Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 17. November 2010
Aktenzeichen: 18 U 149/10

(OLG Köln: Beschluss v. 17.11.2010, Az.: 18 U 149/10)

Tenor

1. Der Streitwert für die Berufung der Beklagten zu 1) wird auf bis 8.000,00 Euro; derjenige für die Berufung der Beklagten zu 2) und 3) wird auf jeweils bis 3.000,00 Euro festgesetzt.

2. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 11.06.2010 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

3. Der Antrag der Beklagten vom 17.08.2010 auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Aachen vom 11.06.2010 - 8 O 466/09 - wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Berufungen der Beklagten sind form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (unten A). Nach derzeitiger Beurteilung durch den Senat haben die Rechtsmittel aber in der Sache keinen Erfolg (unten B). Demensprechend war auch der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückzuweisen (unten C).

A.

Entgegen der Ansicht der Kläger sind die Berufungen der Beklagten nicht deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Beschwer von 600,00 Euro nicht erreicht wird.

1. Im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft ist für die Bemessung der Beschwer nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert, sowie auf etwaige Geheimhaltungsinteressen des Verurteilten, nicht aber auf den Wert des Auskunftsanspruchs. Gegenstand des Rechtsmittels des zur Auskunft Verurteilten ist das Ziel, keine Auskunft erteilen zu müssen. Hat sein dahingehender Antrag Erfolg, spart er die Kosten, die mit der Auskunftserteilung verbunden sind. Allein diese Kostenersparnis zuzüglich des Wertes eines etwaigen Geheimhaltungsinteresses ist Grundlage für die Festsetzung des Werts der Beschwer. Das etwa daneben bestehende Interesse des Verurteilten, die Durchsetzung des Hauptanspruchs zu verhindern, geht über den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung hinaus und hat deshalb außer Betracht zu bleiben (st. Rspr., siehe nur BGH, Beschluss vom 22.03.2010 - II ZB 75/09, MDR 2010, 766, zitiert nach juris, dort Rn. 2).

2. Gemessen an diesen Grundsätzen haben die Beklagten eine den Wert von 600,00 Euro übersteigende Beschwer glaubhaft gemacht.

a) Hinsichtlich des behaupteten Eigenaufwands der Beklagten zu 1) mag zwar einiges dafür sprechen, dass dieser entgegen der Darstellung der Berufung nicht 750,00 Euro beträgt, sondern den Wert von 600,00 Euro deutlich unterschreitet. Das Berufungsvorbringen reicht aber zur Substantiierung und Glaubhaftmachung eines besonderen, bewertbaren Geheimhaltungsinteresses aus, das - einen Kostenaufwand von 100,00 Euro für die Erteilung der Auskünfte unterstellt - mit einem 500,00 Euro übersteigenden Betrag bewertet werden muss. Die Kläger fördern unstreitig die Interessen der "Schutzgemeinschaft der Adlon-Anleger", welche Treugeber zur Kündigung des Treuhandverhältnisses zur Beklagten zu 1) aufruft. Dass der Beklagten zu 1) infolge weiterer, durch die Auskunftserteilung ermöglichter Abwerbungsmaßnahmen Einnahmeausfälle drohen, welche den Betrag von 500,00 Euro deutlich übersteigen, liegt auf der Hand. Dementsprechend hat der Senat das Abwehrinteresse der Beklagten zu 1) auf bis 8.000,00 Euro bemessen.

b) Zu den berücksichtigungsfähigen Kosten des zur Auskunft Verpflichteten gehören neben dem Eigenaufwand auch die Ausgaben für die erforderliche Inanspruchnahme Dritter (BGH, Beschluss vom 22.03.2010 - II ZB 75/09, MDR 2010, 766, zitiert nach juris, dort Rn. 13). Solche haben die Beklagten zu 2) und 3) in einer den Wert von 600,00 Euro übersteigenden Höhe dargelegt, da nicht auszuschließen ist, dass die Beklagten zu 2) und 3) nur nach gerichtlicher Inanspruchnahme der Beklagten zu 1) in der Lage sein werden, die geltend gemachte Information zu erteilen. Dementsprechend war das Abwehrinteresse der Beklagten zu 2) und 3) mit jeweils bis zu 3.000,00 Euro zu bemessen.

B.

In der Sache hat das Landgericht die Beklagten zu Recht verurteilt, den Klägern über Namen und Anschriften der Treuhandkommanditisten Auskunft zu erteilen. Der Informationsanspruch gegen die Beklagte zu 3) folgt aus § 166 Abs. 3 HGB (unten I.). Das Auskunftsrecht gegen den Beklagten zu 2) als geschäftsführenden Gesellschafter findet seine Grundlage in §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB in Verbindung mit §§ 713, 666 BGB (unten II.). Gegen die Beklagte zu 1) als Treuhandkommanditistin ergibt sich der mit der Klage verfolgte Anspruch dem Grunde nach aus § 9 Nr. 2 des Treuhandvertrages in Verbindung mit § 666 BGB (unten III.). Entgegen der Ansicht der Berufung ist das Informationsrecht der Kläger durch § 10 Nr. 2 der Treuhandabrede nicht wirksam abbedungen (unten IV.). Auch kann sich die Beklagte zu 1) gegenüber dem Auskunftsbegehren der Kläger auf berufsbezogene Verschwiegenheitspflichten berufen (unten V). Dementsprechend sind auch die Beklagten zu 2) und 3) zur Auskunftserteilung in der Lage (unten VI). Im Einzelnen gilt folgendes:

I. Anders als § 716 BGB gewährt § 166 Abs. 1 HGB dem Kommanditisten zwar keinen unmittelbaren Anspruch auf Mitteilung der Identität der Mitgesellschafter. Ein solcher Anspruch kann jedoch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes aus § 166 Abs. 3 HGB abgeleitet werden (näher dazu Sester/Voigt, NZG 2010, 375, 377).

1. Dass die Kläger lediglich mittelbar über die Beklagte zu 1) an der Beklagten zu 3) beteiligt sind, schließt die Kontrollrechte nach § 166 Abs. 3 HGB nicht aus. Bei der Beklagten zu 3) handelt es sich um eine Publikums-KG, rechtlich also um eine Personengesellschaft. Zwar ist nur die Beklagte zu 1) als Treuhänder, nicht aber der Anleger selbst Kommanditist der Publikums-KG. Wird jedoch - wie vorliegend aus § 6 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages ersichtlich - der Anleger im Verhältnis der Gesellschafter untereinander so gestellt, als sei er selbst Kommanditist, ist er - trotz der Treuhand-Konstruktion - als Vertragspartner der Gesellschaft zu behandeln (vgl. dazu OLG München, Beschluss vom 05.09.2008 - 31 Wx 63/07, WM 2008, 2211-2212, zitiert nach juris, dort Rn. 17).

2. Aufklärung gebietende wichtige Gründe im Sinne des § 166 Abs. 3 HGB liegen vor, wenn das Informationsrecht des Kommanditisten aus § 166 Abs. 1 HGB für eine sachgerechte Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte nicht ausreicht und wegen Gefährdung der Interessen des Kommanditisten eine Regelung getroffen werden muss (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, a.a.O., § 166 Rn. 9). Daran gemessen besteht ein wichtiger Grund für eine Information der Kläger über die Identität der übrigen Treugeber. Hierbei kann dahinstehen, ob bei Treuhandbeteiligungsmodellen in der Rechtsform einer Publikums-GbR oder Publikums-KG das Recht, sämtliche Gesellschafter/Treugeber zu kennen, generell derart selbstverständlich ist, dass es nicht beschnitten werden kann. Jedenfalls dann, wenn der Anleger weitgehend so gestellt wird, als sei er selbst Gesellschafter, können ihm Namen und Anschriften der übrigen Gesellschafter/Treugeber auch ohne deren Einwilligung nicht vorenthalten werden (wie hier OLG München, Urteil vom 12.02.2010 - 5 U 3140/09, zitiert nach juris, dort Rn. 18 ff; für den Gesellschafter einer Publikums-GbR BGH, Beschluss vom 21.09.2009 - II ZR 264/08, NJW 2010, 439-440, zitiert nach juris, dort Rn. 10; enger Hopt in Baumbach/Hopt, a.a.O., Anh. § 177 Rn. 72, der eine Einwilligung der Betroffenen für erforderlich hält). Der wichtige Grund im Sinne des § 166 Abs. 3 HGB leitet sich bereits aus dem Anspruch des einzelnen Mitglieds auf eine sachgerechte Vorbereitung der Gesellschafterversammlung ab, welche die Möglichkeit einer Kommunikation mit den Mitgesellschaftern bereits vor deren Beginn einschließt. Im Streitfall kommt hinzu, dass die Regelung des § 12 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages, wonach außerordentliche Gesellschafterversammlungen nur von Gesellschaftern oder Treugebern erzwungen werden können, die mindestens 10% des Gesellschaftskapitals vertreten, ein wesentliches Mitgliedschaftsrecht, nämlich dasjenige, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen, faktisch beseitigt. Denn das erforderliche Quorum kann ein Gesellschafter oder Treugeber, soweit seine Beteiligung nicht bereits allein diese Grenze überschreitet, nur erlangen, wenn er sich mit weiteren Gesellschaftern oder Treugebern zusammenschließt, was bedingt, dass ihm deren Namen und Anschriften bekannt sind.

2. Nach §166 Abs.3 HGB bestimmt das Gericht den Umfang der zu erteilenden Informationen, deren Eignung und Erforderlichkeit insbesondere von dem wichtigen Grund abhängen. In diesem Zusammenhang muss eine Abwägung zwischen dem gewichteten Informationsbedürfnis des Kommanditisten und den Interessen der Gesellschaft vorgenommen werden (OLG München, Beschluss vom 05.09.2008 - 31 Wx 63/07, WM 2008, 2211-2212, zitiert nach juris, dort Rn. 15 mit weiteren Nachweisen). Auch unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden.

a) Entgegen der Ansicht der Berufung ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass sich ein Gesellschafter oder Treugeber keinesfalls darauf verweisen lassen muss, zunächst bei der Treuhandkommandistin oder dem Verwaltungsbeirat um Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung nachzusuchen. Das Einberufungsrecht der Treugeber, die das vorgesehene Quorum erreichen, rechtfertigt sich daraus, dass diese im Verhältnis der Anleger untereinander so gestellt sind, als seien sie selbst Kommanditisten; es folgt mithin unmittelbar aus der Mitgliedschaft und setzt nach dem Gesellschaftsvertrag ein ergebnislos gebliebenes Einberufungsverlangen gegenüber Treuhandkommanditistin und Verwaltungsbeirat nicht voraus.

b) Da die Mitgliedschaftsrechte der Treugeber nicht auf eine Ausübung in der Gesellschafterversammlung beschränkt sind, durfte das Landgericht - wie von der Berufung auch nicht mehr angegriffen - ferner die Möglichkeit, in der Gesellschafterversammlung Namen und Anschrift der weiteren Gesellschafter/Treugeber in Erfahrung zu bringen, nicht als adäquaten Ersatz für die von der Gesellschaft vorenthaltene Information ansehen.

c) Ob das Informationsrecht des einzelnen Treugebers ein berechtigtes Interesse erfordert (so OLG Hamburg, Urteil vom 26.06.2009 - 11 U 75/09, BeckRS 2009, 25492 sowie Urteil vom 27.08.2009 - 6 U 38/08, BeckRs 2009, 26425) oder voraussetzungslos besteht (so OLG München, Beschluss vom 05.09.2008 - 31 Wx 63/07, WM 2008, 2211-2212, zitiert nach juris, dort Rn. 20 unter Berufung auf das Auskunftsrecht eines Gesellschafter einer Publikums-GbR bezogenen Beschluss des BGH vom 21.09.2009 - II ZR 264/08, NJW 2010, 439-440), bedarf keiner Entscheidung. Denn die Kläger können ein berechtigtes Interesse für sich in Anspruch nehmen. Ihr erklärtes Ziel ist es, weitere Mitglieder ansprechen zu können, um diese zur Teilnahme an künftigen ordentlichen Gesellschafterversammlungen bzw. zur Schaffung des für die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung benötigten Quorums und sodann zur Abstimmung im Sinne der klägerischen Anliegen zu animieren. Dass dieses Bestreben nur vorgeschoben ist und es den Klägern in Wahrheit ausschließlich darum geht, im wirtschaftlichen Interesse ihres Prozessbevollmächtigten für die von diesem ins Leben gerufene "Schutzgemeinschaft der Adlon-Anleger" zu werben, lässt sich nicht feststellen.

d) Dem berechtigten Interesse der Kläger an der Herausgabe der Mitgliederliste stehen auch keine überwiegenden schutzwürdigen Belange der Gesellschaft oder der übrigen Gesellschafter/Treugeber entgegen.

aa) Datenschutzrechtliche Gesichtspunkte können - wie das Landgericht im Ergebnis zutreffend und von der Berufung auch nicht mehr angegriffen ausgeführt hat - die Geheimhaltung nicht rechtfertigen. Die Übermittlung der personenbezogenen Daten der Gesellschafter/Treugeber ist nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG, jedenfalls aber nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 lit. a BDSG zulässig. Derjenige, der sich als Gesellschafter an einer Publikumsgesellschaft beteiligt, hat auch im Übrigen keinen schützenwerten Anspruch darauf, dies anonym zu tun und seinem Mitgesellschafter Namen und Anschrift zu verschweigen (BGH, Beschluss vom 21.09.2009 - II ZR 264/08, NJW 2010, 439-440, zitiert nach juris, dort Rn. 13). Für den einem Gesellschafter gleichgestellten Treugeber kann bei der Wahl eines Treuhandbeteiligungsmodells nichts anderes geltend (wie hier OLG München, Urteil vom 12.02.2010 - 5 U 3140/09, zitiert nach juris, dort Rn. 18 f)

bb) Entgegen der Ansicht der Berufung ist das Auskunftsbegehren auch nicht nach dem Rechtsgedanken des § 67 Abs. 6 Satz 3 AktG ausgeschlossen, weil ihm die in dieser Vorschrift berücksichtigten Geheimhaltungsinteressen der übrigen Kapitalanleger entgegenstehen (vgl. zur Rechtslage bei der Aktiengesellschaft BGH, Beschluss vom 22.07.2007 - II ZB 184/06, AG 2008, 164-165, zitiert nach juris, dort Rn. 4). Denn § 67 Abs. 6 Satz 3 AktG ist nicht analog anwendbar. Es stand dem Beklagten zu 2) als Komplementär und der Beklagten zu 1) Treuhandkommandistin frei, die Beklagte zu 3) in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien zu gründen, mit der Folge, dass die §§ 1 bis 277 AktG grundsätzlich auf die Beklagte zu 3) anwendbar gewesen wären, § 278 Abs. 3 AktG. Da sie sich für die Rechtsform der KG und damit für das Statut einer Personengesellschaft entschieden haben, gelten auch die für eine Kommanditgesellschaft im HGB vorgesehenen Kontrollrechte. Aus demselben Grund muss sich der Treugeber auch nicht auf die Schaffung eines dem § 127 a AktG vergleichbaren Anlegerforums verweisen lassen (befürwortend dagegen Sester/Voigt, NZG 2010, 374, 376).

II. Soweit der mit der Klage geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten zu 2) gerichtet ist, hat ihn das Landgericht zu Recht auf §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB in Verbindung mit §§ 713, 666 BGB gestützt. Neben dem aus der Mitgliedschaft abgeleiteten Informationsrecht des Kommanditisten nach § 166 HGB gegenüber der Gesellschaft besteht der auch von dem einzelnen Gesellschafter im Wege der actio pro socio verfolgbare Informationsanspruch gegen den geschäftsführenden Gesellschafter (BGH, Urteil vom 23.03.1992 - II ZR 128/91, NJW 1992, 1890-1892, zitiert nach juris, dort Rn. 14). Solchermaßen abgeleitete Informationsrechte können Anleger einer Publikums-KG jedenfalls insoweit geltend machen, als sie - wie vorliegend - Kommanditisten gleichgestellt sind und sie der Auskunft für die Ausübung der ihnen im eigenen Interesse oder im Interesse der Gesellschaft zugewiesenen Mitgliedschaftsrechte bedürfen.

III. Nach § 9 Nr. 2 der Treuhandabrede in Verbindung mit § 666 BGB hat die Beklagte zu 1) die Kläger über alle wesentlichen Geschäftsvorgänge der Beklagten zu 3) zu informieren. Bei den Namen und den Anschriften der Gesellschafter/Treugeber handelt es sich um eine in diesem Sinne wesentliche Angelegenheit der Gesellschaft (vgl. BGH, Beschluss vom 21.09.2009 - II ZR 264/08, NJW 2010, 38-40, zitiert nach juris, dort Rn. 8 und 10 zur Publikums-GbR).

IV. Die Regelung des § 10 Nr. 2 Satz 1 der Treuhandabrede, wonach ein Anspruch des Treugebers auf Offenlegung der Identität der übrigen Anleger ausgeschlossen ist, steht dem Informationsrecht der Kläger nicht entgegen. Diese Klausel hält der nach § 242 BGB gebotenen Inhaltskontrolle, welcher nicht nur der Gesellschaftsvertrag, sondern auch die Treuhandabrede unterliegt (vgl. dazu Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 34. Auflage, Anh. § 177 Rn. 67), nicht stand, so dass offenbleiben kann, ob sich die Beklagten zu 2) und 3) zum Zwecke der Auskunftsverweigerung überhaupt auf die Anonymitätsklausel aus der Treuhandabrede berufen können.

Das Recht, seine Mitgesellschafter zu kennen, ist nicht nur bei einer Publikumsgesellschaft in Form einer GbR derart selbstverständlich, dass es nicht wirksam ausgeschlossen werden kann (BGH, Beschluss vom 21.09.2009 - II ZR 264/08, NJW 2010, 439-440, zitiert nach juris, dort Rn. 10). Auch bei einer treuhänderischen Beteiligung an Publikumskommanditgesellschaften kann der Anspruch auf Offenlegung der Identität der einzelnen Investoren nicht wirksam ausgeschlossen werden (so zuletzt auch OLG München; Urteil vom 12.02.2010 - 5 U 3140/09, zitiert nach juris, dort Rn. 18 f mit weiteren Nachweisen).

V. Entgegen der Ansicht der Berufung ist das Auskunftsverlangen nach dem Hauptantrag, auch nicht deshalb unbegründet, weil Namen und Anschriften der Treugeber der Verschwiegenheitspflicht nach § 57 StBerG unterliegen und eine Offenbarung nach § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbar wäre.

1. Allerdings erstreckt sich die berufliche Schweigepflicht auf alles, was dem Steuerberater in Ausübung oder bei Gelegenheit seiner Berufstätigkeit anvertraut oder auch nur bekannt geworden ist. Ihr unterliegen auch Tatsachen, die ihm anlässlich einer mit dem Beruf vereinbaren Tätigkeit, mithin auch derjenigen als Treuhänder (§ 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG), zur Kenntnis gelangt sind (Gehre/Koslowski, Steuerberatungsgesetz, 6. Auflage 2009, § 57 Rn. 59). Schließlich fällt unter die Verschwiegenheitspflicht grundsätzlich auch schon der Umstand, dass ein Mandat besteht (BFH, Urteil vom 14.05.2002 - IX R 31/00, DStR 2002, 1300-1302, zitiert nach juris, dort Rn. 14).

2. Eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit besteht zwar nicht, soweit die Offenlegung der Wahrung eigener berechtigter Interessen des Steuerberaters dient oder soweit der Steuerberater von seinem Auftraggeber von seiner Schweigepflicht entbunden worden ist. Beides ist hier indes nicht der Fall. Mag § 10 Nr. 2 Satz 1 der Treuhandabrede auch unwirksam sein, so beseitigt sie doch unzweifelhaft die Möglichkeit der Annahme einer auch nur mutmaßlichen Einwilligung der Treugeber in die Offenlegung ihrer Identität (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 34. Auflage, Anh. § 177 Rn. 72).

3. Ist indes - wie vorliegend - der Treuhänder berechtigt, für weitere Treugeber Kapitalanteile an der Beteiligungsgesellschaft zu erwerben und diese in der Weise treuhänderisch zu verwalten, dass er seine Gesellschaftsbeteiligung im Außenverhältnis als einheitlichen Kommanditanteil hält (§ 1 Nr. 6 und § 2 Nr. 1 Satz 1 der Treuhandabrede), so liegt insoweit im Verhältnis zu den Treugebern ein einheitliches Auftragsverhältnis vor. Sind aber in diesem Sinne alle Treugeber gemeinsam Auftraggeber, so darf der als Treuhänder tätige Steuerberater jedem Treugeber diejenigen Auskünfte erteilen und Unterlagen herausgeben, die dessen Auftragsteil berühren. Dazu zählen jedenfalls auch die Namen und Anschriften der übrigen Gesellschafter/Treugeber.

4. Die von den Klägern erbeteten Angaben sind für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung unverzichtbar, mit der sie das an ein bestimmtes Quorum geknüpftes, wesentliches Gesellschaftsrecht, nämlich dasjenige, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen, durchsetzen wollen. Insoweit tritt das Grundrecht der übrigen Treugeber auf informationelle Selbstbestimmung hinter das vertraglich begründete Auskunftsrecht der Kläger zurück. Im Verhältnis der Gesellschafter/Treugeber untereinander hat der einzelne Anleger keinen schützenwerten Anspruch auf eine anonyme Beteiligung (vgl. BGH, Beschluss vom 21.09.2009 - II ZR 264/08, NJW 2010, 439-440, zitiert nach juris, dort Rn. 13 für Gesellschafter einer Publikums-GbR).

VI. Schließlich sind die Beklagten zu 2) und 3) zur Auskunftserteilung in der Lage, weil sie sich der Mitwirkung eines Dritten, nämlich der Beklagten zu 1) bedienen können, der die nötigen Kenntnisse besitzt. Dabei mag unterstellt werden, dass eine Mitwirkung der Beklagten zu 1) auf freiwilliger Grundlage nicht zu erreichen ist. Die Möglichkeiten, diese zur Auskunft anzuhalten, sind damit jedoch nicht erschöpft. Den Beklagten zu 2) und 3) stehen dazu rechtliche Wege offen. Sie können die Treuhandkommanditistin erforderlichenfalls gerichtlich auf Auskunftserteilung in Anspruch nehmen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts folgt das Informationsrecht zwar nicht unmittelbar aus § 10 Nr. 2 Satz 2 der Treuhandabrede, es ergibt sich aber aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht. Ein Recht, die Auskunft zu verweigern, steht der Beklagten zu 1) nicht zur Seite (oben V.).

VII. Es besteht keine Veranlassung, über die Berufungen durch Urteil zu entscheiden. Der Streitfall wirft keine erheblichen und klärungsbedürftigen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Dem steht nicht entgegen, dass bislang keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu der Frage vorliegt, ob eine Publikums-KG, deren Komplementär und Treuhandkommanditist einem Treugeber gegenüber zur Auskunftserteilung über Namen und Anschriften der übrigen Gesellschafter/Treugeber verpflichtet sind. Nachdem die Rechtsfrage für die Publikums-GbR im Verhältnis des Gesellschafters zur Gesellschaft durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 21.09.2009 - II ZB 264/08, NJW 210, 439-440, zitiert nach juris, dort Rn. 6 ff) beschieden worden ist, ist nicht ersichtlich, dass hierüber in nennenswertem Umfang gestritten wird. Im Ergebnis schließt sich der Senat der Bewertung des OLG München (Urteil vom 12.02.2010 - 5 U 3140/09, zitiert nach juris, dort Rn. 16 ff) an. Die davon abweichende Entscheidung des OLG Hamburg (Urteil vom 26.06.2009 - 11 U 75/09, BeckRS 2009, 25492) ist dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vorangegangen. Kritische Stimmen im Schrifttum (vgl. Sester/Voigt, NZG 2010, 375 ff) sind vereinzelt geblieben. Dementsprechend ist eine Entscheidung durch Urteil auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).

C.

Die Voraussetzungen einer einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung nach §§ 719 Abs. 1 S. 1, 707 ZPO sind nicht gegeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Antrag nach §§ 719 Abs. 1 Satz 1, 707 ZPO trotz Versäumung eines Schutzantrages gemäß § 712 Abs. 1 ZPO in der Vorinstanz zulässig ist (vgl. zum Meinungsstand Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage 2009, § 714 Rn. 1). Eine vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach §§ 719 Abs. 1 Satz 1, 707 ZPO setzt nämlich zum Einen eine hinreichende Erfolgsaussicht des Berufungsverfahrens und zum Anderen ein überwiegendes Interesse des Schuldners an der Einstellung der Vollstreckung (Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage, § 719 Rn. 3 mit weiteren Nachweisen). Bereits ersteres ist hier nicht der Fall. Denn nach derzeitiger Beurteilung durch den Senat hat die Berufung in der Sache keinen Erfolg.






OLG Köln:
Beschluss v. 17.11.2010
Az: 18 U 149/10


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