Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Mai 2007
Aktenzeichen: 29 W (pat) 132/04

(BPatG: Beschluss v. 23.05.2007, Az.: 29 W (pat) 132/04)

Tenor

1. Der Beschluss der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. März 2004 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen "Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, Ausstrahlung von Hörfunkprogrammen, Ausstrahlung von Kabelfernsehsendungen, Ausstrahlung von Rundfunksendungen, Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk, Filmproduktion" zurückgewiesen wurde.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wort-Bildmarkesoll für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 16: Fotografieren Klasse 38: Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, Ausstrahlung von Hörfunkprogrammen, Ausstrahlung von Kabelfernsehsendungen, Ausstrahlung von Rundfunksendungen, Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk, Bereitstellen von Informationen im Internet, Bereitstellung von Plattformen im Internet, Bereitstellung von Portalen im Internet, Dienstleistungen von Presseagenturen, elektronische Nachrichtenübermittlung, Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer, Presseagenturen, Sammeln und Liefern von Nachrichten, Sammeln und Liefern von Pressemeldungen, Übermittlung von Nachrichten, Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internet-Adressen (Web-Messaging)

Klasse 41: Dienstleistungen eines Zeitungsreporters, digitaler Bilderdienst, Erstellen von Bildreportagen, Filmproduktion, Fotografieren, Herausgabe von Texten, Herausgaben von Verlags- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet, Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet, Information über Veranstaltungenin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 11. März 2004 zurückgewiesen, da es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine nicht unterscheidungskräftige und freihaltebedürftige Angabe handle. Der Ausdruck "bayernpress" gehe in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht über den Aussagegehalt einer Inhaltsangabe und einer geografischen Herkunftsangabe hinaus. Die grafische Ausgestaltung bewege sich im Rahmen einer üblichen modernen Werbegrafik.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, dass die Wortschöpfung "bayernpress" schon aufgrund der ungewöhnlichen Kombination eines englischen mit einem deutschen Wort die erforderliche geringe Unterscheidungskraft aufweise. Dazu trage auch ihre schlichte, aber gerade dadurch originelle und unterscheidungskräftige bildliche Ausgestaltung bei. Ein aktuelles Freihaltebedürfnis bestehe nicht. Die Anmelderin sei bayernweit tätig, wobei sie überwiegend eigene oder fremde Fotografien vertreibe, die in Bayern aufgenommen worden seien oder einen Bezug zu Bayern hätten. Aufgrund der Vielzahl der von ihr stammenden veröffentlichten Fotografien zeige sich, dass das angemeldete Zeichen im Verkehr durchgesetzt sei.

Im Übrigen verweist die Beschwerdeführerin auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbarer Marken.

Sie beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. März 2004 aufzuheben.

Mit Schreiben vom 18. Januar 2007 wurde der Beschwerdeführerin das Ergebnis einer vom Senat durchgeführten Internetrecherche übermittelt, weitere Rechercheunterlagen wurden ihr in der mündlichen Verhandlung überreicht.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Für die Waren "Fotografien" (insoweit liegt im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis in Klasse 16 mit "Fotografieren" eine offensichtliche Fehlbezeichnung vor, wie auch die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat) und für die Dienstleistungen "Bereitstellen von Informationen im Internet, Bereitstellung von Plattformen im Internet, Bereitstellung von Portalen im Internet, Dienstleistungen von Presseagenturen, elektronische Nachrichtenübermittlung, Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer, Presseagenturen, Sammeln und Liefern von Nachrichten, Sammeln und Liefern von Pressemeldungen, Übermittlung von Nachrichten, Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internet-Adressen (Web-Messaging), Dienstleistungen eines Zeitungsreporters, digitaler Bilderdienst, Erstellen von Bildreportagen, Fotografieren, Herausgabe von Texten, Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet, Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet, Information über Veranstaltungen" steht der Eintragung des angemeldeten Zeichens das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Sie entspricht der Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 27 f. - BioID; GRUR 2004, 674, Rn. 34 - POSTKANTOOR; BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850, Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006). Die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke aber dann, wenn sich dem Zeichenwort ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen klarer und ohne Weiteres verständlicher beschreibender Begriffsinhalt zuordnen lässt oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom angesprochenen Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850, Rn. 18 ff. - FUSSBALL WM 2006). Nach diesen Grundsätzen weist die angegriffene Marke für die oben genannten Waren und Dienstleistungen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft auf.

1.1. Der Wortbestandteil des Zeichens setzt sich durch die grafische Gestaltung deutlich erkennbar aus den Begriffen "Bayern" und "press" zusammen. Bayern bezeichnet das größte deutsche Bundesland, "press" ist der englische Ausdruck für Presse, der von den inländischen Verkehrskreisen als solcher ohne Weiteres verstanden wird. Zum Einen entsprechen sich das englische und das deutsche Wort nahezu vollständig, zum Anderen gehört "press" zum Grundwortschatz der englischen Sprache (vgl. Klett, Thematischer Grund- und Aufbauwortschatz Englisch 1999). Damit geht "bayernpress" bezogen auf die o. g. Waren und Dienstleistungen nicht über einen sachbezogenen Hinweis hinaus, dass es sich bei ihnen um Presseerzeugnisse oder -dienstleistungen aus oder für Bayern handelt. Entsprechend dieser Bedeutung ist die Beschwerdeführerin nach ihrem eigenen Vortrag auch (nur) bayernweit tätig und vertreibt eigene oder fremde Fotografien, die in Bayern aufgenommen wurden oder einen Bezug zu Bayern haben. An dem im Vordergrund stehenden Sachgehalt des Zeichens ändert auch der Umstand nichts, dass es sich bei "bayernpress" um eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortschöpfung handelt, die aus einem deutschen und einem englischen Wort zusammengesetzt ist. Auch die Neuschöpfung eines aus mehreren für den Verkehr erkennbar beschreibenden Bestandteilen zusammengesetzten Begriffs bleibt in der Summe beschreibend, es sei denn, dass die Neuschöpfung aufgrund ihrer Ungewöhnlichkeit in der Kombination hinreichend von dem Eindruck abweicht, der bei der bloßen Kumulation der Bestandteile entsteht (EuGH MarkenR 2004, 111 - BIOMILD). Maßgeblich ist allein, ob das angesprochene Publikum die Wortfolge als sachbeschreibenden Hinweis versteht. Dies trifft im vorliegenden Fall aufgrund der Nähe des englischen Bestandteils "press" zum deutschen Wort "Presse" zu. Die Wortkombination "bayernpress" stellt keine ungewöhnliche Verbindung im Vergleich zu dem deutschen Begriff "Bayernpresse" dar (vgl. www.openpress.de: "Volksbanken und Raiffeisenbanken lehnen gruppenübergreifende Fusionen ab": Kontakt: Genossenschaftsverband BayernPresse, Öffentlichkeitsarbeit ...; www. schulemachen.de: "18. In welchen Medien wurde über das Projekt berichtet€ In der lokalen Presse, der Bayernpresse und im Lokalradio ...").

Der Senat konnte aufgrund seiner Recherchen auch nicht feststellen, dass sich im Bereich der Presse- oder Bildagenturen eine Übung entwickelt hat, Unternehmenskennzeichnungen zu bilden, die sich aus dem Namen einer Region und dem weiteren Begriff "press" oder "Presse", zusammensetzen. Lediglich sechs Unternehmen, nämlich Berlinpress, Schwabenpress, Badenpress, Sachsenpress, Rheinpress und Ruhrpress, entsprechen in ihrer Tätigkeit dem Verzeichnis der Marke "bayernpress". Aufgrund dieser geringen Anzahl kann von einer Üblichkeit derartiger Bezeichnungen für Bild-/Presseagenturen nicht ausgegangen werden. Angesichts der Vielzahl anders gebildeter Unternehmensbezeichnungen (vgl. insoweit die Listen der Mitglieder des BVPA, des Bundesverbands der Pressebildagenturen und Bildarchive e. V.) fehlt es an konkreten Umständen für eine branchenspezifische Benutzungspraxis, die die Annahme rechtfertigen könnte, dass ein aus einer geografischen Herkunftsangabe und dem Begriff "press" gebildeter Begriff bei den angesprochenen Verkehrskreisen, hier den allgemeinen Durchschnittsverbrauchern sowie dem Fachverkehr im Bereich Medien, wegen der Geläufigkeit derartiger Bezeichnungen trotz seines sachbeschreibenden Gehalts als Herkunftshinweis erfasst wird.

1.2. Die Markenstelle hat der grafischen Ausgestaltung der in schwarz/weiß angemeldeten Wort-Bildmarke zu Recht keine die Unterscheidungskraft begründende Wirkung beigemessen. Zwar kann grundsätzlich einer aus Wort- und Bildelmenten bestehenden Marke in ihrer Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn dem Wortbestandteil die Unterscheidungskraft fehlt. Dann muss aber die Grafik charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht. Hierzu reichen einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbildes, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, nicht aus (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 ff. - antiKALK m. w. N.). Der zwischen zwei oben und unten angeordneten schwarzen Linien befindliche Schriftzug des angemeldeten Zeichens ist in Kleinschreibung gehalten. Der erste Teil "bayern" ist schwarz, der zweite Teil "press" grau, die Buchstaben werfen Schatten in einer jeweils umgekehrten Farbgebung. Damit hält sich die Gestaltung des Schriftzugs aber vollkommen im Rahmen üblicher zur Ausschmückung und Hervorhebung von Werbeworten oder beschreibenden Angaben verwendeter Gebrauchsgrafiken und weist keinerlei charakteristische Merkmale auf, die der Marke insgesamt Unterscheidungskraft verleihen könnten. Insofern unterscheidet sich das angemeldete Zeichen deutlich von den von der Beschwerdeführerin angesprochenen grafisch wesentlich aufwändiger gestalteten Zeichen "ruhrpress" und "saarpress".

1.3. Eine Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt zur Durchführung eines Verkehrsdurchsetzungsverfahrens kam nicht in Betracht. Zum Einen reichen die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen ohne zusätzliche Vorlage eines demoskopischen Umfragegutachtens für die Annahme einer Durchsetzung in den angesprochenen Verkehrskreisen, und zwar im gesamten Bundesgebiet, nicht aus. Zum Anderen hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie aus Kostengründen ein Umfragegutachten nicht in Auftrag geben wolle.

2. Hinsichtlich der Dienstleistungen "Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, Ausstrahlung von Hörfunkprogrammen, Ausstrahlung von Kabelfernsehsendungen, Ausstrahlung von Rundfunksendungen, Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk" bestehen jedoch keine Eintragungshindernisse. Für diese Dienstleistungen eignet sich das Wort "bayernpress" nicht zur inhaltlichen Beschreibung. Es bezeichnet auch sonst keine wesentlichen Merkmale der genannten Dienstleistungen, wodurch die Verkehrskreise von der Vorstellung weggeführt werden könnten, es mit einem Unternehmenshinweis zu tun zu haben. Gleiches gilt auch bezüglich der "Filmproduktion", für die "bayernpress" keinen titelartig zusammengefassten Aussageinhalt aufweist. Der Verkehr hat daher keinen Anlass, in "bayernpress" einen Hinweis auf den Inhalt der Produktionen zu sehen (vgl. BGH GRUR 2003, 342 ff. - Winnetou; GRUR 2001, 1042 ff. - REICH UND SCHOEN, GRUR 2001, 1043 ff. - Gute Zeiten, Schlechte Zeiten).






BPatG:
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