Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juli 2010
Aktenzeichen: 9 W (pat) 363/05
(BPatG: Beschluss v. 26.07.2010, Az.: 9 W (pat) 363/05)
Tenor
Das Patent wird beschränkt aufrechterhalten mit folgenden Unterlagen: Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 26. Juli 2010, Patentansprüche 2 bis 5 sowie Beschreibung und Figuren 1 bis 3 gemäß Patentschrift.
Gründe
I.
Gegen das am 7. Dezember 1996 angemeldete und am 17. Februar 2005 veröffentlichte deutsche Patent 196 50 923 (Streitpatent) mit der Bezeichnung
"Beleuchtungseinrichtung für den Innenraum eines Fahrzeugs"
ist Einspruch eingelegt worden.
Die Einsprechende macht geltend, dass die beanspruchte Beleuchtungseinrichtung nicht mehr neu sei, zumindest jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeitberuhe. Zum Stand der Technik verweist sie auf die bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigten Druckschriften (bzw. Familienmitglieder davon):
D1 EP 0 265 404 B1 D2 EP 0 270 508 A2 D3 DE 38 38 117 A1 D4 EP 0 317 284 A1 sowie die Druckschriften D5 JP 02-175341 A und zugehöriges Abstract D6 DE4116758C2.
Im Prüfungsverfahren berücksichtigt wurden weiterhin die Druckschriften EP0261989B1, EP0406519A1, DE4226251A1, DE3706092A1, EP 0 138 387 B2 und WO 94/08812 A1.
Die Einsprechende beantragt, den vollständigen Widerruf des Patents.
Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten mit Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 26. Juli 2010, Patentansprüche 2 bis 5 sowie Beschreibung und Figuren 1 bis 3 gemäß Patentschrift.
Die Patentinhaberin macht geltend, dass die behaupteten Widerrufsgründe nicht vorlägen.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
Beleuchtungseinrichtung für den Innenraum eines Fahrzeugs mit einer einen Spiegel und eine klappbare Spiegelabdeckung aufweisenden Fahrzeug-Sonnenblende, wobei die Spiegelabdeckung im Bereich der oberen Spiegelbegrenzung schwenkbar gelagert und mit einem Mikroschalter für eine Lichtquelle derart gekoppelt ist, dass die Lichtquelle in der Schließstellung der Spiegelabdeckung ausund in deren Öffnungsstellung eingeschaltet ist, und wobei die Spiegelabdeckung in ihrer Öffnungsstellung mit dem Spiegel im Wesentlichen einen rechten Winkel bildet, dadurch gekennzeichnet, dass die Lichtquelle (5) in einem Fahrzeughimmel (4) angeordnet ist und die Spiegelabdeckung (3) in ihrer Öffnungsstellung bei im Wesentlichen vertikal und quer zur Fahrzeuglängsrichtung positioniertem Spiegel (2) in den Strahlkegel (6) der Lichtquelle ragt, so dass der Spiegel (2) unbeleuchtet im Schatten der Spiegelabdeckung (3) liegt.
Unmittelbar oder mittelbar darauf rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 5 an.
II.
1.
Die Zuständigkeit des Beschwerdesenats des Bundespatentgerichts ist durch § 147 Abs. 3 Satz 1 PatG in den vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassungen begründet.
2.
Der Einspruch ist zulässig. Gegenteiliges hat auch die Patentinhaberin nicht vorgetragen.
3.
In der Sache führt der Einspruch zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents.
A Das geltende Patentbegehren ist unbestritten zulässig. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ergibt sich aus dem erteilten Patentanspruch 1 i. V. m. Absatz 0007 der Beschreibung des Streitpatents. Die in Patentanspruch 1 vorgenommene Änderung stellt eine Beschränkung des erteilten Gegenstandes dar. Der erteilte Patentanspruch 1 ist inhaltsgleich mit dem ursprünglich eingereichten Patentanspruch 1. Dies gilt auch für die abhängigen Patentansprüche 2 bis 5. Absatz 0007 der Beschreibung entspricht dem 4. Absatz, Seite 2 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen.
B Laut Beschreibungseinleitung betrifft das Streitpatent eine Beleuchtungseinrichtung für den Innenraum eines Fahrzeugs. Diese ist mit einer einen Spiegel und eine klappbare Spiegelabdeckung aufweisenden Fahrzeug-Sonnenblende versehen, wobei die Spiegelabdeckung im Bereich der oberen Spiegelbegrenzung schwenkbar gelagert und mit einem Mikroschalter für eine Lichtquelle derart gekoppelt ist, dass die Lichtquelle in der Schließstellung der Spiegelabdeckung ausund in deren Öffnungsstellung eingeschaltet ist, und wobei die Spiegelabdeckung in ihrer Öffnungsstellung mit dem Spiegel im Wesentlichen einen rechten Winkel bildet. Derartige Einrichtungen seien aus der EP 0 265 404 B1 (D1), der EP 0 261 989 B1, der EP 0 406 519 A1, der EP 0 270 508 B1 (entspricht inhaltlich der EP 0 270 508 A2 (D2)) sowie der EP 0 317 284 B1 (entspricht inhaltlich der EP 0 317 284 A1 (D4)) bekannt. Eine aus der DE 38 38 117 A1 (D3) bekannte Einrichtung schlage zur Reduzierung der Blendwirkung einen großen Abstand zwischen einer oberhalb einer Sonnenblende angeordneten Beleuchtungseinrichtung und einem Spiegel vor. Diese Einrichtungen sollen dahingehend weitergebildet werden, dass eine Person, die in den Spiegel blickt, nicht geblendet wird.
Als den mit der Lösung des Problems beauftragten Durchschnittsfachmann legt der Senat seiner Entscheidung einen Dipl.-Ing. der Fachrichtung Maschinenbau/Fahrzeugtechnik mit Fachhochschulabschluss zugrunde, der über mehrjährige Berufserfahrung bei einem Fahrzeugausrüster/-zulieferer verfügt und mit der Konstruktion von Sonnenblenden befasst ist.
Die vorgeschlagene Lösung einer Beleuchtungseinrichtung für den Innenraum eines Fahrzeugs nach Patentanspruch 1 (geltende Fassung) stellt sich in Form einer Merkmalsgliederung wie folgt dar:
1.
Beleuchtungseinrichtung für den Innenraum eines Fahrzeugs.
2.
Die Beleuchtungseinrichtung umfasst eine Fahrzeug-Sonnenblende.
3.1 Die Fahrzeug-Sonnenblende weist einen Spiegel auf.
3.2 Die Fahrzeug-Sonnenblende weist eine klappbare Spiegelabdeckung auf.
4.
Die Spiegelabdeckung ist im Bereich der oberen Spiegelbegrenzung schwenkbar gelagert.
5.
Die Spiegelabdeckung ist mit einem Mikroschalter für eine Lichtquelle derart gekoppelt, dass die Lichtquelle in der Schließstellung der Spiegelabdeckung ausund in deren Öffnungsstellung eingeschaltet ist.
6.
Die Spiegelabdeckung bildet in ihrer Öffnungsstellung mit dem Spiegel im Wesentlichen einen rechten Winkel.
7.
Die Lichtquelle ist in einem Fahrzeughimmel angeordnet.
8.1 Die Spiegelabdeckung ragt in ihrer Öffnungsstellung bei im Wesentlichen vertikal und quer zur Fahrzeuglängsrichtung positioniertem Spiegel in den Strahlkegel der Lichtquelle.
8.2 Der Spiegel liegt unbeleuchtet im Schatten der Spiegelabdeckung.
Nach dem Verständnis des vorstehend genannten Fachmanns stellt sich der Streitgegenstand hinsichtlich der Merkmalsgruppen 5. und 8. wie folgt dar: Durch Bewegung der Spiegelabdeckung aus der Schließstellung in die Öffnungsstellung wird ein Mikroschalter betätigt und die Beleuchtung aktiviert. In der Öffnungsstellung ragt die Spiegelabdeckung in den Strahlkegel der Lichtquelle. Dabei liegt der Spiegel unbeleuchtet im Schatten der Spiegelabdeckung. Somit fällt Licht von der Lichtquelle aus weder direkt auf den Spiegel, noch fällt die Abdeckung durchdringendes Streulicht auf den Spiegel, d. h. die Spiegelabdeckung ist lichtundurchlässig.
C Der mit Patentanspruch 1 beanspruchte und zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand ist neu.
An einer aus der EP 0 265 404 B1 (D1) bekannten Sonnenblende ist ein Spiegel 1 mit einer im Bereich seiner oberen Begrenzung schwenkbar angelenkten Abdeckung 8 angeordnet (vgl. Figuren 2, 3). Hier wird eine Beleuchtungseinheit (4, 5, 6) durch einen Schalter beim Bewegen der Abdeckung 8 einbzw. ausgeschaltet (vgl. Spalte 2, Zeilen 13 bis 16). In ihrer Öffnungsstellung schließt die Abdeckung 8 mit dem Spiegel 1 einen im Wesentlichen rechten Winkel ein (vgl. Figur 3). Die Beleuchtungseinheit (4, 5, 6) besteht aus jeweils einer im Bereich jeder der beiden Seitenkanten des Spiegels 1 angebrachten Lichtquelle, deren durch Spiegelung indirektes Licht von der Spiegelfläche weg der in den Spiegel 1 blickenden Person im Wesentlichen entgegengerichtet ist (Merkmale 1. bis 6.). Demgegenüber fordert das Streitpatent die Anordnung der Lichtquelle in einem Fahrzeughimmel und das Hineinragen der Spiegelabdeckung in ihrer Öffnungsstellung bei im Wesentlichen vertikal und quer zur Fahrzeuglängsrichtung positioniertem Spiegel in den Strahlenkegel der Lichtquelle, so dass der Spiegel unbeleuchtet im Schatten der Spiegelabdeckung liegt. Die Merkmale 7., 8.1 und 8.2 sind bei der aus D1 bekannten Vorrichtung somit nicht realisiert.
Aus der weiter von der Einsprechenden entgegengehaltenen EP 0 270 508 A2 (D2) bzw. der in der Beschreibung des Streitpatents in Bezug genommenen EP 0 270 508 B1 ist eine Fahrzeug-Sonnenblende bekannt, die einen Spiegel 6 mit einer Abdeckung 7 enthält. Die Abdeckung 7 ist im Bereich der in der Gebrauchsstellung der Sonnenblende oben liegenden Spiegelbegrenzung schwenkbar gelagert (vgl. Figur 2) und mit Kontaktelementen 15, 16 für eine Lichtquelle 8 gekoppelt (vgl. Spalte 3, Zeilen 42 bis 50). In ihrer Öffnungsstellung bildet die Abdeckung 7 in etwa einen rechten Winkel mit der Spiegelfläche (vgl. Figur 2). Die Lichtquelle 8 ist in der Abdeckung 7 an deren in Schließstellung dem Spiegel 6 zugekehrten Seite so angeordnet, dass in der Öffnungsstellung der Abdeckung 7 je nach deren Öffnungswinkel das Gesicht einer in den Spiegel 6 blickenden Person mehr oder weniger vollständig ausgeleuchtet wird. Dabei wird allerdings durch eine transparente Abdeckung 14, 20 der Leuchtkörper 13 diffuses Licht erzeugt und eine direkte Anstrahlung der Person vermieden (Merkmale 1. bis 6.). Auch diese in eine Sonnenblende integrierte Beleuchtungseinrichtung weist im Gegensatz zur beanspruchten Einrichtung keine Anordnung der Lichtquelle in einem Fahrzeughimmel und nicht das Hineinragen der Spiegelabdeckung in ihrer Öffnungsstellung bei im Wesentlichen vertikal und quer zur Fahrzeuglängsrichtung positioniertem Spiegel in den Strahlenkegel der Lichtquelle auf, so dass der Spiegel unbeleuchtet im Schatten der Spiegelabdeckung liegt. Auch bei der aus D2 bekannten Vorrichtung sind folglich die Merkmale 7., 8.1 und 8.2 nicht realisiert.
Eine weitere Beleuchtungseinrichtung für den Innenraum eines Fahrzeugs ist aus dem zur Druckschrift JP 02-175341 A (D5) zugehörigen Abstract bekannt. Die Fahrzeug-Sonnenblende 1 weist einen Spiegel 7 und eine klappbare Spiegelabdeckung 8 auf, wobei letztere im Bereich der oberen Spiegelbegrenzung schwenkbar gelagert ist und in ihrer Öffnungsstellung mit dem Spiegel im Wesentlichen einen rechten Winkel bildet (vgl. Figur). Eine Beleuchtungseinheit 9 ist in einem Fahrzeughimmel angeordnet. In ihrer Öffnungsstellung bei im Wesentlichen vertikal und quer zur Fahrzeuglängsrichtung positioniertem Spiegel ragt die Spiegelabdeckung in den Strahlenkegel der Lichtquelle (vgl. Figur; Merkmale 1. bis 4., 6., 7. und 8.1). Zur Betätigung der Beleuchtungseinheit trifft das Abstract keine Aussage. Abweichend zum Streitgegenstand offenbart das zur JP 02-175341 A (D5) gehörende Abstract demnach keine Koppelung eines Mikroschalters für eine Lichtquelle derart mit der Spiegelabdeckung, dass die Lichtquelle in der Schließstellung der Spiegelabdeckung ausund in deren Öffnungsstellung eingeschaltet ist. Auch wird der Spiegel mittels Streulicht durch die Spiegelabdeckung beleuchtet. Die Merkmale 5. und 8.2 sind daher nicht verwirklicht.
Einen ähnlichen Aufbau wie die Einrichtung nach der EP 0 265 404 B1 (D1) weist die aus der Druckschrift EP 0 317 284 A1 (D4) bekannte Beleuchtungseinrichtung auf. In der Sonnenblende 10 ist eine Spiegeleinheit 70 mit einem Spiegel 74 mit einer im Bereich von dessen oberer Begrenzung schwenkbar angelenkten Abdeckung 60 angeordnet (vgl. Figur 4, Ansprüche 1 und 2). Eine Beleuchtungseinheit (100, 102) wird durch einen Schalter beim Bewegen der Abdeckung 60 einbzw. ausgeschaltet (vgl. Anspruch 5). In ihrer Öffnungsstellung schließt die Abdeckung 60 mit dem Spiegel 1 einen im Wesentlichen rechten Winkel ein (vgl. Figur 4). Die Beleuchtungseinheit (100, 102) besteht aus jeweils einer im Bereich jeder der beiden Seitenkanten des Spiegels 74 angebrachten Lichtquelle, deren Licht von der Spiegelfläche weg der in den Spiegel 1 blickenden Person im Wesentlichen entgegengerichtet ist (Merkmale 1. bis 6.). Demgegenüber fordert das Streitpatent die Anordnung der Lichtquelle in einem Fahrzeughimmel und das Hineinragen der Spiegelabdeckung in ihrer Öffnungsstellung bei im Wesentlichen vertikal und quer zur Fahrzeuglängsrichtung positioniertem Spiegel in den Strahlenkegel der Lichtquelle, so dass der Spiegel unbeleuchtet im Schatten der Spiegelabdeckung liegt (Merkmale 7., 8.1 und 8.2).
Eine Beleuchtungsanordnung, deren zusammenwirkende Komponenten die Blendgefahr ausschließen oder wenigstens mindern, ist aus der Druckschrift DE 38 38 117 A1 (D3) bekannt (s. Spalte 2, Zeilen 12 bis 23). Die dort vorgesehene Sonnenblende 1 enthält an ihrer in Gebrauchsstellung dem Fahrzeug-Innenraum zugewandten Seite einen nicht abgedeckten Spiegel 2. Sie ist schwenkbar an einem ihre Schwenkachsen 4, 8 lagernden Bauteil 5, 11, 10 angelenkt, welches die Sonnenblende 1 entlang ihrer in Gebrauchsstellung oben liegenden Kante überspannt und am Fahrzeughimmel befestigt ist. Das Bauteil 5, 11, 10 weist ein Gehäuse 12 auf, welches eine Beleuchtungseinheit 17, 13 enthält. Bei heruntergeklappter Sonnenblende 1 und dem Fahrzeug-Innenraum zugewandter Spiegelfläche liegt die Beleuchtungseinheit 17, 13 oberhalb des Spiegels 2 und bezüglich dessen Oberfläche zum Fahrzeug-Innenraum hin geringfügig versetzt, so dass eine Einstrahlung von Licht auf die Spiegeloberfläche nicht gänzlich vermieden ist.
Zur Vermeidung bzw. Minderung der Blendgefahr besteht aber zwischen der Beleuchtungseinheit 17, 13 und dem Spiegel 2 ein verhältnismäßig großer Abstand (vgl. Spalte 2, Zeilen 12 bis 23; Merkmale 1., 2., 7. und 3.1). Demgegenüber weist der beanspruchte Gegenstand eine Spiegelabdeckung auf. Die Merkmale 3.2, 4. bis 6., 8.1 und 8.2 sind daher nicht verwirklicht.
Auch von den weiteren bekannten Anordnungen unterscheidet sich der Streitgegenstand. So umfasst die Anordnung nach der DE 41 16 758 C2 (D6) keine Spiegelabdeckung (Merkmale 3.2 bis 6., 8.1, 8.2). Die Druckschriften DE 42 26 251 A1, DE 37 06 092 A1, EP 0 138 387 B2 und WO 94/08812 A1 betreffen Anordnungen, die zur Beleuchtung eines Fahrzeuginnenraums keine Aussage treffen (Merkmale 1., 2., 5., 7., 8.1, 8.2), und aus den Druckschriften EP 0 261 989 B1 sowie EP 0 406 519 A1 sind Beleuchtungsanordnungen bekannt, bei denen jeweils im Bereich jeder der beiden Seitenkanten des Spiegels Leuchten vorgesehen sind (ähnlich zu EP 0 265 404 B1 (D1); Merkmale 7., 8.1 und 8.2).
D Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er sich für einen Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.
Die Druckschrift JP 02-175341 A (D5) mit zugehörigen Abstract vermittelt dem Fachmann die Lehre, Blendwirkung durch eine im Fahrzeughimmel angebrachte Lampe dadurch zu verhindern, dass eine Spiegelabdeckung die Lampe verdeckt, Licht durchlässt und Streulicht erzeugt (vgl. Ausführungen zur Neuheit). Eine Anregung von dieser Lösung abzuweichen, ergeht aus dieser Druckschrift nicht. Insbesondere wird kein Hinweis vermittelt, den Spiegel unbeleuchtet zu belassen. Es wird Streulicht erzeugt, das sowohl den Spiegel als auch den in den Spiegel Blickenden beleuchtet. Eine lichtundurchlässige Spiegelabdeckung im Sinne des Streitpatents zieht der Fachmann schon deshalb nicht in Erwägung, weil damit die Lichtquelle vollkommen verdeckt wäre und sowohl der Spiegel als auch die in den Spiegel blickende Person unbeleuchtet blieben.
Unter fachmännischer Analyse weiteren Standes der Technik (z. B. der EP 0 270 508 A2 (D2)) eröffnet sich dem Fachmann die Überlegung, Blendwirkung durch Integration der Leuchte in die Spiegelabdeckung und Streulichterzeugung durch geeignete Gestaltung der Lichtquellenabdeckung zu erzielen. Solche Überlegungen führen jedoch vom Patentgegenstand weg. Nur die isolierte Übernahme der Betätigung der Beleuchtungseinrichtung durch die Spiegelabdeckung erscheint aus fachmännischer Erfahrung zweifelhaft, denn soweit offenbart, sind bei allen bekannten Anordnungen die Schalter für die Beleuchtung dort angeordnet, wo sich die Lichtquelle befindet. Eine Integration der Schalter in die Sonnenblende mit Spiegelabdeckung ist nur dort vorgesehen, wo die Beleuchtungseinrichtung unmittelbar in den Spiegel oder in die Spiegelabdeckung eingebaut ist.
Wendet der Fachmann die Lehre zur Verringerung der Blendwirkung nach der Druckschrift DE 38 38 117 A1 (D3) auf eine gattungsgemäße Beleuchtungseinrichtung nach der EP 0 270 508 A2 (D2) oder der EP 0 265 404 B1 (D1) folgerichtig an, so wird er zwischen Lichtquelle und Spiegel einen großen Abstand vorsehen und den Spiegel mit einer Abdeckung versehen. Er wird aber nicht Maßnahmen ergreifen, den Spiegel gegen die Beleuchtung aus der Lichtquelle abzuschirmen, denn die EP 0 270 508 A2 (D2) und die EP 0 265 404 B1 (D1) zeigen zwar eine Abdeckung des Spiegels, jedoch gibt diese in Öffnungsstellung die Spiegelfläche in Bezug auf das Licht der Lichtquelle gerade frei, und bei der Sonnenblende nach der DE 38 38 117 A1 (D3) fehlt eine Abdeckung des Spiegels gänzlich.
Auch das an sich allgemein bekannte Prinzip der Verwendung von Blenden zum Schutz gegen Einstrahlung von Licht kann den Fachmann ausgehend von der Druckschrift DE 38 38 117 A1 (D3) nicht ohne erfinderische Tätigkeit zu der beanspruchten Beleuchtungseinrichtung führen, weil bei dieser mehr Komponenten als nur die Lichtquelle und das abzuschirmende Objekt funktionell zusammenwirken, nämlich Lichtquelle, Sonnenblende, Spiegel und Abdeckung, wobei diese Komponenten zur Erreichung des Erfolges in geeigneter Weise relativ zueinander positioniert sein müssen. Bekannte Blenden sind üblicherweise zwischen Lichtquelle und der vor Blendung zu schützenden Person angeordnet (vgl. insbesondere auch JP 02-175341 A (D5)). Gemäß Streitpatent ist in Abweichung davon die Person selbst jedoch angestrahlt.
Die außerdem in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents genannten Druckschriften EP 0 261 989 B1, EP 0 317 284 A1 und EP 0 406 519 A1 zeigen Sonnenblenden, die jeweils einen Spiegel mit Abdeckung aufweisen. Die Spiegel weisen im Bereich ihrer Seitenkanten Beleuchtungseinrichtungen auf, deren Licht auf jeden Fall auch zu einem Teil aus der Spiegelfläche herausstrahlt, so dass eine in den Spiegel blickende Person angestrahlt und damit gegebenenfalls geblendet wird. Der Fachmann wird diese Druckschriften zur Lösung seiner Aufgabe gar nicht erst nicht in Betracht ziehen, weil sie zur Vermeidung von Blendwirkung weniger Bezug haben als die EP 0 270 508 A2 oder die EP 0 265 404 B1. Nicht einbeziehen in seine Überlegungen wird der Fachmann auch die weiteren im Prüfungsverfahren berücksichtigten Druckschriften DE 42 26 251 A1, DE 37 06 092 A1, EP 0 138 387 B2 und WO 94/08812 A1, die schon gar keine Beleuchtungsanordnung betreffen, oder die DE 41 16 758 C2 (D6), die analog zu der aus DE 38 38 117 A1 (D3) bekannten Anordnung gar keine Spiegelabdeckung umfasst. All diese Druckschriften wurden in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr aufgegriffen.
E Mit der Beleuchtungseinrichtung nach dem geltenden Patentanspruch 1 sind auch die Gegenstände der rückbezogenen Unteransprüche patentfähig, die vorteilhafte Weiterbildungen der Beleuchtungseinrichtung für den Innenraum eines Fahrzeugs nach dem Patentanspruch 1 betreffen und zumindest keine Selbstverständlichkeiten darstellen.
Pontzen Paetzold Reinhardt Dr. Höchst Ko
BPatG:
Beschluss v. 26.07.2010
Az: 9 W (pat) 363/05
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