Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 23. Juli 2007
Aktenzeichen: NotZ 42/07
(BGH: Beschluss v. 23.07.2007, Az.: NotZ 42/07)
Tenor
Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 16. Februar 2007 - Not 2/05 - werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Anträge der Antragsteller als unzulässig zurückgewiesen werden.
Die Antragsteller haben die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und dem Antragsgegner die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 250.000 €
festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner beabsichtigt, erstmals von seiner ihm durch das Vierte Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung vom 22. Juli 2005 (BGBl. I S. 2188) in § 115 Abs. 1 BNotO eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, im badischen Rechtsgebiet Notare zur hauptberuflichen Amtsausübung zu bestellen. Er schrieb auf seiner Homepage (http://www.justizbw.de) 25 Notarstellen an 15 Amtssitzen im badischen Rechtsgebiet aus. Innerhalb der bis zum 30. November 2005 laufenden Bewerbungsfrist gingen von 102 Bewerbern einschließlich der Mehrfachbewerbungen insgesamt 655 Bewerbungen ein. Mit Bescheiden vom 1. Juli 2006 teilte der Antragsteller den Bewerbern das Ergebnis seiner Auswahlentscheidungen mit. Die danach vorgesehenen Besetzungen hat er bislang nicht vollzogen.
Die Antragsteller, Notare im Landesdienst im badischen Rechtsgebiet, meinen, diese Notarbestellungen verletzten sie in ihren Rechten, insbesondere in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG und ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 33 Abs. 5 GG. Eine Konkurrenz durch Notare zur hauptberuflichen Amtsausübung benachteilige sie als Amtsnotare. Einerseits werde sich das Schwergewicht ihrer Tätigkeit weg von der eigentlichen notariellen Tätigkeit hin zu den ihnen landesrechtlich zugewiesenen grundbuchamtlichen und nachlassrichterlichen Aufgaben verlagern, deren Erledigung infolge des dann zunehmenden Vollzugs von Beurkundungen anderer Notare zudem einen erheblich höheren Zeitaufwand erfordern werde. Neben einer derartigen für sich gesehen bereits nachteilhaften "Berufsbildverschiebung" werde dies andererseits zu erheblichen Einkommenseinbußen wegen des zu erwartenden Rückgangs der ihnen zufließenden Gebührenanteile führen.
Der damit gegebene Grundrechtseingriff sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Die gesetzliche Grundlage, das Vierte Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung, sei wegen Verstoßes gegen Art. 72 Abs. 2 GG, den Bestimmtheitsgrundsatz und das Gebot der Normenklarheit und -wahrheit verfassungswidrig. Abgesehen davon sei aus § 115 Abs. 1 BNotO selbst, der eine gleichrangige, dauerhafte Mischverfassung für selbständige und beamtete Notare aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht vorsehen könne, und auch aus Art. 23 Abs. 1 LV und Art. 50 Satz 2 LV wegen der bislang unterbliebenen Beteiligung des Landesparlaments herzuleiten, dass zumindest derzeit keine Notare zur hauptberuflichen Amtsausübung bestellt werden dürften. Eine solche Bestellung sei zum jetzigen Zeitpunkt zudem ermessensfehlerhaft, weil sie eine künftig notwendig werdende Neuordnung der badischen Notariatsverfassung erschwere. Die Stellenausschreibung sei schließlich auch deswegen rechtswidrig, weil sie ohne die nach § 4 BNotO erforderliche Bedürfnisprüfung vorgenommen worden sei.
Das Oberlandesgericht hat die Anträge auf gerichtliche Entscheidung mit dem Inhalt, dem Antragsgegner aufzugeben, die ausgeschriebenen 25 Notarstellen im badischen Rechtsgebiet nicht zu besetzen und die Stellenausschreibung abzubrechen, als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgen.
II. Die sofortigen Beschwerden sind gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V. mit § 42 Abs. 4 BRAO zulässig, in der Sache aber unbegründet. Die Anträge auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 111 BNotO sind bereits nicht zulässig; den Antragstellern fehlt dafür die Antragsbefugnis. Die beanstandete Fortsetzung des Besetzungsverfahrens auf der Grundlage der einleitenden Stellenausschreibung und des anschließenden Auswahlverfahrens (vgl. Senat, Beschluss vom 28. November 2005 - NotZ 30/05 - DNotZ 2006, 384) kann die Antragsteller nicht in eigenen - subjektiven - Rechten verletzen.
1. Die Antragsberechtigung ist Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 111 BNotO, der nur auf die Beeinträchtigung von Rechten, nicht aber lediglich von Interessen des Antragstellers gestützt werden kann (Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2002 - NotZ 17/02 - ZNotP 2003, 74). Das gilt über den Wortlaut von § 111 Abs. 1 Satz 2 BNotO hinaus nicht nur für Anfechtungs-, sondern auch für Leistungsanträge (Senat, Beschluss vom 18. September 1996 - NotZ 46/94 - NJW 1996, 123, 124; Eylmann/Vaasen/Custodis, BNotO/BeurkG 2. Aufl. § 111 BNotO Rdn. 89), mithin auch für Unterlassungsanträge, die sich - wie vorliegend - gegen eine beabsichtigte Bestellung von neuen Notaren zur hauptberuflichen Amtsausübung im Sinne des § 3 Abs. 1 BNotO richten (Senat, Beschlüsse vom 16. Juli 2001 - NotZ 7/01 - ZNotP 2001, 440, 441; vom 20. Juli 1998 - NotZ 31/97 - NJW-RR 1999, 207 und 8. November 1976 - NotZ 5/76 - NJW 1977, 390, 391, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 67, 348).
2. Die Antragsbefugnis ist zu bejahen, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die eine Beeinträchtigung seiner Rechte als möglich erscheinen lassen. Das ist der Fall, wenn die Verwaltung nach seinem Vorbringen Rechtssätzen zuwiderhandelt, die ausschließlich oder zumindest auch dem Schutz seiner Individualinteressen bestimmt sind (st. Rspr., vgl. Senat, Beschlüsse vom 28. November 2005 aaO S. 385; 2. Dezember 2002 aaO; 16. Juli 2001 aaO; Eylmann/Vaasen/Custodis, aaO Rn. 90 jeweils m.w.N.). Die Antragsberechtigung fehlt dagegen, wenn die Verletzung solcher Rechte offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise möglich ist (BVerwGE 44, 1, 3). Ob der möglicherweise verletzte Rechtssatz abstrakt geeignet ist, subjektive Rechte des Antragstellers zu begründen, ist dabei abschließend im Rahmen der Zulässigkeit zu klären (vgl. Kopp/Schenke, VwGO 14. Aufl. § 42 Rdn. 66 m.w.N.), ob er tatsächlich verletzt ist, ist dagegen eine Frage der Begründetheit (Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2002 aaO).
Danach fehlt den Antragstellern hier die Antragsberechtigung. Sie haben keine Tatsachen vorzutragen vermocht, die es möglich erscheinen lassen, dass die vom Beschwerdegegner beabsichtigte Bestellung von 25 Notaren zur hauptberuflichen Amtsausübung sie in ihren Rechten verletzt.
a) Ohne Erfolg berufen sich die Antragsteller zunächst auf Art. 33 Abs. 5 GG. Die beabsichtigten Notarbestellungen berühren den sachlichen Schutzbereich dieses grundrechtsgleichen Rechts, das den Antragstellern als Beamten im statusrechtlichen Sinn subjektive Rechte gewährt (vgl. BVerfGE 107, 218, 236 f. m.w.N.), offensichtlich nicht.
aa) Die Antragsteller unterfallen hinsichtlich ihres gesamten Tätigkeitsfelds dem persönlichen Schutzbereich des Art. 33 Abs. 5 GG. Als badische Notare im Landesdienst sind sie Beamte im statusrechtlichen Sinn, für deren Dienstverhältnis grundsätzlich das allgemeine Beamtenrecht gilt (Richter/Hammel, LFGG 4. Aufl. § 17 Rn. 1 und § 20 Rn. 1; VG Karlsruhe, Urteil vom 15. Juli 1997 - juris Rn. 16). Im Rahmen dieser statusrechtlichen Beamtenstellung üben sie auch die ihnen von § 3 Abs. 1 LFGG zugewiesenen Aufgaben der vorsorgenden Rechtspflege aus. Für den Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 5 GG ergeben sich insoweit keine Unterschiede je nach der Art der den Amtsnotaren übertragenen Aufgaben (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Dezember 2005 - 2 BvR 1779/05 - juris Rn. 6; VGH Baden-Württemberg, Beschl. vom 18. Juni 1998 - juris Rn. 3).
§ 3 Abs. 1 Satz 2 LFGG steht dem nicht entgegen. Diese Vorschrift enthebt die badischen Notare im Landesdienst bei der ihnen nach § 3 Abs. 1 LFGG zugewiesenen Aufgabe der vorsorgenden Rechtspflege nicht ihrer statusrechtlichen Beamtenstellung, sondern garantiert ihnen für diese Tätigkeit lediglich die auch Notaren nach § 3 Abs. 1 BNotO zukommende sachliche Unabhängigkeit (vgl. Richter/Hammel, aaO § 3 Rn. 2 f.; Schippel/Bracker/Görk, BNotO 8. Aufl. § 115 Rn. 10).
bb) Der sachliche Schutzbereich des Art. 33 Abs. 5 GG wird hingegen durch die von den Antragstellern befürchteten Veränderungen in Bezug auf Einkommen und Berufsbild offensichtlich nicht berührt.
(1) Eine Bestandsgarantie für die den Antragstellern gemäß § 10 Abs. 3 und § 12 LJKG neben ihrer Besoldung, die zumindest der Besoldungsgruppe R 1 entspricht, zufließenden Gebührenanteile enthält Art. 33 Abs. 5 GG nicht (BVerfG, Beschluss vom 23. Dezember 2005 juris Rn. 6). Dass die von ihnen prognostizierte Verringerung des Gebührenaufkommens unter Berücksichtigung ihrer Besoldung zu einer verfassungsrechtlich relevanten Unteralimentierung führen könnte (vgl. BVerfGE 107, 218, 237 m.w.N.), haben die Antragsteller selbst nicht geltend gemacht; dafür ist auch sonst nichts ersichtlich.
(2) Aus der von den Antragstellern weiterhin nachdrücklich betonten Einflussnahme auf das Berufsbild ergibt sich für sie nichts anderes. Sollte die Bestellung von 25 Notaren zur hauptberuflichen Amtsausübung tatsächlich dazu führen, dass sich das Schwergewicht ihrer Tätigkeit von der ihnen gemäß § 3 Abs. 1 LFGG zugewiesenen Aufgabe der vorsorgenden Rechtspflege auf die ihnen gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 LFGG bzw. gemäß § 17 Abs. 3 und § 38 LFGG zugewiesenen Grundbuch- und Nachlasssachen verlagerte, wäre hiervon allein das Amt im konkretfunktionellen Sinn betroffen, das Art. 33 Abs. 5 GG gerade nicht garantiert (vgl. BVerfGE 47, 327, 411; Jarass in: Jarass/Pieroth, GG 8. Aufl. Art. 33 Rn. 63).
Zu den von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gehört das "Recht am Amt" insoweit, als Beamten eine erlangte statusrechtliche Stellung grundsätzlich nicht wieder genommen werden darf (vgl. BVerfGE 56, 146, 166; 64, 367, 385; Jachmann in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG II 5. Aufl. Art. 33 Rn. 52; Wichmann in: Wichmann/Langer, Öffentliches Dienstrecht 6. Aufl. Rn. 37) und als es den Beamten eine Beschäftigung entsprechend der Wertigkeit des statusrechtlichen Amtes im Sinne eines "amtsgemäßen" Aufgabenbereichs sichert (vgl. BVerfGE 47, 327, 411 f.; BVerwGE 87, 310, 315; 89, 199, 200; 98, 334, 337; Jachmann, aaO; Jarass, aaO; Wichmann, aaO). Ein Recht des Beamten am Amt im konkretfunktionellen Sinne, also ein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung seiner dienstlichen Aufgaben, folgt aus Art. 33 Abs. 5 GG dagegen nicht; Änderungen seines dienstlichen Aufgabenbereichs nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hat der Beamte hinzunehmen (vgl. BVerfGE 47, 327, 411 f.; 52, 303, 354; 56, 146, 162; BVerwGE 89, 199, 201; 122, 53, 56; Jarass, aaO; Wichmann, aaO).
Die von den Antragstellern vorhergesagte "Berufsbildverschiebung" beträfe sie zunächst nicht in ihrem statusrechtlichen Amt, das durch die Elemente "Amtsbezeichnung", "Besoldungsgruppe" und "Laufbahn" definiert wird (BVerfGE 70, 251, 266; Wichmann, aaO Rn. 49). Auch im Falle der Verlagerung des tatsächlichen Schwergewichts der Tätigkeit der Beschwerdeführer von der vorsorgenden Rechtspflege auf den Bereich der Grundbuch- und Nachlasssachen verbleibt jedem "Notar im Landesdienst" - eine bloße Funktionsbezeichnung (Richter/Hammel, aaO § 2 Rn. 1) - seine bisherige aus § 2 LBesG i.V. mit der Anlage I zu § 2 LBesG folgende Amtsbezeichnung "Justizrat", "Oberjustizrat" oder "Notariatsdirektor" (zur Qualifikation dieser Bezeichnungen als Amtsbezeichnungen vgl. Richter/Hammel, aaO § 2 Rn. 1). Er ist nach diesen Vorschriften unabhängig vom Schwergewicht seiner Tätigkeit weiterhin den Besoldungsgruppen R 1 oder R 2 und der hieraus folgenden Laufbahn zugeordnet.
Auch der aus Art. 33 Abs. 5 GG folgende Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung bliebe davon unberührt. Die den Justizräten, Oberjustizräten und Notariatsdirektoren durch das Landesgesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit zugewiesene Funktion des "Notars im Landesdienst" umfasst gemäß § 17 Abs. 3 und § 29 LFGG traditionell auch die Erledigung der den Notariaten bzw. Grundbuchämtern als Behörden zugewiesenen Aufgaben der Grundbuch- und Nachlasssachen (vgl. Nieder, BWNotZ 1986, 104). Diese Tätigkeiten, zu denen in anderen Ländern dem Richter vorbehaltene Geschäfte gehören (vgl. § 35 Abs. 3 RPflG), zählen mithin - soweit sie nicht der Geschäftsstelle oder dem Urkundsbeamten übertragen sind - wie die notarielle Tätigkeit im eigentlichen Sinn zum klassischen Tätigkeitsfeld der Justizräte, Oberjustizräte und Notariatsdirektoren. Sie entsprechen damit gerade ihrem statusrechtlichen Amt. Eine verfassungsrechtlich relevante unterwertige Beschäftigung scheidet insofern von vornherein aus. Die Garantie eines bestimmten Mischverhältnisses von nach der Bundesnotarordnung freien Notaren zugewiesenen Tätigkeiten einerseits und nachlassgerichtlichen sowie grundbuchamtlichen Tätigkeiten andererseits kann Art. 33 Abs. 5 GG in Verbindung mit dem statusrechtlichen Amt der Amtsnotare nicht entnommen werden.
b) Auf Art. 12 Abs. 1 GG lässt sich die Antragsbefugnis ebenfalls nicht stützen. Zwar erstreckt sich sein Schutzbereich grundsätzlich auch auf Berufe im öffentlichen Dienst (BVerfGE 7, 377, 397 f.; 96, 205, 210 f.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland Bd. IV/1 2006 S. 1810 f.). Er wird aber durch die von den Antragstellern befürchteten Veränderungen beim Einkommen und Berufsbild der badischen Amtsnotare offensichtlich nicht berührt.
aa) Ein Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierte Freiheit der Berufswahl kann mit einer Bestellung neuer Notare zur hauptberuflichen Amtsausübung bei Fortbestehen der herkömmlichen Amtsnotariate nicht verbunden sein. Über dieses Grundrecht geschützte Rechtspositionen, wie die, überhaupt einen Beruf zu ergreifen oder darauf zu verzichten, einen bestimmten Beruf zu wählen oder verschiedene Berufe zu kombinieren, den Beruf zu wechseln oder die berufliche Tätigkeit völlig zu beenden (vgl. Jarass, aaO Art. 12 Rn. 8), werden davon nicht betroffen.
bb) Aber auch ein Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit kommt offenkundig nicht in Betracht. Ob einem Beamten Einkommensbestandteile, die er aus der Wahrnehmung seines Amtes bezieht, verfassungsrechtlich auch für die Zukunft gewährleistet sind und ob ihm ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht am Amt im konkretfunktionellen Sinne zusteht, wirft allein Fragen nach dem verfassungsrechtlichen Schutz der inhaltlichen Ausgestaltung seines öffentlichen Dienstverhältnisses auf. Die verfassungsrechtlichen Garantien zur inhaltlichen Ausgestaltung der Dienstverhältnisse von Beamten richten sich aber - trotz grundsätzlicher Anwendung von Art. 12 GG auch auf Berufe im öffentlichen Dienst - nach Art. 33 Abs. 5 GG und nicht nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG (BVerfGE 52, 303, 345; Manssen in: v. Mangold/Klein/Stark, GG I 5. Aufl. Art. 12 Rn. 46; vgl. ferner Scholz in Maunz/Dürig, GG [Stand: Juni 2006] Art. 12 Rn. 206). Einen darüber hinausgehenden Schutz gewährt Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG jedenfalls nicht.
c) Ob bei einem Rückgang des Urkundsaufkommens in einem Maße, wie ihn die Beschwerde erneut unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Landesrechnungshofes zur Situation bei württembergischen Bezirksnotaren mit einem verbliebenen Anteil von 6,56% im Ballungsraum Stuttgart und in den Städten Esslingen und Ulm beschreibt, eine Verletzung verfassungsrechtlich geschützter Rechtspositionen denkbar sein könnte, bedarf keiner Erörterung. Für eine derartig signifikante Veränderung im Bereich der vorsorgenden Rechtspflege gibt es hier keinen Anhalt. Insbesondere fehlt es an ausreichenden substanziellen Angaben, wie sich die beabsichtigten Notarbestellungen in den jeweiligen Notariatsbezirken auswirken könnten. Für das Notariat Freiburg gehen die Antragsteller im Übrigen selbst lediglich von einem Beurkundungsrückgang um die Hälfte als unmittelbare Folge der Bestellung der Notare zur hauptberuflichen Amtsausübung aus.
d) Schließlich lässt sich eine Antragsbefugnis auch nicht auf eine etwaige Verletzung von § 4 BNotO stützen. Subjektive Rechte können sich für die Antragsteller als badische Notare im Landesdienst daraus nicht ergeben.
aa) Die Bedarfsermittlung und Besetzung von Notarstellen gemäß § 4 BNotO (Bedürfnisprüfung) geschieht - wie grundsätzlich die Organisation von staatlichen Aufgaben (BVerfGE 73, 280, 292, 294) - ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit und dient ebenso wenig wie die Einrichtung von Dienstposten der Beamten dazu, Berufsaussichten Interessierter zu wahren. So besteht etwa zwischen Bewerbern um ein Notaramt bzw. Amtsinhabern und der Justizverwaltung grundsätzlich keine Rechtsbeziehung, die eine Rücksichtnahme auf deren Belange bei der Einrichtung von Stellen einforderte. Der Pflicht des Antragsgegners, die Zahl der Notarstellen gemäß § 4 BNotO festzulegen, korrespondiert insbesondere kein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG (st. Rspr., vgl. nur BVerfGE aaO; Senat, Beschlüsse vom 31. März 2003 - NotZ 39/02 - BGHR BNotO § 4 Bedürfnis 6 = ZNotP 2003, 355 f.; 24. November 1997 - NotZ 10/97 - BGHR BNotO § 4 Organisationsermessen 1 = DNotZ 1999, 239, 240 und 18. September 1995 - NotZ 46/94 - BGHR BNotO § 4 Bedürfnis 1 = DNotZ 1996, 902, 903 f.). Gleiches gilt für Art. 33 Abs. 5 GG.
Abweichend davon hat der Senat § 4 BNotO ausnahmsweise Schutzfunktionen entnommen, wenn die Justizverwaltung die Grenzen ihres Organisationsermessens dergestalt überschreitet, dass das Mindestmaß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit selbständiger Amtsinhaber gefährdet ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 11. Juli 2005 - NotZ 1/05 - BGHR BNotO § 4 Bedürfnis 9 = DNotZ 2005, 947 ff.; 22. März 2004 - NotZ 25/03 - BGHR BNotO § 4 Bedürfnis 7 = DNotZ 2004, 887 f. und 16. Juli 2001 - NotZ 7/01 - BGHR BNotO § 4 Bedürfnis 5 = DNotZ 2002, 70 f.; Schippel/Bracker, aaO § 4 Rn. 7 jeweils m.w.N.) oder sich die Verwaltung vom öffentlichen Interesse durch eine nicht bedarfs-, sondern bewerberbezogene Stellenermittlung mit sachwidriger Begünstigung oder Benachteiligung einzelner Bewerber oder Bewerbergruppen gelöst hat (Senat, Beschluss vom 12. Juli 2004 - NotZ 8/04 - BGHR BNotO § 4 Bedürfnis 8 = ZNotP 2004, 410).
bb) Diese Ausnahmen sind hier indes ersichtlich nicht einschlägig. Die Antragsteller sind als beamtete Notare davon nicht betroffen und zwar auch, soweit sie sich auf eine drohende Schmälerung des Gebührenaufkommens berufen. Abgesehen davon, dass mit solchen Hinweisen allein keinesfalls den Zulässigkeitsanforderungen genügt wird (vgl. Senat, Beschlüsse vom 28. November 2005 - NotZ 18/05 - NJW-RR 2006, 639, 640 Rn. 11 und 20. Juli 1998 - NotZ 31/97 - NJW-RR 1999, 207), kann sich die genannte Senatsrechtsprechung zum Schutz wirtschaftlicher Belange von Amtsinhabern nicht auf die Notare im badischen Landesdienst beziehen. Diese werden - wie vorstehend unter 2. a) bb) (1) ausgeführt - über die Besoldung nach den Besoldungsgruppen R 1 und R 2 in einer ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit ausreichend sichernden Weise alimentiert (Senat, Beschluss vom 15. April 1991 - NotZ 1/91 - BGHR BNotO § 116 Abs. 1 Anwaltsnotar 1 = juris Rn. 25).
Erfolglos verweisen die Antragsteller letztlich auf den Senatsbeschluss vom 15. April 1991 (NotZ 1/91 - juris Rn. 9, insoweit in BGHR BNotO § 116 Abs. 1 Anwaltsnotar 1 nicht abgedruckt), in dem der Senat einen württembergischen Bezirksnotar für antragsbefugt gehalten hat, der sich gegen die Bestellung eines Anwaltsnotars im gleichen Bezirk wehren wollte. Unbeschadet der unterschiedlichen Einkommensstrukturen bei den württembergischen Bezirksnotaren und den badischen Amtsnotaren ist dies durch die vorgenannte Senatsrechtsprechung überholt. Soweit sich dennoch daraus etwas Abweichendes ableiten ließe, hält der Senat daran nicht fest.
3. Danach kann die Frage offen bleiben, ob einzelnen Antragstellern mit Blick auf die von ihnen ebenfalls betriebenen Konkurrentenstreitverfahren noch ein Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Verfahren zuzuerkennen ist. Die Zulässigkeit scheitert hier schon an der fehlenden Antragsberechtigung.
Auf die von den Antragstellern geltend gemachte Verfassungswidrigkeit, die sie insbesondere aus den unterschiedlichen Kompetenzbereichen vom Bund und vom Land gemäß Art. 72 Abs. 2, Art. 74 Abs. 1 und Art. 138 GG meinen herleiten zu können, kommt es deswegen ebenfalls nicht an. Der Senat teilt aber die Auffassung des Oberlandesgerichts und des Antragsgegners, dass § 115 Abs. 1 BNotO formell und materiell verfassungsgemäß ist und dem Antragsgegner eine wirksame Grundlage für die in Aussicht genommenen Notarbestellungen gibt.
Schlick Wendt Becker Ebner Bauer Vorinstanz:
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 16.02.2007 - Not 2/05 -
BGH:
Beschluss v. 23.07.2007
Az: NotZ 42/07
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/f7e8153642bc/BGH_Beschluss_vom_23-Juli-2007_Az_NotZ-42-07