Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. September 2001
Aktenzeichen: 29 W (pat) 316/00

(BPatG: Beschluss v. 19.09.2001, Az.: 29 W (pat) 316/00)

Tenor

Dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts wird anheimgegeben, dem Beschwerdeverfahren beizutreten.

Gründe

I Mit ihrer Beschwerde begehrt die Anmelderin die Eintragung der Wort/Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endefür die Waren der Klasse 16 "Tageszeitung; Zeitschriften, Magazine".

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung unter Hinweis auf die Entscheidungen BGH GRUR 1974, 661 - "St. Pauli Nachrichten" und BGH GRUR 1988, 211 - "Wie hammas denn€" gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Die angemeldete Bezeichnung besage, daß es sich um irgendeine Publikation oder Aktivität auf dem Gebiet des Anzeigewesens in Hof, Oberfranken, handle, die den beanspruchten Produkten thematisch bzw programmatisch zugrundeliege. Die gewählte Schriftart sei in der Zeitungsbranche beliebt und gebräuchlich. Auf das Vorliegen eines konkreten Freihaltebedürfnisses ist die Markenstelle nicht eingegangen. Sie hat jedoch noch auf die Beschlüsse des 29. Senats 278/98 - "Kultur-Blätter" und 222/92 - "Kölnische Rundschau" hingewiesen.

Der erkennende Senat beabsichtigt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben. Er hält die angemeldete Marke insgesamt für unterscheidungskräftig und in der konkret angemeldeten Form auch nicht für freihaltebedürftig.

Titel, die wie hier als Marke angemeldet worden sind, unterliegen den allgemeinen Regeln für die Schutzfähigkeit von Marken, wobei jedoch die Besonderheiten des jeweiligen Waren- oder Dienstleistungsgebietes zu berücksichtigen sind. Auf dem Zeitungsmarkt weiß der Verkehr in der Regel, daß Zeitungstitel ein Produkt kennzeichnen, das von einem entsprechenden Verlag oder Unternehmen herausgegeben wird. Ist die angemeldete Bezeichnung erkennbar als individualisierter Zeitungstitel und nicht als allgemeine Kategorie oder Oberbegriff für Anzeigeblätter gebildet, so wird der Verkehr sie in erster Linie als betrieblichen Herkunftshinweis und nicht als Sachhinweis auf verschiedene mögliche Anzeigenblätter verstehen. "Anzeiger" ist eine insbesondere in kleineren Orten anzutreffende Zeitungsbezeichnung, die durch die vorangestellte Ortsangabe individualisiert auf ein bestimmtes Lokalblatt hinweist.

Die schriftbildliche Ausgestaltung, die Art der Zeichenbildung (su) sowie der Umstand, dass es für eine kleinere Stadt wie Hof nicht naheliegt, mehrere "Anzeiger" aus diesem Ort zu vermuten, sprechen für das Vorliegen der erforderlichen Unterscheidungskraft.

Derartigen Bezeichnungen werfen daher in erster Linie die Frage auf, ob sie für Mitbewerber freizuhalten sind. In der Entscheidung "St. Pauli-Nachrichten" aus dem Jahre 1974 ist der Bundesgerichtshof zwar noch von einem generellen Freihaltebedürfnis beschreibender Angaben ausgegangen. Er hat in der Begründung aber zu erkennen gegeben, daß zu prüfen sei, ob auf dem betroffenen Warengebiet ein Bedürfnis zur Freihaltung etwa nicht besteht. Nach der Neufassung des Markengesetzes und der herrschenden Spruchpraxis ist ohnehin von der Feststellung eines konkreten Freihaltebedürfnisses in jedem Einzelfall auszugehen.

Im vorliegenden Fall sprechen mehrere Aspekte gegen das Bestehen eines Freihaltebedürfnisses. Die gewählte Schriftart der angemeldeten Marke ist zwar in bekannten Zeitungstiteln wie der FAZ, der Neuen Züricher Zeitung und auch in Lokalblättern noch anzutreffen. Sie wird aber meist nur beibehalten, um Kontinuität, Tradition und lange Erscheinungsdauer der Zeitung zu unterstreichen, und sie wird nicht für Werbeanzeigen oder neu erscheinende Zeitungen eingesetzt. Zu berücksichtigen ist ferner, daß Hof keine Großstadt ist, in der eine vergleichbare Angabe als Sammelbezeichnung für eine Vielzahl von Anzeigern in Betracht kommen könnte. Auch steht der Annahme eines berechtigten Bedürfnisses der Mitbewerber an einer freien Verwendung der konkret angemeldeten Wortverbindungen in Frakturschrift (Typ Fette Fraktur oder Fraktur Bold) die tatsächliche und rechtliche Stellung der Anmelderin entgegen, die sie aufgrund der langjährigen, seit 1867 und noch gegenwärtig bestehenden Existenz der Zeitung in Hof erworben hat. Die angemeldete Marke unterscheidet sich von den genannten Zurückweisungen im Übrigen auch dadurch, daß sie auf eine Bezeichnung für eine eng begrenzte Art von Zeitungen beschränkt ist. Demgegenüber erstrecken sich Begriffe wie "Nachrichten" und "Rundschau" auf ein breiteres Medienspektrum (Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen, Film und neue Medien) oder wie "Kultur-Blätter" auf eine allgemeine Gattung.

Vor der Entscheidung über die Schutzfähigkeit der aus einer Ortsangabe und einer Zeitungsbezeichnung bestehenden und in Fraktur gehaltenen Markenanmeldung ist dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts Gelegenheit zu geben, dem Verfahren beizutreten (§ 68 Abs 2 MarkenG).

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BPatG:
Beschluss v. 19.09.2001
Az: 29 W (pat) 316/00


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