Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 21. Juli 2008
Aktenzeichen: AnwZ (B) 51/07
(BGH: Beschluss v. 21.07.2008, Az.: AnwZ (B) 51/07)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist seit 1987 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 5. Juli 2006 die Zulassung des Antragstellers gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.
Der Anwaltsgerichtshof hat den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung des Antrags wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist zu Recht widerrufen worden.
1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt. Der Antragsteller hatte wegen einer Forderung des Finanzamts A. (Einkommensteuerschulden aus 2003 nach eigener Angabe im Widerrufsverfahren ca. 35.000 €, aus 2004 ca. 11.000 €) am 20. Dezember 2005 eine eidesstattlichen Versicherung abgegeben und war deshalb beim Amtsgericht L. im Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen. Damit wurde der Vermögensverfall nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO gesetzlich vermutet. In dem Insolvenzeröffnungsverfahren des Amtsgerichts H. , das auf einen Insolvenzantrag des Finanzamts L. wegen einer Forderung in Höhe von 16.989,94 € eingeleitet worden war, hatte der Gutachter offene Honorarforderungen in Höhe von knapp 73.000 € festgestellt, denen Verbindlichkeiten in Höhe von rund 115.000 € gegenüberstanden.
2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor.
a) Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller zwar behauptet, aber nicht belegt. Nach seinen Angaben im Beschwerdeverfahren sind die Einkommensteuern für das Jahr 2004 auf 5.510,52 € und für das Jahr 2005 auf 7.075,17 € reduziert worden. Vollstreckungsmaßnahmen würden nicht durchgeführt. Zu den Rückständen für das Jahr 2003 hat er keine Angaben gemacht. Weiter hat der Antragsteller angegeben, er betreibe den Verkauf seines Elternhauses, um aus dem Verkaufserlös die Verbindlichkeiten abzulösen. Er werde auch Ratenzahlungen leisten. Hinsichtlich der Rückstände beim Finanzamt L. hat der Antragsteller nachgewiesenermaßen eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen. Weiter hat der Antragsteller vorgetragen, dass ansonsten keine Verbindlichkeiten mehr bestünden, derentwegen Verfahren anhängig seien, wobei er sich allerdings zu der unter Nr. 15 der Übersicht der Antragsgegnerin aufgeführten Forderung der Gerichtskasse H. nicht explizit geäußert hat. Für den Zeitraum von Januar bis September 2007 sei ein Gewinn von knapp 83.000 € ermittelt worden. Aus den Einkünften könnten die rückständigen und die laufenden Steuerverbindlichkeiten ohne weiteres getragen werden.
Abgesehen davon, dass der Antragsteller zu den Einkommensteuerrückständen aus 2003 und zu der Höhe der noch insgesamt offenen und vollstreckbaren Forderungen des Finanzamts A. keine Angaben gemacht hat, hat er auch keine hinreichenden Nachweise für seinen Vortrag erbracht. Da er nach wie vor in dem Schuldnerverzeichnis gemäß § 915 ZPO eingetragen und das Bestehen der Voraussetzungen für eine Löschung dieser Eintragungen nicht dargetan ist, besteht die Vermutung des Vermögensverfalls nach wie vor.
b) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind. Wie der Bestimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden aus, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet; dies ist auch in aller Regel der Fall, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern.
Tolksdorf Frellesen Schaal Roggenbuck Wüllrich Frey Quaas Vorinstanz:
AGH Hamm, Entscheidung vom 19.01.2007 - 1 ZU 82/06 -
BGH:
Beschluss v. 21.07.2008
Az: AnwZ (B) 51/07
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