Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 6. Februar 2014
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 83/13

(BGH: Beschluss v. 06.02.2014, Az.: AnwZ (Brfg) 83/13)

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das seinem Bevollmächtigten am 6. November 2013 zugestellte Urteil des 1. Senats des Hessischen Anwaltsgerichtshofs wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Seine dagegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich der Kläger mit seinem Zulassungsantrag.

II.

Der nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthafte Antrag hat keinen Erfolg. Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind; ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 InsO, § 882b ZPO) eingetragen ist. Hierbei ist nach der ständigen Senatsrechtsprechung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Widerrufs infolge des ab 1. September 2009 geltenden Verfahrensrechts auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens - hier Widerrufsbescheid vom 24. Mai 2013 - abzustellen; danach eingetretene Entwicklungen bleiben der Beurteilung in einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff.; vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 20/11, NZI 2012, 106 Rn. 7 und vom 14. November 2013 - AnwZ (Brfg) 65/13, juris Rn. 5).

a) Der Kläger hat am 26. September 2012, nachdem es zuvor bereits mehrere Vollstreckungsverfahren gegen ihn gegeben hat (AG F. 82 M ; 701 M ; 701 M ), die eidesstattliche Versicherung abgegeben (82 M ). Deshalb war er zum Zeitpunkt des Widerrufs der Zulassung im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Die daraus resultierende gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls hat der Kläger nicht widerlegt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Beschlüsse vom 4. April 2012 - AnwZ (Brfg) 1/12, juris Rn. 3; vom 9. Juli 2013 - AnwZ (Brfg) 22/13, juris Rn. 4; vom 14. November 2013 - AnwZ (Brfg) 65/13, juris Rn. 4 und vom 18. November 2013 - AnwZ (Brfg) 63/13, juris Rn. 4) muss ein Rechtsanwalt, der im Schuldnerverzeichnis eingetragen ist, zur Widerlegung der Vermutung ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten vorlegen und dartun, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse nachhaltig geordnet sind. Dies hat der Kläger, obwohl ihn bereits die Beklagte zur umfassenden Darlegung seiner Vermögensverhältnisse und zur Vorlage einer Vermögensaufstellung aufgefordert hatte, nicht getan, worauf bereits der Anwaltsgerichtshof zutreffend unter anderem abgestellt hat.

Im Übrigen ist der Hinweis des Klägers, er verfüge als Mitglied einer Erbengemeinschaft über ein seine Verbindlichkeiten wertmäßig übersteigendes Immobilienvermögen (Wohnhaus und Eigentumswohnung), nicht geeignet, die Vermutung zu widerlegen. Hierbei kommt es nicht einmal darauf an, dass die ohne nähere Begründung vom Kläger in den Raum gestellten Immobilienwerte nicht valide sind, der Kläger bei seinen Ausführungen unerwähnt lässt, dass das Wohnhaus ausweislich des von ihm vorgelegten Grundbuchauszugs und seiner Angaben im Rahmen seiner eidesstattlichen Versicherung belastet ist und das Finanzamt den Miterbenanteil des Klägers gepfändet hat. Denn selbst wenn man nur von den vom Kläger angegebenen Werten ausgeht, ist nicht ersichtlich, dass der entsprechende Erbteil dem Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs als liquider Vermögenswert zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden hat. Auf die Liquidität entsprechender Mittel kommt es nach der ständigen Senatsrechtsprechung aber entscheidend an (vgl. nur Beschlüsse vom 16. Juni 2004 - AnwZ (B) 3/03, ZVI 2004, 598, 599; vom 25. Juli 2005 - AnwZ (B) 43/04, juris Rn. 6 f.; vom 19. Mai 2011 - AnwZ (Brfg) 12/10, juris Rn. 7; vom 24. Mai 2013 - AnwZ (Brfg) 15/13, juris Rn. 4 und vom 7. Oktober 2013 - AnwZ (Brfg) 44/13, juris Rn. 5). Dagegen spricht hier bereits der Umstand, dass der Kläger es zu den angesprochenen Vollstreckungsmaßnahmen und sogar zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hat kommen lassen, ohne durch die nunmehr bezüglich des Wohnhauses in den Raum gestellte Verwertung diese ihn und sein berufliches Ansehen massiv belastenden Vorgänge zu verhindern. Nicht einmal das von der Beklagten mit Schreiben vom 27. November 2012 eingeleitete Verfahren auf Prüfung des Widerrufs hat den Kläger dazu bewegt, rechtzeitig seine Vermögensverhältnisse zu ordnen. Gegenüber der Beklagten hat der Kläger sein angeblich so werthaltiges Erbe nicht einmal erwähnt. Dies ist erstmals in einem wenige Stunden vor dem Termin vor dem Anwaltsgerichtshof am 9. September 2013 per Fax übermittelten Schriftsatz geschehen. Soweit dort davon die Rede ist, die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft sei "vorgesehen" und aus diesem Grund solle das Grundstück in D. - das in der dem Schriftsatz beigefügten Internetanzeige (I. ) als "leerstehendes Mehrfamilienhaus in renovierungsbedürftigem Zustand" bezeichnet wird - nunmehr verkauft werden, bestätigt dies nur, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht von

"liquiden" Vermögenswerten ausgegangen werden konnte, wobei die Verkaufsbemühungen - in der Antragsbegründung vom 2. Januar 2014 ist nur die Rede davon, das "die Realisierung des Immobilienvermögens auch konkrete Züge angenommen habe, da entsprechende Verkaufsaktivitäten entfaltet wurden - im Übrigen offenbar bis heute nicht von Erfolg gekrönt gewesen sind.

b) Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist mit einem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur Beschlüsse vom 18. Oktober 2004 - AnwZ (B) 43/03, NJW 2005, 511; vom 31. Mai 2010 - AnwZ (B) 54/09, juris Rn. 6 und vom 24. Mai 2013 - AnwZ (Brfg) 15/13, juris Rn. 5). Hierfür trägt der Rechtsanwalt die Feststellungslast (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2010 - AnwZ (B) 67/08, BRAK-Mitt. 2010, 129 Rn. 11; vom 5. September 2012 - AnwZ (Brfg) 26/12, NJW-RR 2013, 175 Rn. 5 und vom 5. Juli 2013 - AnwZ (Brfg) 16/13, juris Rn. 7).

Allein der Umstand, dass der Kläger nach seiner Darstellung als "of counsel" für die Kanzlei A. S. tätig ist - im Rahmen seiner Angaben im Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung hat der Kläger sich insoweit als selbständigen Rechtsanwalt bezeichnet, der auf Honorarbasis für die o.a. Anwaltskanzlei eine beratende Tätigkeit bei Unternehmensverkäufen und Immobilientransaktionen ausübe - lässt, wie bereits die Beklagte in ihrem Widerrufsbescheid (dort zu IV Abs. 4) und der Anwaltsgerichtshof (S. 6 f.) zutreffend ausgeführt haben, die Gefährdung nicht ausnahmsweise entfallen.

Dass es, worauf in der Antragsbegründung zusätzlich abgestellt wird, in der Vergangenheit noch nicht zu Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Fremdgeldern gekommen und der Kläger auch noch nicht strafrechtlich wegen Vermögensdelikten in Erscheinung getreten ist, schließt die Gefährdung nicht aus (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 15. März 2012 - AnwZ (Brfg) 55/11, juris Rn. 10; vom 19. November 2012 - AnwZ (Brfg) 56/12, juris Rn. 5; vom 4. November 2013 - AnwZ (Brfg) 49/13, juris Rn. 6 und vom 5. November 2013 - AnwZ (Brfg) 36/13, juris Rn. 6), zumal eine Gefährdung völlig unabhängig von einem kriminellen Verhalten des Betroffenen eintreten kann (vgl. nur Senatsbeschluss vom 22. Mai 2013 - AnwZ (Brfg) 73/12, juris Rn. 4)

Zu Recht hat der Anwaltsgerichtshof auch darauf hingewiesen, dass nach der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Beschluss vom 8. Februar 2010 - AnwZ (B) 67/08, BRAK-Mitt. 2010, 129 Rn. 13) zur Absicherung der Prognose, dass eine Gefährdung der Rechtsuchenden ausgeschlossen ist, der Umstand Bedeutung hat, ob der Anwalt selbst zielgerichtet, ernsthaft und planvoll die erforderlichen Schritte zu einer Stabilisierung seiner Vermögensverhältnisse unternommen hat. Hieran fehlte es ebenfalls.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Kayser Lohmann Seiters Martini Quaas Vorinstanz:

AGH Frankfurt, Entscheidung vom 06.11.2013 - 1 AGH 8/13 -






BGH:
Beschluss v. 06.02.2014
Az: AnwZ (Brfg) 83/13


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