Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. März 2007
Aktenzeichen: 24 W (pat) 195/04
(BPatG: Beschluss v. 27.03.2007, Az.: 24 W (pat) 195/04)
Tenor
Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Wortmarke Insulporist am 13. Januar 2003 unter Nummer 302 38 879 als Kennzeichnung für die Waren
"Wärmedämmplatten, Dämmwerkstoffe; Dämmformkörper, insbesondere Hochtemperaturdämmstoffe und -körper"
in das Register eingetragen und am 14. Februar 2003 veröffentlicht worden.
Dagegen hat die Inhaberin der prioritätsälteren Wortmarke 301 27 609 Insulbar, die für die Waren
"Kunststoffprofile zur Herstellung von Metall-Kunststoffverbundkonstruktionen; Abstandshalter aus Kunststoff für den Bausektor; Bauprofile aus thermoplastischen und aufgeschäumten Kunststoffen"
eingetragen ist, Widerspruch erhoben.
Mit Beschluss vom 24. Juni 2004 hat die mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 17 des Deutschen Patent- und Markenamts aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 301 27 609 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Die Markenstelle hat hierzu ausgeführt, dass wegen der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und der klanglichen Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gegeben sei. Zwischen Kunststoffprofilen einerseits und Isolier- und Dichtungsmittel andererseits bestehe Warenähnlichkeit, weil bei diesen Produkten Berührungspunkte im Baubereich gegeben seien. Der angesichts dieser Warenähnlichkeit zu fordernde Markenabstand werde von der angegriffenen Marke nicht eingehalten. Insoweit sei nämlich festzustellen, dass die beiderseitigen Marken gleich lang seien und in 2/3 des Zeichentextes übereinstimmten. Die verbleibenden Unterschiede seien unauffällig, da diese nicht von großer klanglicher Relevanz seien und auch nur die Endungen der Markenwörter beträfen.
Gegen diesen Beschluss hat die Inhaberin der angegriffenen Marke Beschwerde eingelegt. Zur Sache hat sie sich jedoch nicht geäußert.
Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle vom 24. Juni 2004 aufzuheben.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.
Auch sie hat sich zur Sache nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Wie die Markenstelle in ihrem angefochtenen Beschluss vom 24. Juni 2004 zu Recht angenommen hat, muss eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen der angegriffenen Wortmarke "Insulpor" und der Widerspruchsmarke "Insulbar" bejaht werden.
1. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Markenrechtsrichtlinie, die für die Auslegung der in Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung erlassenen Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG von maßgeblicher Bedeutung ist, ist die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Zu den dabei maßgebenden Umständen gehören insbesondere die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie der Grad der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese jeweils hervorrufen. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher der jeweils in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 (Nr. 25) "Lloyd"; GRUR Int. 2004, 843, 845 (Nr. 29) "Matratzen Concord"; BGH GRUR 2006, 60, 62 (Nr. 17) "coccodrillo"). Die Bewertung der Verwechslungsgefahr impliziert auch eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen. So kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) "PICASSO"; vgl. auch BGH GRUR 2006, 859, 860 (Nr. 16) "Malteserkreuz"). Gemessen an diesen Grundsätzen ist vorliegend die Gefahr von Verwechslungen zu befürchten.
a) Hinsichtlich der beiderseitigen Waren ist jeweils von der Registerlage auszugehen, nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke eine Einrede mangelnder Benutzung nicht erhoben hat und Benutzungsfragen daher im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungsrelevant geworden sind (vgl. § 43 Abs. 1 MarkenG). Hiernach können sich die gegenüberstehenden Marken auf Waren im engeren Ähnlichkeitsbereich begegnen.
Die für die angegriffene Marke registrierten Waren "Wärmedämmplatten, Dämmwerkstoffe; Dämmformkörper, insbesondere Hochtemperaturdämmstoffe und -körper" werden von den für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren "Kunststoffprofile zur Herstellung von Metall-Kunststoffverbundkonstruktionen" im engeren Ähnlichkeitsbereich getroffen. Bei den von der Widerspruchsmarke umfassten Kunststoffprofilen kann es sich um Wärmedämmprofile für den Fenster-, Türen- und Fassadenbau handeln, mit denen eine thermische Trennung der Innen- und Außenschale von Gebäuden hergestellt werden soll. Diese Kunststoffprofile können den betreffenden Waren der angegriffenen Marke, die ebenfalls zur Wärmedämmung von Gebäuden zu benutzen sind, daher in verwechslungsrelevanter Weise, nämlich bereits hinsichtlich ihres Verwendungszwecks (der Isolierung), sehr nahe kommen (vgl. BPatG PAVIS PROMA 33 W (pat) 269/97 "THERMOFIN/Thermolin"). Soweit die Ware "Dämmformkörper" der angegriffenen Marke durch den Zusatz "insbesondere Hochtemperaturdämmstoffe und -körper" erläutert werden, handelt es sich nur um eine beispielhafte Aufzählung bevorzugter Einsatzbereiche der Waren, ohne das damit eine konkrete Beschränkung auf diese Bereiche verbunden wäre. Aus alledem folgt, dass bei den sich gegenüberstehenden Waren trotz unterschiedlicher Materialbeschaffenheit von einer engen Ähnlichkeit auszugehen ist, weil es sich bei "Kunststoffprofile zur Herstellung von Metall-Kunststoffverbundkonstruktionen" einerseits und bei "Wärmedämmplatten", "Dämmwerkstoffe" sowie "Dämmformkörper" andererseits, die jeweils in dieser Allgemeinheit zugrunde zu legen sind, um sich ergänzende Produkte aus dem Bereich der Baumaterialien handeln kann, die sowohl in Fachmärkten als auch sonstigen Vertriebsstätten regelmäßig zusammen angeboten werden (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 (Nr. 23) "Canon"; BGH GRUR 1998, 925, 926 "Bisotherm-Stein"). Ob und in welchem Grad die übrigen Waren der Widerspruchsmarke denen der angegriffenen Marke ähnlich sind, kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben.
b) Die Widerspruchsmarke besitzt von Haus aus normale Kennzeichnungskraft. Trotz des im Anfangsbestandteils "Insul-" zutage tretenden, auf das englische Verb "to insulate" (in Deutsch: "etwas isolieren") hinweisenden, beschreibenden Anklangs (vgl. PONS, Großwörterbuch für Experten und Universität, Englisch-Deutsch, 2002) handelt es sich bei der Marke um eine in der Gesamtheit fantasievolle unterscheidungskräftige Wortschöpfung. Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund intensiver Benutzung im Verkehr hat die Widersprechende nicht geltend gemacht und hierfür auch keine Unterlagen eingereicht.
c) Letztlich folgt der Senat der Auffassung der Markenstelle, dass die Unterschiede der beiderseitigen Marken "Insulpor" und "Insulbar" vor dem Hintergrund der beachtlichen Ähnlichkeit der Waren und bei zu unterstellender durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht ausreichend sind, um die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen. Hierzu trägt bei, dass nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichthofs bei der Beurteilung des Gesamteindrucks, den die zu vergleichenden Marken bei der mündlichen oder schriftlichen Wiedergabe im Geschäftsverkehr erwecken, auch kennzeichnungsschwache Wortelemente nicht außer Betracht gelassen werden dürfen. Weisen die Marken neben einem gemeinsamen kennzeichnungsschwachen Bestandteil (vgl. oben unter Abschnitt 2.) weitere weitgehende Übereinstimmungen auf, kann dies zu einer Annäherung im Gesamteindruck führen, die es einem durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher nicht mehr ermöglicht, die Marken sicher auseinanderzuhalten (vgl. BGH GRUR 2004, 783, 785 "NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX"). Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben.
Die Marken sind bis auf die beiden Buchstabenpaare "po" und "ba" identisch. Die Markenstelle ist hierbei zu Recht davon ausgegangen, dass die Buchstaben "p" und "b" - von mundartlichen Nuancen abgesehen - nahezu gleich ausgesprochen werden und auch die beiden klangverwandten, dunklen Vokale "o" und "a" keine signifikant unterschiedlichen Laute darstellen. Bei der Wiedergabe im mündlichen und insbesondere fernmündlichen Geschäftsverkehr tritt damit der jeweils in der zweiten Worthälfte der Kollisionsmarken liegende Unterschied akustisch nicht ausreichend deutlich hervor, um in Anbetracht des gemeinsamen Wortanfangs "Insul-" und des wiederum gemeinsamen, klangstarken Abschlusskonsonanten "r" der Gefahr, dass die Wörter irrtümlich füreinander gehalten werden, entgegenzuwirken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kennzeichen der vorliegenden Art vom Verbraucher normalerweise nicht in einer Sprechweise wiedergegeben werden, bei der jede Silbe und jeder Laut deutlich hervorgehoben werden.
2. Es besteht kein Anlass, einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
BPatG:
Beschluss v. 27.03.2007
Az: 24 W (pat) 195/04
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