Back- und Konditorwaren. Angesichts der umfänglichen, langjährigen Gewöhnung des Verkehrs an Marken mit den vorgenannten Bestandteilen sei bei Zugrundelegung der jüngeren BGH-Rechtsprechung zur Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung (z. B. Mitt. 2002, 242 - BIG; GRUR 2002, 245 - ASTRO BOY / Boy) auch im vorliegenden Fall eine assoziative Verwechslungsgefahr zu bejahen.

Die Widersprechende hat im Beschwerdeverfahren nach Erörterung der Sach- und Rechtslage erklärt, dass sich ihr Widerspruch nur noch gegen die Eintragung der angegriffenen Marke für "Feine Back- und Konditorwaren" richtet. Sie beantragt sinngemäß, die mit der Beschwerde angegriffenen Beschlüsse der Markenstelle im Umfang der vorgenannten Waren aufzuheben und wegen ihres Widerspruchs die teilweise Löschung der Marke 397 50 252 für "Feine Back- und Konditorwaren" anzuordnen.

Die Markeninhaberin hat im Beschwerdeverfahren weder Anträge gestellt noch sich zur Sache geäußert.

II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nach der im Beschwerdeverfahren erklärten Beschränkung des Widerspruchs in diesem Umfang begründet. Zwischen der älteren Marke 2 038 107 und der Marke 397 50 252 besteht auf dem Gebiet der Back- und Konditorwaren die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. §§ 42, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn und soweit wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken und Waren und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. u. a. BGH GRUR 2005, 427, 428 - Lila-Schokolade; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May).

Die mit der jüngeren Marke beanspruchten Waren "feine Back- und Konditorwaren", gegen die allein sich der Angriff der Widersprechenden noch richtet, werden von dem Warenoberbegriff "Back- und Konditorwaren", für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist, umfasst. Damit besteht markenrechtlich Warenidentität, so dass es eines deutlichen Abstandes der Marken bedarf, um eine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verneinen zu können.

Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist ferner mindestens von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Wenngleich Abbildungen von Kronen häufig als Qualitätshinweis auf Waren verschiedenster Art fungieren, wird die Kennzeichnungskraft des Wortes "KRONE" als wörtliche Benennung des entsprechenden bildlichen Qualitätshinweises hierdurch nicht entscheidend gemindert. Aber auch dann, wenn zu Gunsten der Markeninhaberin von einer von Haus aus nur unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen wird, ist diese durch die unbestritten langjährige und umfangreiche Benutzung der Widerspruchsmarke für Brot und Kuchen nachträglich mindestens auf ein durchschnittliches Niveau angewachsen.

Unter Berücksichtigung dieser Ausgangslage reichen die zwischen den beiderseitigen Marken bestehenden Unterschiede zwar aus, um unmittelbare klangliche, schriftbildliche und begriffliche Verwechslungen zu verhindern, was auch die Widersprechende nicht in Abrede stellt. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Marken i. S. d. § 9 Abs. 1 S. 2 letzter Halbsatz gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden und die von den maßgeblichen Waren angesprochenen Verkehrskreise hierdurch der Gefahr einer Herkunftsverwechslung unterliegen.

Die Gefahr einer gedanklichen Verbindung von Marken, bei der die beteiligten Verkehrskreise zwar die Unterschiede der Marken erkennen, aber gleichwohl die Marken fälschlich derselben betrieblichen Herkunft zuordnen, besteht insbesondere dann, wenn der Inhaber der älteren Marke im Verkehr bereits mit einem Wortstamm als Bestandteil mehrerer eigener Serienmarken aufgetreten ist (BGH GRUR 2002, 542, 544 - BIG), sofern der Stammbestandteil zumindest normal kennzeichnungskräftig ist, wovon hier - wie bereits dargelegt - schon auf Grund der langjährigen Benutzung durch die Widersprechende auszugehen ist, und er als eigenständiger Wortstamm innerhalb der Gesamtbezeichnung erkennbar ist.

Die Widersprechende verfügt über eine große Anzahl eingetragener Wortmarken, die die Bestandteile "Krone" bzw. "Kronen" enthalten, von denen sie nach den vorgelegten Unterlagen - neben weiteren Marken mit dem Bestandteil "Kronen" - u. a. die Bezeichnungen "Roggenkrone", "Wappenkrone", "Kornkrone", "Doppelkrone", "Malzkrone", "Eifelkrone", "Erntekrone", "Früchtekrone" und "Alpenkronen" über viele Jahre hinweg umfangreich im Verkehr für Brot und Kuchen benutzt hat und weiterhin benutzt. Dem hat die Markeninhaberin nicht widersprochen. Auf Grund dieser unstreitigen Benutzung ist davon auszugehen, dass das Wort "Krone", sofern es auf diesem Warengebiet als Teil einer Marke benutzt wird, grundsätzlich Hinweischarakter auf das Unternehmen der Widersprechenden aufweist, zumal auch die Firma der Widersprechenden den Stammbestandteil enthält.

Für die Beantwortung der Frage, ob der Verkehr ein weiteres, von einem Dritten unter Verwendung desselben Wortstamms gebildetes Zeichen fälschlich dem Inhaber einer im Verkehr bereits existenten Markenserie zuordnet, ist ferner der in der jüngeren Marke enthaltene abweichende Markenbestandteil sowie dessen Stellung innerhalb der Wortkombination von Bedeutung (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, § 9 Rdn. 489 ff. m. w. N.).

Die Stellung des abweichenden Markenteils "Platin" innerhalb der angegriffenen Marke entspricht derjenigen in den von der Widersprechenden benutzten Marken, weil das Wort "Platin" dem Wortstamm "krone" ebenfalls vorangestellt ist. Das Wort "Platin" ist seinem Begriffsgehalt nach auch mit einigen der Begriffe, die dem Stammbestandteil "-krone" in den Serienzeichen der Widersprechenden vorangehen, vergleichbar. Zwar bezeichnen in den benutzten Serienmarken "Roggenkrone", "Kornkrone", "Malzkrone" und "Früchtekrone" die ersten Wortbestandteile jeweils Ausgangs- bzw. Inhaltsstoffe der Backwaren. Die Markenserie der Widersprechenden erschöpft sich jedoch nicht in solchen Bezeichnungen, sondern geht mit den benutzten Serienmarken "Wappenkrone", "Doppelkrone", "Eifelkrone", "Erntekrone" und "Alpenkronen" darüber deutlich hinaus. Insbesondere die Bezeichnungen "Wappenkrone" und "Doppelkrone" weisen in den Bestandteilen "Wappen" und "Doppel" keinen unmittelbaren Bezug zur Art oder Beschaffenheit der angebotenen Backwaren auf. Zumindest zu diesen Bezeichnungen weist die angegriffene Marke eine vergleichbare Markenbildung auf, die in Verbindung mit den weiteren "Krone"-Serienmarken der Widersprechenden den Verkehr in rechtserheblichem Maße veranlassen wird, in der angegriffenen Marke eine weitere Marke der Widersprechenden zu sehen. Bei dieser Sach- und Rechtslage war der Beschwerde der Widersprechenden in dem beantragten beschränkten Umfang stattzugeben.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) bestand keine Veranlassung.






BPatG:
Beschluss v. 20.12.2006
Az: 26 W (pat) 174/02


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