Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 5. Dezember 2003
Aktenzeichen: 25 K 1587/03

(VG Köln: Urteil v. 05.12.2003, Az.: 25 K 1587/03)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil in hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betra-ges abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in derselben Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Mit Gebührenbescheid vom 05.09.2002 forderte der Beklagte von der Klägerin, einem bundesweit im Bereich der Verwertung kommunaler Klärschlämme tätigen Unternehmen, für die Prüfung einer Anzeige gem. § 7 Abs. 1 Abfall-Klärschlamm- Verordnung (AbfKlärV) i. V. m. Tarifstelle 28.2.2.19 des Allgemeinen Gebührentarifs zur Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung NRW eine Gebühr in Höhe von 11 mal 50 = 550 EUR.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2003 wies der Beklagte den dagegen erhobenen Widerspruch zurück.

Mit der rechtzeitig erhobenen Klage wird unter anderem vorgetragen: Die Kläge- rin werde von den Betreibern der kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen mit der Verwertung von Klärschlämmen beauftragt, und zwar mit der technischen und logistischen Verwertung und u. a. auch mit der Abwicklung des Lieferschein- und An- zeigeverfahrens nach § 7 Abs. 1 AbfKlärV. Der Beklagte sei als landwirtschaftliche Fachbehörde keine Vollzugsbehörde mit Außenrechtsbeziehungen und erbringe mit ihrer verwaltungsinternen fachlichen Prüfung und Beratung keine Amtshandlung im Rahmen einer Sonderrechtsbeziehung mit der Klägerin. Kostenschuldner sei zudem nicht die Klägerin, sondern der Betreiber der Anlage, in dessen Auftrag die Klägerin tätig geworden sei.

Die Klägerin beantragt,

den Gebührenbescheid des Beklagten vom 05.09.2002 i. d. F. des Wi- derspruchsbescheides des Beklagten vom 18.02.2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch der des vor dem erkennenden Gericht durchgeführten Verfahrens vorläufigen Rechtsschut- zes 25 L 593/03, und der Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Gründe

Die Klage ist ohne Erfolg.

Die angefochtenen Bescheide sind dem Grunde und der Höhe nach rechtmä- ßig.

1. Der Beklagte hat eine öffentlichrechtliche Verwaltungstätigkeit, also eine Amtshandlung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 des vorliegend anwendbaren Gebührengesetzes NRW) ausgeführt, indem er die vorliegend einschlägige Anzeige nach § 7 Abs. 1 AbfKlärV auf Nachvollziehbarkeit einer ordnungsgemäßen Handhabung der Klär- schlammaufbringung im Hinblick auf Nährstoffgehalt bzw. Düngung überprüft und damit die Einhaltung von Vorschriften der o. g. Verordnung überwacht hat. Dass die behördliche Überwachung von Vorschriften durch die verordnete Anzeige, also durch eine erzwungene Mitwirkung eines Gebührenschuldners, ermöglicht bzw. erleichtert wird, lässt eine Gebührenpflicht dem Grunde nach nicht entfallen; eine Amtshandlung ist auch dann gebührenrelevant, wenn sie nur einen geringen zeitli- chen und sachlichen Aufwand erfordert und durch erhebliche Mitwirkungshand- lungen des Veranlassers geprägt ist. Die Amtshandlung als öffentlichrechtliche Verwaltungstätigkeit bedarf keiner besonderen Qualifikation etwa als Eingriffsver- waltung mit Vollzugsermächtigung oder als Genehmigungsverwaltung; eine sich aus öffentlichrechtlichen Regelungen ergebende prüfende Tätigkeit einer Fach- behörde im Vorfeld eines möglichen behördlichen Eingriffs oder einer möglichen Genehmigung einer anderen Behörde reicht aus.

2.

Ein mehrstufiges Tätigwerden einer Behörde oder mehrerer selbstständiger Behörden nacheinander im Vorfeld des Erlasses eines Verwaltungsaktes kann bei entsprechender Gestaltung des Gebührentarifs auch mehrere Gebührentatbe- stände auslösen und zwar auch dann, wenn eine einzige Gesamtmaßnahme - et- wa eine Genehmigung - beantragt und für den Antragsteller allein sinnvoll ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 09.02.1988 - 9 A 1436/86 - zu den vielfältigen Gebührentarifen im Vorfeld und Umfeld einer baurechtlichen Genehmigung.

2. Die Verwaltungstätigkeit des Beklagten ist der Klägerin (zwar nicht als Anlagenbetreiber, wohl aber als von diesem beauftragten Dritten) zurechenbar, weil die Amtshandlung der Prüfung bzw. Überwachung auf Grund einer gesetzlichen Verbindlichkeit (Anzeige) ausgeführt wurde, die dem Pflichtenkreis eines Anlagenbetreibers oder eines beauftragten Dritten als Teil eines von der Allgemeinheit abgrenzbaren Personenkreises zuzuordnen ist. Bei Bestehen einer derartigen Sonderrechtsbeziehung ist es unerheblich, ob der davon Betroffene aus der Amtshandlung einen speziellen (rechtlichen oder tatsächlichen) Vorteil erlangt.

3.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.04.2003 - 9 A 183/01 - zur Überprüfung einer Anzeige nach § 7 der 26. BImSchV sowie Urteil vom 16.06.1999 - 9 A 3817/98 - NWVBl. 2000, 66 - zur Gebührenpflicht einer Apothekenbesichtigung; OVG Brandenburg, Urteil vom 19.02.2003 - 2 D 24/02.NE - zur Gebührenpflicht von Anzeigen der vorliegenden Art.

Die Prüftätigkeit des Beklagten ist kein Verwaltungshandeln im Bereich der allgemeinen Gefahrerforschung, sondern eine spezialrechtlich konkretisierte, auf eine Fachbehörde ausgelagerte Tätigkeit im Vorfeld der Erteilung einer beantragten Genehmigung bzw. der Ablehnung/Zustimmung zu privatrechtlichem Handeln (hier der Klärschlammaufbringung). Sie ist keine lediglich verwaltungsinterne Mitwirkungshandlung, sondern eine fachbezogene und von der zuständigen Ordnungsbehörde unabhängige Leistung, deren Außenwirkung sich zwar nicht unmittelbar - etwa durch Zwischenbescheid o. ä. - zeigt, immerhin aber mittelbar als Grundlage für eine Entscheidung der Ordnungsbehörde. Die Prüf- bzw. Kontrolltätigkeit der Fachbehörde entfaltet also insoweit (mittelbare) Außenwirkung, als ein Positiv-Prüf-Attest Voraussetzung für eine zulässige Klärschlammaufbringung, ein Negativ-Attest Grundlage für ein Einschreiten der Ordnungsbehörde ist.

a. A. OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.05.2003 - 4 KN 1/02 - unter Hinweis auf gebührenneutrale Mitwirkungshandlungen von Behörden im baurechtlichen Genehmigungsverfahren.

Die Klägerin ist gem. § 7 Abs. 1 AbfKlärV als - für die Erfüllung der Nachweispflicht neben dem Anlagenbetreiber ausdrücklich benannter - beauftragter Dritter zielgerichtet mit ihrer Anzeige an die (landwirtschaftliche) Fachbehörde herangetreten und hat dadurch deren nach den einschlägigen Vorschriften vorgeschriebene Prüfungspflicht aktualisiert (und dadurch eine Sonderrechtsbeziehung geschaffen). Sie hat die Amtshandlung des Beklagten gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. Gebührengesetz NRW zurechenbar verursacht. Dabei hat die Klägerin objektiv als für die Anzeige verantwortlicher, zwar beauftragter, aber eigenständiger Unternehmer gehandelt; der Beklagte war deshalb berechtigt, die Klägerin als Generalunternehmer hinsichtlich der Verwertung von Klärschlamm (und deren Abwicklung) als Gebührenschuldner he- ranzuziehen und den eigentlichen Betreiber der Abwasserbehandlungsanlage mangels eigenständiger Anzeige außen vor zu lassen oder als nur zusätzlichen (Gesamt-) Schuldner zu behandeln. Es wäre ggfls. Aufgabe der Klägerin, die Anzeige nach § 7 Abs. 1 AbfKlärV rechtlich so zu gestalten, dass nicht sie, sondern der Anlagenbetreiber als Anzeigender erkennbar im eigenen Namen und für eigene Rechnung auftritt (und sodann möglicherweise in den Bereich der Gebührenbefreiung nach § 8 Abs. 1 Nr. 4 GebG NRW fällt). Es bleibt der Klägerin unbenommen, die von ihr zu entrichtenden Gebühren durch entsprechende Gestaltung der privatrechtlichen Verträge mit dem Anlagenbetreiber zu kompensieren.

Für den Vorrang des Heranziehens des Betreibers, eine Schuldnerschaft des Dritten aber nicht grundsätzlich verneinend: OVG Brandenburg, Beschluss vom 07.05.2003 - 2 B 297/02. Für den Fall, dass ein "beauftragter Dritter" als Nachweispflichtiger nicht ausdrücklich benannt und deshalb allein der Abfallerzeuger als Veranlasser in Frage kommt: BVerwG, Urteil vom 01.03.1996 - 8 C 29.94 - BVerwGE 100, 323 (332).

3. Eine Gebührenerhebung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Prü- fung/Überwachung der Einhaltung rechtlicher Vorschriften der Klärschlammaufbringung vorwiegend im öffentlichen Interesse erfolgt, weil jedes staatliche Handeln und Regulieren einen Bezug zum öffentlichen Wohl hat und eine Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Interessen schwierig macht.

4.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 03.03.1994 - 4 C 1.93 - NVwZ 1994, 1105 zur Luftsicherheitsgebühr.

Die Prüfung der Anzeige nach § 7 Abs. 1 AbfKlärV ist zudem für den Anzeigenerstatter von wirtschaftlichem Interesse: Er hat nach unbeanstandeter Überprüfung seiner Unterlagen die rechtliche Sicherheit, sich im Rahmen der Vorschriften gehalten zu haben. Dieses Interesse mag dem seriösen Anzeigenerstatter gering erscheinen; die Überwachungstätigkeit der Behörden schützt einen Anlagenbetreiber bzw. einen für ihn tätigen Unternehmer aber auch vor konkurrierenden Anlagenbetreibern/Unternehmern, die die rechtlichen Vorgaben (zunächst) nicht einhalten und dadurch unlautere wirtschaftliche (Wettbewerbs-) Vorteile erzielen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27.10.1999 - 13 B 843/99 - MMR 2000, 115 - zur Missbrauchsaufsicht/Überwachung im Zusammenhang mit TKG- Lizenz-Gebühren.

Der Anzeigenerstatter hat die Amtshandlung damit nicht nur zurechenbar verursacht, die Amtshandlung ist auch zu seinen Gunsten vorgenommen worden ( § 13 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. Gebührengesetz NRW).

4. Die Höhe der für die Anzeigenprüfung erhobenen Gebühr begegnet keinen Bedenken; sie liegt, bezogen auf eine einzelne Anzeige, am unteren Rand des (vom Beklagten nachvollziehbar dargestellten) Gebührenrahmens (von 50,00 bis 200,00 EUR), berücksichtigt offenbar den geringen Verwaltungsaufwand und hat im Hinblick auf den wirtschaftlichen Wert des jeweiligen Vorhabens Bagatellcharakter. Die Vielzahl der von der Klägerin geplanten anzeigenpflichtigen und damit Gebühren auslösenden Schlammaufbringungen rechtfertigt keine Überlegungen zu der Frage, ob Gebühren für die Anzeigenprüfung nach der Zahl der Anzeigen degressiv zu staffeln oder anderweitig zu reduzieren sind: die Prüfung jeder einzelnen Anzeige bedingt einen eigenständigen Verwaltungsaufwand, ein Rationalisierungseffekt tritt bei der Prüfung einer Vielzahl von Anzeigen nicht ein; jede Aufbringung hat für den Unternehmer einen eigenständigen wirtschaftlichen Wert.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.






VG Köln:
Urteil v. 05.12.2003
Az: 25 K 1587/03


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